Händigkeit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Händigkeit definiert, mit welcher Hand ein Mensch die meisten Tätigkeiten ausführt. Diese dominante Hand ist gleichzeitig Beleg dafür, welche Hemisphäre des Gehirns das Handeln eines Menschen bestimmt. Auch wenn Linkshänder prozentual sehr viel seltener sind als Rechtshänder, gibt es heute ein gestiegenes Bewusstsein für die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit einer dominanten linken Händigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Händigkeit?

Die Händigkeit definiert, mit welcher Hand ein Mensch die meisten Tätigkeiten ausführt. Diese dominante Hand ist gleichzeitig Beleg dafür, welche Hemisphäre des Gehirns das Handeln eines Menschen bestimmt.

Unter der Händigkeit eines Menschen versteht man seine dominante Hand. Das ist die Hand, mit der die Person alle schwierigen und anspruchsvollen Aufgaben ausführt – vom Schreiben über das Zähneputzen bis hin zum Nähen oder präzisen Schneiden. Dies ist bei der Mehrheit der Menschen die rechte Hand. Nur ca. 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung sind Linkshänder, haben also von Natur aus eine Händigkeit, die die linke Hand zur dominanten Hand macht.

Auch ist diese Händigkeit unterschiedlich stark ausgeprägt: Während einige Linkshänder die linke Hand ausschließlich einsetzen, nutzen andere sie für alle Tätigkeiten außer etwa das Schreiben. Verbreitet ist auch das gleichberechtigte Nutzen beider Hände.

Weshalb die Händigkeit unter den Menschen so ungleich verteilt ist, dazu kann die Wissenschaft noch keine Antwort geben. Sicher ist jedoch: Die Händigkeit ist auch Ausdruck der dominanten Gehirnhälfte eines Menschen. Da hierbei eine Überkreuz-Wirkung besteht, wird die rechte Hand von der linken Gehirnhälfte und die linke Hand von der rechten Gehirnhälfte gesteuert. Bei Rechtshändern gilt deshalb die linke Gehirnhälfte als dominant, bei Menschen mit linker Händigkeit die rechte Gehirnhälfte.

Funktion & Aufgabe

Die Händigkeit hat viele Vorteile für uns Menschen. Die Spezialisierung der beiden Hirn-Hemisphären lässt sich evolutionär vermutlich damit begründen, dass dadurch eine Konkurrenz der beiden Gehirnhälften vermieden wird. Die Konzentration auf eine Seite sorgt auch dafür, dass sich bei manuellen Aufgaben eine besonders große Präzision erreichen lässt. Weshalb sich die Händigkeit beim Menschen zum überwiegenden Teil in Form einer dominanten rechten Hand ausprägt, ist noch nicht wissenschaftlich erklärbar.

Mit der selten vorkommenden Dominanz der linken Hand geht nicht etwa ein spiegelverkehrter Aufbau der Hemisphären im Gehirn einher. Bei der Mehrzahl der Rechts- wie Linkshänder liegt beispielsweise das Sprachzentrum in der linken Hemisphäre. Die Händigkeit hat demnach auf die Sprachentwicklung kaum Auswirkungen. Worauf sich die Händigkeit hingegen enorm auswirkt, sind die motorischen Fähigkeiten: Bei Rechtshändern wird die Motorik vorrangig durch die linke Gehirnhälfte gesteuert, bei Linkshändern durch die rechte. Die Motorik ist beispielsweise verantwortlich für Fähigkeiten wie Schreiben oder filigrane manuelle Arbeiten.

Durch gezieltes Umschulen kann es allerdings gelingen, einzelne Fähigkeiten, wie das Schreiben, durch die nicht-dominante Gehirnhälfte steuern zu lassen. Auf diese Weise wurden vor allem in vergangenen Jahrzehnten viele von Natur aus linkshändige Menschen zum Schreiben mit der rechten Hand umgeschult. Das hat jedoch nicht die vollständige Um-Organisation des Gehirns zur Folge.

Die natürliche Händigkeit zeigt sich in der Regel bei vielen weiteren Tätigkeiten – von Sport über kreatives Arbeiten bis hin zu Alltagsabläufen. Neurologische Untersuchungen von Personen, deren Händigkeit künstlich umgeschult wurde, zeigen, dass nach wie vor die ehemals dominante Gehirnhälfte für die Planung und Kontrolle der Bewegungen zuständig ist. Bei umgeschulten Linkshändern bleibt demnach weiterhin die rechte Hemisphäre für die Organisation der Bewegungsabläufe zuständig. Der Nutzen künstlich umgeschulter Händigkeit ist deshalb umstritten. Beim Schreiben im Deutschen und ähnlichen Sprachen hat das Umschulen teils den Vorteil, Verspannungen und unsaubere Schrift zu vermeiden, denn da von links nach rechts geschrieben wird, tun sich Linkshändern in diesem Bereich oftmals schwer. Das Umschulen der Händigkeit kann jedoch auch zur Belastung werden.


Krankheiten & Beschwerden

Beschwerden durch die eigene Händigkeit haben vor allem Linkshänder. Sie sind häufig von Verspannungen betroffen, wenn sie beispielsweise Geräte benutzen müssen, die eigentlich für Rechtshänder ausgelegt sind. Wird die Händigkeit jedoch umgeschult, um derartige Probleme zu vermeiden, können andere Beschwerden die Folge sein. So klagen Linkshänder, die auf die rechte Hand als dominante Hand umgeschult wurden, oft über psychologische Probleme. Symptome wie Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörungen, Schlafprobleme, Versagensängste und sogar Bettnässen werden von Psychologinnen auf das Umschulen der Händigkeit zurückgeführt. Aus diesem Grund ist das Umschulen auch längst nicht mehr so populär wie früher. Linkshänder werden heute vielmehr darin bestärkt, ihre angeborene Händigkeit auszuleben.

Die nachlassende Bedeutung von Fähigkeiten wie handschriftliches Schreiben trägt zu diesem Trend bei. Denn beim Tippen auf einer Tastatur oder einem Touchscreen ist die Händigkeit eher unwichtig. Gleichzeitig sind immer mehr, speziell für Linkshänder konzipierte, Produkte erhältlich. Die Bandbreite reicht von Linkshänder-Scheren über Mappen und Computermäuse bis hin zu Gartenutensilien und Werkzeugen. Dank dieser Entwicklungen wird ihre Händigkeit immer seltener zu einem beeinträchtigenden Element für Linkshänder.

In direktem Zusammenhang mit der Händigkeit scheint auch die Kreativität eines Menschen zu stehen. Denn unter den Linkshändern finden sich überproportional viele kreative Menschen. Experten sehen dies darin begründet, dass die rechte Gehirnhälfte für Kreativität, Körpersprache, Intuition und Gefühle verantwortlich ist. In der linken Gehirnhälfte hingegen werden Sprache und Logik verortet. Je nach Ausprägung der individuellen Händigkeit kann also darin die Erklärung für die Begabungen einer Person liegen.

Quellen

  • Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
  • Kochen, M.M.: Duale Reihe. Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Thieme, Stuttgart 2012

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