Dysglossie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Dysglossie handelt es sich um eine Sprechstörung. Sie wird durch Schädigungen der Sprachorgane ausgelöst und zeigt sich meist durch undeutliche Sprechweise und ein langsameres Sprechtempo des Patienten. Die Dysglossie ist durch logopädische Maßnahmen therapierbar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Dysglossie?

Es gibt viele mögliche Ursachen für die Dysglossie. Häufig kommt es in Folge von Unfällen im Hals- und Gesichtsbereich zu Traumata und damit zu Verletzungen an den Artikulationsorganen.
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Der Begriff Dysglossie kommt aus dem Griechischen („Glossa“ – die Sprache). Dysglossie bezeichnet eine Artikulationsstörung, bedingt durch Schädigungen oder Fehlbildungen der Artikulationsorgane: Lippen, Zunge, Kiefer, Gaumen, Zähne und Stimmlippen.

Im Allgemeinen hat der unter Dysglossie leidende Patient Schwierigkeiten mit dem Aussprechen bestimmter Laute. Die Sprache erscheint häufig stark verlangsamt, verwaschen und undeutlich in der Aussprache. Weitere Symptome der Dysglossie können Empfindungsstörungen im Bereich der Lippen, der Zunge oder des Gaumens sein. Auch eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur kann vorkommen, ebenso wie häufige Heiserkeit, Näseln oder zwanghaftes Räuspern.

Da die Sprechorgane auch für den Schluckvorgang zuständig sind, kann der Dysglossie-Patient auch unter erheblichen Schluckstörungen leiden, der sogenannten Dysphagie. Hier kann es zu Druckgefühlen oder Schmerzen während des Schluckens kommen, manchmal auch zu Würgereiz und selten zu völliger Schluckunfähigkeit.

Ursachen

Es gibt viele mögliche Ursachen für die Dysglossie. Häufig kommt es in Folge von Unfällen im Hals- und Gesichtsbereich zu Traumata und damit zu Verletzungen an den Artikulationsorganen.

Auch als Folge bestimmter Operationen ist es möglich, dass die Sprechorgane in Mitleidenschaft gezogen werden. Tumore im Artikulationsbereich oder auch bestimmte Muskelerkrankungen können den Sprachapparat ebenso beeinträchtigen und so zur Dysglossie führen.

Ein weiterer Grund kann eine Zahn- oder Kieferfehlstellung sein, wie die Lippen- Kiefer- Gaumenspalte (früher auch „Hasenscharte“ genannt), ebenso wie die Schädigung bestimmter Hirnnerven, die mit den entsprechenden Artikulationsorganen verbunden sind und so zur Lähmung derselben führen können.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei dieser Erkrankung leiden die Betroffenen an einer Sprachstörung. Es kommt dabei zu beschädigten Sprechorganen, sodass Laute nicht richtig ausgesprochen werden können. Dadurch kommt es auch zu Schwierigkeiten bei der Kommunikation, sodass der Alltag des Patienten erheblich eingeschränkt und die Lebensqualität verringert ist.

Die Betroffenen sprechen dabei Wörter häufig undeutlich aus oder können sich nicht richtig artikulieren. Ebenso kann es durch die Dysglossie zu Störungen der Sensibilität im Mundraum kommen, sodass die Zunge oder der Rachen taub sind oder Geschmäcker nicht richtig empfinden können. Die Ausprägungen der Dysglossie können dabei sehr unterschiedlich sein.

Die gesamte Muskulatur im Mund ist aufgrund der Erkrankung gelähmt, sodass die meisten Betroffenen auch an Beschwerden bei der Einnahme von Nahrung und Flüssigkeiten leiden. Daher kann es auch zu einer Dehydration oder zu einem Gewichtsverlust kommen.

Bei Kindern führt die Dysglossie auch zu einer verzögerten Entwicklung und in einigen Fällen auch zu Mobbing oder zu Hänseleien, falls die Kinder Wörter nicht richtig aussprechen können. Weiterhin leiden viele Patienten aufgrund der Erkrankung auch an Depressionen und an anderen psychischen Verstimmungen. Die Lebenserwartung wird durch die Krankheit in der Regel nicht negativ beeinflusst.

Diagnose

Gerade durch die Vielzahl der möglichen Ursachen der Dysglossie ist eine ausführliche Untersuchung angezeigt. Meist wird die Anamnese durch einen Hals-Nasen-Ohrenarzt oder aber durch einen Facharzt für Stimmerkrankungen durchgeführt, einen so genannten Phoniater.

Hier wird nun zunächst ermittelt, welche Laute von der Aussprachestörung betroffen und in welchem Maße die Sprechorgane beeinträchtigt sind. Man differenziert im Allgemeinen zwischen der labialen Dysglossie (die Lippen betreffend), der dentalen Dysglossie (die Zähne betreffend), der lingualen Dysglossie (hier ist die Zunge betroffen) und schließlich der palatalen Dysglossie (der Gaumen ist betroffen).

Sind die Symptome erst einmal isoliert und definiert, geht es darum, das Behandlungsziel festzulegen. Es folgt die Erstellung eines Behandlungsplans und die Überweisung an einen Logopäden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer angeborenen Dysglossie sollten die Eltern des Kindes frühzeitig mit dem Kinderarzt oder einem Logopäden sprechen. Dieser kann die Symptome feststellen und gemeinsam mit den Eltern ein Behandlungsziel festlegen. Wenn es nach einem Unfall oder einer Operation zu Sprachstörungen kommt, wird am besten der behandelnde Arzt informiert. Auch hier gilt: je früher die Beschwerden erkannt werden, desto besser sind die Heilungsaussichten. Wer also bemerkt, dass er bestimmte Laute nicht mehr korrekt aussprechen kann, sollte umgehend den Arzt informieren.

Auch noch so leichte Sprachstörungen müssen abgeklärt werden, bevor sie sich verschlimmern. Schließlich liegt den Symptomen oft ein ernstes Leiden zugrunde, dass bei Nichtbehandlung zunimmt und unter Umständen weitere Komplikationen hervorruft. Bei Begleiterscheinungen wie Konzentrationsschwierigkeiten oder Zungenschmerzen sollte in jedem Fall der Hausarzt eingeschaltet werden. Weitere Ansprechpartner sind der Hals-Nasen-Ohrenarzt oder ein Facharzt für Stimmerkrankungen, ein sogenannter Phoniater. Sollten durch die Sprachstörung psychische Beschwerden entstanden sein, kann außerdem ein Therapeut hinzugezogen werden.

Behandlung & Therapie

Die Dysglossie wird in der Regel durch logopädische Maßnahmen behandelt. Je nach Schwere des Falles kann das ambulant oder stationär geschehen. Da es sich bei der Dysglossie um eine Störung der Kommunikationsfähigkeit handelt, die das tägliche Leben stark beeinträchtigen kann und so häufig auch zu Problemen mit dem Selbstbewusstsein führt, ist eine meist Therapie recht zeitaufwendig.

Es gibt eine Vielzahl möglicher Therapie-Ansätze, die der Patient, angeleitet vom Logopäden, erlernt und durch häufiges Trainieren und Üben umsetzen muss, will er Erfolg erzielen. Entspannung spielt hier eine wichtige Rolle. So wird die Gesamtkörperspannung durch Übungen harmonisiert, die innere und äußere Körperspannung wird - z.B. durch Kreisen, Schwingen, Atmen, Erzeugen von Tönen - wieder in Einklang gebracht. Atemrhythmische Bewegungen sollen helfen, die Sprechatmung und das Sprechen selbst zu harmonisieren.

Liegen Empfindungsstörungen vor, wird an der Zungenlage und –empfindung gearbeitet. Die sensorische Wahrnehmung des Dysglossie-Patienten wird durch bestimmte Übungen geschult. Weitere Trainingsinhalte sind zum Beispiel Widerstandsübungen, Lautfunktionsarbeit, Gaumentraining, Zungentraining, Lippentraining und eine spezielle Schluck-Therapie.

Durch die Arbeit mit Atem-, Sprech- und Stimmlehrern wird der komplexe Sprechapparat des Patienten im Ganzen angesprochen. Besonders wichtig ist schließlich der Transfer der erlernten Übungen in die tägliche Umgangssprache, um eine Steigerung der Selbstsicherheit und damit eine fortschreitende Entspannung des Patienten herbeizuführen.

Aussicht & Prognose

Die Dysglossie hat eine gute Heilungsaussicht. In einer logopädischen Therapie werden Trainings und Übungen mit dem Patienten durchgeführt, die zu einer Linderung der Beschwerden führen. Nach einigen Wochen oder Monaten treten im Normalfall erste Erfolge ein, die von dauerhafter Natur sind. Im weiteren Verlauf holt das Kind die Sprachfähigkeit oder das Sprachtempo auf, bis es mit Gleichaltrigen auf einem vergleichbaren Leistungsniveau liegt.

In der Therapie werden Hausaufgaben gegeben, die Kindern ein tägliches Training auf der Basis ihrer Fortschritte ermöglichen. Hilfreich ist die zusätzliche Anwendung von Entspannungstechniken. Diese können auch eigenverantwortlich außerhalb einer Therapie durchgeführt werden. Sie bauen die innere Angespanntheit und aufgestauten Stress ab, so dass ein mentales Gleichgewicht entsteht. Dies ist notwendig, um eine Lockerung der Atmung und damit Verbesserung der Beschwerden zu erreichen.

Zu einer günstigen Prognose helfen Übungen wie das Tönen oder Singen von Mantren sowie anderen lautgebenden Methoden. Der Patient kann in Gesellschaft anderer oder allein diese Techniken verwenden und damit einen positiven Einfluss auf den Behandlungserfolg nehmen. Zur Steigerung des Selbstbewusstseins ist es hilfreich, dem Kind auf spielerische Weise Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Je besser die Freizeitgestaltung an die Förderung der kindlichen Bedürfnisse angepasst ist, desto kürzer ist der Heilungsweg.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung der Dysglossie kann es nur im Bereich der erworbenen Fehlstellungen geben – etwa durch zu lange Benutzung eines Beruhigungssaugers bei Babys oder Daumenlutschen.

Nachsorge

Bei einer Dysglossie stehen dem Patienten nur sehr eingeschränkt Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Dabei ist der Betroffene in erster Linie auf die direkte Behandlung dieser Erkrankung angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt, die die Heilung verlangsamen würden. Aus diesem Grund steht im Vordergrund bei der Behandlung der Dysglossie die frühzeitige Erkennung der Erkrankung.

In den meisten Fällen wird die Dysglossie durch verschiedene Therapien behandelt, wobei die Betroffenen meist auf eine Entspannungstherapie angewiesen sind. Viele der Übungen aus diesen Therapien können dabei auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden, sodass die Heilung etwas beschleunigt wird. Der Betroffene ist dabei häufig auch auf die Unterstützung der eigenen Familie und der Freunde angewiesen.

Diese müssen die Erkrankung verstehen und dem Betroffenen bei der Therapie behilflich sein. Häufig sind dabei auch intensive Gespräche mit dem Patienten notwendig, um mögliche psychische Verstimmungen oder Depressionen zu verhindern. In der Regel kann es dabei nicht zu einer Selbstheilung des Betroffenen kommen. Auch der Kontakt zu anderen Patienten der Dysglossie kann dabei sinnvoll sein, da es dadurch nicht selten zu einem Austausch an Informationen kommt, welcher den Alltag erleichtern kann.

Das können Sie selbst tun

Patienten, die unter einer Dysglossie leiden, können bestimmte Laute nicht richtig aussprechen und sind zudem, aufgrund von Schwierigkeiten beim Schlucken, bei der Nahrungsaufnahme behindert.

Die Probleme beim Sprechen werden nach einer gründlichen ärztlichen Untersuchung, in der Regel von einem Logopäden, behandelt. Hier ist die Mitwirkung des Patienten gefragt. Zumal bei schwereren Formen der Dysglossie, wenn der Patient auch unter Empfindungsstörungen im Bereich der Lippen, der Zunge oder des Gaumens leidet, wird eine komplexe Therapie erforderlich. Der oftmals umfangreiche Trainingsplan umfasst Widerstandsübungen und Lauteübungen, Zungen- und Gaumentraining sowie zahlreiche verschiedene Atemübungen, um das Sprechen zu harmonisieren.

Die Übungen müssen in der Regel häufig und über einen langen Zeitraum hinweg wiederholt werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Patient das Gelernte im Alltag umsetzt. Hier ist viel Geduld und eine hohe Frustrationsschwelle seitens des Betroffenen gefragt. Es dauert meist eine beträchtliche Zeit, bis die im Training mit dem Logopäden bereits erreichten Fortschritte auch bei Dialogen im Alltag realisiert werden können.

Der wichtigste Beitrag zur Selbsthilfe besteht deshalb darin, sich von dem langsamen Fortschreiten der Therapie nicht entmutigen zu lassen und konsequent weiterzuüben. Im Laufe der Zeit bessern sich dann sehr häufig nicht nur die Probleme bein Sprechen, sondern auch die Schluckbeschwerden, was wieder eine normale Nahrungsaufnahme ermöglicht.

Quellen

  • Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015

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