Chlorakne

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Chlorakne ist eine Erkrankung der Haut, die durch den Kontakt mit chlorierten Kohlenwasserstoffen und Dioxinen hervorgerufen wird. Sie stellt ein Symptom einer umfassenden Vergiftung des Körpers dar. Der Heilungsprozess ist sehr langwierig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Chlorakne?

Die Chlorakne zeichnet sich durch schwerwiegende Hautveränderungen aus. Dabei entstehen zahlreiche Komedonen (Mitesser), entzündliche Abszesse, Verdickung der Hornschicht sowie Knoten an den betreffenden Hautstellen.
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Die Chlorakne stellt eine Unterform der Acne venenata dar. Bei der Acne venenata handelt es sich um eine exogene Akneform, die durch den Kontakt mit einem auslösenden Stoff hervorgerufen wird. So zählt zu den Kontaktakneformen neben der Chlorakne noch die Ölakne, die Teerakne oder die Acne cosmetica. Die Chlorakne ist ein Symptom einer Vergiftung des Körpers mit polychlorierten Kohlenwasserstoffen und Dioxinen.

Dabei handelt es sich um aknetypische Hautveränderungen, die aber durch den direkten Hautkontakt mit dem Kontaktgift entstehen. Die Haut bildet Komedonen (Mitesser), Abszesse, Knoten und Zysten aus. Am Haarfollikel treten Verhornungen auf. Der Begriff Chlorakne wurde erstmalig von dem deutschen Mediziner Karl Herxheimer verwendet, nachdem er an einer starken Akne erkrankten Arbeiter untersuchte. Dabei stellte er fest, dass die erkrankten Arbeiter in der Chlor-Alkali-Elektrolyse beschäftigt waren.


Ursachen

Damals dachte Karl Herxheimer noch, dass allein Chlor der Auslöser der Chlorakne ist. Nach heutigen Kenntnissen entstehen bei der Chlorherstellung jedoch polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane als Nebenprodukte. Im Laufe der Jahre kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, dass die Ursache für Chlorakne chlorierte Kohlenwasserstoffe wie Chlornaphthaline, Pentachlorphenol, Chlorphenol und polychlorierte Dibenzodioxine oder Dibenzofurane sind.

Dabei ist die Hautveränderung nur ein Symptom einer umfassenden Vergiftung. Sie entsteht durch den direkten Kontakt des Giftes mit der Haut, durch orale Aufnahme oder durch Einatmung von giftigen Dämpfen. Besonders die mit den Chlorverbindungen in Kontakt kommenden Körperteile sind von der Akne betroffen. Das gilt insbesondere für das Gesicht. Als Auslöser der Chlorakne spielt Dioxin eine besondere Rolle. Dioxine entstehen beim Verbrennen, Schmelzen und Herstellen chlorhaltiger Verbindungen. Schon in geringen Mengen sind Dioxine extrem giftig und krebserregend.

Sie sind unter anderem in bestimmten Holzschutzmitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Hydraulikölen enthalten. Daher bildet sich bei intensivem Kontakt mit diesen Substanzen oft eine Chlorakne aus. Auch nach Chemieunfällen gibt es häufig Fälle von Chlorakne. So erkrankten 1976 nach dem Chemieunfall im italienischen Seveso 187 Kinder daran. Warum besonders Kinder an der Chlorakne erkrankten, konnte nicht eindeutig ermittelt werden.

Entweder reagieren Kinder empfindlicher als Erwachsene oder sie kamen über verseuchte Spielplätze enger mit dem Gift in Kontakt. In der Elektroindustrie rufen die dort verwendeten Perchlornaphthaline zuweilen die sogenannte Perna-Krankheit mit Chlorakne, Nervosität, Anämie und Gewichtsverlust hervor.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Chlorakne zeichnet sich durch schwerwiegende Hautveränderungen aus. Dabei entstehen zahlreiche Komedonen (Mitesser), entzündliche Abszesse, Verdickung der Hornschicht sowie Knoten an den betreffenden Hautstellen. Dabei stellt die Chlorakne immer nur ein Symptom einer umfassenden Vergiftung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen dar. Das gesamte Erscheinungsbild der Vergiftung ist komplexer.

Oft bestehen zusätzlich Nervosität, psychische Probleme, Gewichtsverlust, Anämie oder Leberinsuffizienz. In sehr schweren Fällen werden auch die inneren Organe stark beeinträchtigt. Als Folge der Vergiftung kann sich Krebs entwickeln. Je nach Vergiftungsgrad kann der Erkrankungsverlauf sehr schwer sein. Meist stellt sich ein chronischer Verlauf ein. Der Heilungsprozess ist, wenn er überhaupt eintritt, sehr langwierig. Die polychlorierten Kohlenwasserstoffe sind lipophil und werden daher im Fettgewebe gespeichert. Da der Abbau der Gifte sehr langsam erfolgt, bleiben die Symptome auch sehr lange bestehen.

Diagnose

Die Diagnose der Chlorakne kann nur anhand der Symptome erfolgen. Wenn die typischen Hautveränderungen eintreten, wird der Arzt eine intensive Anamnese durchführen. In dieser Anamnese wird es darum gehen, mögliche Schadstoffbelastungen im Wohn- und Arbeitsbereich abzuklären. Unter Umständen ist auch eine Schadstoffmessung sinnvoll, um die Quelle der Giftbelastung festzustellen.

Komplikationen

Während und nach dem Heilungsprozess können bei der Chlorakne viele Komplikationen auftreten. Auf der Haut können je nach Grad der Vergiftung und der Art und Dauer der durchgeführten Therapien oftmals Narben aufgrund von größeren entzündeten Hautpartien, Zysten und Abszessen zurückbleiben. Bleibende Schädigungen von inneren Organen können zu chronischen Beeinträchtigungen und sogar zum Tod führen.

Unter anderem können sich Sarkome an Haut- und Bindegewebe sowie Lungenkarzinome bilden. Ebenso kommt es zu einem erhöhten Risiko für Leukämie. Erhöhte Cholesterin-Werte und ein Anstieg der freien Fette im Blut sind Anzeichen und Folge einer Leberschädigung. Eine Erkrankung des Magen-Darm-Traktes zeigt sich oft durch Durchfälle und Erbrechen.

Ebenso kann es zu einer andauernden Schädigung des zentralen Nervensystems kommen. Symptome hierfür sind motorische und sensorische Ausfälle wie die Taubheit einzelner Glieder, sowie Kopfschmerzen, Reizbarkeit und Schlaflosigkeit. Die nachhaltige Speicherung des Giftes wirkt sich auch auf die Fortpflanzungsorgane aus.

Es kann in der Folge zu Fehlgeburten bei der Frau und zur Zeugungsunfähigkeit des Mannes kommen. Der Körper ist generell anfälliger für Infekte und Unregelmäßigkeiten des Stoffwechsels. Solange sich noch Gift im Körper befindet, ist das Stillen nicht möglich, da sich die Giftstoffe in der fetthaltigen Muttermilch besonders hoch anreichern.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Nach dem Kontakt mit chlorierten Wasserstoffen wie Pentachlorphenol, Chlorphenol oder Chlornaphthlin muss in jedem Fall umgehend ein Arzt konsultiert werden. Auch der bloße Verdacht auf eine Vergiftung, etwa durch mögliche Schadstoffbelastungen im Wohn- und Arbeitsbereich, bedarf einer sofortigen Abklärung durch einen Arzt.

Entzündliche Abszesse, Knoten, Mitesser und anderweitige Hautveränderungen sind deutliche Anzeichen einer Chlorakne und bedürfen einer sofortigen Behandlung. Der Arzt kann die Erkrankung anhand einer umfassenden Anamnese und Blickdiagnose feststellen und eine geeignete Behandlung einleiten. Bleibt sie jedoch unbehandelt, kann die Vergiftung einen schweren Verlauf nehmen. Als Folge einer Chlorakne können körperliche und seelische Beschwerden auftreten, welche die Therapie zusätzlich erschweren.

Es empfiehlt sich deshalb, bereits bei ersten Anzeichen einer Erkrankung mit einem Fachmann zu sprechen. Idealerweise werden mögliche Schadstoffbelastungen frühzeitig von einem Experten abgeklärt und gegebenenfalls behoben. Durch die Vermeidung des Giftes, welches etwa in Holzschutzmitteln, Schädlingsbekämpfungsmitteln und technischen Ölen vorkommt, kann der Ausbruch einer Chlorakne zuverlässig verhindert werden.

Behandlung & Therapie

Die Therapie der Chlorakne ist sehr langwierig und führt, wenn überhaupt, meist nach sehr langer Zeit zur Heilung. Die Behandlung erfolgt beispielsweise durch Öffnen und Entleeren von Zysten. Gleichzeitig werden hormonhaltige und entzündungshemmende Medikamente verabreicht. Hormonhaltige Medikamente stehen dabei in Form von Tabletten zur Verfügung. Entzündungshemmende Medikamente können mithilfe von Cremes und Salben aufgetragen oder auch in Form von Tabletten appliziert werden.

Des Weiteren werden Vitamin-A-Säure-Präparate (Retinoide) gegeben. Dabei handelt es sich um nicht-aromatische Retinoide der ersten Generation. Ihre Hauptvertreter Tretinoin und Isotretinoin kommen sowohl lokal (topisch) als auch systemisch zum Einsatz. Allerdings ist die Wirksamkeit von Retinoiden für die Bekämpfung der Chlorakne nicht eindeutig nachgewiesen. Mittels einer Kältetherapie kann die Narbenbildung abgeschwächt werden.

Dabei wird durch kurzzeitige Eisanwendung überschüssiges Narbengewebe entfernt. Auch Hautpeelings und Hautabtragungen (Dermabrasion) werden durchgeführt. Trotzdem bleiben bei einem chronischen und hartnäckigen Verlauf oftmals Narben zurück. Bei der Dermabrasion wird mit einem speziellen Schleifinstrument die oberste Hautschicht abgetragen.

Die Wundbehandlung erfolgt durch Auftragen eines Medikaments, welches sich mit dem Wundsekret verbindet. Der Wundschorf löst sich nach circa acht bis zehn Tagen. Eine vollständige Heilung tritt erst nach sehr langer Zeit ein. Nicht immer kommt es jedoch zu einer Heilung, weil die Gifte sehr lange im Fettgewebe verbleiben und nur sehr langsam abgebaut werden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose der Chlorakne ist ungünstig und abhängig von dem Schweregrad der Erkrankung sowie dem Beginn einer Behandlung. Eine Heilung der Chlorakne ist mit den bisherigen medizinischen Möglichkeiten bei den meisten Patienten nicht gegeben. Die Behandlung ist daher auf die Linderung der vorhandenen Symptome ausgerichtet. Zudem wird versucht ein Voranschreiten und Ausbreiten der Beschädigungen zu verhindern.

Bei einer starken Vergiftung ist der Verlauf der Erkrankung innerhalb kurzer Zeit tödlich. Die meisten Patienten haben lebenslange Beeinträchtigungen aufgrund starker Hautveränderungen oder Funktionsstörungen einzelner körperlicher Systeme. Das durch die Vergiftung zerstörte Organgewebe ist irreparabel und kann nicht regeneriert werden. Je nach Intensität der Erkrankung und dem gesundheitlichen Zustand des Patienten besteht die Möglichkeit einer Organtransplantation.

Eine Therapie der Erkrankung findet häufig lebenslang statt. Meist nimmt sie einen chronischen Verlauf. Viele Symptome der Chlorakne können medizinisch trotz großer Bemühungen nicht behandelt werden. Bei nur wenigen Patienten und einer leichten Chlorakne besteht die Chance auf eine Heilung. Diese ist langwierig und dauert meist über Jahrzehnte an. Grund hierfür ist, dass die Gifte aufgrund ihrer natürlichen Halbwertzeit nur sehr langsam abgebaut werden und erst anschließend aus dem Organismus abtransportiert werden können. Wahrscheinlicher sind Folgeerkrankungen wie Organversagen oder Krebs.


Vorbeugung

Da die Chlorakne durch eine Vergiftung mit polychlorierten Kohlenwasserstoffen ausgelöst wird, kann ihr nur durch das Vermeiden des Kontaktes mit diesen Giften vorgebeugt werden. Gegebenenfalls geben Schadstoffmessungen im Wohn- und Arbeitsbereich Aufschluss über das Vorhandensein von polychlorierten Kohlenwasserstoffen aus Holzschutzmitteln, Schädlingsbekämpfungsmitteln und technischen Ölen.

Nachsorge

Die Chlorakne lässt sich im Anschluss an die Therapie mit Entzündungshemmern durch Hausmittel wie Eispackungen und Aloe vera nachbehandeln. Allerdings kann sich die Therapie über mehrere Jahre hinziehen. So ist der Übergang von der Behandlung zur Nachsorge fließend. Mit medizinischen Salben lässt sich die Hauterkrankung meistens nur abmildern, aber nicht komplett heilen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass sich die Beschädigungen nicht verschlimmern und weiter ausbreiten. Der chronische Verlauf lässt sich nur in wenigen Fällen gänzlich aufhalten. Darum sollten die Patienten geduldig bleiben und vorsichtig mit ihren Aktivitäten sein. Der Kontakt zu Chlorwasser ist unbedingt zu vermeiden.

Auch Arbeiten in der Chemie- oder Elektroindustrie können sich negativ auf das Krankheitsbild auswirken. Es kann mitunter erforderlich sein, den Arbeitsplatz zu wechseln, falls Schutzanzüge und weitere schützende Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung zeigen. Eine optimistische Grundeinstellung hilft den Betroffenen, die Situation zu akzeptieren.

Auch die Hautpflege sollte angepasst werden, um Juckreiz und weitere Probleme zu vermeiden. Eventuell ist die Beratung eines Naturheilpraktikers sinnvoll, der auf natürliche Wirkstoffe setzt. Zusammen mit einer ausgewogenen Ernährung beugt dies der Erkrankung von inneren Organen vor. Gegen mögliche Depressionen und Komplexe hilft eine Psychotherapie.

Das können Sie selbst tun

Die Chlorakne ist vor allem unter den Arbeitern der Elektro- und Chemieindustrie weit verbreitet. Sie ist eine chronische Erkrankung und die Heilungsaussichten sind gering. Auch der Kontakt mit chlorhaltigem Wasser bringt Symptome hervor. Da selbst das Inhalieren der Dämpfe spürbare Folgen hat, hilft auch das Auftragen von schützenden Salben, wie etwa Vaseline, nicht.

Entzündliche Prozesse können mittels Hausmittel gelindert werden. Hilfreich sind entzündungshemmende Salben, Eispackungen, Aloe vera und Magerquark. Letzterer findet gerade bei äußeren Entzündungen vielfach Anwendung und ist sehr effektiv. Gerne werden auch Peelings empfohlen.

Da die Chlorakne vorwiegend nicht heilbar ist, ist eine positive Lebenseinstellung ein hilfreiches Instrument, damit fertigzuwerden. Auch die Selbstannahme mit allen Unzulänglichkeiten stärkt die Lebenseinstellung. Die Hautpflege ist anzupassen und – sehr wichtig – jeglicher Kontakt mit Chlor zu meiden. Gegebenenfalls sollten Betroffene den Arbeitsplatz wechseln, sofern Schutzanzüge sich als nicht ausreichend erweisen.

Kratzen ist nicht hilfreich und hinterlässt Narben. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung hilft, Erkrankungen an den inneren Organen vorzubeugen. Gegebenenfalls kann ein Naturheilpraktiker aufgesucht werden, der natürliche Wirkstoffe gezielt zum Einsatz bringen kann. Depressionen können auftreten, sind jedoch der Linderung abträglich. Sofern sie sich einstellen, können sie mit Hilfe der Familie, Freunde und eines Psychotherapeuten behoben werden.

Quellen

  • Altmeyer, P.: Therapielexikon Dermatologie und Allergologie. Springer Medizin Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Hof, H., Dörries, R.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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