Myofibroblasten
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Myofibroblasten sind eine besondere Form von Bindegewebszellen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei physiologischen Prozessen, können aber auch an krankhaften Vorgängen beteiligt sein.
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Was sind Myofibroblasten?
Myofibroblasten sind spezielle Zellen, die eine Zwischenform von Bindegewebszellen (Fibroblasten) und glatten Muskelzellen darstellen. Myo kommt aus dem Griechischen und ist ein Wortteil mit der Bedeutung Muskel. Mit dieser Teilbezeichnung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Myofibroblasten kontraktile Elemente enthalten, die ihnen Eigenschaften verleihen, die denen von glatten Muskelzellen ähnlich sind. Sie besitzen die Fähigkeit zu langanhaltenden Kontraktionen (Anspannungen), die unwillkürlich ablaufen.
Fibroblasten sind Zellen, die im aktiven Zustand für den Aufbau von Bindegewebe zuständig sind. Sie produzieren Kollagenfasern und molekulare Bestandteile der Grundsubstanz im Extrazellulärraum. Myofibroblasten sind in der Lage große Mengen von Kollagen zu generieren, wenn sie durch entsprechende Faktoren dazu angeregt werden. Sie kommen in verschiedenen Geweben vor, in denen sie verschiedene Funktionen übernehmen. Entsprechend ist ihre Bildung und Differenzierung auf verschiedenen Wegen möglich.
Sie können aus embryonalen Stammzellen hervorgehen durch direkte Differenzierung, aus glatten Muskelzellen oder aus bestimmten Bindegewebszellen in Kapillarwänden (Pericyten). Am häufigsten entstehen sie jedoch unter Anwesenheit von spezifischen Wachstumsfaktoren und Signalzellen im Gewebe aus noch nicht voll differenzierten Fibroblasten.
Anatomie & Aufbau
Der große Golgiapparat bildet die Membranen, die für den Aufbau des Kanalsystems notwendig sind, durch welches die Kollagenbestandteile ihren Wirkort transportiert werden.
Der zweite Teil der Myofibroblastenzellen besitzt einen Aktin-Myosin-Komplex, der dem in den glatten Muskelzellen entspricht. Aktin und Myosin sind Proteinstränge, die so aneinander gekoppelt sind, dass sie sich durch einen adäquaten Reiz und unter Verbrauch von Energie zusammenziehen (kontrahieren) können. Im Unterschied zur Skelettmuskulatur sind glatte Muskelzellen nicht quergestreift und können nicht so schnell kontrahieren. Dafür sind sie in der Lage kräftige Spannungen über lange Zeit zu halten. Eine Besonderheit von Myofibroblasten ist die direkte Verbindung mit den Fibronektinfäden in der Extrazellulärmatrix.
Diese Proteinketten bilden ein Brückensystem mit dem die Zellen untereinander vernetzt sind. Durch die Anbindung kann die Kontraktion auf das gesamte System und damit auf größere Gewebestrukturen übertragen werden.
Funktion & Aufgaben
Myofibroblasten finden sich in in der Unterhautschicht von fast allen Schleimhäuten. Dort sind sie zuständig für den Spannungserhalt und die Physiognomie von speziellen Gewebsformen. Die Ausformung von Krypten (Einziehungen) und Ausstülpungen im Dünndarm wird maßgeblich durch ihre Kontraktilität bestimmt.
Die Aufrechterhaltung von Spannung und Volumen in Gefäßen gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben, zum Beispiel in den Hodenkanälchen und den Kapillaren. Diese feinen Röhrchen enthalten im Gegensatz zu den großen arteriellen Blutgefäßen keine Muskelschicht aus glatten Muskelzellen. Durch die Anwesenheit von Myofibroblasten ist aber eine Restfunktion vorhanden, mit der die Spannung der Gefäßwände an verschiedene Anforderungen angepasst werden kann. Die vielleicht wichtigste Funktion von Myofibroblasten ist die Beteiligung an der Wundheilung. Der Körper versucht Gewebsdefekte, die durch Verletzungen oder andere krankhafte Prozesse entstehen, so schnell wie möglich zu schließen.
Dabei spielen die Myofibroblasten eine wichtige Rolle. Die Immunabwehr ist maßgeblich beteiligt, wenn es zu Gewebeschäden kommt. Unter anderem werden vermehrt Makrophagen (Fresszellen) in das geschädigte Gebiet entsandt, um abgestorbene Gewebeteilchen aufzunehmen und zu phagozytieren. Das Auftauchen dieser Zellen stellt den initialen Reiz für den Umbau von Fibroblasten zu Myofibroblasten dar. Diese produzieren große Mengen an Kollagenfasern, die sich netzartig über die defekte Stelle legen und einen vorläufigen Wundverschluss bilden. Gleichzeitig sind sie über die Fibronektinfäden untereinander und mit den Wundrändern verbunden.
Die Kontraktion aller Myofibroblasten führt dazu, dass diese zusammen gezogen werden, ein wichtiger Vorgang für die Beschleunigung des Wundverschlusses. In weiteren Schritten wird diese netzartige Struktur umgebaut. Das Kollagen vom Typ III wird zum Typ I, die Fasern ordnen sich längs der Zugrichtung an. Die Myofibroblasten werden inaktiv und stellen ihre Anspannungsaktivität ein.
Krankheiten
Das Vorkommen von Myofibroblasten ist abhängig von Mediatoren, die ihre Differenzierung in Gang setzen. Fehlen diese oder sind nur in geringer Zahl vorhanden, werden nicht genügend Zellen umgewandelt. Sie können die Funktionen, die sie normalerweise übernehmen, nicht oder nicht genügend erfüllen. Besonders Schwächen des Immunsystems können solche Konsequenzen haben, aber auch genetische Defekte, die die Wachstumsfaktoren betreffen, die für die Ausdifferenzierung wichtig sind.
Eine erhöhte Myofibroblastenaktivität kann ihrerseits an krankhaften Prozessen beteiligt sein, die Fibrosen genannt werden. Das sind Erkrankungen, bei denen es zu einer Verstärkung des bindegewebigen Gerüstes von Organen kommt. Sie werden meist durch die Aufnahme von Giftstoffen über einen längeren Zeitraum oder durch Autoimmunerkrankungen verursacht. In der Folge wird im Verlauf des Krankheitsprozesses die Dehnfähigkeit des Bindegewebes deutlich herabgesetzt und die Funktionsfähigkeit der betroffenen Organe erheblich beeinträchtigt. Typische Beispiele für Erkrankungen durch Toxine sind die Lungenfibrosen infolge einer vermehrten Exposition mit Kohlenstaub, Asbest oder Mehlstaub.
Die Sklerodermie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Haut und die Faszien vom Umbau des Bindegewebes betroffen sind. Häufig ist die deutliche Einschränkung der Lungenfunktion durch den Befall der Lungenfaszien der Grund für die eingeschränkte Lebensdauer.
Quellen
- Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
- Drenckhahn, D.: Anatomie. Band 1: Makroskopische Anatomie, Histologie, Embryologie, Zellbiologie. Urban & Fischer, München 2008
- Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007