Hypnose
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Hypnose ist ein besonderer psychologischer Zustand mit bestimmten physiologischen Eigenschaften ähnlich dem Schlaf während dem Fokus und Konzentration erhöht sind. In der Regel erfolgt die Hypnose durch ausgebildete Therapeuten und wird zur Beeinflussung von Verhaltensweisen wie Angst eingesetzt.
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Was ist Hypnose?
Hypnose kann als eine kooperative Interaktion beschrieben werden, in der ein Patient auf die Vorschläge des hypnotisierenden Therapeuten reagiert. Dabei übernimmt der Hypnotiseur eine Rolle als Coach oder Anleitender, um die zu hypnotisierende Person in den besonderen Bewusstseinszustand zu leiten.
Hypnose wird zwar oft als schlafähnlicher Trancezustand beschrieben, ist dabei jedoch ein Zustand fokussierter Aufmerksamkeit, erhöhter Suggestibilität und lebhafter Fantasie. Es existieren unterschiedliche Theorien zur Erklärung der Wirksamkeit von Hypnose. Biologische Erklärungsversuche gehen davon aus, dass der erzeugte Spannungszustand das parasympathische Nervensystem aktiviert, instinktiv Körperwahrnehmungen abgespalten werden, mentale und körperliche Ereignisse miteinander verknüpft werden oder eine subliminale Wahrnehmung erzeugt wird.
Theorien, die das Sozialverhalten als Erklärungsmodell nutzen, beschreiben Hypnose als Erfüllung einer Rollenerwartung, als Übernahme einer bestimmten Rolle oder Reaktivierung kindlicher Erlebnis- und Verhaltensweisen. Etwa fünfzehn Prozent der Menschen sind sehr empfänglich für Hypnose, wobei Kinder in der Regel aufnahmefähiger sind. Etwa zehn Prozent der Erwachsenen gelten als schwierig oder unmöglich zu hypnotisieren. Die hypnotischen Suggestionen können durch einen Hypnotiseur oder als Autosuggestion vorgenommen werden.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Hypnose reicht bis in die Antike zurück, wo Zustände der Trance in verschiedenen Kulturen eine Rolle spielten. Im alten Ägypten und Griechenland wurden Rituale und Tempelschlaf genutzt, um Heilung und spirituelle Einsichten zu fördern. Im 18. Jahrhundert erlangte die Hypnose erstmals wissenschaftliche Aufmerksamkeit durch Franz Anton Mesmer, der von einer "tierischen Magnetismus"-Theorie sprach. Seine Ansätze führten zu kontroversen Diskussionen, legten aber den Grundstein für die moderne Hypnose.
Im 19. Jahrhundert entwickelte der britische Chirurg James Braid den Begriff "Hypnose" und erkannte sie als psychologisches Phänomen. Braid sah Hypnose nicht mehr als mystischen Zustand, sondern als physiologisch erklärbaren Prozess. Zeitgleich nutzten Ärzte wie Jean-Martin Charcot und Hippolyte Bernheim die Hypnose in der Medizin und Psychiatrie.
Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, experimentierte ebenfalls mit Hypnose, wandte sich jedoch später anderen Techniken wie der freien Assoziation zu. Im 20. Jahrhundert erlebte die Hypnose durch Milton H. Erickson eine Renaissance, der die therapeutischen Möglichkeiten erweiterte und die moderne Hypnotherapie prägte. Heute wird Hypnose in Medizin, Psychologie und Coaching angewandt, um etwa Schmerzen zu lindern, Ängste zu reduzieren oder Verhaltensänderungen zu fördern.
Einsatz & Indikation
In der Medizin wird Hypnose als ergänzende Therapiemethode in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Sie wird vor allem dann angewandt, wenn herkömmliche Behandlungsansätze nicht ausreichend wirken oder wenn eine schonende, nicht-medikamentöse Methode bevorzugt wird. Hypnose findet häufig in der Schmerztherapie Anwendung, etwa bei chronischen Schmerzen wie Migräne, Rückenschmerzen oder rheumatischen Erkrankungen. Sie kann auch bei akuten Schmerzen, etwa während medizinischer Eingriffe oder Geburten, zur Schmerzlinderung beitragen.
Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Behandlung von psychischen Störungen, wie Angststörungen, Phobien, Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Hypnose wird genutzt, um den Zugang zum Unterbewusstsein zu erleichtern und die Ursachen für psychische Probleme aufzuarbeiten. Ebenso wird sie bei psychosomatischen Beschwerden eingesetzt, etwa bei Magen-Darm-Problemen oder Hauterkrankungen.
Hypnose kann auch bei Verhaltensänderungen unterstützen, beispielsweise zur Raucherentwöhnung, Gewichtsreduktion oder zur Bewältigung von Schlafstörungen. In der Onkologie wird sie ergänzend eingesetzt, um Nebenwirkungen von Behandlungen wie Übelkeit oder Ängste zu reduzieren. Notwendig wird Hypnose insbesondere, wenn Patienten eine hohe Stressbelastung zeigen, medikamentöse Ansätze nicht gewünscht sind oder eine intensive Mitarbeit des Patienten an seiner Genesung gefördert werden soll.
Vorteile & Nutzen
Hypnose bietet gegenüber anderen Behandlungsmethoden eine Reihe von Vorteilen, insbesondere durch ihre nicht-invasive und medikamentenfreie Natur. Einer der wichtigsten Vorteile ist die Möglichkeit, das Unterbewusstsein direkt anzusprechen, was es erlaubt, tief sitzende Ursachen von Beschwerden zu bearbeiten, die durch bewusste Gespräche oder medikamentöse Ansätze schwer erreichbar sind. Dies kann besonders bei psychischen Störungen, Traumata oder Verhaltensmustern hilfreich sein.
Ein weiterer Vorteil ist die Schonung des Körpers, da keine chemischen Substanzen oder invasiven Eingriffe erforderlich sind. Dies macht die Hypnose ideal für Menschen, die empfindlich auf Medikamente reagieren oder diese vermeiden möchten. Sie birgt zudem keine Nebenwirkungen, wie sie bei pharmakologischen Therapien häufig auftreten können.
Hypnose zeichnet sich durch ihre Vielseitigkeit aus. Sie kann bei einer Vielzahl von Beschwerden wie chronischen Schmerzen, Ängsten oder Schlafstörungen eingesetzt werden. Zudem fördert sie eine aktive Mitarbeit des Patienten, da die Behandlung auf der Konzentration und Bereitschaft des Einzelnen beruht.
Darüber hinaus hat Hypnose oft eine entspannende Wirkung und kann das allgemeine Wohlbefinden steigern, was sie zu einer wertvollen Ergänzung in der Stressbewältigung macht. Ihre nachhaltige Wirkung zeigt sich in langfristigen Verhaltensänderungen, die durch die Arbeit im Unterbewusstsein erzielt werden.
Funktion, Wirkung & Ziele
Ärzte und Psychiater können Hypnose verwenden, um Depressionen, Angstzustände, Essstörungen, Schlafstörungen, Spielsucht oder posttraumatische Belastungsstörungen zu behandeln, während zertifizierte Hypnotherapeuten, die nicht medizinisch ausgebildet sind, oft mit Patienten mit Raucher- und Gewichtsproblemen arbeiten.
Ziel der hypnotischen Trance ist es, Vorschläge und Bilder einzuspeisen, die es den Patienten ermöglichen, ihr Verhalten grundlegend zu ändern. Da Quellen der Ablenkung ausgeblendet werden, sind Personen unter Hypnose mit erhöhter Aufmerksamkeit und Konzentration in der Lage, sich intensiv sich mit einem bestimmten Gedanken oder einer Erinnerung zu auseinander zu setzen.
Hypnose wird inzwischen in zahlreichen medizinischen Teilbereichen angewendet, beispielsweise:
- Behandlung von Ängsten und Phobien
- Sucht
- Schmerztherapie
- psychologische Therapie
- Entspannung
- Reizdarmsyndrom
- Operationsvorbereitung
- Gewichtsverlust
- Reduktion der Symptome von Demenz oder ADHS
- Reduzierung von Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatienten unter Chemotherapie
Eine sehr wesentliche Rolle nimmt die Hypnose bei der Schmerztherapie ein. Dazu zählt die Reduzierung von Schmerzen unter der Geburt, beim Umgang mit Krebs und anderen chronischen Erkrankungen. Die Behandlung von Hautkrankheiten mit Hypnose (Hypnodermatologie) hat sich in der Behandlung von Warzen, Psoriasis und atopischer Dermatitis bewährt.
Hypnose kommt ebenso bei der Behandlung von Fibromyalgie, kieferorthopädischen Problemen, Zahnbehandlungen und Kopfschmerzen zum Einsatz und vermag die Symptome von Hitzewallungen in den Wechseljahren zu lindern. Mit einigem Erfolg wird Hypnose auch zur Beeinflussung von Schlafstörungen, Bettnässen, Phobien und Rauchen eingesetzt.
Eine Studie zur Untersuchung der Erfolgsquote von Hypnose als Methode zur Rauchentwöhnung wies eine 20 bis 30 prozentige Erfolgsquote nach. Bei der Behandlung von Übergewicht wird Hypnose mit einer kognitiven Verhaltenstherapie kombiniert, indem ein verkleinerter Magen suggeriert und positive Ernährungsgewohnheiten verstärkt werden.
Psychiatrische Einrichtungen wenden Hypnose an, um Symptome wie Angst, Erregung, negative Verhaltensweisen oder unkontrollierbares Verhalten zu beeinflussen und Selbstwertgefühl sowie Vertrauen zu stärken.
Durchführung & Ablauf
Der Ablauf einer Hypnose beginnt mit einem Vorgespräch, in dem der Hypnotiseur das Ziel und die Erwartungen der Hypnosesitzung klärt. Dabei wird Vertrauen aufgebaut, da die Kooperation des Patienten entscheidend ist. Der Hypnotiseur erklärt, was Hypnose ist und räumt mögliche Ängste oder Missverständnisse aus.
Die eigentliche Sitzung startet mit der Induktion, einem Prozess, der den Patienten in einen entspannten, fokussierten Zustand führt. Dies geschieht meist durch sanfte Sprachführung, visuelle oder auditive Reize sowie Atemübungen. Der Patient wird dazu angeleitet, sich zu entspannen und seine Aufmerksamkeit auf bestimmte innere Bilder, Gefühle oder Gedanken zu richten. Während dieser Phase gleitet der Patient in einen Trancezustand, der durch eine tiefe körperliche Entspannung und erhöhte geistige Konzentration gekennzeichnet ist.
Im Trancezustand arbeitet der Hypnotiseur gezielt an den vereinbarten Themen. Dies kann durch Suggestionen, Visualisierungen oder die Bearbeitung unbewusster Erinnerungen geschehen. Der Patient bleibt dabei die ganze Zeit bei Bewusstsein und kann sich nach der Sitzung an die Ereignisse erinnern.
Zum Abschluss wird die Hypnose durch eine Rücknahmephase beendet, in der der Patient langsam und behutsam in den normalen Wachzustand zurückgeführt wird. Der Hypnotiseur überprüft abschließend den Zustand des Patienten und bespricht die Erlebnisse der Sitzung.
Risiken & Gefahren
Eine Hypnose, die von einem ausgebildeten Therapeuten oder Arzt durchgeführt wird, ist als sichere, komplementäre und alternative medizinische Behandlung einzustufen. Dennoch empfiehlt sich die sorgfältige Auswahl eines geeigneten Therapeuten.
Ein Erstgespräch sollte ein Vertrauensverhältnis schaffen, den Prozess der Hypnose erläutern und über mögliche Risiken aufklären. Unerwünschte Reaktionen auf eine Hypnose sind selten, können aber Angstzustände, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit oder Schwindel hinterlassen. Während eine Amnesie in sehr seltenen Fällen auftreten kann, erinnern sich behandelte Patienten im Allgemeinen an alle Vorgänge unter Hypnose.
Diese kann jedoch eine signifikante Wirkung auf das Gedächtnis haben, so dass bestimmte Dinge, die vor oder während der Hypnose aufgetreten sind, vorübergehend vergessen werden. Es ist nicht möglich, gegen den eigenen Willen hypnotisiert zu werden, da Hypnose eine freiwillige Beteiligung seitens des Patienten erfordert.
Alternativen
Wenn Hypnose für einen Patienten nicht geeignet ist oder nicht gewünscht wird, stehen zahlreiche alternative Verfahren zur Verfügung, die ähnliche Ziele verfolgen. Ein verbreitetes Verfahren ist die progressive Muskelentspannung (PME), bei der durch gezieltes An- und Entspannen von Muskelgruppen ein Zustand tiefer Entspannung erreicht wird. Diese Methode kann Stress reduzieren und körperliche sowie psychische Beschwerden lindern.
Autogenes Training ist eine weitere Technik, die auf Selbstsuggestion basiert. Dabei lernt der Patient, durch wiederholte Formeln wie „Mein Arm ist schwer“ oder „Ich bin ruhig“ Entspannung herbeizuführen. Diese Methode ist besonders hilfreich bei Stress, Schlafstörungen und psychosomatischen Beschwerden.
Eine Alternative im Bereich der psychologischen Therapie ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die darauf abzielt, negative Denkmuster zu erkennen und durch förderliche Gedanken zu ersetzen. Bei Traumata kann die EMDR-Therapie (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) eine Option sein, bei der durch gezielte Augenbewegungen emotionale Belastungen verarbeitet werden.
Für Entspannung und emotionale Stabilität bieten sich zudem Achtsamkeits- und Meditationstechniken an, die auf eine bewusste Fokussierung der Gedanken und Gefühle abzielen. Biofeedback, bei dem Patienten lernen, unbewusste Körperfunktionen wie Puls oder Atmung zu kontrollieren, kann ebenfalls helfen, insbesondere bei Stress oder chronischen Schmerzen. Diese Methoden können individuell oder in Kombination mit anderen Ansätzen eingesetzt werden.
Kritische Betrachtungen
Hypnose als medizinische Behandlung ist trotz ihrer vielseitigen Einsatzmöglichkeiten nicht unumstritten. Kritiker bemängeln vor allem den Mangel an standardisierten Verfahren und die Abhängigkeit von der Kompetenz des Hypnotiseurs. Da die Qualität und Wirksamkeit stark von der Erfahrung und Qualifikation des Behandlers abhängt, kann es schwierig sein, verlässliche Ergebnisse zu erzielen. In unprofessionellen Händen besteht zudem das Risiko, dass falsche Suggestionen gegeben werden oder der Patient sich manipuliert fühlt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die begrenzte wissenschaftliche Evidenz in bestimmten Anwendungsbereichen. Während die Wirksamkeit der Hypnose bei Schmerztherapie oder Angststörungen gut dokumentiert ist, fehlen für andere Anwendungen wie Gewichtsmanagement oder Rauchentwöhnung oft konsistente Studienergebnisse. Dadurch bleibt unklar, in welchen Fällen Hypnose tatsächlich eine zuverlässige Methode ist.
Hypnose erfordert zudem eine hohe Offenheit und Kooperationsbereitschaft seitens des Patienten. Menschen, die skeptisch oder widerstandsfähig gegenüber Suggestionen sind, profitieren möglicherweise weniger oder gar nicht von der Behandlung. Auch bei schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder akuten Psychosen ist Hypnose kontraindiziert, da sie Symptome verschlimmern könnte.
Schließlich stellt die subjektive Natur der Hypnose ein Hindernis dar. Die Ergebnisse sind schwer messbar, was die Evaluation der Effektivität erschwert und zu einer skeptischen Haltung gegenüber der Methode führt.
Quellen
- Ernst, E. et al.: Praxis Naturheilverfahren. Springer, Heidelberg 2005
- Kossak, H.-C.: Hypnose: Lehrbuch für Psychotherapeuten und Ärzte. Beltz Verlag, Weinheim 2013
- Revenstorf, D., Burkhard, P.: Hypnose in Psychosomatik und Medizin: Manual für die Praxis. Springer, Berlin 2015