Colchicin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Colchicin stellt den am längsten bekannten Wirkstoff zur Therapie von akuten Gichtanfällen dar. Das starke Spindelgift wird aus den Knollen und Samen der Herbstzeitlosen gewonnen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Colchicin?

Colchicin stellt den am längsten bekannten Wirkstoff zur Therapie von akuten Gichtanfällen dar.

Als Colchicin wird ein toxischer Wirkstoff aus der Gruppe der Tropolon-Alkaloide (natürlich vorkommende Verbindungen) bezeichnet, das vor allem aus den Samen und Knollen der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) extrahiert wird.

Colchicin kommt in erster Linie zur Vorbeugung und Therapie von akuten Gichtanfällen zum Einsatz. Der Wirkstoff verfügt über schmerzstillende und entzündungshemmende Eigenschaften, indem er als Spindelgift in die Mitose (Zellkernteilung) eingreift.

Colchicin selbst liegt als bitter schmeckendes, gelb-weißliches, amorphes oder kristallines und wasserlösliches Pulver vor, das sich unter Einwirkung von Licht dunkel verfärbt. Colchicin wird über den enterohepatischen Kreislauf (Nieren und Galle) eliminiert.

Pharmakologische Wirkung

Colchicin besitzt eine schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung, indem es bei einem akuten Gichtanfall die entzündlichen Prozesse in den Gelenken unterbindet und somit die Schmerzen minimiert.

Hierbei reduziert der Wirkstoff die Schmerzsymptomatik auf indirektem Weg. Bei einem akuten Gichtanfall liegt eine erhöhte Konzentration an Urat (Harnsäurekristallen) vor, die von den Makrophagen (Fresszellen) des Immunsystems phagozytiert (aufgenommen) werden. Dabei setzen diese Fresszellen Entzündungsmediatoren (entzündungsfördernde Substanzen) frei, wodurch die Schmerzen im Verlauf der Anfälle bedingt werden. Colchicin greift in diese Wirkungskette ein, indem es die Makrophagen daran hindert, die Harnsäurekristalle aufzunehmen, so dass keine Entzündungsmediatoren mehr freigesetzt werden.

Der Wirkstoff beeinflusst anders als Urikosurika (fördern Harnsäureaussscheidung) oder Urikostatika (hemmen die Harnsäurebildung) dabei nicht die Konzentration von Harnsäure im Blut. Zudem beeinträchtigt Colchicin als Zell- und Spindelgift die Mitose (Zellkernteilung) und hemmt den Aufbau der Mikrotubuli, einem wichtigen Bestandteil des Zytoskeletts von Eukaryonten, in den Zellen, indem es an das Protein Tubulin (Hauptbestandteil der Mikrotubuli) anbindet und so die Ausbildung des Spindelfaserapparates unterbindet.

Aufgrund dieser toxischen Wirkung wird der Einsatz von Colchicin mit einer Reihe von Nebenwirkungen assoziiert und zunehmend reduziert. So kann beispielsweise infolge der Mitosehemmung durch das Colchicin die Zellerneuerung der Epithelien des Dünndarms beeinträchtigt sein, weshalb sich gastrointestinale Beschwerden (Diarrhoe) manifestieren können. Entsprechend sollte im Rahmen einer Colchicin-Therapie in jedem Fall die geringstmögliche Dosierung zur Anwendung kommen.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Colchicin wird in erster Linie zur Therapie und Vorbeugung von akuten Gichtanfällen eingesetzt. Darüber hinaus lassen sich in der Literatur weitere Einsatzgebiete wie das familiäre Mittelmeerfieber (rekurrente Polyserositis), Morbus Behçet (chronische Vaskulitis) oder rezidivierende Perikarditis (Herzbeutelentzündung) finden.

Homöopathische Aufbereitungen des Wirkstoffes können zudem zur äußerlichen Therapie bei akuten Gelenkbeschwerden im Rahmen von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, Gelenkergüssen, gastrointestinalen Entzündungen oder Sehnenscheidenentzündungen zur Anwendung kommen. In aller Regel wird Colchicin in Tablettenform oder als Lösung oral appliziert. Zur Therapie eines akuten Gichtanfalls kommen bei einem Erwachsenen anfänglich 1 mg und anschließend bis zum Abklingen der Symptome bzw. bis zur Manifestierung unerwünschter Nebenwirkungen alle 1 bis 2 Stunden 0,5 mg zum Einsatz.

Hierbei sollte die tägliche Dosis nicht mehr als 4 bis 6 mg betragen. Zur Vorbeugung von akuten Gichtanfällen kann Colchicin in niedrigen Dosierungen (maximal 1,5 mg pro Tag) appliziert werden, wobei die Gesamtdauer dieser prophylaktischen Therapie nicht länger als drei Monate dauern sollte.

Zudem kann eine tägliche Dosis von 0,5 bis 1,5 mg Colchicin am Tag Anfällen des familiären Mittelmeerfiebers vorbeugen. Für einen Erwachsenen liegt die Letaldosis bei etwa 20 mg, wobei auch bei geringeren Colchicin-Mengen vereinzelte Todesfälle beobachtet werden konnten.


Risiken & Nebenwirkungen

Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen einer Colchicin-Therapie sind Diarrhoe (Durchfall), Emesis (Erbrechen), Übelkeit sowie Bauchschmerzen.

Häufig können zudem Beeinträchtigungen der Muskelfunktion (u.a. Muskelschwäche), Nierenschädigungen und Hautbeschwerden (Pruritus, Hautbrennen) beobachtet werden. Hohe Dosierungen führen in einigen Fällen zu Veränderungen des Blutbilds, Anämie, Haarausfall und/oder einem beeinträchtigten Nagelwachstum. Eine Therapie mit Colchicin ist bei Vorliegen einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff, einer Schwangerschaft, eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion, bei Erkrankungen des gastrointestinalen Traktes, Veränderungen des Blutbildes sowie bei Beeinträchtigungen des Herzkreislaufs kontraindiziert.

Da Colchicin durch das Isoenzym CYP3A4 metabolisiert (abgebaut) und vom Multidrug-Resistance-Protein 1 (MDR1 bzw. P-gp) transportiert wird, müssen bei einer Therapie mit dem Wirkstoff zahlreiche relevante Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln berücksichtigt werden. So kann eine parallele Therapie mit CYP3A4- (u.a. Ciclosporin, Makrolide) oder P-gp-Inhibitoren (u.a. Ranolazin) einen Anstieg der Plasmakonzentration sowie ausgeprägte Vergiftungen bedingen.

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