Elektrocochleographie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Behandlungen Elektrocochleographie

Als Elektrocochleographie (ECochG) wird eine Methode bezeichnet, mit der in der Audiometrie bzw. in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde elektrische Potenziale, die Sinneszellen (Haarzellen) in der Hörschnecke (Cochlea) als Antwort auf akustische Clicks oder kurze Töne in verschiedener Tonhöhe erzeugen, aufgezeichnet werden können.

Es werden drei verschiedene Elektropotenziale erfasst, die detaillierte Rückschlüsse auf die Funktion des Innenohrs bei einer vorliegenden Schallempfindungsstörung erlauben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Elektrocochleographie?

Die Elektrocochleographie wird in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde angewendet. Hierbei werden Elektropotenziale, die die Haarzellen in der Hörschnecke im Innenohr als Antwort auf akustische Reize generieren, gemessen.

Die Elektrocochleographie (ECochG) ist ein Verfahren, das es erlaubt, Elektropotenziale, die die Haarzellen in der Hörschnecke (Cochlea) im Innenohr als Antwort auf akustische Reize generieren, zu messen, aufzuzeichnen und mit den Eingangssignalen zu vergleichen. Die Hauptfunktion der Haarzellen in der Cochlea besteht in der Umwandlung der mechanischen Schallwellen in elektrische Nervenimpulse und zwar analog zu Frequenz und Lautstärke. In der ECochG werden drei verschiedene Elektropotenziale gemessen und als Elektrocochleogramm aufgezeichnet.

Es sind dies das Mikrophonpotenzial, das den Eingangssignalen entspricht, das Summationspotenzial, das von den Haarzellen als Antwort auf die akustischen Reize generiert wurde und das Nervenaktionspotenzial, das an die entsprechende afferente Faser des Hörnervs (Nervus vestibulocochlearis) abgegeben wird. Um die drei unterschiedlichen Aktionspotenziale gut erfassen zu können, muss eine Elektrode möglichst nahe der Cochlea platziert werden. Hierzu stehen eine nicht-invasive und eine invasive Methode zur Auswahl.

Bei der nicht-invasiven Methode wird die Elektrode in den äußeren Gehörgang nahe des Trommelfells angebracht. Bei der wesentlich besseren, allerdings invasiven, Methode wird eine feine Nadelelektrode durch das Trommelfell hindurch bis an die Cochlea gebracht.

Funktion, Wirkung & Ziele

Bei erkennbaren Hörschwächen ist es zur Auswahl einer zielführenden Therapie oder einer technischen Unterstützung wichtig zu wissen, ob es sich um ein Schallleitungsproblem oder um ein Schallempfindungsproblem handelt. Bei Schallleitungsproblemen besteht eine Funktionsstörung bei einer der mechanischen Komponenten des Hörapparates im äußeren Ohr oder im Mittelohr. Schallempfindungsprobleme entstehen, wenn eine der „elektrischen“ Komponenten im Innenohr oder der Hörnerv (Nervus vestibulocochlearis) oder die weiterverarbeitenden Zentren im Gehirn funktionseingeschränkt sind.

Es existieren eine Reihe von Tests und Prüfverfahren, um ein Hörproblem als Schallleitungs- oder als Schallempfindungsstörung zu identifizieren. Falls ein Schallempfindungsproblem festgestellt wird, dienen weiterführende Diagnoseverfahren zur Eingrenzung der verursachenden Faktoren. Das einzig verfügbare Diagnoseinstrument zur detaillierten Funktionsuntersuchung des Innenohres bzw. der Cochlea ist die Elektrocochleographie, die eine differenzierte Analyse der Einzelkomponenten der Cochlea ermöglicht. Die akustischen Reize werden von dem Diagnosegerät in Form einer automatisierten Abfolge sogenannter Clicks und Kurztönen erzeugt und mit einem winzigen Lautsprecher oder Schlauch in den äußeren Gehörgang übertragen.

Der funktionierende Schallleitungsvorgang des Hörsystems sorgt dafür, dass die Schallwellen über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen auf die Cochlea übertragen werden. Der Vorgang der Übersetzung der Schallwellen in Nervenaktionspotenziale durch die inneren und äußeren Haarzellen in der Cochlea wird durch das ECochG erfasst und aufgezeichnet. Die Erkenntnisse, die das Elektrocochleogramm erlaubt, sind besonders wichtig für Entwicklung und Individualisierung eines Cochlea-Implantats bei Vorliegen einer schweren Form der cochleären Schallempfindungsschwerhörigkeit.

Das ECochG dient auch als eines der Diagnoseverfahren, die bei Verdacht auf Morbus Menière eingesetzt werden. Morbus Menière ist eine anfallartig auftretende Erkrankung des Innenohrs, die neben dem Hörvermögen und Auftreten eines Tinnitus besonders mit dem Gleichgewichtssinn und mit Drehschwindel verbunden ist. Die Krankheit wird letztlich durch eine Überproduktion der Perilymphe verursacht, die das Innenohr ausfüllt. Häufig beruht eine Schallempfindungsschwerhörigkeit oder Taubheit auf einer Funktionsstörung oder einem Totalausfall der inneren oder äußeren Haarzellen, die in einem komplexen Verfahren die Schallreize in elektrische Nervenpotenziale übersetzen.

In diesen Fällen kann unter der Voraussetzung, dass der Hörnerv und die weiterverarbeitenden Zentren im Gehirn intakt sind, ein Cochlea-Implantat selbst bei völliger Taubheit einen Teil der Hörfähigkeit wieder herstellen. Das gilt auch für taub geborenen Kinder, deren Cochlea funktionsuntüchtig ist. Ihnen kann bereits im Alter von unter 2 Jahren ein Cochlea-Implantat eingesetzt werden. Ihr Gehirn ist noch besonders lernfähig, so dass sich die Hörzentren im ZNS erfahrungsgemäß besonders gut auf die neue „Hörsituation“ anpassen können.

Das Implantat wird in die Cochlea eingesetzt und steht drahtlos mit einem außen am Körper getragenen Aufnahmegerät in Verbindung, das über komplexe Algorithmen ankommende Geräusche aufbereitet und an das Implantat übermittelt, das dann das Spiralganglion stimuliert. Das System übernimmt damit die gesamte Schallaufbereitungskette vom äußeren Gehörgang über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen im Mittelohr bis einschließlich der Übersetzung der Schallreize in Nervenimpulse in der Cochlea.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Falls bei der Elektrocochleographie mit einer Elektrode gearbeitet wird, die im äußeren Gehörgang angebracht wird, ist das Verfahren nicht-invasiv, und es werden keinerlei chemische Stoffe oder Arzneien eingenommen, so dass das Verfahren (fast) keine Risiken birgt und auch nahezu nebenwirkungsfrei ist. Das einzige Risiko besteht darin, dass die empfindliche Haut des äußeren Gehörgangs auf das Einbringen der Elektrode mit entzündlichen Reaktionen reagiert, die in sehr seltenen Fällen schmerzhaft sein können und weiterer Behandlung bedürfen.

Das Risiko einer Komplikation erhöht sich geringfügig, wenn eine Nadelelektrode genutzt wird, die durch das Trommelfell geführt und im Innenohr platziert wird. Das ECochG erhält dadurch prinzipiell einen invasiven Charakter. In sehr seltenen Fällen können – wie bei jedem invasiven Eingriff – durch eingeschleppte pathogene Keime Infektionen und Entzündungen ausgelöst werden, die weitere Behandlungen erfordern. Ebenso kann sich in extrem seltenen Fällen am perforierten Trommelfell eine Entzündung bilden, die nach Ausheilung zu einer Narbenbildung führt, die das Hörvermögen beeinträchtigt.

Quellen

  • Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Probst, R., Grevers, G., Iro, H.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008
  • Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009

Das könnte Sie auch interessieren