Eye Movement Desensitization and Reprocessing
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) stellt eine Behandlungsmethode für Traumapatienten dar. Mittlerweile wurde die Wirksamkeit dieser Methode nachgewiesen. Über 80 Prozent der behandelten Patienten fühlen sich nach der Behandlung deutlich besser.
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Was ist Eye Movement Desensitization and Reprocessing?
Die Behandlungsmethode Eye Movement Desensitization and Reprocessing wurde von der amerikanischen Psychotherapeutin Dr. Francine Shapiro Ende der Achtziger Jahre entwickelt. Während eines Spazierganges stellte sie fest, dass sie sich von depressiven Gedanken und Ängsten bezüglich ihrer Krebserkrankung durch das Hin- und Herbewegen der Augen deutlich befreien konnte.
Auf diesem Erlebnis aufbauend entwickelte sie die Methode zur Desensibilisierung durch Augenbewegung und Wiederaufarbeitung traumatischer Ereignisse. Auf Deutsch übersetzt heißt "Eye Movement Desensitization and Reprocessing" Augenbewegungsdesensibilisierung und Wiederaufarbeitung. Da diese Methode gleich gute Ergebnisse brachte, wurde sie im Jahre 1991 auch in Deutschland eingeführt. Im Jahre 2006 erkannte schließlich der wissenschaftliche Beirat für Psychotherapie die Methode als wissenschaftlich begründet an.
Das Kernelement von EMDR ist die Nutzung bilateraler Stimulationen zur Nachbearbeitung von traumatischen Erinnerungen. Dabei folgt der Patient den Fingern des Therapeuten mit den Augen. Dabei bewegt der Therapeut die Hände hin und her. Durch diese Bewegung soll das Gehirn unterstützt werden, seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Patienten folgen dabei mit den Augen den Fingern des Therapeuten. Dabei bewegt der Therapeut die Hände hin und her. Es wird davon ausgegangen, dass die Augenbewegungen mit der Phase des REM-Schlafes vergleichbar sind. In dieser REM-Phase des Schlafes werden zurückliegende Ereignisse durch das Gehirn verarbeitet. Das Gleiche gilt auch für die EMDR. Vor der Behandlung muss eine ausführliche Anamnese des Traumas durchgeführt werden. Die Grundlage für die Behandlung bildet die Erkenntnis des sprachlosen Entsetzens. Das Trauma ist ja dadurch gekennzeichnet, dass das Gehirn das Sprachzentrum bezüglich des Traumas ausschaltet. Der Mensch wird sprachlos und kann das Erlebte nicht mehr verbal verarbeiten. Im Rahmen der EMDR wird jedoch auch das Sprachzentrum wieder aktiviert, sodass der Patient das Erlebte besser verarbeiten kann. Die Wirkungsweise der Therapie konnte zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Es konnte jedoch noch nicht geklärt werden, inwieweit die Augenbewegungen wirklich Einfluss auf die Aktivierung bestimmter Hirnregionen haben. Zurzeit laufen Versuche, das Einsatzspektrum der EMDR noch zu erweitern. Dabei soll die Frage beantwortet werden, inwieweit die Behandlung auch bei Angststörungen und bei Depressionen noch effektiver gestaltet werden kann. Auch hierzu liegen vielversprechende Ergebnisse vor. Es werden auch Untersuchungen durchgeführt, ob auch Alkoholiker oder pädophile Personen von der EMDR profitieren können.
Bereits im Jahre 1995 wurde in den USA eine Qualitätskontrolle eingeführt, um die Methode weiter zu fördern. Zur Durchführung dieser Qualitätskontrollen wurde in den USA die Organisation EMDRIA und 1998 in Europa die europäische Fachgesellschaft EMDR-Europe gegründet.
Diese beiden Fachgesellschaften sichern durch Zertifizierungen einen hohen Qualitätsstandard. Auch international ist die Behandlung von Traumastörungen durch EMDR anerkannt worden. So wurde EMDR von der Nachsorge, Opfer- und Angehörigenhilfe (NOAH) nach dem verheerenden Tsunami in Südostasien empfohlen. Heute kann mit der EMDR eine Vielzahl von psychisch bedingten Krankheiten behandelt werden. Dazu zählen neben den posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) auch Auswirkungen belastender Lebenserfahrungen, starke Trauer nach Verlusterlebnissen, Bindungstraumatisierung, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen von Kindern, psychosomatisches Erschöpfungssyndrom, Depressionen, Angst- und Panikattacken sowie chronischen Schmerzen.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
An der Universität München wird ein Forschungsprojekt durchgeführt, welches den Mechanismus der Behandlungsmethode noch weiter ergründen soll. Dabei wurde bereits festgestellt, dass die Fixierung der Augen auf die Hände einen signifikanten Einfluss auf die Abnahme der Symptome hat. In einer Kontrollgruppe ohne ausdrückliche Fixierung der Augen auf die Hände nahmen die Symptome nicht so stark ab. Allerdings hatten in dieser Untersuchung die Bewegung der Hände und die Mitbewegung der Augen keinen Einfluss auf das Ergebnis. Entscheidend für den Erfolg war die Herstellung der Aufmerksamkeit auf die Hände.
In diesen Studien konnte der Einfluss der Augenbewegungen also noch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Andererseits gelang aber der Nachweis, dass eine Aufmerksamkeit hergestellt werden muss, um die belastenden Erlebnisse zu verarbeiten. Alle bisher durchgeführten Studien konnten beweisen, dass die Anwendung von EMDR Verbesserungen in der Symptomatik von Traumapatienten bringt. Ob das jedoch an der bisher verfolgten Grundannahme der Augenbewegungen liegt, konnten die Studien nicht zweifelsfrei nachweisen. Da die Studien einen Teil der gemachten Annahmen wie die Exposition mit dem Blick auf die Hand bestätigen konnten, wurde sie wissenschaftlich anerkannt.
Da die spezifischen Augenbewegungen, die als Kern der Methode gelten, wahrscheinlich doch nicht diesen großen Einfluss haben, wurde EMDS gelegentlich als Pseudowissenschaft abgetan. Den Rang als wissenschaftliche Methode konnte EMDS dennoch beibehalten, weil die Konfrontationskomponente, wo der Patient mit den traumatisierenden Reizen direkt konfrontiert wird, die eigentliche Wirkung dieser Methode hervorruft.
Quellen
- Köhler, T.: Medizin für Psychologen und Psychotherapeuten. Schattauer, Stuttgart 2014
- Laux, G.; Möller, H.: Memorix Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2011
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015