Dehydrogenasen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Dehydrogenasen sind Enzyme, die an Oxidationsprozessen beteiligt sind. Sie kommen im menschlichen Körper in verschiedenen Varianten vor und katalysieren zum Beispiel den Alkoholabbau in der Leber.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Dehydrogenasen?

Aldehyddehydrogenasen (ALDH) bilden zum Beispiel eine Gruppe von Dehydrogenasen, die vor allem in der Leber vorkommen.
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Bei Dehydrogenasen handelt es sich um spezialisierte Enzyme. Die Biokatalysatoren beschleunigen die natürliche Oxidation von Substraten. Ein Stoff, der oxidiert, verliert Elektronen. In biologischen Reaktionen spalten Dehydrogenasen Wasserstoffanionen von einem Substrat ab. Anionen sind negativ geladene Teilchen.

In diesem Fall nimmt ein Wasserstoffatom ein Elektron auf und erhält dadurch eine negative elektrische Ladung. Die eigentliche Reaktion findet am aktiven Zentrum des Enzyms statt. Wenn die Dehydrogenase das Wasserstoffanion von einem Substrat abspaltet, nehmen Kofaktoren die Elektronen und den Wasserstoff auf. Bei Kofaktoren handelt es sich um Moleküle, die bei enzymatischen Prozessen eine helfende Rolle übernehmen, aber nicht an der Abspaltung selbst beteiligt sind. Die Kofaktoren der Dehydrogenasen sind unter anderem Nikotinamidadenindinukleotid (NAD+) und Flavin-Adenin-Dinukleotid (FAD).

Im Gegensatz zu den Dehydrogenasen spalten Dehydratasen ganze Wassermoleküle von ihrem Substrat ab. Dehydrogenasen können darüber hinaus auch die Gegenreaktion hervorrufen und zur Reduktion statt zur Oxidation beitragen. Bei der Reduktion nimmt ein Teilchen Elektronen auf statt sie abzugeben. Die Biologie ordnet Dehydrogenasen den Oxidreduktasen zu. Diese Art von Enzymen existiert in jedem lebenden Organismus.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Dehydrogenasen bilden eine Gruppe, die sich aus zahlreichen spezialisierten Enzymen zusammensetzt. Die einzelnen Enzyme haben unterschiedliche Aufgaben im menschlichen Körper. Die Biologie unterteilt die verschiedenen Dehydrogenasen in weitere Untergruppen.

Aldehyddehydrogenasen (ALDH) bilden zum Beispiel eine Gruppe von Dehydrogenasen, die vor allem in der Leber vorkommen. In der Regel ist ein ALDH nur für ein bestimmtes Substrat zuständig und kann nicht an der Oxidation anderer Substrate mitwirken. ALDH1A1, -1A2 und -1A3 verarbeiten beispielsweise Retinal, das im Vitamin A vorkommt. Es gibt allerdings auch Ausnahmen von dieser Regel: ALDH2 kann zum Beispiel mit verschiedenen Substraten arbeiten und ist nicht auf einen Stoff beschränkt.

In der Leber bauen Dehydrogenasen Alkohol ab, zum Beispiel Ethanol. Sie wirken dadurch an der Reinigung des Blutes mit, was eine der wichtigsten Aufgaben der Leber ist. Das Ethanolmolekül dockt zunächst am aktiven Zentrum einer Alkoholhydrogenase (ADH) an. Mithilfe des Enzyms oxidiert das Ethanol, indem es das negativ geladene Wasserstoffatom abspaltet und an seinen Kofaktor NAD+ abgibt: ADH wandelt auf diese Weise Ethanol in Acetaldehyd um. Acetaldehyd oder Ethanal ist giftig und löst eine Reihe von Gesundheitsbeschwerden aus.

Im Normalfall enthält die Nahrung nur wenig Ethanol, das der Körper schnell umwandeln kann. Deshalb sind auch die Ethanal-Mengen nur gering. Das Acetaldehyd wiederum stellt das Substrat für ALDH dar. ALDH katalysiert die Umwandlung von Acetaldehyd in Essigsäure, bevor die Essigsäure weiter gespalten und in Wasser und Kohlenstoffdioxid zerlegt werden kann. In dieser Form sind die Moleküle vollkommen unschädlich.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Die Dehydrogenasen befinden sich meistens in den flüssigen Teilen des Zellplasmas oder in den Mitochondrien. Der Körper von Frauen bildet weniger ADH als der Körper von Männern. Dies trägt dazu bei, dass Frauen durchschnittlich sensibler gegenüber Alkohol sind.

Die genauen Werte der verschiedenen Dehydrogenasen schwanken nicht nur zwischen verschiedenen Enzym-Gruppen, sondern auch zwischen verschiedenen Individuen und Ethnien. In Ostasien und unter den Urvölkern Amerikas und Australiens sind die Mengen von ADH im Durchschnitt geringer als zum Beispiel bei Europäern. Das menschliche Genom besitzt 19 bekannte Gene, die ALDH determinieren. Diese Gene liegen auf dem zwölften Chromosom. Sie bestimmen, welche Reihenfolge die Aminosäuren innerhalb von Proteinketten einnehmen.

Aus dieser Reihenfolge ergeben sich wiederum die Eigenschaften der Eiweißstrukturen. Auch die Gestalt der Dehydrogenasen und damit ihre Funktion hängt von der Reihenfolge der Aminosäuren bei der Synthese ab. ALDH2 besteht zum Beispiel aus 500 Aminosäuren. In der Regel synthetisieren die Zellen Dehydrogenasen, die sie später auch benötigen; der Transport der Stoffe entfällt dadurch.


Krankheiten & Störungen

Beim Abbau von Alkohol im menschlichen Körper entsteht als Zwischenstufe Acetaldehyd. Der Stoff ist giftig; das Enzym ALDH muss ihn deshalb so schnell wie möglich in Essigsäure umwandeln. Bei größeren Mengen Alkohol gelingt das jedoch meistens nicht vollständig. Einige Stunden nach Alkoholkonsum bleibt deshalb der Kater zurück.

Die Medizin bezeichnet ihn auch als Veisalgia. Typische Symptome sind Kopfschmerzen, Unwohlsein, flaues Gefühl im Magen, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit ist häufig eingeschränkt. Wie empfindlich Menschen auf Alkohol reagieren, hängt unter anderem davon ab, wie viele Dehydrogenasen die Leberzellen bilden. Dehydrogenasen spielen darüber hinaus bei der Entstehung oder Aufrechterhaltung von verschiedenen Krankheiten eine Rolle. Fettaldehyddehydrogenase (FALDH) nimmt beispielsweise eine zentrale Stellung bei der Entwicklung des Sjögren-Syndroms ein.

Die Kernsymptome des Krankheitsbildes sind mentale Retardierung und fortschreitende spastische Paraplegie. Spastische Paraplegie ist eine neurodegenerative Erkrankung und zeichnet sich durch spastischen Lähmungen in den Beinen aus. Das Sjögren-Larsson-Syndrom führt außerdem dazu, dass die Hornschicht der Haut stärker ausgeprägt ist und deutlich sichtbare Hautschuppen bildet (Ichthyose). Neben diesen drei Kardinalsymptomen treten Störungen der Netzhaut häufig auf. Die Ursache des Syndroms liegt in den Genen, die FALDH kodieren. Durch eine Mutation synthetisiert der Körper den Enzymkomplex mit FALDH nicht korrekt. Infolgedessen steigt die Konzentration der Fettalkohole und Fettaldehyde im Blutplasma.

Quellen

  • Bisswanger, H.: Enzyme. Struktur, Kinetik und Anwendungen. Wiley-VHC, Weinheim 2015
  • Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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