Epithelisierungsphase
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Epithelisierungsphase der Wundheilung findet Mitose statt, die den entstandenen Gewebedefekt mit neuen Epithelzellen verschließt und die anschließende Phase der Narbenbildung einläutet. Die Epithelisierungsphase folgt auf die Granulationsphase und verhärtet das bis dahin gebildete Granulationsgewebe. Überschießende Prozesse der Epithelisierung können mit Hyperkeratosen und Hypergranulation Wundheilungsstörungen auftreten lassen.
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Was ist die Epithelisierungsphase?
Der Prozess der Wundheilung ermöglicht dem menschlichen Organismus den Ausgleich von unterschiedlichen Defekten im Gewebe. Kleine Wunden benötigen zur Heilung kaum unterstützende Maßnahmen. Bei Knochen, Bindegewebe und Mukosa stellt der Organismus das Gewebe vollwertig wieder her. Die Wundheilung aller anderen Gewebe hinterlässt dagegen Narben.
Insgesamt besteht der Wundheilungsprozess aus fünf unterschiedlichen Phasen. Die Blutstillung eröffnet den Prozess. An diese erste Phase schließt die Entzündungsphase zu Reinigung des verletzten Gewebes an. Bei der darauffolgenden Granulationsphase bilden sich erste Zellen zum Wundverschluss.
Die vierte Phase ist als reparative Phase oder Epithelisierungsphase bekannt. Die Epitheliersungsphase dient der Epithelisation der Wunde. Der Gewebedefekt wird in dieser Phase mit Epithelzellen bedeckt und Kollagen reift zu Narbengewebe aus. An die Epithelierungsphase schließt die abschließende Narbenbildung an. Der Defekt ist nach diesen Prozessen sicher verschlossen.
Funktion & Aufgabe
An der Bildung des Bindegewebes waren vorwiegend Fibroblasten beteiligt, die durch Wachstumsfaktoren der Entzündungsphase angelockt wurden. Das bei der Blutgerinnung entstandene Fibrinnetz ist bis zur Epithelisierungsphase vollständig von Plasmin zersetzt worden und hat damit eine Fibrinolyse durchlaufen. Das Wundgewebe ist durch das produzierte Kollagen mittlerweile bereits fest und enthält außerdem Proteoglykane.
All diese Bedingungen gelten als Startschuss für die Epithelisation der Wunde. Eine gut granulierte Wunde schließt sich selbst zu einem Drittel, indem sie schrumpft. Die restlichen zwei Drittel bis zum Wundverschluss erfolgen in der Epithelisierungsphase durch Mitose (Zellteilung) der Epidermiszellen.
Zur selben Zeit durchläuft das Fibrin auf der Gleitbahn der Wunde eine Zellwanderung vom Wundrand zur Wundmitte. Reguliert werden die gleichzeitig stattfindenden Zellteilungsprozesse durch Chalone, also Statine innerhalb der Epidermis und der Fibroblasten. Durch die Verletzungen der Epidermis sind nur wenige Chalone vorhanden. Da sich Chalone hemmend auf mitotische Prozesse auswirken, nimmt die Zellteilungsrate bei Verletzungen zu. Sobald die Wunde in der Epithelisierungsphase verschlossen ist, produzieren die Epidermiszellen genügend Chalone zur Hemmung der Zellteilungsprozesse.
Das erste Drittel des Wundverschlusses erfolgt in der Epithelisierungsphase durch Wundkontraktion, die von den Fibroblasten durchgeführt wird. Die Fibroblasten wandeln sich in der Phase teilweise in Fibrozyten und zum anderen Teil in Myofibroblasten um. Myofibroblasten enthalten kontraktile Elemente. Aus diesem Grund können sie sich ähnlich einer Muskelzelle zusammenziehen und die Wundränder damit aneinander annähern.
Die mitotische Neubildung von Epithelzellen erfolgt auf Basis der unteren Basalzellschicht. Diese Art des Granulationsgewebes bildet bald Kollagenfasern. Das Wundgewebe wird immer Wasser- sowie gefäßärmer. Elastische Fasern werden zu diesem Zeitpunkt nicht gebildet. Die Wunde festigt sich daher immer weiter.
Nach rund zwei Wochen sind die Wundränder fest verbunden. Das Narbengewebe fällt schmal aus und zeigt anfangs eine hellrote Farbe sowie weiche Konsistenz. Mit der Epithelisierungsphase und der abschließenden Narbenbildung ist die Wundheilung zum Ende gekommen.
Krankheiten & Beschwerden
Eine mangelnde Hemmung der Zellteilungsprozesse nach Abschluss der Epithelisierungsphase kann Tumore, Hyperkeratosen und Hypergranulation verursachen. Hyperkeratosen sind Verhornungen des Plattenepithels. Orthokeratotische werden von parakeratotischen Hyperkeratose unterschieden. Bei ersterer Erscheinung handelt es sich um eine Verdickung des Stratum corneum bei regulären Ausdifferenzierungsvorgängen der Keratinozyten. Bei parakeratotischen Hyperkeratosen verdickt sich das Stratum corneum dagegen bei gestörten Ausdifferenzierungsvorgängen der Keratinozyten.
Im Zusammenhang mit ungehemmter Zellteilung in und gegebenenfalls nach der Epithelisierungsphase treten am häufigten Proliferationshyperkeratosen auf, denen ein beschleunigtes Zellwachstum innerhalb des epithalen Stratum basale zugrunde liegt. Durch diese Profileration stellt sich ein erhöhtes Zellturnover mit Verdickung des Stratum corneum ein. Immer mehr Keratinozyten werden gebildet, die zu Korneozyten werden.
Die Hypergranulation ist von Hyperkeratosen zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um eine überschießende Bildung von Granulationsgewebe bei der Epithelisierungsphase der Wundheilung. Hypergranulationen treten als Wundheilungskomplikation vor allem bei chronischen Wunden auf und liegen an langsamer oder unzureichender Epithelisierung.
Der Zusammenhang zwischen Tumoren und Prozessen der Epithelisierungsphase hat sich wiederum in einer unter Medizinern verbreiteten Redensart niedergeschlagen. Tumore sind Wunden, die nicht heilen, so sagt der Pathologe Dr. Harold Dvorak. Tatsächlich hat sich diese Aussage mittlerweile auf molekularer Ebene bestätigt. Zwischen Wundheilungsepithelisierung und Krebs wurden Parallelen entdeckt, so zum Beispiel die Ähnlichkeit zwischen dem Genexpressionsmuster heilender Wunden und den Genexpressionsmustern bösartiger Tumore.
Quellen
- Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
- Protz, K.: Moderne Wundversorgung. Urban & Fischer, München 2014
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012