Deklaratives Gedächtnis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das deklarative Gedächtnis ist ein Teil des Langzeitgedächtnisses. Es handelt sich dabei um das Wissensgedächtnis, das aus semantischen Gedächtnisinhalten über die Welt und episodischen Gedächtnisinhalten über das eigene Leben besteht. Amnesien können je nach Lokalisation nur auf semantische oder episodische Inhalte beschränkt sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das deklarative Gedächtnis?

Das deklarative Gedächtnis ist ein Teil des Langzeitgedächtnisses. Es handelt sich dabei um das Wissensgedächtnis.

Neben dem Kurzzeitgedächtnis besitzt jeder Mensch ein Langzeitgedächtnis. Dieses dauerhafte Speichersystem ist kein einheitliches Gebilde, sondern entspricht mehreren Speicherleistungen für verschiedene Art von Information. Über eine Begrenzung der Kapazität des Langzeitgedächtnisses ist bislang nichts bekannt.

Grundsätzlich werden zwei Formen des Langzeitgedächtnisses unterschieden, die unterschiedliche Informationen ablegen. Das prozedurale Gedächtnis speichert Verhaltensinformationen, so zum Beispiel Handlungsabläufe oder erlernte Bewegungsformen wie zum Beispiel das Radfahren.

Daneben existiert ein deklaratives Gedächtnis, das auch als Wissensgedächtnis bekannt ist. Im deklarativen Gedächtnis werden Tatsachen oder Ereignisse abgespeichert, die ein Mensch bewusst wahrnimmt und ebenso bewusst wiedergeben kann.

Das deklarative Gedächtnis besteht aus zwei Bereichen. Neben dem semantischen Gedächtnis für Weltwissen enthält es das episodische Gedächtnis für Tatsachen mit Bezug zum eigenen Leben. Die unterschiedlichen Informationsformen sind voneinander unabhängig und sind in verschiedenen Gehirnarealen abgelegt.

Funktion & Aufgabe

Das Langzeitgedächtnis ist auf ein Zusammenwirken von Cortex und subcortikalen Bereiche des Gehirns angewiesen. Beteiligt am deklarativen Gedächtnis und damit dem Wissensgedächtnis ist der gesamte Neocortex. Das episodische Gedächtnis basiert insbesondere auf einer Beteiligung des rechten Frontal- und des Temporalcortex. Das semantische Gedächtnis liegt vor allem im Temporallappen.

Viele subkortikalen Areale des Gehirns sind an Prozessen des deklarativen Gedächtnisses beteiligt. Das gilt insbesondere für den Prozess der Speicherung, der unter Beteiligung des limbischen Systems, des medialen Temporallappensystems, des Hippocampus und der angrenzenden Gebiete erfolgt. Die beteiligten Strukturen sind im Papez-Neuronenkreis zusammengefasst.

Die Speicherung basiert im Wesentlichen auf der neuronalen Plastizität. Gedächtnisinhalte werden den Verbindungen von Nervenzellen hinterlegt und als solche im Gedächtnis niedergelegt. Damit entspricht ein Gedächtnisinhalt des deklarativen Gedächtnisses im Wesentlichen der synaptischen Effizienz bestimmter Neuronen-Netze.

Das deklarative Gedächtnis ist nicht nur für die Speicherung von Wissen zuständig, sondern auch für die Enkodierung und die Abrufung von Wissen. Das semantische Gedächtnis erledigt diese Aufgaben in Zusammenhang mit faktischen Informationen über die Welt. Das episodische Gedächtnis ist dagegen mit spezifischen Episoden und Ereignisketten aus dem eigenen Leben betraut.

Deklarative Gedächtnisinhalte werden sowohl im semantischen als auch episodischen Gedächtnis kontextgebunden enkodiert und auf dieselbe Weise abgerufen. Die episodischen Gedächtnisinhalte nutzen dabei die semantischen Gedächtnisinhalte des deklarativen Gedächtnisses, aber gehen durch die persönlichen Bezüge noch darüber hinaus. Die neuronalen Komponenten im episodischen Gedächtnis entsprechen daher einem weit verzweigten Netzwerk aus kortikalen und subkortikalen Hirnbereichen, das die Netzwerke des semantischen Gedächtnisses kreuzt.

Im Gegensatz zum semantischen Gedächtnis enthält das episodische Gedächtnis keine "harten Fakten", sondern besteht zu einem Großteil aus Sinneswahrnehmungen und Emotionen, die ein Mensch in einem bestimmten Moment seines Lebens gesammelt hat. Im semantischen Gedächtnis ist dagegen das objektive Wissen über die Welt abgelegt.

Einige Wissenschaftler vermuten, dass der episodische Teil des deklarativen Gedächtnisses in dieser Form ausschließlich dem Menschen zu eigen ist.


Krankheiten & Beschwerden

In Zusammenhang mit dem Gedächtnis ist als pathologisches Phänomen vor allem die Amnesie hervorzuheben. Eine Amnesie kann verschiedener Form sein und steht in Abhängigkeit zu den jeweils geschädigten Hirnregionen. Bei semantischen Gedächtnisstörungen dieser Art sind langzeitig gespeicherte Gedächtnisinhalte des semantisch deklarativen Gedächtnisses betroffen. Dazu gehört im Einzelfall zum Beispiel das berufliche Fachwissen, die Speicherung von Wortbedeutungen oder die begriffliche Assoziationsbeziehung.

Da für die semantischen und episodischen Gedächtnisinhalte verschiedene Regionen des Gehirns zuständig sind, kann ein Patient mit semantischer Amnesie ein unversehrt episodisches oder autobiographisches Gedächtnis besitzen. Bei einem solchen Fall der Amnesie liegen meist Läsionen des Temporallappens vor, sodass nur partielle Abschnitte des semantischen Gedächtnisses von den Störungen betroffen sind.

Neben Traumata können degenerativ hirnorganische Erkrankungen wie die Alzheimer-Demenz das semantische Gedächtnis beeinträchtigen. Noch wesentlich häufiger als die semantische Gedächtnisstörung führen hirnorganische Schädigungen zu einer anterograden Gedächtnisstörung. Patienten dieser Amnesie haben Schwierigkeiten, sich an Tagesereignisse, Personennamen und neues Sachwissen zu erinnern.

Die anterograde Amnesie tritt vor allem im Rahmen von zerebral neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen auf. Neben Traumata können Durchblutungsstörungen des Gehirns, Schlaganfälle, Hypoxien oder entzündliche Gehirnerkrankungen die Ursache sein. Meist liegt die primäre Ursache in lokalen Läsionen des hippocampalen Systems, die eine verminderte Langzeitpotenzierung durch den funktional gestörten Hippocampus zur Folge haben oder eine mangelhafte Verknüpfung von neuem Wissen und bestehenden Gedächtnisinhalten bedingen.

Von diesen Formen der Amnesie ist die dissoziative Gedächtnisstörung zu unterscheiden, die rein psychisch bedingt ist und in den meisten Fällen vor allem persönliche Informationen betrifft, vor allem solche über psychisch belastende Ereignisse. Die Erinnerungslücken sind bei dieser Form der Amnesie nicht konstant, sondern tagesabhängig. Zum Teil manifestiert sich die dissoziative Gedächtnisstörung inform eines vollständigen Identitätsverlusts.

Ein häufig zitierter Krankheitsfall im Zusammenhang mit einer Amnesie des deklarativen Gedächtnisses ist der Fall von Patienten HM. Ihm wurde zur Therapie einer schweren Epilepsie beidseitig der Hippocampus entfernt. Seine Epilepsie konnte durch die Operation geheilt werden. Nach der Operation zeigte er allerdings eine schwere Form der anterograden Amnesie und konnte kein neues Wissen mehr in sein deklaratives Gedächtnis aufnehmen. Zuvor erworbene Gedächtnisinhalte blieben jedoch unversehrt.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Diener, H.-C., et al.: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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