Homosexualität

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Homosexualität wird eine sexuelle Orientierung bezeichnet. Dabei besteht ein romantisches und erotisches Begehren gegenüber dem eigenen Geschlecht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Homosexualität?

Als Homosexualität wird eine sexuelle Orientierung bezeichnet. Dabei besteht ein romantisches und erotisches Begehren gegenüber dem eigenen Geschlecht.

Homosexualität bedeutet, sich romantisch und sexuell am eigenen Geschlecht zu orientieren. Während homosexuelle Frauen die umgangssprachliche Bezeichnung „Lesben“ tragen, werden homosexuelle Männer „Schwule“ genannt. Besteht dagegen sowohl sexuelles Interesse am eigenen als auch am anderen Geschlecht, ist von Bisexualität die Rede. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland zwischen 2 und 4 Prozent der Männer und Frauen homosexuell sind.

Die Bezeichnung Homosexualität entstand 1869 durch den österreichisch-ungarischen Literaten Karl Maria Kertbeny (1824-1882). Darüber hinaus war im 19. Jahrhundert der Begriff Uranismus gebräuchlich. In der Antike galt die Homosexualität als höchste erotische Ausdrucksform. In späteren Epochen wie dem Mittelalter oder der Neuzeit wurde die gleichgeschlechtliche Liebe dagegen als Sünde eingestuft. Dabei spielten insbesondere religiöse und ideologische Standpunkte eine bedeutende Rolle.

Noch in der heutigen Zeit gibt es Kulturen, die Homosexualität als unnormal und unnatürlich ablehnen, während westliche Gesellschaften ihr zunehmend aufgeschlossener gegenüberstehen. So ist die Schwulen- und Lesbenszene in Deutschland größtenteils akzeptiert und verfügt in größeren Städten über zahlreiche Zentren. Darüber hinaus gibt es die unterschiedlichsten Treffpunkte, Beratungsstellen und künstlerischen Aktivitäten.

In anderen Ländern sehen sich homosexuelle Menschen jedoch nach wie vor Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. In Deutschland können homosexuelle Paare dagegen seit 2001 eingetragene Lebenspartnerschaften abschließen. Diese Partnerschaften lehnen sich stark an die Ehe an und umfassen u. a. gegenseitige Unterhaltspflichten sowie das Recht auf einen gemeinsamen Namen. Dennoch wird den Paaren auch hier noch die Gleichberechtigung mit heterosexuellen Paaren verwehrt (etwa bzgl. der Adoption).

Funktion & Aufgabe

Wodurch es zu einer homosexuellen Orientierung kommt, ist noch immer unklar. Daher dienen unterschiedliche Theorien als Erklärungsmodelle. Dazu gehört die These, dass die sexuelle Ausrichtung des Menschen bereits vor der Geburt erfolgt und die gleichgeschlechtlichen Anlagen vererbt werden. Eine andere Theorie macht dagegen die individuelle Entwicklung des Menschen für das Entstehen der Homosexualität verantwortlich. Vermutlich ist sie also ein genauso natürlicher Umstand wie die Heterosexualität, welche jedoch über Jahrhunderte hinweg als die einzig „richtige“ Seinsweise definiert wurde (Heteronormativität).

Ebenso unklar wie die Ursachen der Homosexualität sind auch deren Funktionen. So stellt sich bei einer genetischen Disposition die Frage nach ihrem Nutzen für die menschliche Evolution. Eigenschaften, die der Fortpflanzung des Menschen entgegenstehen, wurden in der Vergangenheit als negativ betrachtet. Die Wissenschaft geht daher der Frage nach, ob angesichts der Häufigkeit der Homosexualität ein evolutionärer Vorteil bestehen könnte. Auch dazu wurden unterschiedliche Theorien entwickelt. So gehen einige Forscher davon aus, dass der Verzicht auf eigene Kinder durch eine Verwandtenselektion innerhalb der Sippe verursacht wird. Auf diese Weise können mehr Menschen für die Nachkommenschaft sorgen. Allerdings bleibt der evolutionstheoretische Nutzen der Homosexualität damit unerklärt, da sich die gleiche Wirkung auch mit Asexualität erzielen ließe.

Wie einige Wissenschaftler jedoch formulieren, kann insgesamt in Frage gestellt werden, ob das menschliche Konzept der Liebe zwangsläufig mit der optimalen Fortpflanzungsart in Verbindung steht. Wie etwa Richard David Precht argumentiert, kann die monogame Liebe gar einer höheren Anzahl an Nachkommen im Wege stehen. Liebe, Sex und Fortpflanzung können somit auch losgelöst voneinander gedacht werden.

Die Homosexualität beschränkt sich zudem nicht nur auf den Menschen, sondern kommt auch in der Tierwelt vor. So ließ sich bei etwa 1500 unterschiedlichen Tierarten homosexuelles Verhalten feststellen. Belegt ist dies vorwiegend bei den Bonobos, die zu den Menschenaffen zählen.


Krankheiten & Beschwerden

Einige Krankheiten stehen mit Homosexualität in Verbindung, wobei die sexuelle Orientierung nicht der tatsächliche Auslöser dieser Krankheiten ist, sondern durch weitere Umstände mit ihnen korreliert. Dazu gehörte lange Zeit in erster Linie AIDS (HIV). So breitete sich das HI-Virus in westlichen Ländern zunächst stark bei homosexuellen Männern aus, was auf die hohe Ansteckungsgefahr aufgrund des Analverkehrs zurückzuführen war. AIDS war zu dieser Zeit noch eine sehr unbekannte Infektionskrankheit. Im Laufe der Jahre gelang es jedoch, Aufklärung über das Virus zu betreiben. Durch die Aufklärungskampagnen konnten zudem falsche Sichtweisen über homosexuelle Menschen korrigiert werden. Etwa die Vorstellung, dass AIDS eine Strafe dafür sei, dass Männer der „Sünde“ der gleichgeschlechtlichen Liebe nachgehen.

Schwule gehören nach medizinischer Auffassung nur dann zu den AIDS-Risikogruppen, wenn von ihnen mit wechselnden Sexualpartnern ungeschützter Analverkehr ausgeübt wird. Gleiches gilt für alle anderen sexuellen Paare, da eine eine Infektion mit dem HI-Virus prinzipiell bei jedem Menschen möglich ist.

Homosexualität ist zudem häufig mit psychischen Problemen verbunden. So haben nicht wenige Schwule und Lesben Angst vor einem Coming-out, da sie negative Reaktionen ihrer Eltern, Verwandten oder Freunde befürchten. In manchen Fällen kommt es deswegen zu Zerwürfnissen mit der Familie, was wiederum starke psychische Belastungen bei den Betroffenen auslöst. Ebenso ist eine Diskriminierungen am Arbeitsplatz denkbar, sodass manche Homosexuelle es vorziehen, sich nicht zu outen.

Das Coming-out und insbesondere die Akzeptanz aus dem Lebensumfeld bedeutet jedoch einen wichtigen Vorgang, um die eigene sexuelle Identität finden zu können. Das Unterdrücken dieser Identität kann im weiteren Verlauf psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder den Missbrauch von Alkohol, Drogen und Medikamenten auslösen. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Lebensqualität der homosexuellen Menschen aus. Im schlimmsten Fall erfolgen sogar Selbstmordversuche. So besteht bei homosexuellen Männern ein vier Mal höheres Selbstmordrisiko als bei Heterosexuellen. Bei lesbischen Frauen liegt dagegen eine höhere Gefahr zur Alkoholabhängigkeit vor.

Quellen

  • Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

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