Organtransplantation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. Juni 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Organtransplantation ist eine Verpflanzung eines Organs in einen fremden Organismus. Dieser komplizierte Eingriff findet dann statt, wenn die eigenen Organe aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls versagen. Die größte Gefahr nach der Transplantation ist eine mögliche Abstoßung des Fremdgewebes, was unter Umständen dazu führen kann, dass das Transplantat wieder entfernt werden muss.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Organtransplantation?

Eine Organtransplantation ist eine Verpflanzung eines Organs in einen fremden Organismus. Dieser komplizierte Eingriff findet dann statt, wenn die eigenen Organe aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls versagen.

Unter einer Organtransplantation verstehen Mediziner das operative Verpflanzen eines gesunden Organs in einen Organismus, bei dem das jeweilige Organ unheilbar erkrankt oder durch eine Verletzung irreparabel geschädigt ist.

Besonders häufig werden Nieren, Leber, Lungen und Herzen transplantiert, da das Leben des Patienten bei einem Versagen eines dieser lebenswichtigen Organe akut gefährdet ist. Um eine Organtransplantation erhalten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Außerdem ist eine Kompatibilität des jeweiligen Spenders erforderlich, damit das Organ nicht gleich nach dem Eingriff abgestoßen wird und wieder entfernt werden muss.

Aus diesem Grund werden, wenn möglich, gern Verwandte des Patienten als Spender eingesetzt. Anderenfalls werden Spenderorgane oftmals von kompatiblen Verstorbenen entnommen, von denen bzw. von deren Verwandten eine entsprechende Einverständniserklärung vorliegt.

Geschichte & Entwicklung

Die Geschichte der Organtransplantation ist eine faszinierende Reise durch die medizinische Innovation. Erste dokumentierte Versuche der Transplantation lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen, wobei mythische Berichte aus Indien und Griechenland Transplantationen beschreiben. Diese frühen Versuche waren jedoch eher mythologischer Natur und nicht medizinisch fundiert.

Der moderne Weg zur Organtransplantation begann im frühen 20. Jahrhundert. Im Jahr 1902 führte der österreichische Chirurg Emerich Ullmann die erste Nierentransplantation an einem Hund durch, ein bedeutender Schritt in der Transplantationsforschung. In den 1930er Jahren führte der russische Chirurg Yu Yu Voronoy die erste dokumentierte Nierentransplantation beim Menschen durch, jedoch ohne langfristigen Erfolg.

Der Durchbruch kam in den 1950er Jahren mit dem Fortschritt in der Chirurgie und der Immunsuppressionsforschung. 1954 führte Dr. Joseph Murray in Boston die erste erfolgreiche Nierentransplantation zwischen eineiigen Zwillingen durch, die den Empfänger vor einer Abstoßungsreaktion schützte. Dies markierte den Beginn der modernen Transplantationsmedizin und brachte Dr. Murray 1990 den Nobelpreis für Medizin ein.

In den 1960er Jahren gelang es Christian Barnard, einen Meilenstein zu setzen, indem er 1967 die erste erfolgreiche Herztransplantation in Kapstadt, Südafrika, durchführte. Die Einführung von Cyclosporin in den 1980er Jahren revolutionierte die Transplantationsmedizin weiter, da es als wirksames Immunsuppressivum die Abstoßungsrate erheblich verringerte.

Seitdem haben Fortschritte in der Technik und der Medikamentenentwicklung die Erfolgsraten von Transplantationen deutlich verbessert. Heute sind Transplantationen von Nieren, Leber, Herz, Lunge, Pankreas und anderen Organen weltweit routinemäßige medizinische Verfahren.

Einsatz & Indikation

Eine Organtransplantation wird durchgeführt, wenn ein lebenswichtiges Organ eines Patienten versagt und keine andere medizinische Behandlung mehr in der Lage ist, die Funktion des Organs wiederherzustellen. Dies kann durch verschiedene Krankheiten oder Verletzungen verursacht werden. Die häufigsten Gründe für Organtransplantationen sind terminales Nierenversagen, schwerer Leberschaden, Herzversagen, Lungenerkrankungen im Endstadium und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen.

Nierentransplantation: Notwendig bei chronischem Nierenversagen oder terminaler Niereninsuffizienz, oft bedingt durch Diabetes, Bluthochdruck oder Glomerulonephritis. Dialyse kann kurzfristig helfen, aber eine Transplantation bietet eine langfristige Lösung und eine bessere Lebensqualität.

Lebertransplantation: Indiziert bei schwerer Leberzirrhose, Hepatitis, Leberkrebs oder genetischen Lebererkrankungen. Eine gesunde Leber ist essenziell für die Entgiftung und Stoffwechselprozesse im Körper.

Herztransplantation: Erforderlich bei schwerem Herzversagen, das nicht auf andere Behandlungen anspricht. Ursachen können koronare Herzkrankheiten, Kardiomyopathie oder angeborene Herzfehler sein.

Lungentransplantation: Wird bei schweren Lungenerkrankungen wie COPD, zystischer Fibrose oder idiopathischer pulmonaler Fibrose durchgeführt. Diese Erkrankungen führen zu einer erheblichen Einschränkung der Atemfunktion.

Pankreas-Transplantation: Meist bei schwerem Diabetes Typ 1, um die Insulinproduktion wiederherzustellen und Komplikationen zu vermeiden.

Vorteile & Nutzen

Eine Organtransplantation bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere entscheidende Vorteile, insbesondere bei fortgeschrittenem Organversagen.

Lebensverlängerung: Für Patienten mit terminalem Organversagen kann eine Transplantation lebensrettend sein. Beispielsweise haben Patienten mit Nierentransplantationen im Vergleich zu Dialysepatienten eine deutlich höhere Lebenserwartung.

Verbesserte Lebensqualität: Transplantationen ermöglichen oft eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität. Nierentransplantierte Patienten können beispielsweise eine weitgehend normale Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme genießen und sind nicht mehr auf regelmäßige Dialysesitzungen angewiesen. Herztransplantierte Patienten erleben häufig eine drastische Verbesserung ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit und Lebensfreude.

Langfristige Kosteneffizienz: Obwohl die initialen Kosten einer Organtransplantation hoch sind, können sie langfristig kosteneffizienter sein als dauerhafte Behandlungen wie Dialyse. Die langfristige Versorgung von Dialysepatienten ist teurer und belastender als die Kosten und Nachsorge einer erfolgreichen Transplantation.

Komplexitätsreduktion von Behandlung und Pflege: Für viele Patienten bedeutet eine erfolgreiche Transplantation eine Reduktion der Komplexität ihrer medizinischen Versorgung. Nach der Stabilisierung nach der Transplantation erfordert die Nachsorge weniger häufige Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte als alternative Behandlungen für schweres Organversagen.

Mögliche Rückkehr zur Arbeit und sozialem Leben: Viele Patienten, die eine erfolgreiche Transplantation erhalten, sind in der Lage, wieder ins Berufsleben zurückzukehren und ein aktives soziales Leben zu führen. Dies ist insbesondere für jüngere Patienten von großer Bedeutung, da es ihnen ermöglicht, wieder produktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden und ihre Lebensziele zu verfolgen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Eine Organtransplantation kommt dann infrage, wenn bei einem Patienten eine irreparable Erkrankung oder eine ebensolche Verletzung eines lebensnotwendigen Organs vorliegt.

Ist das Leben des Patienten entsprechend gefährdet und besteht keine Aussicht auf Besserung oder Heilung, kommt die betreffende Person auf eine Warteliste für ein Spenderorgan. Je aussichtsloser und zeitkritischer die Situation des Patienten, umso höher wird er auf der Warteliste eingestuft. Unter Umständen ist eine sogenannte Lebendspende möglich. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um Organe oder Organteile handelt, die der Spender bei lebendigem Leibe abgeben kann, ohne einen größeren gesundheitlichen Schaden davonzutragen. Nieren oder Teile der Leber werden beispielsweise häufig auf diese Weise gespendet.

Andere Organe wie das Herz, die einem lebenden Menschen nicht entnommen werden können, werden von vor kurzem Verstorbenen gespendet. Diese haben im Voraus über einen Organspendeausweis oder eine anderweitige Einverständniserklärung zugestimmt, dass nach ihrem Tod Organe verwendet werden dürfen, sofern diese für einen bedürftigen Patienten passend sind. Sind alle Voraussetzungen erfüllt und Spender und Empfänger kompatibel (dies wird durch Blut- und Gewebetests herausgefunden), wird das Organ dem Verstorbenen entnommen und so schnell wie möglich in den Körper des Patienten verpflanzt.

Nach erfolgtem Eingriff muss strengstens darauf geachtet werden, dass der Organismus das fremde Organ annimmt und wie sein eigenes akzeptiert. Während dieser kritischen Phase ist eine ständige medizinische Überwachung notwendig. Das Ziel einer Organtransplantation ist das Wiederherstellen der Gesundheit des Patienten, sodass dieser ein weitgehend normales Leben führen kann.

Zu den Organen, die heutzutage transplantiert werden können, zählen neben den gängigen Nieren, Lebern und Herzen auch Teile des Dünndarms oder der Bauchspeicheldrüse. Auch Gewebe kann verpflanzt werden, so zum Beispiel Knochenmarkszellen oder die Augenhornhaut.


Durchführung & Ablauf

Eine Organtransplantation ist ein komplexer medizinischer Eingriff, der in mehreren Schritten erfolgt.

1. Vorbereitung und Aufnahme in die Transplantationsliste: Der Prozess beginnt mit der Identifizierung des Bedarfs an einer Transplantation. Ein Patient muss umfangreiche medizinische Untersuchungen durchlaufen, um seine Eignung für eine Transplantation festzustellen. Wenn die Eignung bestätigt ist, wird der Patient auf eine Warteliste gesetzt, die nach Dringlichkeit und Kompatibilität priorisiert ist.

2. Organspende und -entnahme: Wenn ein geeignetes Organ verfügbar wird, erfolgt eine sofortige Benachrichtigung des Transplantationszentrums. Das Spenderorgan wird von einem verstorbenen oder manchmal einem lebenden Spender entnommen. Bei einem verstorbenen Spender muss der Tod rechtlich und medizinisch bestätigt werden, bevor die Organentnahme erfolgt.

3. Vorbereitung des Empfängers: Der Empfänger wird sofort ins Krankenhaus gebracht und auf die Operation vorbereitet. Dies umfasst Bluttests, Kreuzproben zur Sicherstellung der Kompatibilität und gegebenenfalls präoperative Behandlungen zur Stabilisierung des Zustands.

4. Transplantationsoperation: Die Operation beginnt, sobald das Organ im Transplantationszentrum eintrifft. Ein Team von Chirurgen entfernt das erkrankte Organ des Empfängers und ersetzt es durch das gespendete Organ. Die chirurgischen Techniken variieren je nach Organ, aber die Präzision und das Timing sind entscheidend, um die Durchblutung des Organs schnell wiederherzustellen.

5. Postoperative Pflege und Überwachung: Nach der Operation wird der Patient intensiv überwacht. Die postoperative Phase ist kritisch, um Abstoßungsreaktionen zu erkennen und zu behandeln. Immunsuppressive Medikamente werden verabreicht, um das Immunsystem daran zu hindern, das neue Organ anzugreifen. Der Patient bleibt oft mehrere Wochen im Krankenhaus, gefolgt von regelmäßigen Nachsorgeterminen zur Überwachung der Organfunktion und Anpassung der Medikation.

Risiken & Gefahren

Das größte Risiko bei einer Organtransplantation ist ein mögliches Abstoßen des Fremdorgans. Grundsätzlich reagiert der Körper jedes Mal auf das Verpflanzen eines ihm fremden Organs.

Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Oberflächenstruktur der Gewebezellen, die vom Organismus als Fremdkörper wahrgenommen werden. Als Konsequenz versucht er, das ihm unbekannte Organ abzustoßen. Schlimmstenfalls können diese natürlichen Reaktionen zu einem Absterben des Spenderorgans führen, sodass dieses seine Funktion einstellt und schließlich wieder entfernt werden muss. Dieser Vorgang kann direkt nach der Operation akut oder auch im weiteren Verlauf chronisch stattfinden.

Um dies zu vermeiden, werden dem Patienten Medikamente verabreicht, welche die Abstoßungsreaktion hemmen sollen. Gleichzeitig schwächen diese aber auch das Immunsystem, was eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen hervorruft. Der Patient muss während dieser Zeit streng überwacht werden, um eventuelle Reaktionen schnellstens erkennen zu können.

Wie stark die Abstoßungsreaktionen ausfallen, hängt vom individuellen Organismus ab. Im Allgemeinen ist das Risiko einer Abstoßung bei Lungen-, Leber- und Herztransplantationen statistisch höher als bei anderen Organen und Geweben.

Alternativen

Es gibt mehrere alternative Verfahren zur Organtransplantation, die in Betracht gezogen werden können, wenn eine Transplantation nicht möglich oder geeignet ist.

Dialyse: Für Patienten mit Nierenversagen ist die Dialyse eine lebensrettende Alternative. Es gibt zwei Haupttypen: Hämodialyse und Peritonealdialyse. Die Hämodialyse reinigt das Blut durch eine Maschine außerhalb des Körpers, während die Peritonealdialyse das Peritoneum in der Bauchhöhle als Filter nutzt. Diese Verfahren ersetzen jedoch nicht die vielfältigen Funktionen der Nieren vollständig und erfordern regelmäßige, zeitaufwändige Behandlungen.

Künstliche Organe: Für bestimmte Organversagen stehen künstliche Ersatzteile zur Verfügung. Beispielsweise können mechanische Herzpumpen (LVADs) Patienten mit schwerem Herzversagen unterstützen oder eine Brücke zur Herztransplantation bieten. Künstliche Herzen werden ebenfalls weiterentwickelt, sind aber noch nicht weit verbreitet.

Regenerative Medizin: Diese aufstrebende Technologie nutzt Stammzellen und Tissue Engineering, um beschädigtes Gewebe und Organe zu reparieren oder zu ersetzen. Während diese Verfahren noch in der Entwicklung sind, bieten sie potenziell eine langfristige Lösung ohne die Notwendigkeit von Spenderorganen.

Medikamentöse Behandlung: Medikamente können verwendet werden, um die Funktion eines teilweise geschädigten Organs zu unterstützen. Beispielsweise können Herzinsuffizienzmedikamente die Pumpfunktion des Herzens verbessern und Symptome lindern. Hepatoprotektive Medikamente können die Leberfunktion bei Patienten mit Lebererkrankungen unterstützen.

Lifestyle-Änderungen und Rehabilitation: In einigen Fällen können strikte Diäten, Bewegung und Rehabilitation die Lebensqualität verbessern und die Notwendigkeit einer Transplantation hinauszögern oder sogar vermeiden. Für Patienten mit Herzerkrankungen können Änderungen des Lebensstils und kardiologische Rehabilitation entscheidende Unterschiede machen.

Diese Alternativen können, je nach individuellem Zustand des Patienten, geeignete Behandlungsoptionen bieten, wenn eine Organtransplantation nicht durchgeführt werden kann. Eine sorgfältige Abwägung durch medizinisches Fachpersonal ist entscheidend, um die beste Vorgehensweise zu bestimmen.

Quellen

  • Eckart, W. U.: Geschichte der Medizin. Springer, Berlin 2009
  • Henne-Bruns, D., Barth, H.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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