Erinnern
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Im Laufe des Lebens macht der Mensch unweigerlich eine unzählbare Menge an Ereignissen und Erlebnissen durch. Die Erinnerung an diese Erfahrungen macht den Menschen aus und prägt ihn in seinem späteren Leben. Damit ist das Erinnern maßgeblich an Entwicklungen und Veränderungen - bewusst oder unterbewusst - beteiligt.
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Was ist das Erinnern?
Fehler sind da, um daraus zu lernen. Das Gedächtnis und das Erinnern sind hierfür mitverantwortlich. Der Begriff bezeichnet das Abspeichern und Abrufen von vergangenen Geschehnissen. Diese werden in Erlebnisse (Episoden) und das Wissen über diese Erlebnisse (Ereignisse) unterteilt.
Das Erinnern kann aktiv oder passiv erfolgen. Aktives Zurückgreifen auf das Erinnerungsvermögen erfolgt dann, wenn der Mensch bewusst versucht, sich an etwas Vergangenes zu erinnern. Die Gründe hierfür können unterschiedlich sein, hängen aber häufig mit Erzählungen über die Vergangenheit oder der Rekapitulation des Geschehenen zusammen.
Die passive und spontane Erinnerung hingegen erfolgt zufällig. Dies kann passieren, wenn gewisse Verknüpfungen im Gehirn durch Assoziationen ausgelöst werden, ähnliche Situationen erneut aufkommen oder ein bestimmtes Gefühl wiederholt hervorgerufen wird.
Erinnerungen sind durchweg subjektiv und manipulierbar. Sie gehen mit der Einschätzung und Bewertung von Erlebnissen einher. In Erinnerung bleiben gewisse Ankerpunkte, Dinge, die als wichtig erscheinen und Emotionen auslösen.
Katastrophen, globale Ereignisse und private Geschehnisse, die emotional berühren oder lange Zeit aktiv blieben, werden im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Zudem hängt es von der derzeitigen Verfassung einer Person ab, was sie abspeichert und was das Gehirn selektiert und als unwichtig erachtet.
Funktion & Aufgabe
Zudem spielt das Erinnern eine maßgebliche Rolle beim Erwachsenwerden. Macht der Mensch Fehler, die ihn belasten oder unangenehme Folgen auslösten, wird er sich daran erinnern. Diese Erinnerung löst zwangsläufig ein negatives Gefühl aus und verhindert bestenfalls, dass dieselben Fehler wieder begangen werden. Damit ist die Erinnerung ein Grundbestandteil des Lernprozesses.
Das Erinnern, Erlebnisse und Ereignisse machen den Menschen zu dem, was er ist. Die Vergangenheit bestimmt, wie ein Mensch in der Gegenwart ist, welche Erfahrungen er gemacht hat und wie er damit umgegangen ist.
Außerdem macht erst die Erinnerung die Interaktion mit anderen Menschen möglich. Würde das Gehirn Erlebtes sofort löschen, könnte der Mensch sich an Personen nicht erinnern. Und das gilt nicht nur für Menschen, sondern für alles, was im Alltag als selbstverständlich scheint: die Erinnerung an Orte, Reisen, die eigene Wohnung, Veranstaltungen, Treffen - bis hin zu dem Platz, an dem der Kühlschrank steht. Dabei könnte der Mensch sich ohne das Erinnern nicht einmal entsinnen, wozu ein Kühlschrank dient. Kurzum: Ohne Erinnerungen ist nahezu kein Lebewesen lebensfähig. Die Spanne der Erinnerungskapazität ist allerdings von Lebewesen zu Lebewesen unterschiedlich.
Dennoch wird sich niemand an alles erinnern können, was er erlebt hat, da auch das Gehirn eine begrenzte Speicherkapazität besitzt. Unwichtiges wird mit den Jahren vergessen, um Platz für neue Erinnerungen zu schaffen.
Krankheiten & Beschwerden
Das Langzeitgedächtnis (episodisches Gedächtnis) komprimiert die Informationen. Um darauf zurückzugreifen, muss das Gehirn die Informationen wieder aufarbeiten. Bei dieser Aufarbeitung spielt der Zeitraum, der zwischen dem Moment des Geschehens und dem Erinnern liegt, eine große Rolle. In der Zwischenzeit verfälschen verschiedene Faktoren die relative Authentizität des Erlebten.
Zudem kann es zu einer Anpassung (Assimilation) verschiedener Ereignisse kommen, die zwar unterschiedlich erlebt wurden, aber ähnliche Gefühle hervorgerufen haben. Die ähnliche Wahrnehmung führt dazu, dass sie später nicht mehr voneinander getrennt wahrgenommen werden können.
Ein gestörtes Erinnerungsvermögen wird beispielsweise durch Alkohol- oder Drogenkonsum ausgelöst. Ebenso sind Erinnerungen, die in einer Hypnose entstanden sind, nicht verlässlich. Das Gleiche gilt für Erinnerungen aus dem Kleinkindalter, da die Wahrnehmung bis zum dritten Lebensjahr anders ist.
Besonders kritisch ist eine Erinnerung dann, wenn sie mit starken Emotionen verbunden ist. Über die Jahre hinweg können sich Gefühle anstauen und verändern. Dies führt nicht nur zum Zeitpunkt des Geschehens zu einer möglicherweise bereits verfälschten Aufnahme, sondern in der Zukunft zu einer umso stärker gestörten Erinnerung.
Allerdings können auch verschiedene Erkrankungen das Gedächtnis beeinflussen. So sind etwa Mangelerscheinungen und Stress ein häufiger Grund für Aussetzer im Erinnerungsvermögen. Neben Krankheiten wie Demenz, die vor allem das Gedächtnis angreifen, können auch Unfälle mit Schädelhirntrauma oder Schlaganfälle Gründe für Aussetzer oder Amnesien sein.
Dies gilt ebenfalls für nahezu alle Erkrankungen, die das Gehirn betreffen. So kann bereits eine Hirnhautentzündung Erinnerungsverlust bedingen. Bei Amnesien unterscheidet der Mediziner verschiedene Schweregrade. Häufig ist der Erinnerungsverlust nur von kurzer Dauer, manchmal ist er jedoch irreparabel. In diesem Fall können die Erinnerungen nicht wieder hergestellt werden.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Wildemann, B. Reiber, H., Oschmann, P.: Neurologische Labordiagnostik. Thieme, Stuttgart 2006