Enchondrale Ossifikation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die enchondrale Ossifikation ist die indirekte Verknöcherung von innen her, die über die Zwischenstufe des Knorpels erfolgt. Bindegewebe und Mesenchym sind die Grundmaterialien für die Verknöcherung. Wenn das Bindegewebe in seiner Struktur verändert ist, dann kann das schwere Ossifikationsstörungen hervorrufen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die enchondrale Ossifikation?

Die enchondrale Ossifikation ist die indirekte Verknöcherung von innen her, die über die Zwischenstufe des Knorpels erfolgt.

Die Ossifikation oder Osteogenese ist die Bildung von Knochengewebe. Sie findet im menschlichen Organismus einerseits während des Wachstums und andererseits zur Regeneration nach Knochenbrüchen statt.

Neuer Knochen bildet sich entweder unmittelbar aus Bindegewebe oder wird über eine Zwischenstufe gebildet. Als Zwischenstufe fungieren in der Regel Knorpelelemente. Die chondrale Ossifikation ist der indirekte Vorgang, der über Zwischenstufen realisiert wird. Das Endprodukt wird auch als Ersatzknochen bezeichnet.

Chondrale Ossifikation erfolgt entweder von innen oder außen her. Wenn die Ossifikation von außen her erfolgt, ist von perichondraler Osteogenese die Rede. Enchondrale Ossifikation ist dagegen die Verknöcherung von innen her. Das Gegenteil der chondralen Ossifikationsarten ist die desmale Ossifikation, bei der Knochen auf direktem Weg aus dem Bindegewebe entstehen. Eine dritte Bildungsart von Knochengewebe ist die appositionelle Ossifikation, die das Dickenwachstum des Knochens ausmacht. Bei dieser Wachstumsart lagert sich Knochengewebe an bereits bestehendes Knochenmaterial an. Die perichondrale Ossifikation ist beispielsweise eine appositionelle Ossifikationsart.

Funktion & Aufgabe

Gemeinsam mit dem gallertigen Bindegewebe macht das sogenannte Mesenchym das embryonale Bindegewebe aus. Das Mesenchym ist das Grundmaterial für die Entwicklung von lockerem und straffem Retikulärbindegewebe. Es ist an der Entwicklung der glatten Muskulatur und des Herzmuskels beteiligt, trägt zu den Nieren und der Nebennierenrinde bei und wird für die Ausformung des blutbildenden Systems inklusive aller Blut- und Lymphgefäße benötigt. Davon abgesehen bilden sich aus dem Mesenchym Knochen und Knorpel.

Bei der chondralen Ossifikation entstehen aus dem Material knorpelige Elemente, die als Primordialskelett bezeichnet werden. Wegen dieser Zwischenstufe wird der Vorgang auch indirekte Ossifikation genannt. Die so entstehenden Knochen sind die Ersatzknochen.

Die Verknöcherung von außen ist die perichondrale Ossifikation. Bei diesem Vorgang spalten sich von der Haut des Knorpels (Perichondrium) die Osteoblasten ab und lagern sich in Ringform um das Modell des Knorpels. So wird eine Knochenmanschette ausgebildet, die zum Dickenwachstum des Knochens beiträgt und daher zur appositionellen Osteogenese gerechnet wird.

Die enchondrale Ossifikation ist von dieser Art des Knochenwachstums insofern zu unterscheiden, als dass die Verknöcherung bei diesem Prozess von innen her durchgeführt wird. In das Gewebe des Knorpels wachsen bei diesem Vorgang Stück für Stück Blutgefäße ein. In Begleitung der Blutgefäße wandern auch Mesenchymzellen in den Knorpel ein. Daraufhin findet eine Differenzierung er Zellen statt. Einige der eingewanderten Mesenchymzellen werden zu Chondroklasten. Andere reifen zu Osteoblasten aus. Chondroklasten bauen Knochen ab. Osteoblasten sind für den Knochenaufbau zuständig.

In den Epiphysenfugen entsteht wegen der permanenten Auf- und Abbauprozesse Längenwachstum, das auch als interstitielles Wachstum bekannt ist. Im Inneren des Knochens entsteht ein Innenraum. Dieser innere Raum wird als primäres Mark bezeichnet und ist an der Bildung des eigentlichen Knochenmarks beteiligt.

Sowohl bei der enchondralen, als auch bei der perichondralen Ossifikation geben die Osteoblasten als Grundsubstanz das sogenannte Osteoid ab. Unter der Einflussnahme der Osteoblastenfermente lagern sich Kalksalze am Knochen ab, woraufhin die Osteoblasten zu Osteozyten differenzieren. Die Startpunkte jeder Verknöcherung heißen Ossifikationszentren oder Knochenkerne.


Krankheiten & Beschwerden

Die bekanntesten Krankheitsbilder in Zusammenhang mit der Ossifikation sind die sogenannten Ossifikationsstörungen, mit denen sich vorwiegend die Orthopädie befasst. Eine der bekanntesten Krankheiten dieser Gruppe ist der Morbus Osgood-Schlatter. Bei dieser Erkrankung lösen sich im Rahmen der gestörten Ossifikation freie Knochenfragmente ab. Viele Sportler sind davon betroffen. Die Ursache liegt in einem mangelnden Gleichgewicht zwischen Belastbarkeit und tatsächlicher Belastung des Knorpels. Starke Belastungen in den Kniegelenken werden besonders häufig mit dem Phänomen assoziiert. Die Apophyse des Schienbeins wird im Rahmen des Morbus Osgood-Schlatter durch mechanische Belastung überlastet, sodass alle Ossifikationsarten gestört sind. Nahe der Ossifikationsfront liegt die Insertionsstelle der fasrigen Sehnenanteile. An dieser Stelle stellt sich eine Verdickung der Tuberositas tibiae ein. Wegen der osteochondronekrotischen Vorgänge lösen sich kleinere Areale der betroffenen Region in Form von freien Ossikeln aus dem Gewebe heraus.

Auch die Glasknochenkrankheit hängt mit einer gestörten Osteogenese zusammen. Die Betroffenen leiden an abnormal leichten und leicht brüchigen Knochen, da ihre Kollagen vom Typ eins genetisch bedingt Veränderungen aufweisen. Diese Kollagen sind ein Hauptbestandteil des Bindegewebes. Da sich sowohl die enchondrale, als auch die perichondrale Ossifikation des Bindegewebes bedient, sind 90 Prozent der Knochenmatrix bei Patienten mit dieser Erbkrankheit verändert. Die Ursache liegt vermutlich in einer Punktmutation auf Chromosom 7 und 17. Leitsymptome sind unter anderem skelettale Deformierungen, Verbiegungen der Wirbelsäule und überdehnbare Gelenke.

Manchmal findet Ossifikation nicht nur im Knorpel, sondern auch in Weichteilgewebe statt. Auch dabei handelt es sich um eine pathologische Erscheinung, die am häufigsten mit einer sogenannten Myositis in Zusammenhang steht. Eine Muskelverknöcherung mit Kalksalzeinlagerungen zählt zu den Hauptsymptomen dieser Erscheinung. Mittlerweile wird für diese Erkrankung eine autoimmunologische Ursache in Erwägung gezogen.

Quellen

  • Adler, C.-P.: Knochenkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
  • Freyschmidt, J.: Skeletterkrankungen. Springer, Berlin 2008
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

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