Hippotherapie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Pferde waren seit jeher ein wichtiger Partner des Menschen. Sie sind sogar in der Lage, ihm bei bestimmten Krankheiten zu helfen. Oder zumindest positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu nehmen. Gerade Personen mit neurologisch bedingten Behinderungen können vom therapeutischen Reiten profitieren. Eine Form des therapeutischen Reitens ist die Hippotherapie.
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Was ist die Hippotherapie?
Hippotherapie erfreut sich in der heutigen Zeit zunehmender Beliebtheit. Sie ist eine Form des therapeutischen Reitens, in dem speziell ausgebildete Pferde oder Ponys zum Einsatz kommen. Die Hippotherapie ist ein Fachbereich des therapeutischen Reitens ebenso wie die heilpädagogische Förderung mit dem Pferd und das Reiten als Sport für Menschen mit Behinderungen.
Bei der Hippotherapie steht jedoch der von neurologischen Bewegungsstörungen betroffene Patient im Fokus. Schon viele medizinische Erfolge konnten auf diesem Wege erzielt werden. Egal ob Kinder, Erwachsene oder Senioren: Die Hippotherapie eignet sich für alle Altersklassen. Sie kann als eine Form der Krankengymnastik zur Schulung der Körperhaltung betrachtet werden. Dabei sitzt der Patient auf dem Pferderücken und wird von einem Therapeuten begleitet. Der Patient selbst übt keinen Einfluss auf das Pferd aus.
Funktion, Wirkung & Ziele
Auch bei nicht neurologisch bedingten Schädigungen des Stütz- und Bewegungsapparates verspricht die Hippotherapie gute Behandlungserfolge. Patienten mit Schäden an den Gliedmaßen (Dysmelie) etwa und einer daraus resultierenden Verkrümmung des Körpers erlernen in der Therapie, ihre Muskulatur dort zu stärken, wo sie zu schwach ist. Überstrapazierte Muskeln hingegen lernen loszulassen. Es wird wieder ein Gleichgewicht hergestellt. Auf die Art kann eine Korrektur der Haltung des Patienten vorgenommen und Gelenkfehlstellungen vorgebeugt werden. Die Muskelspannung normalisiert sich, Praktisch sieht das therapeutische Reiten so aus, dass der Patient passiv auf dem Pferderücken sitzt.
Der Therapeut leitet den Patienten an. In der Gangart Schritt überträgt das Pferd nun seine dreidimensionalen Schwingungen auf den Menschen. Der Patient soll auf die Art lernen, diese Schwingungen im Becken bewusst wahrzunehmen und diesen Bewegungen zu folgen. Es sind etwa 100 Schwingungsimpulse, die das Pferd in einer Minute auf den Menschen überträgt. Dadurch trainiert der Patient neben seiner Haltung und seinem Gleichgewicht auch ein gesundes Körpergefühl. So kommt es in vielen Fällen zur Verbesserung der neurologischen Bewegungsstörungen. Zudem wird in der Hippotherapie das gesamte Wahrnehmungssystem des Patienten geschult. So können Menschen mit einer halbseitigen Lähmung (Hemiparese) etwa wieder ein Gefühl für ihre Körpermitte bekommen.
Die Wirkungsweise des therapeutischen Reitens besteht darin, dass der Körper des Patienten versucht, sich auf die Schwingungen des sich bewegenden Pferdes neu einzupendeln. Hierbei werden alle Bewegungsachsen genutzt und für die Verbesserung der Motorik des Erkrankten eingesetzt. Auf die Art wird ein positiver Einfluss auf den Verlauf der jeweiligen Krankheit genommen.
Ein weiterer Vorteil der Hippotherapie besteht darin, dass der Therapeut über den Weg des Pferdes Zugang zum Patienten erhält und so besser mit ihm arbeiten kann. Die Einbeziehung dieses empfindsamen Tieres in den Heilungsprozess des Menschen hat zudem den positiven Effekt, dass die häufig auftretende Therapieverdrossenheit bei den Patienten zurückgeht oder gänzlich erlischt. So verbessern sich die Erfolgsaussichten, denn der Patient öffnet sich dem Therapeuten gegenüber wieder mehr.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Es gibt hingegen auch Erkrankungen, bei denen die Hippotherapie eher schadet denn nutzt. Deshalb gilt die Therapie etwa bei Menschen mit Entzündungen der Wirbelsäule oder bei Menschen mit einem aktiven Schub von Multipler Sklerose als nicht geeignet. Zudem sollte sie nicht bei Personen mit medikamentös schlecht eingestellten Anfallsleiden zum Einsatz kommen, da diese Therapieform aufgrund der Fallhöhe vom Pferd ein hohes Verletzungsrisiko in sich birgt. Zudem sollten Patienten mit einem erhöhten Risiko für Thrombosen oder Embolien Abstand von dieser Behandlungsmethode nehmen. Da ein Sturz vom Rücken des Pferdes nicht in Gänze auszuschließen ist, sollte die Hippotherapie auch nicht zur Behandlung in Erwägung gezogen werden, wenn der Betroffene zugleich unter der Bluterkrankheit leidet.
Menschen mit einer Allergie auf Pferdehaare profitieren selbstverständlich auch nicht von einer Therapie hoch zu Pferde. Dies gilt auch für Betroffene anderer Formen von Allergien. Menschen, die auf Staub, Heu und andere Tierhaare extrem mit Heuschnupfen, Husten oder Asthma reagieren, werden sich im Umfeld von Pferden nicht wohl fühlen. Ferner ist von einer Hippotherapie abzuraten, wenn ein Mensch akut an entzündlichen Prozessen, egal welcher Herkunft oder einer ausgeprägten Arteriosklerose leidet. Des Weiteren ist die Therapieform ungeeignet für Patienten mit akutem Bandscheibenvorfall, Hüftgelenksarthrose oder Angina pectoris. Auch bei Bluthochdruck mit einer Neigung zur hypertensiven Krise ist von einer derartigen Behandlungsform abzuraten.
Im Normalfall stellt der behandelnde Arzt oder Spezialist ein Rezept für die physiotherapeutische Methode aus, sodass es hier eigentlich nicht zu einem falschen Behandlungsweg kommen kann. Dazu ist im Vorfeld eine gründliche medizinische Untersuchung des Patienten erforderlich, sodass die jeweilige Erkrankung diagnostiziert werden kann.
Quellen
- Fischer, H., Renner, M.: Heilpädagogik. Heilpädagogische Handlungskonzepte in der Praxis. Lambertus, Freiburg 2014
- Schöffmann, E., Schulz, D.: Wege zum Anderen. Facetten heilpädagogischer Diagnostik auf anthroposophischer Grundlage. Info3 Verlag, Frankfurt/M. 2015
- Steinhausen, H.-C. (Hrsg.): Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Urban & Fischer, München 2010