Steroide
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei dem Begriff Steroide taucht heutzutage oft die Assoziation Doping auf, ausgelöst durch den in den Medien vieldiskutierten Missbrauch künstlicher Steroide im Leistungssport. Vielfach unbekannt ist dagegen, dass diese Stoffe auch völlig natürlich im Körper vorkommen, wobei das bekannteste Steroid das Cholesterin ist.
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Was sind Steroide?
Natürliche Steroide sind außer im menschlichen Organismus auch in Tieren, Pflanzen und Pilzen zu finden. Sie erfüllen viele unterschiedliche biochemische Aufgaben wie Vitamine, Sexualhormone wie Estrogene bei der Frau und Androgene beim Mann, Gallensäure oder Gifte. Bei Menschen und Tieren stellt der Körper aus dem Steroid Cholesterin wichtige Eiweißstoffe und Steroidhormone her. Ein weiteres körpereigenes Steroid ist das Cortisol, welches zu der Gruppe der Glucocorticoiden gehört.
Neben den natürlichen gibt es die künstlich hergestellten Steroide. Dazu zählen die Anabolika oder anabolen Steroide, die dem Muskelaufbau dienen und dem männlichen Sexualhormon Testosteron ähneln. Diese Steroide sind als unerlaubtes Dopingmittel bekannt geworden. Andere künstliche Steroide werden in Form von synthetischen Hormonen zu medizinischen Zwecken eingesetzt, wie etwa das Hydrocortison oder das Progesteron.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Steroide begann in den 1930er Jahren, als Wissenschaftler erstmals die chemische Struktur dieser Verbindungen entschlüsselten. Adolf Butenandt, ein deutscher Chemiker, isolierte 1931 erstmals das Hormon Androsteron aus menschlichem Urin, was den Weg für die weitere Erforschung von Steroiden ebnete. Gleichzeitig entdeckte Leopold Ruzicka, ein Schweizer Chemiker, ähnliche Verbindungen und trug zur Synthese des Testosterons bei, das erstmals 1935 synthetisiert wurde.
Während des Zweiten Weltkriegs untersuchten Wissenschaftler die potenziellen Vorteile von Testosteron und seinen Derivaten für medizinische Anwendungen, einschließlich der Behandlung von Unterernährung und Verletzungen. In den 1950er Jahren führte die weitere Erforschung zu der Entwicklung von anabolen Steroiden, die vor allem zur Behandlung von Muskelatrophie und bestimmten Hormonstörungen verwendet wurden.
In den 1960er Jahren begannen Athleten, die leistungssteigernden Effekte von anabolen Steroiden zu nutzen, was zu einem weit verbreiteten Missbrauch führte. Diese Entwicklung veranlasste Sportorganisationen, strenge Kontrollen einzuführen.
Die medizinische Verwendung von Steroiden hat sich ebenfalls weiterentwickelt. Kortikosteroide, die als entzündungshemmende Medikamente eingesetzt werden, sind in der modernen Medizin weit verbreitet und werden zur Behandlung von Krankheiten wie Asthma und rheumatoider Arthritis eingesetzt. Heute konzentriert sich die Forschung auf die Entwicklung sicherer und effektiverer Steroidmedikamente bei gleichzeitiger Minimierung der Nebenwirkungen.
Pharmakologische Wirkung
Ohne den Einsatz von künstlichen Steroiden, insbesondere der Glucocorticoide (d. h. Cortison-Präparate), könnten heutzutage viele Krankheiten nicht wirksam behandelt odergeheilt werden. Jedes synthetisch hergestellte Steroid übt eine unterschiedliche Wirkung auf Körper und Organe aus, die dank der vielfach höheren Dosis wesentlich stärker als die des entsprechenden natürlichen Steroids ist.
Cortison-Präparate werden z. B. zur Entzündungshemmung eingesetzt. Sie führen bei allergischem Schnupfen oder Asthma zur Abschwellung der Schleimhäute und wirken krampflösend. Sie kommen auch bei drohender Frühgeburt zum Einsatz, um die Reifung der Lungen des Babies zu fördern.
Auf die Haut aufgetragen entwickeln diese Steroide ebenfalls eine entzündungshemmende Wirkung bei Ekzemen oder allergischen Reaktionen. Mit "intelligenten" Steroiden wird versucht, nur die Hautoberfläche zu behandeln, ohne tiefere Schichten in Mitleidenschaft zu ziehen.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Synthetisch hergestellte Glucocorticoide werden zu medizinischen Zwecken bei einer Vielzahl von Immunerkrankungen und in akuten Notfällen eingesetzt. Mit ihnen lassen sich Krankheiten wie Asthma, Epilepsie, Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Ekzeme, Multiple Sklerose, Morbus Crohn, rheumatische Erkrankungen oder manche Arten von Krebs wie Leukämien und Multiples Myelom behandeln.
Steroide werden auch eingesetzt, wenn der Körper selbst nicht genügend lebenswichtige Glucocorticoide produziert. Auch nach Organtransplantationen sind Steroide von großer Bedeutung. Verabreicht werden diese Präparate sowohl als Injektion, in Form von Tabletten und Inhalation als auch zur örtlichen Anwendung in Form von Salbe. Um eine zu hohe und damit gefährliche Dosierung zu vermeiden, muss die jeweils richtige Dosis individuell ermittelt werden. Ausschlaggebend dafür sind die Schwere der Erkrankung, das Ansprechen des Patienten auf das Steroid sowie die geplante Dauer der Behandlung.
Während eine hoch dosierte Kurztherapie mit Steroiden in Tablettenform auch abrupt beendet werden kann, muss bei einer Langzeitbehandlung die Therapie sehr allmählich "ausschleichend" und unter ständiger ärztlicher Aufsicht beendet werden, um schwere Nebenwirkungen zu vermeiden. Ziel ist, die körpereigene Glucocorticoid-Produktion so wenig wie möglich zu stören. Hier hat sich besonders eine "alternierende" Therapie als erfolgreich erwiesen, bei der das Steroid in doppelter Dosis nur jeden 2. Tag eingenommen wird.
Risiken & Nebenwirkungen
Steroide in Form von Glucocorticoiden können eine Vielzahl von Nebenwirkungen haben. Je nach Stärke und Ort der Anwendung kann es bei langfristiger Anwendung über Wochen oder Monate von auf der Haut aufgetragenem Cortison zu Hautabbau (Atrophie)und zu verzögerter Wundheilung kommen.
Bei langfristiger "systemischer" (also nicht örtlicher) Anwendung können weitere Risiken auftreten. Hierbei kann es zur Erhöhung des Blutzuckers sowie zu Wasserspeicherung im Gewebe kommen, was wiederum eine Gewichtszunahme bedeutet. Die Immunabwehr kann geschwächt werden, und es können Magengeschwüre entstehen. Es besteht auch das Risiko, dass Diabetes mellitus oder Osteoporose entsteht oder, falls bereits vorhanden, diese Erkrankungen durch Steroide verstärkt werden.
Die Präparate können weiterhin das Thromboserisiko erhöhen. Daher sollten Steroide als Langzeittherapie unbedingt nur unter strenger ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden.
Anwendung & Sicherheit
Steroide werden in der Medizin in erster Linie in zwei Hauptformen verwendet: anabole Steroide und Kortikosteroide. Anabole Steroide fördern das Wachstum und die Regeneration von Gewebe, während Kortikosteroide entzündungshemmend wirken und das Immunsystem unterdrücken.
Anwendung: Anabole Steroide werden häufig zur Behandlung von Muskelabbaukrankheiten und Hormonstörungen eingesetzt. Sie sind jedoch auch als leistungssteigernde Mittel bekannt. Kortikosteroide finden Anwendung bei Erkrankungen wie Asthma, Allergien, rheumatoider Arthritis und Autoimmunerkrankungen. Sie werden oral, topisch, intravenös oder inhalativ verabreicht.
Sicherheit: Die Sicherheit der Steroidanwendung hängt von der Dosierung, der Art des Steroids und der Dauer der Anwendung ab. Anabole Steroide können bei Missbrauch zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Leberschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und hormonellen Störungen führen. Kortikosteroide können bei langfristiger Anwendung Osteoporose, Diabetes und Infektionen verursachen. Daher sollten Steroide nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden.
Qualitätskontrolle: Die Herstellung von Steroiden unterliegt strengen Vorschriften und Qualitätskontrollen, um Reinheit, Dosierung und Wirksamkeit sicherzustellen. Die Produktionsstätten müssen GMP-Standards (Good Manufacturing Practices) einhalten, um die Sicherheit und Qualität der Produkte zu gewährleisten. Trotzdem ist es wichtig, Steroide nur auf ärztliche Verschreibung zu verwenden, da Produkte aus unzuverlässigen Quellen gefälscht oder verunreinigt sein können.
Alternativen
Alternativen zu Steroiden variieren je nach Erkrankung und gewünschter Wirkung. Hier sind einige Optionen:
Nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs): NSAIDs wie Ibuprofen oder Naproxen werden oft als Alternative zu Kortikosteroiden zur Linderung von Entzündungen und Schmerzen bei Erkrankungen wie Arthritis verwendet. Sie sind weniger stark als Steroide, haben jedoch ein geringeres Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen bei kurzfristiger Anwendung.
Biologika: Diese Medikamente, wie Adalimumab oder Infliximab, werden zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis und Morbus Crohn eingesetzt. Sie zielen auf spezifische Komponenten des Immunsystems ab und haben ein anderes Nebenwirkungsprofil als Steroide.
Antihistaminika: Bei allergischen Erkrankungen werden häufig Antihistaminika wie Cetirizin oder Fexofenadin verwendet. Sie bieten eine wirksame Alternative zu Kortikosteroiden bei der Behandlung von leichten Allergien, ohne die Risiken von Steroiden.
DMARDs (Disease-Modifying Antirheumatic Drugs): Methotrexat und Sulfasalazin werden zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis eingesetzt und beeinflussen die Krankheitsprogression direkt.
Immunmodulatoren: Medikamente wie Azathioprin und Mycophenolat hemmen das Immunsystem und können bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden.
Jede dieser Alternativen hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, wobei die Wahl der Therapie von der spezifischen Erkrankung und den individuellen Patientenbedürfnissen abhängt.
Forschung & Zukunft
Die aktuelle Forschung zu Steroiden konzentriert sich auf die Entwicklung von sichereren und wirksameren Behandlungsformen, die die Nebenwirkungen herkömmlicher Steroide minimieren. Hier sind einige der wichtigsten Trends:
Selektive Glukokortikoid-Rezeptor-Modulatoren (SGRMs): Diese Substanzen zielen darauf ab, die vorteilhaften entzündungshemmenden Wirkungen der Steroide beizubehalten und gleichzeitig die Nebenwirkungen zu reduzieren, indem sie nur bestimmte Glukokortikoid-Rezeptoren beeinflussen.
Topische und inhalative Formulierungen: Die Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung von topischen und inhalativen Steroiden, die lokal wirken, um systemische Nebenwirkungen zu minimieren. Dies ist besonders wichtig bei Hauterkrankungen und Atemwegsentzündungen.
Nanotechnologie: Durch die Entwicklung von Nanopartikeln, die Steroide gezielt an die betroffenen Körperbereiche transportieren, können die Dosierungen reduziert und die Wirksamkeit erhöht werden, während gleichzeitig das Risiko von Nebenwirkungen sinkt.
Langwirksame Formulierungen: Neue Formulierungen, die eine längere Wirkdauer ermöglichen, könnten die Häufigkeit der Einnahme reduzieren und die Patienten-Compliance verbessern.
Biologische Ansätze: Biologische Therapien zielen darauf ab, die entzündungshemmenden Eigenschaften von Steroiden zu nutzen, ohne die unerwünschten Wirkungen herkömmlicher Steroide zu haben. Beispiele sind monoklonale Antikörper und Immunmodulatoren.
Diese Entwicklungen zeigen das Bestreben der Wissenschaftler, die positiven Eigenschaften der Steroide zu erhalten und gleichzeitig die Risiken zu minimieren, um den Patienten sicherere und effektivere Behandlungen zu bieten.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor