Endolymphe

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Endolymphe ist eine klare kaliumreiche lymphatische Flüssigkeit, die die Hohlräume des häutigen Labyrinths im Innenohr ausfüllt. Getrennt durch die Reissner-Membran ist das häutige Labyrinth umgeben von der natriumreichen Perilymphe. Für das Hören spielt die unterschiedliche Ionenkonzentration zwischen Peri- und Endolymphe eine Hauptrolle, während die mechanisch-physikalischen Eigenschaften (Prinzip der Massenträgheit) für die Erzeugung von Rückmeldungen der Gleichgewichtsorgane genutzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Endolymphe?

Die beiden Hauptaufgaben der Endolymphe bestehen darin, die Umwandlung mechanischer Schallwellen und die Umwandlung von Kopf- bzw. Körperbeschleunigungen in elektrische Nervenimpulse zu ermöglichen.
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Im Innenohr befinden sich innerhalb des häutigen Labyrinths die Organe, die mechanische Schallwellen und schnelle Kopfbewegungen oder Dreh- und Linearbeschleunigungen des gesamten Körpers in elektrische Nervenimpulse umwandeln und über den Nervus vestibulocochlearis an das ZNS weiterleiten.

Die Organe stehen über die Endolymphe, einer kaliumreichen und natriumarmen lymphatischen Flüssigkeit, miteinander in Verbindung. Das häutige Labyrinth ist von einer anderen lymphatischen Flüssigkeit, der natriumreichen und kaliumarmen Perilymphe, umgeben. Das häutige Labyrinth ist sozusagen schwimmend in der Perilymphe gelagert. Die Volumenverhältnisse sind allerdings äußerst klein.

Die Gesamtmenge der Endolymphe beträgt in jedem Innenohr nur etwa 0,07 ml. Das Spannungspotential, das aufgrund der unterschiedlichen Elektrolytzusammensetzung zwischen Endo- und Perilymphe besteht, wird zur Umsetzung der mechanischen Schallwellen innerhalb der Cochlea, der Hörschnecke, in elektrische Nervenimpulse genutzt. Bei der Umsetzung von Beschleunigungsreizen in elektrische Nervenimpulse spielen dagegen die physikalisch-mechanischen Eigenschaften der Endolymphe die Hauptrolle.

Anatomie & Aufbau

Die Endolymphe besteht aus einer klaren Flüssigkeit, einem kaliumreichen Elektrolyt, der in der Zusammensetzung der intrazellulären Flüssigkeit (Cytoplasma) ähnelt. Die Endolymphe wird von den Epithelzellen der Stria vascularis innerhalb der Hörschnecke erzeugt und vom Saccus endolymphaticus, in dem der Ductus endolymphaticus endet, wieder resorbiert, so dass eine ständige Erneuerung und ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Sezernierung und Resorption der Endolymphe besteht.

Das Epithel der Stria vascularis ist eines der wenigen Epithelien, das zur Erfüllung seiner Funktion zur Sekretierung der Endolymphe von ver- und entsorgenden Blutkapillaren durchzogen ist. Gleichzeitig sorgen die Epithelzellen für die Konstanz der Zusammensetzung der Endolymphe. Neben der hohen Kaliumkonzentration von 140 – 160 meq/l (Milliäquivalent je Liter) enthält die Endolymphe mit 120 – 130 meq/l auch eine ähnlich hohe Konzentration an Chlor wie die Perilymphe. Der Gehalt an Proteinen erreicht nur einen Wert von 20 – 30 mg/100 g und liegt damit bei weniger als der Hälfte des Proteingehaltes der Perilymphe. Der pH-Wert ist mit 7,5 geringfügig basischer als die Perilymphe, die einen durchschnittlichen pH-Wert von 7,2 aufweist.

Funktion & Aufgaben

Die beiden Hauptaufgaben der Endolymphe bestehen darin, die Umwandlung mechanischer Schallwellen und die Umwandlung von Kopf- bzw. Körperbeschleunigungen in elektrische Nervenimpulse zu ermöglichen. Für die Umwandlungen der Schallwellen je nach Frequenz und Stärke des Schalldrucks in elektrische Impulse wird in erster Linie die elektrische Potentialdifferenz von teilweise über +150 mV zwischen der Endolymphe und der umgebenden Perilymphe genutzt.

Die Umwandlung der physikalischen Schallwellen in elektrische Nervenimpulse erfolgt unter Energieverbrauch durch Mechanorezeptoren in der Gehörschnecke (Cochlea). Für die Erzeugung von elektrischen Nervenimpulsen analog zu Dreh- oder Linearbeschleunigungen an Kopf oder Körper sind Mechanorezeptoren in den Bogengängen und in den Maculaorganen Sacculus und Utriculus verantwortlich. Wichtig für eine korrekte Umwandlung der Beschleunigungsimpulse sind spezifisches Gewicht und die Viskosität der Endolymphe, die maßgeblich die die physikalisch-mechanischen Eigenschaften bestimmen. Im weiteren Sinn gehört auch dazu, dass das Volumen bzw. der Druck der Endolymphe im endolymphatischen System konstant bleibt, das heißt, dass sich Sekretions- und Resorptionsrate einander entsprechen.

Abweichungen von den Normwerten lösen unmittelbar ungewöhnliche Beschleunigungsempfindungen aus, die koordinierte Bewegungen erschweren. Alkoholgenuss führt z. B. zu einer Veränderung der Viskosität der Endolymphe, die bis zu 36 Stunden anhalten kann, also bis zu einem Zeitpunkt, zu dem der Blutalkoholgehalt längst abgebaut ist. Eine weitere Aufgabe der Endolymphe besteht in der Versorgung bestimmter Gewebe, mir denen sie in unmittelbarem Kontakt steht, mit Proteinen zu versorgen.


Krankheiten

Der Hörsinn und das vestibuläre Empfinden können von einer Reihe von Beschwerden und Krankheiten betroffen sein, die durch Abnormitäten der Endolymphe ausgelöst werden. Eine bekannte Krankheit ist die Menière-Krankheit, die eine veränderte Zusammensetzung der Endolymphe und der Perilymphe zur Folge hat, so dass die elektrolytischen Eigenschaften verändert sind und es zu einer verstärkten Ansammlung von Endolymphe im gesamten endolymphatischen System (endolymphatischer Hydrops) kommt.

Das dynamische Gleichgewicht zwischen Sekretion und Adsorption ist gestört. Eine Erkrankung an Morbus Menière führt in der Regel zu den Symptomen Schwindelanfall, Tinnitus und Hörverlust (Menière Trias). Ein endolymphatischer Hydrops kann zu Undichtigkeiten in der Reißner-Membran führen mit dem Effekt, dass sich Perilymphe und Endolymphe teilweise vermischen und sich starke Schwindelgefühle mit Unwohlsein bis zum Erbrechen einstellen sowie anormales Hörempfinden bis zu schrillen Tinnituserscheinungen. Häufig werden Beschwerden über plötzlich auftretenden Drehschwindel durch den benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPPV) verursacht.

Die Krankheit ist zwar prinzipiell gutartig, kann aber bei Nichtbehandlung unangenehm sein. Verursacht werden die Symptome von einem winzigen Calzium-Karbonatkristall, das sich aus Sacculus oder Utriculus gelöst hat und in der Endolymphe in einen der Bogengänge geraten ist, was zu eigenartigen Bewegungsempfindungen und zu Lagerungsschwindel führt. Das Problem lässt sich durch eine Abfolge bestimmter Körperlagen auf natürlichem Wege lösen. Das winzige Kristallkörnchen kann so wieder aus dem Bogengang hinaus befördert werden. Die genauen Ursachen für die Ausbildung eines endolymphatischen Hydrops sind (noch) nicht hinreichend geklärt.

Als gesichert kann angenommen werden, dass Dauerstress und psychische Dauerbelastungen die Ausbildung des endolymphatischen Überdrucks entweder direkt verursachen oder als Co-Faktor begünstigen.

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Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kugler, P.: Der Menschliche Körper. Anatomie, Physiologie, Pathologie. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
  • Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009

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