Sjögren-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich die Körperabwehr gegen körpereigenes Gewebe richtet und Entzündungen verursacht. Sie gehört zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Primär sind Tränen- und Speicheldrüsen betroffen, die Infektionen können sich aber auch auf Muskeln und Gelenke ausweiten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Sjögren-Syndrom?

Patienten mit dem Sjögren-Syndrom leiden vor allem unter trockenen Schleimhäuten. Trockene Augen gehören deshalb zu den Leitsymptomen der Erkrankung.
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Das Sjögren-Syndrom ist eine Erkrankung des Autoimmunsystems, die von chronischen Entzündungen gekennzeichnet ist. Bei einer Autoimmunerkrankung richtet sich das Abwehrsystem des Körpers nicht mehr gegen schädliche Eindringlinge von außen, wie Bakterien oder Viren, sondern gegen das körpereigene Gewebe.

Das Sjögren-Syndrom gehört zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und zur Gruppe der Kollagenosen. Man unterscheidet zwei Formen von Sjögren-Syndrom. Sind nur Tränen- und Speicheldrüsen von Infektionen betroffen, so spricht man vom primären Sjögren-Syndrom.

Treten die Symptome als Begleiterscheinung von anderen Bindegewebsentzündungen auf, wie beispielsweise rheumatoide Arthritis oder Lupus Erythematodes, so wird das als sekundäres Sjögren-Syndrom bezeichnet. Frauen sind öfter vom Sjögren-Syndrom betroffen als Männer. Die Krankheit zählt zu den häufigsten entzündlichen Erkrankungen.

Ursachen

Die Ursachen für das Sjögren-Syndrom sind nicht klar erforscht. Einerseits vermutet man, dass die Veranlagung für die Krankheit vererbt wird, andererseits gelten Umweltfaktoren oder Hormonstörungen als mögliche Auslöser.

Als weitere denkbare Ursachen zieht man Medikamente, Virusinfekte oder besondere Belastungen des Körpers, wie eine Schwangerschaft, in Betracht. Man nimmt an, dass der Körper durch diese Vorgänge in gewisser Weise fehlprogrammiert wird und Antikörper bildet, die körpereigenes Gewebe angreifen.

Ein weiterer Erklärungsansatz geht davon aus, dass beim Sjögren-Syndrom die Immunabwehr die Fähigkeit, körperfremde Zellen von körpereigenen zu unterscheiden, verliert. Man nennt diese Fähigkeit Immuntoleranz. Der Grund für den Verlust dieser Immuntoleranz ist allerdings noch nicht bekannt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit dem Sjögren-Syndrom leiden vor allem unter trockenen Schleimhäuten. Trockene Augen gehören deshalb zu den Leitsymptomen der Erkrankung. Die Betroffenen haben aufgrund der Trockenheit das Gefühl, einen Fremdkörper im Auge zu haben. Die Augen jucken, sind gerötet und schmerzen. Doch nicht nur die Augen, sondern auch der Mund weist eine ausgeprägte Trockenheit auf.

Die Speichelproduktion ist stark eingeschränkt, sodass die Patienten während des Essens vermehrt trinken müssen. Nur so können sie die zerkaute Nahrung überhaupt schlucken. Durch den trockenen Mund verspüren sie zudem ein ständiges Durstgefühl. Neben den Speichel- und Tränendrüsen können auch andere Körperdrüsen betroffen sein. So leiden einige Patientinnen an Scheidentrockenheit.

Das Gefühl von Trockenheit, Brennen und Juckreiz sowie Beschwerden beim Geschlechtsverkehr sind die Folge. Das Sjögren-Syndrom kann sich ferner durch unspezifische Allgemeinsymptome bemerkbar machen. Die Betroffenen sind ständig abgeschlagen und müde. Man spricht hier auch von einer Fatique.

Sie können sich schlecht konzentrieren, haben Schmerzen in den Gelenken und in der Muskulatur. Ebenso können Verdauungsbeschwerden auftreten. Ein weiteres Symptom des Sjögren-Syndroms ist das Raynaud-Phänomen, auch Morbus Raynaud genannt. Es handelt sich dabei um Durchblutungsstörungen der Finger, die mit Taubheit und/oder Schmerzen einhergeht.

Diagnose & Verlauf

Beim Sjögren-Syndrom werden zwei Arten von Symptomen unterschieden. Richtet sich das Immunsystem nur gegen die Speichel- und Tränendrüsen, so spricht man von glandulären (die Drüsen betreffenden) Symptomen. Dies ist beim primären Sjögren-Syndrom der Fall.

Wenn die Abwehr auch andere Gewebearten angreift, wenn also das sekundäre Sjögren-Syndrom vorliegt, nennt man die Symptome extraglandulär (außerhalb der Drüsen liegend). Die glandulären Beschwerden zeigen sich hauptsächlich in einem trockenen Mund und trockenen Augen, was Mediziner als Sicca-Syndrom bezeichnen (sicca = trocken). Dabei können auch andere Schleimhäute wie Rachen, Nase oder die Scheide von der Trockenheit betroffen sein. Die extraglandulären Symptome sind Durchblutungsstörungen mit der Ausbildung von roten Hautflecken, Entzündungen an Gelenken und Müdigkeit.

Die Beschwerden bilden sich meist erst nach dem 40. Lebensjahr aus, aber da die Fehlsteuerung des Immunsystems sich nur langsam entwickelt, geht man davon aus, dass die Erkrankung bereits nach dem 20. oder 30. Lebensjahr beginnt. Die Symptome aber werden erst später spürbar und sichtbar. Der erste Verdacht auf Sjögren-Symptom entsteht bereits durch die typischen Symptome. Um eine sichere Diagnose stellen zu können, werden Blutuntersuchungen durchgeführt. Liegt das Sjögren-Syndrom vor, so lassen sich im Blut bestimmte Antikörper, Rheuma- und Entzündungsfaktoren nachweisen.

Komplikationen

Das Sjögren-Syndrom führt zu vielen verschiedenen Beschwerden. In erster Linie leiden die Betroffenen an sehr trockenen Augen. Da die Beschwerden nicht besonders charakteristisch sind und nicht direkt auf die Erkrankung deutet, findet in der Regel keine frühzeitige Diagnose und Behandlung statt. Die Betroffenen leiden dabei weiterhin an einem trockenen Mund und an einer sehr stark ausgeprägten Müdigkeit.

Auch eine Abgeschlagenheit und ein allgemeines Krankheitsgefühl können krankheitsbedingt auftreten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Patienten auswirken. Allerdings betrifft die Erkrankung auch die Muskeln und die Gelenke, sodass es an diesen zu Entzündungen und damit auch zu starken Schmerzen kommt. Sollten die Schmerzen dabei auch in der Nacht auftreten, so kann es dadurch zu Schlafbeschwerden und zu einer Gereiztheit oder zu Depressionen beim Patienten kommen.

Auch Einschränkungen in der Bewegung und damit im Alltag können durch das Sjögren-Syndrom auftreten. Eine kausale Behandlung des Syndroms ist leider nicht möglich. Allerdings können die Beschwerden mit Hilfe von Medikamenten und Therapien gut eingeschränkt werden. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf. Ob es aufgrund der Erkrankung zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann leider nicht universell vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich beim Sjögren-Syndrom um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, muss diese immer von einem Arzt behandelt werden. Sollte beim Betroffenen ein Kinderwunsch auftreten, so kann auch eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, um ein erneutes Auftreten bei den Nachfahren zu verhindern. Da das Sjögren-Syndrom zu schwerwiegenden Beschwerden und Komplikationen führen kann, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden, wenn die Beschwerden auf dieses Syndrom hindeuten.

Ein Arzt ist bei diesem Syndrom dann aufzusuchen, wenn es zu trockenen und geröteten Augen kommt. In vielen Fällen haben die Betroffenen dauerhaft das Gefühl, dass sie einen Fremdkörper im Auge haben. Auch ein dauerhaftes Jucken in den Augen kann auf diese Krankheit hindeuten. Bei Frauen kann sich das Sjögren-Syndrom durch eine Trockenheit der Scheide äußern, auch bei dieser Beschwerde ist ein Arzt aufzusuchen. Auch Verdauungsprobleme oder Durchblutungsstörungen sind Indikatoren für das Sjögren-Syndrom. Beim Verdacht auf das Syndrom kann ein Allgemeinarzt aufgesucht werden. Die weitere Behandlung wird dann meist von einem Facharzt durchgeführt.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Sjögren-Syndroms richtet sich auf die Linderung der Beschwerden, da es noch keine heilende Therapie für Autoimmunerkrankungen gibt. Man versucht lediglich, das Abwehrsystem zu unterdrücken, um weitere Angriffe auf den eigenen Körper zu verhindern. Dies wird mithilfe von Medikamenten, wie beispielsweise Kortison, durchgeführt.

Gegen die Trockenheit in den Augen werden Salben oder Tropfen verschrieben. Für die trockene Mundschleimhaut gibt es spezielle Mundspülungen oder -gels. Auch kann man die Speichelproduktion durch das Lutschen von Bonbons anregen und über den Tag verteilt immer wieder kleine Schlucke von Wasser zu sich nehmen, um die Schleimhäute zu befeuchten. Bei besonders ausgeprägten Symptomen werden Medikamente angewendet, welche die Tränen- und Speichelproduktion anregen.

Zusätzlich ist sorgfältige Mundhygiene nötig, da beim Sjögren-Syndrom ein erhöhtes Kariesrisiko besteht. Liegt das sekundäre Sjögren-Syndrom vor, so werden auch die vorliegende Grunderkrankung und die entzündlichen Prozesse in den Gelenken behandelt. Hier werden schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente eingesetzt. Insgesamt erfordert die Behandlung des Sjögren-Syndroms meist den Einsatz von mehreren Fachärzten wie Zahnarzt, Rheumatologe, Augenarzt, Gynäkologe und Hals-Nasen-Ohren-Arzt.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung gegen das Sjögren-Syndrom ist nicht möglich, zumal noch keine genauen Ursachen bekannt sind. Man kann aber durch eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung das Immunsystem stärken.

Nachsorge

Da es sich um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann diese in der Regel nicht vollständig geheilt werden. Daher sollten Betroffene bei den ersten Symptomen der Krankheit einen Arzt aufsuchen und eine Behandlung einleiten, um das Auftreten von weiteren Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Eine selbstständige Heilung kann nicht erfolgen.

Bei einem Kinderwunsch sollte auf jeden Fall eine genetische Untersuchung und Beratung erfolgen, um ein erneutes Auftreten des Syndroms bei den Nachfahren zu verhindern. Die meisten Betroffenen sind bei dieser Krankheit auf verschiedene operative Eingriffe angewiesen, durch welche die Beschwerden gelindert und eingeschränkt werden können.

Dabei sollte sich der Betroffene nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen. Von körperlichen Anstrengungen oder von stressigen Tätigkeiten ist abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Weiterhin ist in der Regel auch die Hilfe und die Unterstützung der eigenen Familie sehr sinnvoll.

Dadurch werden nicht selten die Entstehung von Depressionen und anderen psychischen Verstimmungen verhindert und eingeschränkt. In einigen Fällen kann das Sjögren-Syndrom auch die Lebenserwartung des Betroffenen verringern. Allerdings ist der weitere Verlauf dieser Krankheit stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig, sodass ein allgemeiner Verlauf nicht gegeben werden kann.

Das können Sie selbst tun

Der Krankheitsverlauf des Sjögren-Syndroms ist gekennzeichnet von chronischen Entzündungen. Im Alltag sollte zur Unterstützung des Immunsystems die Gestaltung der Lebensführung optimiert werden.

Das körpereigene Abwehrsystem kann durch eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung mobilisiert werden. Hilfreich bei der Bewältigung der Erkrankung ist die Unterlassung des Konsums von Schadstoffen wie Alkohol und Nikotin. Darüber hinaus ist Übergewicht zu vermeiden und eine ausreichende Bewegung wirkt sich förderlich auf die Gesundheit aus. Der Organismus ist vor weiteren Infektionen zu schützen. Insbesondere in Zeiten des Wetter- oder Jahreszeitenwechsels sollten daher rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergriffen werden und Ansteckungsrisiken sind zu minimieren.

Da es bei einem sexuellen Kontakt mit dem Partner zu Unannehmlichkeiten kommen kann, sollte dieser rechtzeitig über die Erkrankung sowie die vorhandenen Beschwerden informiert werden. Dies vermeidet im Alltag unangenehme Situationen und beugt Missverständnissen vor.

Benötigt der Betroffene eine emotionale Unterstützung bei der Bewältigung der Erkrankung, kann eine psychotherapeutische Behandlung helfen. Zudem ist die mentale Kraft zu stärken, da sich emotionale Probleme unweigerlich auf den gesamten Organismus ausbreiten. Häufig treten Störungen der Durchblutung auf. Aus diesem Grund ist die Einnahme einer starren Körperhaltungen zu unterlassen und bei den ersten Sensibilitätsstörungen auf der Haut sollten ausgleichende Bewegungen durchgeführt werden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
  • Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011

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