Familiäres Mittelmeerfieber
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim familiären Mittelmeerfieber (FMF) handelt es sich um eine erblich bedingte Erkrankung, die besonders in der östlichen Mittelmeerregion auftritt. Es ist eine seltene Erkrankung, die jedoch bei einigen Bevölkerungsgruppen häufiger vorkommt. Die Erkrankung mit sporadisch auftretenden Fieberschüben kann eine Amyloidose auslösen.
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Familiäres Mittelmeerfieber (FMF)
Besonders in der östlichen Mittelmeerregion kommt es zuweilen zum sogenannten familiären Mittelmeerfieber. Wie der Name schon andeutet, treten innerhalb der Familie häufiger mehrere Fälle der Erkrankung auf. Normalerweise ist diese Erkrankung sehr selten. Sie kommt aber im östlichen Mittelmeerraum gehäuft vor. Das lässt bereits auf einen genetischen Hintergrund schließen.
So sind von dieser Erkrankung hauptsächlich nordafrikanische Juden, armenische Volksgruppen und Teile der türkischen Bevölkerung betroffen. Insgesamt leiden circa 0,1 bis 0,2 Prozent dieser Bevölkerungsgruppen an dieser Erkrankung. Das familiäre Mittelmeerfieber ist eine chronische Erkrankung, die sich in sporadischen Fieberschüben und Entzündungen der Tunica Serosa äußert.
Bei circa 30 bis 60 Prozent der Patienten kann sich eine Amyloidose entwickeln. Diese kann die Lebenserwartung der Betroffenen durch Herausbildung von Organschäden, besonders der Nieren, reduzieren. Wenn es gelingt, die Amyloidose zu verhindern, liegt die Lebenserwartung im normalen Bereich. Es gibt Anzeichen dafür, dass es sich nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt.
Ursachen
Als Ursache des familiären Mittelmeerfiebers wurde eine genetische Veränderung auf einem Gen des Chromosoms 16 mit dem Genlokus 16p13.3 (MEFV-Gen) ausgemacht. An dieser Stelle des Gens wird ein Protein codiert, welches als Pyrin beziehungsweise Marenostrin bezeichnet wird. Welche Funktion das Protein besitzt, ist noch nicht genau bekannt. Es kann hier nur spekuliert werden. Auf jeden Fall besteht es aus 781 Aminosäuren.
Es wird außerdem nur in Blutzellen gebildet. Obwohl es in den Zellkern wandert, besitzt es jedoch keine speziellen Bindungsdomänen zur DNA. So soll es eine Rolle bei der Regulierung von inflammatorischen (entzündlichen) Prozessen spielen, indem es bestimmte Transkriptionsfaktoren aktiviert. Dabei wird auch vermutet, dass das Protein eine fördernde Wirkung auf die Produktion von Interleukin-1β besitzt. Interleukin-1β ist ein wichtiger Faktor bei Entzündungsreaktionen.
Da wahrscheinlich durch den Einfluss von Pyrin verstärkt Interleukin-1β gebildet wird, kommt es zu einem vermehrten Einströmen von Granulozyten mit der Steigerung von Entzündungsreaktionen. Dass Interleukin-1β eine Rolle spielt, wurde durch die Besserung der Symptome nach der Behandlung mit Il-1β-Antagonisten erkannt. Dabei handelt es sich allerdings um keinen einheitlichen Krankheitsprozess.
Viele Mutationen des MEFV-Gens können zu ähnlichen Beschwerden führen. Es gibt Krankheitsfälle mit autosomaler rezessivem Erbgang. Allerdings wurden auch Fälle von FMF mit autosomal dominantem Erbgang gefunden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) ist eine Erkrankung, die schubartig verläuft. Die Intervalle zwischen den einzelnen Schüben können Tage, Monate oder auch Jahre dauern. Je seltener ein Schub auftritt, desto günstiger wird die Prognose hinsichtlich der Entwicklung einer Amyloidose. Bei einem Schub kommt es zur Entzündung der Tunica Serosa. Die Tunica Serosa stellt die Auskleidung der Brusthöhle, der Bauchfellhöhle, des Herzbeutels und der Gelenkkapseln dar.
Dementsprechend äußert sich die Erkrankung in der akuten Phase in Brust-, Bauch- und Gelenkschmerzen. Diese Entzündungen sind von Fieber bekleidet. Meistens treten die ersten Schübe bereits vor dem 20. Lebensjahr auf. Die Schübe dauern einige Tage. Zwischen den einzelnen Attacken fühlen sich die Betroffenen gesund. Während der Entzündungsprozesse entstehen sogenannte Akute-Phase-Proteine, die sich danach im Zellzwischenraum ablagern.
Diese können dann nicht mehr durch Immunzellen erreicht werden und reichern sich an. Je mehr Schübe während der chronischen Erkrankung auftreten, desto mehr Proteine werden abgelagert. Dieser Prozess wird als Amyloidose bezeichnet. Aufgrund der Ablagerungen wird die Struktur der Organe langsam beschädigt. Die Hauptkomplikation ist die Entstehung einer schweren Niereninsuffizienz, die zum Tode führen kann.
Diagnose
Diagnostisch werden während einer Fieberattacke die Entzündungsparameter bestimmt. Allerdings ist diese Untersuchung zunächst unspezifisch, weil viele entzündliche Erkrankungen diese Ergebnisse zeigen. Eindeutiger ist die genetische Untersuchung des entsprechenden MEFV-Gens. Jedoch kann hier auch ein negativer Befund ein familiäres Mittelmeerfieber nicht unbedingt ausschließen, weil noch andere Mutationen eine Rolle spielen können.
Mithilfe des Medikamentes Metaraminol kann bei Vorliegen eines FMF ein Entzündungsschub provoziert werden. Damit wird die Erkrankung gegen andere mögliche Syndrome differenzialdiagnostisch abgegrenzt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Diese Erkrankung sollte von einem Arzt untersucht werden. Sie führt zwar nur selten zu Komplikationen oder zu einem schwerwiegenden Verlauf, kann allerdings im schlimmsten Falle zu einer Niereninsuffizienz und damit auch zum Tode des Betroffenen führen. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an regelmäßigen Fieberschüben leidet.
Dabei kommt es häufig auch zu einer Rötung der Haut und zu Schmerzen im Bereich des Bauches oder der Brust. Ebenso leiden die Betroffenen häufig an einer allgemeinen Müdigkeit und Abgeschlagenheit und weiterhin auch an Schmerzen in den Gelenken. Vor allem bei regelmäßigen oder häufig auftretenden Beschwerden kann es zu Komplikationen kommen, sodass eine Untersuchung durch einen Arzt notwendig ist.
Sollten die Blutwerte im Rahmen einer anderen Untersuchung Auffälligkeiten der Nieren zeigen, so sollten die Nieren untersucht werden. Die Diagnose der Erkrankung kann in der Regel durch einen Internisten oder durch einen Allgemeinarzt erfolgen. Bei der Behandlung sind die Patienten allerdings auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Weiterhin sind auch regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen ratsam, um Schäden an den inneren Organen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
Behandlung & Therapie
Da das familiäre Mittelmeerfieber eine genetische Erkrankung ist, kann es nur symptomatisch behandelt werden. Eine ursächliche Therapie ist derzeit nicht möglich. Während der akuten Schübe werden als Schmerzmittel entweder Opioide wie Morphin oder Entzündungshemmer wie Acetylsalicylsäure oder Diclofenac verabreicht. Um die Entwicklung einer Amyloidose zu verhindern, muss die Anzahl der Schübe verringert werden.
Das kann durch die Gabe von Colchicin erreicht werden. Colchicin hemmt die neutrophilen Granulozyten und trägt so zur Verhinderung der entzündlichen Prozesse bei. So können die Abstände zwischen den Attacken drastisch verlängert werden. Erfolge wurden in der letzten Zeit auch durch die Gabe des Medikamentes Anakinra erreicht. Anakinra ist ein Antagonist von Interleukin-1, indem es sich an dessen Rezeptor bindet.
Aussicht & Prognose
Die Generkrankung wird von Ärzten symptomatisch behandelt. Eine Veränderung der mutierten Gene ist aus rechtlichen Gründen nicht gestattet. Wenngleich die Erkrankung hauptsächlich bei Menschen aus der Mittelmeerregion auftreten, können deutsche Ärzte aufgrund der gesetzlichen Vorschriften keine Gentherapie durchführen. Daher gibt es nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft keine Aussicht auf eine Heilung für den Patienten.
Die schubweise auftretenden Beschwerden werden symptomatisch vom behandelnden Arzt betreut. Durch die Gabe von Medikamenten können die vorhandenen Unregelmäßigkeiten gut kontrolliert und eingedämmt werden. Die Linderung der Beschwerden tritt innerhalb kurzer Zeit ein, bis sie sich nach einigen Tagen oder Wochen vollständig zurückgebildet haben.
Ziel der Therapie ist darüber hinaus eine Reduzierung der auftretenden Schübe über die Lebensspanne. Da es im Verlauf des Lebens immer wieder zu beschwerdefreien Phasen kommt, erlebt der Patient Zeiten einer Genesung. Dies verbessert das Wohlbefinden und fördert die Lebensqualität. Dennoch muss eine Langzeittherapie eingehalten werden, da es andernfalls zu einer Rückkehr der Beschwerden kommt.
Wird die medizinische Versorgung abgelehnt, ist die Prognose verschlechtert. Die Schübe treten in kürzeren Abständen auf. Zusätzlich halten die einzelnen Phasen länger an oder werden intensiver. Da Schäden der Organe eintreten können, ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei dieser Erkrankung herabgesetzt.
Vorbeugung
Zur Vorbeugung vor einer Weitervererbung auf die Nachkommen können humangenetische Untersuchungen durchgeführt werden. Sollten innerhalb der Familie oder Verwandtschaft Fälle von familiärem Mittelmeerfieber aufgetreten sein, besteht ein gewisses Risiko der Weitervererbung. Bei bestehendem FMF sollte einer Amyloidose vorgebeugt werden. Das kann durch die kontinuierliche Behandlung mit Colchicin erreicht werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Behandlung mit Anakinra.
Nachsorge
Bei Mittelmeerfieber sind in den meisten Fällen keine besonderen Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge notwendig. In der Regel steht dabei im Vordergrund die schnelle Erkennung und die anschließende Behandlung der Krankheit, damit es nicht zu besonderen Komplikationen oder zu einer Verschlechterung der Beschwerden kommt. Je früher dabei das Mittelmeerfieber erkannt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung.
Daher sollte schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit ein Arzt aufgesucht werden. Das Mittelmeerfieber wird dabei meistens mit Hilfe von Medikamenten behandelt. Dabei sind die Betroffenen auf eine regelmäßige und vor allem richtige Einnahme der Medikamente angewiesen, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern, da eine selbstständige Heilung dabei nicht eintreten kann.
In den meisten Fällen können die Beschwerden durch die Einnahme der Medikamente vollständig gelöst werden. Bei Unklarheiten sollten dabei immer ein Arzt kontaktiert werden. Im Allgemeinen sollten sich die Betroffenen beim Mittelmeerfieber ausruhen und den Körper schonen. Dabei ist von Anstrengungen oder von stressigen Betätigungen abzusehen. Der Auslöser des Mittelmeerfiebers sollte dabei natürlich weiterhin vermieden werden, damit es nicht erneut zum Ausbruch der Erkrankung kommt.
Das können Sie selbst tun
Das erblich bedingte familiäre Mittelmeerfieber zählt zur Gruppe der periodischen Fiebersyndrome. Die Störung tritt gehäuft bei Bewohnern des östlichen Mittelmeerraums auf. Es gibt derzeit weder schulmedizinische noch alternative Verfahren, die die Krankheit ursächlich therapieren.
Selbsthilfemaßnahmen können allenfalls auf Prävention oder eine Behandlung der Symptome gerichtet sein. Da die Krankheit mit gefährlichen Komplikationen einhergehen kann, wenn sie nicht professionell therapiert wird, sollte bereits bei den ersten Anzeichen ein Spezialist für die eher seltene Krankheit zugezogen werden.
Paare, in deren Verwandschaft das familiäre Mittelmeerfieber aufgetreten ist, können eine humangentische Beratung in Anspruch nehmen. Im Rahmen dieser Beratung erfahren junge Paare, die eine Familie planen, wie groß das Risiko ist, dass ihr Nachwuchs an dieser Störung erkrankt und welche Belastungen dann auf sie zukommen.
Die beste Selbsthilfemaßnahme für Personen, die Symptome des familiären Mittelmeerfieber an sich entdecken, besteht darin, zeitnah einen Arzt zu konsultieren. Durch die Gabe des Wirkstoffs Colchicin kann das Intervall zwischen den Fieberschüben deutlich verlängert werden, was das Risiko einer Amyloidose deutlich senkt.
Zur Bekämpfung der entzündlichen Prozesse während akuter Fieberattacken wird regelmäßig Acetylsalicylsäure eingesetzt. Dieser Stoff kommt auch in Weidenrinde vor. Patienten, die eine naturheilkundliche Therapie bevorzugen, können nach Rücksprache mit ihrem Arzt, Präparate auf Weidenrindebasis anstelle oder ergänzend zu allopathischen Medikamenten einnehmen.
Quellen
- Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Wassermann, K., Rohde, A.: Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung. Schattauer, Stuttgart 2009