Vagotomie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Vagotomie ist die operative Durchtrennung von Ästen des Nervus vagus, die die sekretierenden Zellen des Magens oder Zwölffingerdarms versorgen. Die Operation findet vor allem bei Patienten mit Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren Einsatz, da solche Geschwüre auf übermäßig saure Sekretion zurückzuführen sind. Mittlerweile haben konservativ medikamentöse Lösungen die Vagotomie in weiten Teilen abgelöst.
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Was ist die Vagotomie?
Rund 50 von 100 000 Menschen leiden an einem Magengeschwür. Geschwüre des Zwölffingerdarms haben sogar eine viermal höhere Prävalenz. Damit zählen Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre zu den eher verbreiteten Erkrankungen.
Um diese Geschwüre zu behandeln, stehen dem Arzt operative Methoden wie die Vagotomie zur Verfügung. Bei der Operation durchtrennt der Chirurg verschiedene Äste der Hirnnerven, die an der Versorgung des Magens oder Zwölffingerdarms beteiligt sind. Nach der Durchtrennung dieser Äste wird weniger saures Magensekret produziert. Die Operation besitzt zwar Wirksamkeit, wird in der heutigen Zeit aber kaum bis gar nicht mehr durchgeführt. Die modernen Entwicklungen der Medizin sind dafür verantwortlich.
So stehen zur Behandlung von Patienten mit Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren mittlerweile die sogenannten Protonenpumpeninhibitoren zur Verfügung, die die Operation in Sachen Wirksamkeit noch überholen. Vor der Einführung dieser modernen Therapien kam der Vagotomie im Bezug auf Patienten des Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs eine bedeutsame Rolle zu, so vor allem in Form der selektiv proximalen Vagotomie.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Bezeichnung Vagotomie deutet bereits an, dass das operative Verfahren einem Eingriff am Nervus vagus entspricht. Die Operation hat eine Aufhebung oder Verminderung der Stimuli zum Ziel, die die Parietalzellen des Magens oder Zwölffingerdarms zur Sekretion antreiben. Aus diesem Grund durchtrennt der Operateur bei der Operation die Äste des Nervs, die den Magen oder Zwölffingerdarm versorgen. Verschiedene Unterverfahren mit diesem Ziel stehen zusätzlich zur Verfügung. Normalerweise werden am rechten und linken Hauptstamm des Nervus vagus die entsprechenden Nervenanteile auf unterschiedlich anatomischer Höhe durchtrennt. Von einer thorakal angelegten Vagotomie ist in diesem Zusammenhang immer dann die Rede, wenn die Durchtrennung der nervalen Hauptstämme im Bereich des Brustkorbs stattfindet.
Bei der trunkulären Form der Vagotomie werden die Hauptstämme im Truncus vagalis anterior und posterior ausgehend vom Bauchraum in der Region der unteren Speiseröhre durchtrennt. Die gastrale Vagotomie basiert auf einer nervalen Durchtrennung der Nervenanteile, die sich zum Magen ziehen. Dabei werden die Nervenäste zur Leber und zu anderen Organen erhalten. Die selektiv proximale Vagotomie wird auch als Parietalzellvagotomie bezeichnet und ist eine der in der Vergangenheit am häufigsten durchgeführten Vagotomien.
In diesem Eingriff erfolgt die Durchtrennung der Nervenäste zum Magen unter dem Erhalt der Nervenanteile, die sich zum Magenpförtner, dem sogenannten Pylorus, ziehen. Dieses Verfahren geht auf N. Latarjet zurück. Vagotomien finden immer stationär statt und bedürfen einer gewissenhaften Operationsvorbereitung und Aufklärung des Patienten. Mittlerweile findet allerdings auch die proximal selektive Vagotomie annähernd überhaupt nicht mehr statt.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Außerdem sind Operationen immer mit dem Risiko der Infektion assoziiert und können im Extremfall eine Nekrotisierung von Gewebe oder eine tödliche Sepsis zur Folge haben. Darüber hinaus besteht bei jeder Operation ein gewisses Risiko im Rahmen der Anästhesie. Dieses Risiko betrifft vor allem kreislaufkranke und übergewichtige Patienten. Kreislaufschocks können während der Operation als Reaktion auf da Anästhetikum entstehen und zu einem Herzstillstand führen. Außerdem verspüren viele Patienten durch Anästhetika Übelkeit oder müssen sich erbrechen. Auch allergische Reaktionen auf das Anästhetikum können im Bereich des Möglichen liegen.
Noch häufiger klagen die Patienten nach einer Operation über Halsschmerzen, Heiserkeit und Schluckbeschwerden, wie sie als Reaktion auf die künstliche Beatmung während einer Operation eintreten können. Zwar ist das Risiko für die beschriebenen Komplikationen und Nebenwirkungen meist als gering einzuschätzen, allerdings muss der Patient vor der Operation dennoch über die Risiken in Kenntnis gesetzt werden. Zu den spezifischen Risiken der Vagotomie zählt vor allem die fehlerhafte Durchtrennung von Nervenästen, die für die Funktion des Magens oder Darms relevant sind.
Die Durchtrennung falscher Nervenäste könnte eine Lähmung der Peristaltik zur Folge haben und damit die Verdauung funktional beeinträchtigen. Wenn sensorische Nervenfasern durchtrennt werden, können Sensibilitätsstörungen auftreten. Vor und vor allem nach Eingriffen am Magen oder Zwölffingerdarm sind außerdem häufig Spezialdiäten erforderlich, um die Organe unmittelbar nach dem Stressereignis nicht zu überlasten. Aufgrund des Aufwands und der Risiken kommt die Vagotomie mittlerweile kaum mehr zum Einsatz. Die modernen Alternativen sind sowohl mit weniger Aufwand, als auch weniger Risiken und Nebenwirkungen für den Patienten verbunden.
Zu den wichtigsten Lösungen der Moderne zählen effektiv sekretionsinhibierende Pharmaka. Diese Pharmaka können zum Beispiel Protonenpumpenhemmern oder H2-Blockern entsprechen. Das invasive Verfahren der Vagotomie wurde demnach durch konservativ medikamentöse Lösungen ersetzt, um den Patienten nicht unangemessen zu belasten. In Ausnahmen findet die Vagotomie noch statt, so vorwiegend bei therapierefraktär schweren Verlaufsformen.
Quellen
- Battegay, E.: Siegenthalers Differenzialdiagnose. Thieme, Stuttgart 2013
- Gerok, W., Huber. C., Meinertz, T., Zeidler, H.: Die Innere Medizin - Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer Verlag, Stuttgart. 11. Auflage 2007
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016