Enteropeptidase

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Enteropeptidase ist ein Enzym der Duodenalschleimhaut, dessen Funktion in der Aktivierung der Pankreasenzyme besteht. Sie steht am Beginn einer ganzen Aktivierungskaskade von Verdauungsenzymen. Funktionsstörungen der Enteropeptidase führen zu Maldigestion und Malabsorption der Nahrung im Dünndarm.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Enteropeptidase?

Die Enteropeptidase hat die Funktion, die Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse zu aktivieren. Dabei leitet sie nur den ersten Schritt der Aktivierung mit der Umwandlung von Trypsinogen in Trypsin ein.
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Die Enteropeptidase stellt ein Enzym der Duodenalschleimhaut dar, welche durch Aktivierung von Trypsinogen zu Trypsin die Aktivierung der Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse einleitet.

Die Sezernierung von Enteropeptidase findet im Bürstensaum der Duodenalschleimhaut statt. Konkret sind die lieberkühnschen Drüsen für die Sekretion verantwortlich. Die lieberkühnschen Drüsen sind schlauchförmige Vertiefungen im Dünn- und Dickdarmepithel. Im Dünndarm befinden sie sich zwischen den Dünndarmzotten. Die auch als Lieberkühnkrypten bezeichnete Drüsen sezernieren neben Enteropeptidase eine Vielzahl von Enzymen. Die Anregung zur Sekretion von Enteropeptidase erfolgt bei Eintreten des im Magen vorverdauten Speisebreis ins Duodenum. Das Enzym allein wirkt nicht auf die Nahrungsbestandteile ein.

Erst die Aktivierung des Enzyms Trypsin setzt die ganze Aktivierungskaskade der Verdauungsenzyme in Gang. Enteropeptidase ist wie Trypsin und die anderen Proteasen der Bauchspeicheldrüse eine Serinprotease. Das aktive Zentrum enthält die katalytische Triade aus Asparaginsäure, Histidin und Serin. Als Endopeptidase spaltet die Enteropeptidase die Proteine nur an bestimmten charakteristischen Stellen mit bestimmten Erkennungsmotiven in der Aminosäuresequenz. So spaltet das Enzym immer am Erkennungsmotiv Asp-Asp-Asp-Asp-Lys. Bei Trypsinogen wird das Hexapeptid Val-(Asp)4-Lys angespalten, wobei Trypsin entsteht.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Die Enteropeptidase hat die Funktion, die Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse zu aktivieren. Dabei leitet sie nur den ersten Schritt der Aktivierung mit der Umwandlung von Trypsinogen in Trypsin ein.

Trypsin ist seinerseits eine Serinprotease, die Proteine am gleichen charakteristischen Erkennungsmotiv spaltet. Es setzt selber nun die Aktivierung von Trypsinogen fort. Gleichzeitig aktiviert es noch andere Pankreasenzyme aus ihrer jeweiligen Vorstufe wie Chymotrypsinogen, Pro-Elastase, Pro-Carboxypeptidase, Pro-Phospholipase und Proenteropeptidase. Auch Enteropeptidase liegt zunächst in der inaktiven Proform vor. Bei Eintritt des Speisebreis in das Duodenum wird neben Proenteropeptidase auch Duodenase sezerniert, welche die Proform der Enteropeptidase aktiviert. Nach Beginn der Aktivierungskaskade übernimmt Trypsin also die Aktivierungen aller Pankreasenzyme einschließlich von Proenteropeptidase und Trypsinogen.

Die Aktivierung von Proenteropeptidase zu Enteropeptidase findet durch die Wirkung von Trypsin noch effektiver statt als durch Duodenase. Das primäre Vorliegen der Verdauungsenzyme in ihrer inaktiven Form ist außerordentlich wichtig. Die Wirkung vor allem der Proteasen ist unspezifisch. Es werden alle Proteine hydrolytisch gespalten, welche das charakteristische Erkennungsmotiv innerhalb des Moleküls enthalten. Wenn die Enzyme sofort katalytisch aktiv wären, käme es bereits im Pankreas und Pankreasgang zur Verdauung körpereigener Proteine. In der Folge würde sich die Bauspeicheldrüse selbst auflösen. So findet die Aktivierung erst im Duodenum außerhalb der exokrinen Drüsen statt.

Die Enzyme können hier beginnen, die Nahrungsbestandteile aufzuschließen, ohne dass körpereigene Gewebe angegriffen werden. Um eine vorzeitige Aktivierung der Enzyme zu verhindern, wirkt im Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse noch ein zusätzlicher Trypsininhibitor. Die Schlüsselrolle für die Verdauungskaskade spielt jedoch Trypsin. Wenn dieses Enzym einmal aktiviert ist, kann die Aktivierung der gesamten Verdauungsenzyme einschließlich der Enteropeptidase nicht mehr gestoppt werden.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Auch die Enteropeptidase wirkt wie alle Serinproteasen unspezifisch und spaltet die Proteine an einem charakteristischen Erkennungsmotiv. Die Enteropeptidase besteht aus einer leichten und einer schweren Kette, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. An der leichten Kette befindet sich die Serinproteasedomäne.

Die schwere Kette besitzt eine Molekularmasse von 82 bis 140 Kilodalton, wobei die Molekularmasse der leichten Kette 35 bis 62 Kilodalton beträgt. Die Struktur der Enteropeptidase ist in der leichten Kette den anderen Serinproteasen Trypsin und Chymotrypsin ähnlich. Die schwere Kette ist membranständig und beeinflusst die Spezifität des Enzyms. Es wurde festgestellt, dass die isolierte leichte Kette zwar eine ähnliche Wirkung gegen das charakteristische Erkennungsmotiv -(Asp)4-Lys-, aber eine deutlich geringere Wirkung gegen Trypsinogen, besitzt.


Krankheiten & Störungen

Die menschliche Enteropeptidase wird vom ENTK-Gen auf Chromosom 21 codiert. Bei einer Mutation dieses Gens kommt es zu schwerwiegenden Erkrankungen der betroffenen Kinder.

Das Enzym kann die weiteren Verdauungsenzyme nicht mehr aktivieren. Die Nahrungsbestandteile werden nicht mehr aufgespalten und können demzufolge vom Dünndarm nicht mehr resorbiert werden. Primär handelt es sich um eine Maldigestion (unzureichende Aufspaltung), die zu einer Malabsorption der Nahrungsbestandteile führt. Der Körper wird nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Es kommt zu Gedeihstörungen, Wachstumsstörungen und typischen Proteinmangelsymptomen mit Ausbildung von Ödemen. Gleichzeitig werden neben den Proteinen auch Kohlenhydrate und Fette nur schlecht aufgenommen. Da die unverdauten Nahrungsbestandteile in den Dickdarm gelangen und dort durch Gärungs- und Fäulnisbakterien zersetzt werden, treten des Weiteren Blähungen, Durchfälle und Bauchschmerzen auf.

Bisher wurden weltweit 15 Fälle eines angeborenen Enteropeptidasemangels beschrieben. Allerdings treten die Symptome der Erkrankung viel häufiger auf. Nicht immer muss ein Enteropeptidasemangel vorliegen. Da Trypsin bei der Aktivierung der Verdauungsenzyme eine Schlüsselrolle spielt, führt auch ein Defekt oder Mangel an Trypsin zu ähnlichen Beschwerden. Die Behandlung dieser Erkrankungen ist in beiden Fällen gleich. Es werden die Enzyme in aktivierter Form verabreicht. Sicherlich gibt es sehr viel mehr undiagnostizierte Fälle von Enteropeptidasemangel.

Bei sicherer Diagnose könnte ursächlich auch Enteropeptidase substituiert werden. Ein Enteropeptidasemangel wird sekundär auch durch schwere Darmerkrankungen ausgelöst. Differenzialdiagnostisch sollten solche Erkrankungen wie Zöliakie, verkürzter Dünndarm, Laktasemangel oder andere abgeklärt werden.

Quellen

  • Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016
  • Koslowski, H., Fiehring, C., Zöllner, H.: Labordiagnostik von Stoffwechselerkrankungen. Books On Demand Verlag, Norderstedt 2003
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

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