Chondrale Ossifikation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die chondrale Ossifikation bezeichnet die Knochenbildung aus Knorpelgewebe. Sie stellt neben der desmalen Ossifikation eine der beiden Grundformen der Knochenbildung dar. Eine bekannte Störung der chondralen Ossifikation ist die Achondroplasie (Kleinwüchsigkeit).

Inhaltsverzeichnis

Was ist die chondrale Ossifikation?

Die chondrale Ossifikation bezeichnet die Knochenbildung aus Knorpelgewebe.

Die chondrale Ossifikation bezeichnet im Gegensatz zur desmalen Ossifikation eine indirekte Knochenbildung. Während bei der desmalen Ossifikation embryonales Bindegewebe in Knochensubstanz umgewandelt wird, vollzieht sich bei der chondralen Ossifikation die Knochenbildung über ein zunächst aufgebautes Knorpelskelett. Bei diesem Prozess wird das Knorpelgewebe parallel zum Knochenaufbau abgebaut.

Des Weiteren wird zwischen perichondraler und enchondraler Ossifikation unterschieden. So kennzeichnet die perichondrale Ossifikation eine von außen nach innen führende Verknöcherung an der Diaphyse (Knochenschaft) des Knochens. Bei der enchondralen Ossifikation erfolgt die Verknöcherung von innen. Sie findet meist an den Epiphysenfugen statt und ist verantwortlich für das Längenwachstum der Knochen, solange die Epiphysenfugen noch offen sind.

Nach Abschluss der Verknöcherung schließen sich die Epiphysenfugen allerdings. Das Längenwachstum der Knochen kommt dann zum Stillstand. Dieser Zustand markiert das Ende des menschlichen Wachstumsprozesses. Jetzt findet nur noch ein Dickewachstum der Knochen an der Diaphyse durch die perichondrale Ossifikation statt.

Funktion & Aufgabe

Die chondrale Ossifikation ist fast für den Aufbau des gesamten Knochenskeletts verantwortlich. Nur die Knochen des Schädeldachs, des Gesichtsschädels und des Schlüsselbeins werden über die desmale Ossifikation aufgebaut.

Bei der chondralen Ossifikation wird das menschliche Skelett während der Embryogenese zunächst als Knorpelskelett aufgebaut. Daher werden diese Knochen auch als Ersatzknochen bezeichnet. Im Rahmen der weiteren Entwicklung findet an diesem Knorpelgewebe eine Verknöcherung statt. Die Verknöcherung ist erst mit dem Ende des menschlichen Wachstumsprozesses vollständig abgeschlossen. Mit der vollständigen Umwandlung von Knorpelgewebe in Knochengewebe an den Epiphysen verschließen sich dann auch die letzten Epiphysenfugen. Das Längenwachstum der Knochen und damit das gesamte menschliche Wachstum kommt dabei zum Abschluss.

Die chondrale Ossifikation kann in zwei Unterformen eingeteilt werden. Wie bereits erwähnt, wird zwischen perichondraler und enchondraler Ossifikation unterschieden. Die perichondrale Ossifikation findet meist am Knochenschaft (Diaphyse) statt. Im Rahmen dieses Prozesses werden an der Knochenaußenhaut Osteoblasten gebildet, welche sich ringförmig um das Knorpelmodell anlagern. Dabei entsteht eine Knochenmanschette um den Knorpel herum. Die Verknöcherung wandert dabei von außen nach innen. Im Innern wird das Knorpelgewebe durch Chondroklasten abgebaut, während gleichzeitig durch Osteoblasten weiteres Knochengewebe aufgebaut wird. Es kommt zu einer Verknöcherung des Knorpelgewebes und gleichzeitig zur Verdickung des Knochens.

Die enchondrale Ossifikation beginnt im Inneren des Knorpelgewebes. Dazu wachsen in das Knorpelgewebe Blutgefäße ein, welche von Mesenchymzellen begleitet werden. Diese Mesenchymzellen differenzieren sich ebenfalls in Chondroklasten und Osteoblasten. Dabei bauen die Chondroklasten ständig Knorpelzellen ab, während die Osteoblasten Knochenzellen aufbauen. Die enchondrale Ossifikation findet hauptsächlich an den Epiphysen statt. Solange die Epiphysen aus Knorpelgewebe bestehen, sind die Epiphysenfugen offen. Durch das Knochenwachstum von innen breiten sich die Knochenzellen jedoch in Längsrichtung aus, weil die Fugen kein Breiten- und Größenwachstum erlauben. Das Längenwachstum der Knochen ist also das Ergebnis eines Ausweichwachstums. Erst wenn die Epiphysen verknöchert sind, schließen sich auch die Epiphysenfugen. Dann kommt das Längenwachstum endgültig zum Stillstand.

Knochenwachstum findet danach nur noch nach Knochenbrüchen oder Verletzungen statt. Es werden jedoch ein Leben lang Knochenzellen gebildet und wieder abgebaut.

Auch bei der chondralen Ossifikation entstehen wie bei der desmalen Ossifikation die Knochenzellen aus dem Mesenchym. Allerdings wird bei der chondralen Form der Knochenbildung zunächst ein Knorpelskelett aufgebaut, welches bereits die wichtigsten Grundfunktionen eines Knochenskeletts erfüllt. Der eigentliche Knochenaufbau erfolgt hier als zweiter Schritt, wobei dann ein Umbau des Knorpelgewebes in Knochengewebe stattfindet. Dabei kommt es zum Abbau der Knorpelzellen und zum gleichzeitigen Aufbau der Knochenzellen.


Krankheiten & Beschwerden

Im Rahmen der chondralen Ossifikation können Störungen auftreten, die das Knochenwachstum maßgeblich beeinflussen. Eine typische Wachstumsstörung ist die sogenannte Achondroplasie. Bei der Achondroplasie werden die Epiphysenfugen vorzeitig verschlossen. Das Längenwachstum der Knochen hört auf. Allerdings endet das Dickenwachstum der Knochen nicht. Gleichzeitig läuft die desmale Ossifikation weiter, sodass der Kopf normal weiterwächst. Auch die Rippenknochen und die Wirbel sind vom Schließen der Epiphysenfugen nicht betroffen. Aufgrund dieses unterschiedlichen Wachstums kommt es zu Verschiebungen der Körperproportionen: Rumpf und Kopf verzeichnen ein normales Wachstum, wobei das Längenwachstum der Extremitäten vorzeitig zum Stillstand kommt. Diese Wachstumsstörung ist genetisch bedingt. Sie hat jedoch keine gesundheitlich negativen Auswirkung.

Eine andere Störung der chondralen Ossifikation äußert sich in einer überschießenden Knochenbildung. Dieses Krankheitsbild wird auch als heterotope Ossifikation bezeichnet. Der Begriff drückt aus, dass die Knochenbildung an einem anderen Ort als üblicherweise stattfindet. Dabei kommt es zu Verknöcherungen an Stellen, wo eigentlich nur Bindegewebe vorhanden sein sollte. Diese heterotope Ossifikation wird häufig durch Unfälle und Verletzungen ausgelöst. Dabei wird der Körper durch die Gewebsschädigungen animiert, Botenstoffe zu produzieren, welche die Umwandlung von Knochenvorläuferzellen über Knorpel in Knochen veranlassen können. Meist führt diese zusätzliche Knochenbildung nicht zu weiteren Beschwerden.

Eine genetisch bedingte Erkrankung, die zu einer fortschreitenden Versteinerung führt, ist die Fibrodysplasia ossificans progressiva. Hierbei wird das gesamte Binde- und Stützgewebe des Körpers schrittweise in Knochen umgewandelt.

Quellen

  • Adler, C.-P.: Knochenkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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