Erhöhte Blutungsneigung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine erhöhte Blutungsneigung, auch hämorrhagische Diathese genannt, kann verschiedene Ursachen haben. Neben der ursächlichen Behandlung der Blutungsneigung tragen Vorsichtsmaßnahmen zur Sicherheit Betroffener bei.
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Was ist erhöhte Blutungsneigung?
Liegt bei einem Betroffenen eine erhöhte Blutungsneigung vor, so äußert sich dies in einer zu lange anhaltenden Blutung und/oder einer zu starken Blutung im Vergleich zur erlittenen Verletzung. Außerdem kann eine erhöhte Blutungsneigung zu Spontanblutungen führen, für die keine äußere Ursache erkennbar ist.
Zu den typischen Symptomen, in denen sich eine erhöhte Blutungsneigung ausdrücken kann, zählt auch das gehäufte Auftreten von Hämatomen (Blutergüssen) ohne nachvollziehbaren Anlass. Darüber hinaus können sich bei einem Betroffenen je nach Krankheitsbild Hauteinblutungen verschiedener Ausprägungen zeigen:
Liegen flächenhafte Einblutungen vor, wird dies in der Medizin auch als Suffusion bezeichnet. Zeigen sich dagegen beispielsweise viele kleine Hauteinblutungen, so handelt es sich um sogenannte Purpura; optisch kann dieses Phänomen leicht mit einem Ausschlag verwechselt werden.
Während eine sehr stark erhöhte Blutungsneigung in der Bevölkerung vergleichsweise selten auftritt, sind schwache Formen weiter verbreitet.
Ursachen
Eine erhöhte Blutungsneigung kann unterschiedliche Ursachen haben. Zunächst ist in diesem Zusammenhang das Vorliegen von Gerinnungsstörungen zu nennen. Liegt eine solche Gerinnungsstörung vor, so sind bei einem Betroffenen die sogenannten Gerinnungsfaktoren eingeschränkt oder fehlen gänzlich.
Da die Gerinnungsfaktoren beim Menschen in der Leber gebildet werden, geht auch fast jede ernsthafte Funktionsstörung der Leber mit einer Gerinnungsstörung einher. Auch die vergleichsweise seltene Bluterkrankheit zählt zu den Gerinnungsstörungen. Nicht zuletzt kann eine erhöhte Blutungsneigung im Rahmen von Gerinnungsstörungen durch blutverdünnende Medikamente hervorgerufen werden.
Häufig ist eine erhöhte Blutungsneigung außerdem bedingt durch einen Mangel an roten Blutkörperchen. Verursacht sein kann dies beispielsweise durch Autoimmunreaktionen oder (wie die Gerinnungsstörungen) durch bestimmte Medikamentengaben. Schließlich können auch instabile/brüchige Blutgefäße (bspw. bedingt durch Erkrankungen oder den natürlichen Alterungsprozess) eine erhöhte Blutungsneigung zur Folge haben.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
In den meisten Fällen kann trotz dieser Erkrankung ein gewöhnliches Leben ohne Komplikationen geführt werden. Die Betroffenen müssen ihren Körper allerdings vor verschiedenen Verletzungen und Gefahren schützen, da es schon bei sehr kleinen Verletzungen zu starken Blutungen kommen kann. Die Blutungen können dabei auch nicht einfach gestoppt werden und stoppen nicht von alleine, sodass immer eine medizinische Intervention notwendig ist.
Im schlimmsten Fall kann der Betroffene an der Erkrankung versterben, falls er zu viel Blut verliert. Dabei leiden die Patienten häufig an Zahnfleischbluten oder an Nasenbluten, wodurch die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringert wird. Vor allem bei operativen Eingriffen oder bei anderen medizinischen Interventionen muss der jeweilige Arzt über die Erkrankung vorgewarnt werden, um Komplikationen und andere Beschwerden zu vermeiden.
Die Patienten leiden dabei häufig an einem niedrigen Blutdruck und in einigen Fällen an Schwindelgefühlen. Sie können dadurch auch das Bewusstsein verlieren und sich durch einen Sturz verletzen. Weiterhin wirkt sich die Krankheit negativ auf die Belastbarkeit des Patienten aus, sodass dieser häufig müde und angeschlagen wirkt. In einigen Fällen führt die starke Blutungsneigung auch zu psychischen Beschwerden oder zu Depressionen.
Diagnose & Verlauf
Je nach vermuteter Ursache einer erhöhten Blutungsneigung stehen einem Arzt verschiedene Diagnoseinstrumente zur Verfügung. Soll etwa geprüft werden, ob der erhöhten Blutungsneigung Gefäßschäden zugrunde liegen, kann dies beispielsweise mithilfe einer Blutdruckmanschette am Arm erfolgen.
Führt eine leicht aufgeblasene Manschette nach einigen Minuten zu stecknadelkopfgroßen Flecken an der Haut, so spricht dies für eine Brüchigkeit der Blutgefäße. Blutgerinnungsstörungen und/oder Funktionsstörungen der roten Blutkörperchen können mithilfe spezieller Bluttests diagnostiziert werden.
Der Verlauf einer erhöhten Blutungsneigung ist abhängig von den entsprechenden Ursachen; sind die Ursachen zu behandeln oder verschwinden sie von selbst, kann sich auch die Blutungsneigung wieder zurückbilden. Die Bluterkrankheit beispielsweise ist nicht heilbar; Symptome können eingeschränkt werden durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen durch Betroffene.
Komplikationen
Bei einer erhöhten Blutungsneigung können unterschiedliche Komplikationen auftreten, da das Blut des Betroffenen nur sehr langsam oder auch gar nicht gerinnt. Betroffene Person leiden beispielsweise vermehrt unter Nasenbluten. Schon kleine Verletzungen innerhalb der Nase können zu einer starken Blutung kommen.
Ist eine solche Blutung überhaupt nicht zu stillen, so kann dieser Komplikation mit Hilfe einer permanenten Kühlung entgegengewirkt werden. Auch Zahnfleischbluten ist nicht selten übermäßig. Unter Umständen kann sich das Zahnfleisch auch entzünden, falls die betroffene Stelle von Bakterien oder anderen Verunreinigungen befallen wird. Im schlimmsten Fall kommt es zur Bildung von Eiterflüssigkeit, die sich in einem Abszess sammeln kann.
Wenn ein solches Krankheitsbild vorliegt, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Andernfalls besteht die Gefahr einer Blutvergiftung, die sogar tödlich enden kann. Bei einer erhöhten Blutungsneigung entstehen natürlich auch viel schneller Blutergüsse. Schon bei sehr geringen Erschütterungen oder bei wenig Druck kann sich ein Hämatom bilden.
Natürlich ist ein "blauer Fleck" keine richtige Komplikation, die von einem Arzt untersucht werden muss. Allerdings kann es beim Heilungsprozess zu Komplikationen kommen. Sammelt sich das Blut unter der Haut, so entsteht ein Unterdruck. Für eine schnelle und effektive Behandlung, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ein Arzt ist aufzusuchen, sobald eine Blutung nicht mit eigenen Hilfsmitteln gestoppt werden kann. Blutet eine Wunde im Verhältnis besonders lange oder intensiv, besteht Grund zur Besorgnis. Ein Arzt ist zu konsultieren, wenn sich Beschwerden wie Schwindel, auffallende Blässe oder eine allgemeine Schwäche einstellen. Kann der Betroffene nicht mehr aus eigener Kraft gehen oder leidet er an einem immensen Kräfteverlust, benötigt er ärztliche Behandlung. Treten wiederholt Spontanblutungen ein, sollten diese von einem Mediziner abgeklärt werden.
Blutergüsse, die ohne einen ersichtlichen Grund oder bei leichten Erschütterungen auftreten, sollten untersucht werden. Breiten sie sich am Körper aus oder verbleiben über mehrere Wochen, sind sie einem Arzt vorzustellen. Ungewöhnliches Nasenbluten, das grundlos und langanhaltend auftritt, ist mit einem Arzt zu besprechen. Leidet der Betroffene vermehrt unter Zahnfleischbluten, ist ebenfalls Sorgfalt geboten. Eine medizinische Untersuchung ist notwendig, da über die offenen Stellen Keime in den Organismus gelangen können, die zu weiteren Erkrankungen oder Entzündungen führen können.
Bildet sich Eiter, setzt Fieber ein oder kommt es zu Bewusstseinsstörungen, ist ein Arztbesuch notwendig. Bei dem Verlust des Bewusstseins liegt bereits ein immenser Blutverlust vor. Ein Arzt ist daher schnellstmöglich zu konsultieren oder ein Notarzt muss gerufen werden.
Behandlung & Therapie
Ebenso wie der Verlauf einer erhöhten Blutungsneigung ist auch eine individuelle Therapie zunächst abhängig von den zugrunde liegenden Ursachen. Nicht in jedem Fall ist eine Blutungsneigung behandlungsbedürftig; so heilen beispielsweise einige leichte Formen, die durch Beeinträchtigungen der Blutplättchen hervorgerufen wurden, häufig von selbst.
Kann die Ursache einer Blutungsneigung eindeutig festgestellt werden und ist diese sowohl behandlungsbedürftig als auch behandelbar, so ist diese Ursachenbekämpfung ein erstes Therapieziel; liegt der erhöhten Blutungsneigung etwa eine Autoimmunerkrankung zugrunde, so zielt ein erster Schritt auf die Behandlung der Grunderkrankung. Sind dagegen Medikamente verantwortlich für eine erhöhte Blutungsneigung, so ist es teilweise möglich, diese durch ähnliche Präparate zu ersetzen.
Eine Behandlung der Bluterkrankheit umfasst vor allem Verhaltensmaßnahmen, die Verletzungen oder riskante Operationen weitgehend vermeiden sollen. Bei sehr starker Blutungsneigung oder etwa im Vorfeld geplanter Operationen können je nach Ursache beispielsweise Blutplättchen durch spezielle Blutplättchenkonzentrate ersetzt bzw. ergänzt werden. Auch verschiedene Gerinnungsfaktoren können dem Organismus eines Betroffenen durch gentechnisch hergestellte Präparate zugeführt werden.
Aussicht & Prognose
Eine genaue Aussicht und Prognose bei einer erhöhten Blutungsneigung vorherzusagen ist sehr schwer, da dieses Krankheitsbild in unterschiedlichen Schweregraden auftreten kann. Betroffene Personen bluten bereits bei kleinsten Verletzungen sehr stark. Die Gerinnung des Blutes ist in solchen Fällen defekt, sodass es ohne eine ärztliche Behandlung zu einem großen Blutverlust kommen kann.
Bei Prellungen und Stößen kommt es zudem viel schneller zu Hämatomen, sodass es unter Umständen auch zu inneren Blutungen kommen kann. Wenn eine solche Blutgerinnungsstörung ohne jegliche Behandlung bleibt, dann droht im schlimmsten Fall der Tod durch Verbluten. Wenn sich die betroffene Person allerdings für eine ärztliche und medikamentöse Behandlung entscheidet, dann kann eine bestehende Blutgerinnungsstörung behoben werden.
Für eine positive Prognose ist es jedoch wichtig, dass die Ursache dieser erhöhten Blutungsneigung gefunden wird. Nur durch die Beseitigung der Ursache, kann eine positive Prognose in Aussicht gestellt werden. Wer sich schließlich für eine solche Behandlung entscheidet, der kann mit einer vollständigen und reibungslosen Genesung rechnen.
Vorbeugung
Der Ausbildung einer erhöhten Blutungsneigung an sich kann nur schwer vorgebeugt werden. Ist dagegen bereits eine Blutungsneigung bekannt, so können verschiedene Vorsichtsmaßnahmen vor riskanten Situationen schützen (beispielsweise Geschicklichkeitstrainings gegen Stürze oder das Meiden riskanter Sportarten). Bei verschiedenen Formen erhöhter Blutungsneigung können schließlich vorbeugend Gerinnungsfaktoren oder andere Medikamente gespritzt/verabreicht werden.
Nachsorge
Eine erhöhte Blutungsneigung bedarf häufig der Nachsorge. Allerdings sieht diese je nach Ursache der erhöhten Blutungsneigung unterschiedlich aus. Ein anhaltendes Nasenbluten kann beispielsweise auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden, die eine unterschiedliche Behandlung erfordern. Bei vielen Fällen, in denen eine erhöhte Blutungsneigung vorliegt, ist keine medizinische Nachsorge vonnöten.
Bei Vorliegen der Bluterkrankheit ist bezüglich der Nachsorge anders zu verfahren als bei einem erweiterten Blutgefäß in der Nase oder der Einnahme eines blutverdünnenden Medikaments wie Marcumar. Die Blutererkrankung erfordert als ererbte Gerinnungsstötung eine lebenslange Nachsorge. Die Verödung eines anhaltend blutendes Gefäßes in der Nase aber nicht. Die blutende Nase, die wegen einer Marcumar-Einnahme blutet, bedarf zwar als bewusst erzeugter Gerinnungsstörung der Fürsorge.
Aber eine Nachsorge ist bei erfolgreich gestoppter Blutung vermutlich nicht nötig. Die Marcumar-Verordnung wird jedoch immer überwacht. Sie dient der medizinisch notwendigen eingeleiteten Blutverdünnung nach einer Thrombose oder einem Gehirnschlag.
Bei einer hämorrhagischen Diathese steht grundsätzlich die Vorsorge vor der Nachsorge. Besteht allerdings eine Leukämie, die sich durch eine erhöhte Blutungsneigung und Hämatome andeutet, ist eine Nachsorge nach der eigentlichen Behandlung unvermeidlich. In den meisten Fällen liegen bei erhöhter Blutungsneigung aber nur leichte Einblutungen vor, zum Beispiel in der Haut alternder Menschen. Das erfordert keine Nachsorge, es sei denn, eine kosmetische.
Das können Sie selbst tun
Bei einer erhöhten Blutungsneigung ist die Beseitigung der Ursachen vorrangig. In anderen Fällen muss eine individuelle Therapie ausgearbeitet werden. Diese kann durch eine Reihe von Selbsthilfe-Maßnahmen unterstützt werden.
So kann die Blutgerinnung beispielsweise durch diätetische Maßnahmen (z.B. Nahrungsergänzungsmittel mit Eiweiß, Zink und Vitaminen) oder eine Umstellung des Lebensstils reguliert werden. Eine bewusste Lebensführung hilft den Betroffenen dabei, das Risiko akuter Blutungen zu senken.
Dazu gehört zum einen die Vermeidung riskanter Situationen und gefährlicher Sportarten. Zum anderen kann das Verletzungsrisiko durch gezieltes Geschicklichkeits- und Gleichgewichtstraining gesenkt werden. Ganz allgemein hilft auch regelmäßige Bewegung. Sonstige Maßnahmen, welche die Durchblutung regulieren, helfen bei einer erhöhten Blutungsneigung ebenfalls.
Im Vordergrund der Therapie steht jedoch die ursächliche Behandlung der Blutgerinnungsstörung. Häufig ist ein bestimmtes Medikament für die Erkrankung verantwortlich, welches in Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden kann. Oder es liegt eine erbliche Erkrankung wie die Bluterkrankheit vor, die diagnostiziert und mit Hilfe vorbeugender Maßnahmen behandelt werden muss. Nicht zuletzt sollten Menschen mit einer erhöhten Blutungsneigung stets einen Notfallausweis mitführen. Sollte es dann zu einem Unfall oder Sturz kommen, ist eine zielgerichtete Behandlung möglich.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013