Cholesteatom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Fällt die Abgrenzung zwischen äußeren Gehörgang und Mittelohr weg, besteht die Gefahr eines Cholesteatoms, was dann eine operative Behandlung unumgänglich macht.
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Was ist ein Cholesteatom?
Beim Cholesteatom handelt es sich um eine Erkrankung der Ohren. Von Natur aus sind die Ohren in verschiedenen Abschnitten unterteilt, wozu unter anderem der äußere Gehörgang und das Mittelohr gehören. Beide Abschnitte sind durch das Trommelfell voneinander abgeschnitten.
Bei der Mehrheit der Fälle mit Cholesteatom ist diese Barriere defekt, das heißt, die natürliche Abschottung des Mittelohres vom äußeren Gehörgang ist nicht mehr gegeben. Infolgedessen können Bestandteile des äußeren Gehörgangs ins Mittelohr und im schlimmsten Fall sogar ins Innenohr hinwachsen, was dann zu einem Cholesteatom führen kann.
Das Hinwachsen von Plattenepithelien ins Mittelohr kann die dortige Struktur der Knochen zerstören, was dann zu dem typischen Bild des Cholesteatoms führt: abgestorbene Hautschichten, die aufgrund ihres Aufbaus besonders stabil sind. Über die zum Teil zerstörte Knochenstruktur des Mittelohrs bildet sich ferner eine letzte, weiße Hornhautschicht. Aufgrund des Wegfalles der natürlichen Abgrenzungsbarriere können nun auch Sekrete aus dem Mittelohr in den äußeren Gehörgang fließen und dort entzündliche Reaktionen hervorrufen.
Das größte Problem dabei ist die Gefahr einer Superinfektion. Damit wird eine Infektion mit verschiedenen Erregern, die jeweils das Auftreten der anderen begünstigen, bezeichnet, was die Therapie deutlich erschwert. Zu den typischen Symptomen des Cholesteatoms zählen neben dem übel riechenden Geruch infolge der Entzündungen im Ohr Schwindelgefühl sowie - je nach Schwere der Erkrankung - Ertaubung.
Ursachen
Ursache des Cholesteatoms ist, wie bereits erwähnt, der Umstand, dass das Trommelfeld nicht mehr intakt ist, das heißt, die Abschottung zwischen äußeren Gehörgang und Mittelohr nicht mehr gewährleistet ist. Nun können Plattenepithelien des äußeren Gehörgangs ins Mittelohr wachsen und die dortige Knochenstruktur zerstören.
Je nachdem, ob der Wegfall der Funktion des Trommelfeldes durch eine Entzündung ausgelöst wurde, werden das primäre und sekundäre Cholesteatom unterschieden. Daneben gibt es, auch wenn sie selten vorkommt, eine Variante des Cholesteatoms, bei dem ein Defekt des Trommelfelds, ob entzündlich oder nicht entzündlich bedingt, erst gar nicht vorliegen muss.
Hier handelt es sich um einen angeborenen Defekt, bei dem sich die Plattenepithelien hinter einem (intakten) Trommelfeld im Mittelohr bilden und zum Cholesteatom führen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Bei einem Cholesteatom leiden die Betroffenen an verschiedenen Hörbeschwerden und dadurch an einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. In schwerwiegenden Fällen kann der Betroffene auch das Gehör vollständig verlieren, wobei dieser Verlust nicht wiederhergestellt werden kann. In erster Linie führt ein Cholesteatom jedoch zu einem starken Ausfluss aus dem Ohr, der mit einem sehr unangenehmen Geruch verbunden ist.
Dieser Geruch wirkt sich auch negativ auf das soziale Umfeld des Betroffenen aus, sodass es in diesem Bereich zu Schwierigkeiten kommen kann. Ebenso kann es dadurch bei Kindern zu Mobbing oder zu Hänseleien kommen, sodass diese dadurch psychische Beschwerden und Depressionen entwickeln. Im weiteren Verlauf führt ein Cholesteatom zu einer Schwerhörigkeit und zu starken Schwindelgefühlen. Dabei kann der Patient auch das Bewusstsein verlieren und in Ohnmacht fallen.
Ebenfalls kann es zu einer Lähmung im Gesicht kommen, sodass die Einnahme von Nahrung und Flüssigkeiten für den Betroffenen nicht mehr ohne Weiteres möglich ist. Es kommt dabei zu Schmerzen in den Ohren, die sich bis hin in den Kopf ausbreiten können. Auch Fieber kann dabei auftreten und mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl verbunden sein. In der Regel hat das Cholesteatom allerdings keinen Einfluss auf die Lebenserwartung des Betroffenen.
Diagnose
Ein Cholesteatom kann relativ einfach festgestellt werden. Für die geübten Augen eines Hals-Nasen-Ohren-Arztes genügt bereits die Sichtdiagnose mittels eines Ohrenmikroskops. Anhand des verhältnismäßig eindeutigen klinischen Bildes kann er das Vorliegen eines Cholesteatoms feststellen.
Um aber bestimmen zu können, wie fortgeschritten das Cholesteatom ist, das heißt, wie weit es ins Mittelohr hineinragt, sind weitere Diagnosemaßnahmen erforderlich. Zu den Gängigsten gehört die Computertomografie (kurz. CT).
Komplikationen
Bei einem Cholesteatom kommt es in der Regel zu Komplikationen an den Ohren. Es können starke Ohrenschmerzen auftreten. In vielen Fällen breiten sich die Schmerzen aus den Ohren auch die benachbarten Regionen auf, sodass die meisten Patienten ebenfalls an Kopfschmerzen und Zahnschmerzen leiden.
Im schlimmsten Falle treten Lähmungen im Gesicht auf und der Betroffene erleidet einen Hörverlust. Die Schmerzen treten oft nicht dauerhaft auf, sondern nur sporadisch. Allerdings ist für den Betroffenen ein Verlust des Gehörs bemerkbar. Auch das Gesicht ist von Lähmungen betroffen, sodass bestimmte Muskeln nicht bewegt werden können.
Dabei kann es auch zu Lähmungen der Zunge oder des Mundes kommen, sodass für den Patienten eine gewöhnliche Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich ist. Ebenso kann die Lähmung der Zunge zu Sprachstörungen führen. Die Lebensqualität wird durch das Cholesteatom stark eingeschränkt und der Alltag für den Patienten erheblich erschwert. Die Symptome führen nicht selten auch zu Depressionen und Selbstmordgedanken.
Die Wiederherstellung der Gehörknöchelchen ist leider nicht in jedem Fall möglich, sodass der Patient im schlimmsten Falle sein gesamtes Leben mit einer Schwerhörigkeit leben muss. Falls eine Operation möglich ist, werden Entzündungen durch Antibiotika vorgebeugt. Die Lebenserwartung wird durch das Cholesteatom nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
In der Regel ist bei einem Cholesteatom auf jeden Fall eine medizinische Untersuchung und Behandlung notwendig. Die Betroffenen benötigen dabei in den meisten Fällen einen operativen Eingriff. Ein Arzt sollte auf jeden Fall dann aufgesucht werden, wenn es zu einer plötzlichen Schwerhörigkeit oder zu starken Ohrenschmerzen kommt. Auch ein übel riechender Ausfluss aus dem Ohr kann auf das Cholesteatom hindeuten und sollte von einem Arzt untersucht werden.
In vielen Fällen leiden die Patienten an Schwindel oder an Lähmungen verschiedener Gesichtsregionen. Sollte es daher auch zu diesen Symptomen kommen, ist eine ärztliche Behandlung auf jeden Fall notwendig. Ebenso kann auch Fieber mit Kopfschmerzen auf das Cholesteatom hinweisen. Vor allem das plötzliche Auftreten dieser Beschwerden und der Schwerhörigkeit deutet auf das Cholesteatom hin.
In Notfällen kann auch ein Krankenhaus aufgesucht werden. Im Allgemeinen wird das Cholesteatom allerdings durch einen HNO-Arzt diagnostiziert und behandelt. Bei einer frühzeitigen Behandlung kommt es dabei in der Regel zu einem positiven Krankheitsverlauf.
Behandlung & Therapie
Die einzige Möglichkeit, ein Cholesteatom zu behandeln, ist die chirurgische Entfernung. Dabei wird das betroffene Ohr aufgeschnitten, sodass das Cholesteatom mittels eines Skalpells weggeschnitten werden kann.
Anschließend wird versucht, das Trommelfeld wiederherzustellen, um so durch die Behandlung der Ursache einem möglichen Wiederauftreten des Cholesteatoms entgegenzuwirken. Soweit es möglich sein sollte, wird abschließend versucht, die durch das Cholesteatom verursachten Zerstörungen an der Knochenstruktur des Mittelohres wieder instand zu setzen.
Bevor aber operiert werden kann, ist es wichtig, eine bestehende Superinfektion zu behandeln. Durch die Gabe von Antibiotika sollen die dort sich angesiedelten Bakterien abgetötet werden, andernfalls besteht im Rahmen einer Operation die Gefahr, dass die Bakterien sich weiter verbreiten.
Aussicht & Prognose
Bei den meisten Patienten hat das Cholesteatom eine günstige Prognose. In einem operativen Eingriff kann die Geschwulst am Ohr entfernt werden. Die Wucherung führt in vielen Fällen zu einer Entzündung die ebenfalls versorgt werden muss, damit letztlich eine Beschwerdefreiheit erreicht werden kann.
Menschen, die über ein stabiles Immunsystem verfügen, erleben durch eine medikamentöse Therapie innerhalb weniger Wochen eine Rückbildung der Entzündung. Je älter der Patient ist und je schwächer seine gesundheitliche Verfassung ist, desto länger wird im Normalfall der Heilungsweg. Dennoch besteht auch hier eine gute Aussicht auf eine Heilung.
Die Operation ist mit den üblichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Diese sind bei der Stellung de Prognose zu berücksichtigen. Bei einer guten medizinischen Versorgung kommt es nach der Behandlung im Allgemeinen zu keinerlei Beeinträchtigungen. Das gewohnte Hörvermögen wird mit dem abklingenden Heilungsprozess wiederhergestellt.
Wird das Cholesteatom erst in einem sehr fortgeschrittenem Stadium erkannt und behandelt, kann es zu bleibenden Schäden kommen. Das Risiko für Hörstörungen oder Veränderungen der Knochenstruktur im Ohr steigt mit der Zunahme der Wucherung im Ohr an. In sehr seltenen Fällen hat das Wachstum des Cholesteatom bereits Hirnareale erreicht. Der Patient befindet sich dann in einem lebensgefährlichen Zustand, da es zu einem Schlaganfall kommen kann.
Vorbeugung
Der Auslöser des Cholesteatoms ist somit der Wegfall des Trommelfelles; dies ermöglichte es erst, dass Plattenepithelien ins Mittelohr hinwachsen konnten, die dann zu den späteren Entzündungen führen konnten. Die Prophylaxe des Cholesteatoms kann sich somit nur darauf beschränken, das Trommelfell intakt zu halten und Beschädigungen vorzubeugen.
Da auch Entzündungen zu einem Defekt am Trommelfell führen können, empfiehlt sich sorgfältige Ohrenhygiene. Allerdings darf diese nicht übertrieben werden, da sonst die natürliche Hautflora der Ohren nachhaltig beschädigt werden könnte, was die Ansiedlung von Erregern und damit ein Cholesteatom nicht nur nicht vorbeugen würde, sondern begünstigen könnte.
Nachsorge
Nach der operativen Behandlung des Cholesteatoms verbleibt in der Regel ein bis drei Wochen eine Tamponade im Gehörgang des Betroffenen. Erst nach Entfernung dieser Schutzvorrichtung kann überprüft werden, wie erfolgreich die Therapie war. Dabei kann nicht in allen Fällen am Tag der Entfernung festgestellt werden, inwieweit das Hörvermögen wieder hergestellt wurde.
Bei einigen Patienten ist eine weitere Operation zur Kontrolle der Funktionalität des Gehörgangs in einem Jahr notwendig. Grundsätzlich sind Kontrolltermine bei komplikationsfreien Eingriffen nur sporadisch notwendig. Wurde während der Operation jedoch eine sogenannte Ohrradikalhöhle angelegt, ist es empfehlenswert, diese in regelmäßigen Abständen medizinisch versorgen zu lassen.
Schmerzen nach der Operation des Cholesteatoms sind bei unkomplizierten Eingriffen nicht zu erwarten. Eine Heilung der Wunden ist in diesem Fall oberflächlich nach etwa zwei Wochen abgeschlossen. Insbesondere bei der Verwendung einer Ohrradikalhöhle ist die Wundheilung jedoch verzögert. Dies kann einige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen.
In diesem Fall sollte der Patient darauf achten, das Eindringen von Wasser (insbesondere Seifenwasser) und Schmutz zu vermeiden. Aktivitäten des täglichen Lebens können etwa eine Woche nach der Operation wieder wahrgenommen werden. Davon ausgenommen können sportliche Aktivitäten wie Schwimmen und Tauchen sein. Wer diesen Aktivitäten nachgehen möchte, sollte dies mit dem behandelndem Arzt besprechen. Wie lange ein Patient nach einer Operation arbeitsunfähig ist, hängt zum einem vom Ausmaß des medizinischen Eingriffes und zum anderen vom Arbeitsinhalt ab.
Das können Sie selbst tun
Die Behandlung eines Cholesteatoms konzentriert sich in erster Linie darauf, die ursächliche Verengung des Gehörgangs zu entfernen und begleitend dazu die Symptome zu lindern. Der Betroffene kann einige Maßnahmen ergreifen, um die Behandlung zu unterstützen und die Beschwerden zu reduzieren.
Nach einer Operation muss das betroffene Ohr geschont werden. Der Erkrankte ist dazu angezeigt, Kälte, insbesondere durch Zugluft, zu vermeiden. Auch andere Einflüsse wie große Hitze oder Erschütterungen müssen vermieden werden, denn ansonsten können sich ernste Komplikationen einstellen.
Im schlimmsten Fall reißt die Operationsnarbe auf und muss erneut operiert werden. Sollte es nach dem Eingriff zu ungewöhnlichen Symptomen wie Ohrenschmerzen, Fieber oder Schwindel kommen, muss der zuständige Arzt informiert werden. Zudem sollten die Vorgaben des Arztes bezüglich der Wundpflege beachtet werden.
Ein Cholesteatom kann in der Regel gut behandelt werden, bedarf aber einer umfassenden Überwachung durch den zuständigen Arzt. Nachdem die Behandlung abgeschlossen wurde, muss das betroffene Ohr regelmäßig vom Ohrenarzt kontrolliert werden. In manchen Fällen bildet sich erneut ein Cholesteatom, welches operativ behandelt werden muss. Sollten sich bereits Hörprobleme bis hin zur Schwerhörigkeit eingestellt haben, muss ein Hörgerät getragen werden.
Quellen
- Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Henne-Bruns, D., Barth, H.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
- Probst, R., Grevers, G., Iro, H.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008