Endoplasmatisches Retikulum

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist in jeder eukaryotischen Zelle mit Ausnahme in ausgereiften Erythrozyten vorhanden. Es ist ein Zellorganell mit vielfältigen Funktionen. Ohne ER wäre die Zelle und damit der Organismus nicht lebensfähig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Endoplasmatische Retikulum?

Sowohl am als auch im endoplasmatischen Retikulum finden viele Prozesse zur Proteinsynthese, -kontrolle, -modifikation oder zum Proteintransport statt. Des Weiteren bildet es nach der Zellteilung neue Kernmembran aus und schnürt sie zur Weitergabe ab.
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Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist ein sehr strukturreiches Zellorganell mit einem Kanalsystem von Hohlräumen. Die Hohlräume sind von Membranen umgeben. In der eukaryotischen Zelle übernimmt das ER vielfältige Aufgaben. Es besitzt Speicher-, Entgiftungs-, Kontroll- oder Synthesefunktionen. Dabei befindet es sich im Zytoplasma der Zelle und steht im engen Kontakt mit der Kernhülle des Zellkerns.

Des Weiteren wird zwischen rauem und glattem ER unterschieden. Beide Formen zählen zum endoplasmatischen Retikulum, haben aber unterschiedliche Funktionen. Das raue ER besitzt auf der Oberfläche der Membran Ribosomen. Im Gegensatz dazu ist das glatte ER, wie der Name bereits sagt, glatt. Es besitzt keine Ribosomen. Der Begriff endoplasmatisches Retikulum setzt sich aus drei Teilen zusammen. Endo ist die griechische Bezeichnung für innen. Plasmatisch deutet auf das Zellplasma hin und Retikulum ist der lateinische Ausdruck für Netz. Übersetzt ist das endoplasmatische Retikulum also ein netzartiges Organell, was sich im Zytoplasma einer Zelle befindet.

Anatomie & Aufbau

Das endoplasmatische Retikulum ist ein Labyrinth aus Kanälen, Bläschen und sackartigen Strukturen (Zisternen), die alle mit einer Membran umgeben sind. Aufgrund dieser Tatsache befindet sich die Hälfte aller Membranen einer Zelle im ER. Die Membranen schließen das Lumen (das Innere des ER) vom Zytoplasma ab.

Die ER-Membran ist direkt mit der Kernhülle des Zellkerns verbunden und bildet mit Ihr eine Einheit. Damit steht das ER-Lumen direkt mit dem Membranzwischenraum der Kernhülle in Verbindung, welcher als perinukleärer Raum bezeichnet wird. Das ER ist zum Teil glatt und zum Teil rau. Das raue ER besitzt an seiner Oberfläche Ribosomen, während das glatte ER ribosomenfrei ist. Beide Formen des ER unterscheiden sich in ihren Funktionen. Das endoplasmatische Retikulum ist nicht statisch, sondern ständigen Veränderungen unterworfen. So kommt es stetig zu Verlängerungen, Abspaltungen und Verschmelzungen von Membranstrukturen.

Diese Aktivitäten werden maßgeblich vom Zytoskelett der Zelle beeinflusst. In pflanzlichen und tierischen Zellen spielen für die Veränderungen des endoplasmatischen Retikulums unterschiedliche Proteine eine Rolle. Während in Pflanzenzellen und Hefen vor allem das F-Aktin ausschlaggebend ist, wird in tierischen und menschlichen Zellen das ER hauptsächlich durch die Mikrotubuli beeinflusst. Die Mikrotubuli stellen röhrenförmige Filamente aus Proteinen dar, welche die Grundlage für das Zytoskelett bilden. Bei der Zellteilung sorgen diese Proteine dafür, dass das endoplasmatische Retikulum an die Tochterzellen weitergegeben wird.

Funktion & Aufgaben

Sowohl am als auch im endoplasmatischen Retikulum finden viele Prozesse zur Proteinsynthese, -kontrolle, -modifikation oder zum Proteintransport statt. Des Weiteren bildet es nach der Zellteilung neue Kernmembran aus und schnürt sie zur Weitergabe ab. Das ER ist außerdem ein wichtiger Kalzium-Speicher in der Zelle und spielt deshalb eine Schlüsselrolle bei der Signalübertragung. Speziell in den Muskelzellen ist es aufgrund seiner Funktion als Kalzium-Mediator verantwortlich für die Muskelkontraktion.

Dort wird es auch als sarkoplasmatisches Retikulum bezeichnet. Wie bereits erwähnt, üben glattes und raues ER unterschiedliche Funktionen aus. Das glatte ER besitzt keine Ribosomen. Es ist verantwortlich für die Kalzium-Speicherung, für den Kohlehydratstoffwechsel, für die Bildung bestimmter Lipide wie Phosphorlipide, Fettsäuren oder Steroide und für die Entgiftungsreaktionen innerhalb und außerhalb der Leber. Hoden und Eierstöcke enthalten besonders viel glattes ER, weil dort die Steroidhormone Testosteron und Östrogen gebildet werden. Auch die Parenchymzellen der Leber sind reich an glattem ER.

Dort wird überschüssige Glukose in Form des Polymers Glukogen gespeichert. Hier ist die glatte ER für die erneute Spaltung des Glukogens (Glykogenolyse) verantwortlich. Das glatte ER enthält in der Membran Enzyme, die auch außerhalb der Leber freigesetzt und Entgiftungsreaktionen einleiten können. Diese sogenannten CYPs oxidieren körperfremde Substrate und machen sie wasserlöslich. So können die Abbauprodukte der Gifte über die Nieren den Körper verlassen. Das raue ER übt zwei wichtige Funktionen aus. Es steuert über die Ribosomen sowohl die Proteinbiosynthese als auch die Membranproduktion.

An den membrangebundenen Ribosomen werden Proteinketten gebunden und sofort in das Lumen des ER geschleust. Auch die im Zytosol gebildeten Proteine gelangen zunächst in das Innere des ER. Dort werden die Proteinketten gefaltet, wobei sie ihre dreidimensionale Struktur erhalten. Für die Membranproduktion wächst zunächst die Membran des ER, wird abgespalten und zu anderen Strukturen des inneren Membransystems transportiert. Die Ribosomen des endoplasmatischen Retikulums bilden die entsprechenden Membranproteine.


Krankheiten

Ohne das endoplasmatische Retikulum wäre der Organismus nicht lebensfähig. Viele Funktionen des ER sind absolut lebensnotwendig. Auch Fehlfunktionen des ER würden zum Tod des Organismus führen. Zum Beispiel könnten keine Entgiftungsreaktionen mehr im Körper stattfinden. Hoden und Eierstöcke wären funktionsunfähig, da keine Geschlechtshormone mehr gebildet werden können.

Muskeln und Nerven würden ohne ER nicht mehr funktionieren, weil die Kalzium-Speicherfunktion entfällt. Damit findet auch keine Reizweiterleitung mehr statt. Auch die Zellteilung wäre nicht mehr möglich. Diese Tatsache führt dazu, dass das ER voll funktionsfähig sein muss, um den Organismus lebensfähig zu erhalten. Jede Funktionsstörung ist tödlich. Daher wurden bisher auch keine Erkrankungen beschrieben, die direkt durch Funktionsstörungen des endoplasmatischen Retikulums hervorgerufen werden.

Quellen

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
  • Drenckhahn, D.: Anatomie. Band 1: Makroskopische Anatomie, Histologie, Embryologie, Zellbiologie. Urban & Fischer, München 2008
  • Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007

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