Geschlecht
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Begriff Geschlecht bezog sich in der Vergangenheit, besonders im deutschen Sprachgebiet, ausschließlich auf die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau.
Mittlerweile wurde die Notwendigkeit erkannt, auch psychologische und soziale Aspekte des Geschlechts mit einzubeziehen.
Im Rahmen der Genderforschung werden zunehmend auch die Übergangsformen des Geschlechts betrachtet. Es zeichnet sich dabei vermehrt das Bild einer Skala, in der die vormals starren Geschlechtskategorien von Mann und Frau beispielsweise wie die Farbe Grau betrachtet werden können, die sich von Schwarz bis Weiss erstreckt.
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Was ist das Geschlecht?
Im deutschen Sprachgebiet kennzeichnete der Begriff Geschlecht bisher die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Im englischen Sprachgebrauch ist der Geschlechtsbegriff jedoch unter der Bezeichnung Gender weiter gefasst. Gender bezieht neben den biologischen Aspekten auch psychologische und soziale Aspekte in die Definition von Geschlecht mit ein.
Mit der rein biologischen Definition werden genetische, hormonelle und organische Ebenen des Begriffs unterschieden. Das genetische Geschlecht wird durch die Chromosomen festgelegt. Durch die Hormone wird das gonadale und durch die Geschlechtsorgane das genitale Geschlecht bestimmt.
Mit diesen Definitionen können jedoch die Übergangsformen zwischen den Geschlechtern nicht beschrieben werden. Denn bei einigen Menschen kann das Geschlecht nicht eindeutig festgelegt werden, weil sie biologische Eigenschaften beider Geschlechter besitzen. So können etwa die Chromosomen eines Menschen auf ein männliches Geschlecht hindeuten, während der Hormonhaushalt die selbe Person dem weiblichen Geschlecht zuordnet.
Fälle dieser Art offenbaren die Schwächen der klassischen Definition von Geschlecht, die jenen betroffenen Menschen nur eine Störung attestieren kann, ohne dass sie tatsächlich biologische Nachteile haben. In vielen Fällen leiden die Betroffenen dann jedoch psychisch, da ihnen der Eindruck vermittelt wird, sie seien abnormal.
Funktion & Aufgabe
Der Mann erzeugt in den Leydig-Zellen der Hoden Samen für die Fortpflanzung, die während des Geschlechtsaktes an die Frau übergeben werden. Dies unterstreicht die Bedeutung unterschiedlicher biologischer Geschlechtsmerkmale. Es bedeutet jedoch nicht, dass sich im Umkehrschluss Männer und Frauen in ihrem Wesen grundsätzlich unterscheiden müssen oder aber dass Menschen die nicht zur Fortpflanzung fähig sind, eine vermeintliche Geschlechtsstörung besitzen.
Das genetische Geschlecht wird durch die Chromosomenverteilung der Geschlechts-Chromosomen festgelegt. Die Frau besitzt zwei X-Chromosomen und der Mann ein X- sowie ein Y-Chromosom. Auf dieser Grundlage werden während der menschlichen Entwicklung hormonelle Prozesse ausgelöst, welche die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale bestimmen.
So ist für die Ausbildung der primären und sekundären männlichen Geschlechtsmerkmale das Sexualhormon Testosteron verantwortlich. Die weiblichen Geschlechtshormone (die Östrogene und Gestagene) bestimmen die Ausbildung der sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale wie Brustwachstum oder Menstruation.
Der weibliche Phänotyp entsteht automatisch, wenn kein Testosteron vorhanden ist oder nicht wirkt. So können sich primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale durch genetische Festlegungen sowie durch biologische Regulationsmechanismen herausbilden. Auch intersexuelle Merkmale, bei denen sowohl weibliche als auch männliche Merkmale auftreten, unterliegen diesen biologischen Prozessen.
Es gibt jedoch auch psychische und sozial-kulturell geprägte Geschlechtsunterschiede, die zu den tertiären Geschlechtsmerkmalen gezählt werden. Sie äußern sich in vermeintlich geschlechtsspezifischem Verhalten. Die tertiären Geschlechtsmerkmale variieren jedoch je nach Kulturkreis. Hier bestimmt die Gesellschaft das männliche und weibliche Rollenverhalten.
Die Genderforschung untersucht daher die Einflüsse von Gesellschaft, Psychologie und Biologie auf die Geschlechteridentifikation. Transsexuelle Menschen identifizieren sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht und möchten es oft durch Geschlechtsumwandlung anpassen lassen. Welche Rolle hier hormonelle Prozesse in bestimmten Entwicklungsphasen oder gesellschaftspolitische sowie kulturelle Einflüsse spielen, wird im Rahmen der Genderforschung ebenfalls untersucht.
Wissenschaftlich kristallisiert sich immer deutlicher heraus, dass die Festlegung des Geschlechts von mehreren Faktoren abhängig ist. In diesem Zusammenhang kann zudem noch auf die Unterschiede zwischen Intersexualität und Transsexualität hingewiesen werden: Bei der Intersexualität liegen sowohl weibliche als auch männliche oder gar keine eindeutigen Geschlechtsmerkmale vor. Bei der Transsexualität stimmt das biologische nicht mit dem psychologisch empfundenen Geschlecht überein.
Krankheiten & Beschwerden
Zu den Chromosomenverteilungsstörungen zählen unter anderem das Turner-Syndrom, das Klinefelter-Syndrom oder Mosaik. Beim Turner-Syndrom ist nur ein X-Chromosom vorhanden. Ein weiteres Geschlechts-Chromosom fehlt. Der betroffene Mensch bildet äußerlich einen weiblichen Phänotyp aus und ist kleinwüchsig. Die Geschlechtsreife tritt nicht ein. Des Weiteren ist eine lebenslange ärztliche Behandlung notwendig, da die Gefahr zusätzlicher Entwicklungsstörungen besteht.
Beim Klinefeldter-Syndrom besitzt der Betroffene zwei X-Chromosomen und ein Y-Chromosom. Es entwickelt sich ein männlicher Phänotyp. Erst in der Pubertät wird deutlich, dass es nicht zu den typischen männlichen Ausprägungen kommt. Die Spermienproduktion ist durch einen Testosteronmangel vermindert.
Des Weiteren gibt es intersexuelle Menschen mit der Ausbildung sowohl männlicher als auch weiblicher Geschlechtsorgane. In der Medizin wird von Hermaphroditismus verus (echter Zwitter) gesprochen. Zwitter können ebenfalls Kinder gebären oder zeugen, wobei eine Eigenbesamung nicht möglich ist. Über die Ursache dieser Form der Intersexualität ist bisher wenig bekannt.
Bei der kompletten Androgenresistenz (CAIS) entwickelt ein Mensch mit einem männlichen Satz aus X- und Y-Chromosomen von Anfang an einen weiblichen Phänotypus aus. Bei dieser Erscheinung wird zwar das männliche Sexualhormon Testosteron gebildet, es fehlen jedoch die Rezeptoren, die es aufnehmen können. Des Weiteren gibt es sogenannte Hormonstörungen, die bei Frauen zur Vermännlichung und bei Männern zur Verweiblichung führen können.
Quellen
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
- Zimbardo, P., Gerrig, R.: Psychologie. Pearson Verlag, Hallbergmoos 2008