Hormonpflaster

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. Juni 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Hormonpflaster stellen eine vom Patienten selbst applizierbare Hormonersatztherapie dar, die man bei länger anhaltenden Hormonstörungen, zur Empfängnisverhütung oder zur Behandlung der Wechseljahre bei Vorliegen zahlreicher Beschwerden einsetzen kann. Hormonpflaster sind in der kurzzeitigen Wirkung bislang unumstritten. In der Langzeitverwendung als Empfängnisverhütungsmittel und Wechseljahres-Therapeutikum sind Hormonpflaster jedoch wegen erwiesener nachteiliger Nebeneffekte und Risiken umstritten. Der Nutzen muss gegenüber möglichen gesundheitlichen Risiken individuell abgewogen werden.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Hormonpflaster?

Hormonpflaster sorgen für eine gleichmäßigere Dosierung der Hormone. Die Aufnahme erfolgt im Fall von Hormonpflastern über die Haut.

Unter einem Hormonpflaster versteht man eine leicht applizierbare, pflasterförmige Darreichungsform für bestimmte Hormon-Präparate. Sie steht den klassischen oralen Darreichungsformen durch Tabletten oder anderen Darreichungsformen mit Hilfe einer Spritze gegenüber.

Hormonpflaster sorgen für eine gleichmäßigere Dosierung der Hormone. Die Aufnahme erfolgt im Fall von Hormonpflastern über die Haut. Transdermale Hormonpflaster oder hormonelle Depotpflaster werden heutzutage bevorzugt mit Geschlechtshormonen bestückt. Schilddrüsenhormone verabreicht man beispielsweise bisher nicht über ein Hormonpflaster.

Geschichte & Entwicklung

Die Entwicklung von Hormonpflastern, auch transdermale Pflaster genannt, begann in den 1970er Jahren, als die pharmazeutische Forschung nach neuen Wegen suchte, Medikamente kontinuierlich und kontrolliert zu verabreichen. Die ersten erfolgreichen transdermalen Systeme wurden in den späten 1970er Jahren für die Verabreichung von Nitroglyzerin bei Angina pectoris entwickelt. Diese frühen Pflaster legten den Grundstein für die Weiterentwicklung von transdermalen Applikationssystemen für andere Medikamente, einschließlich Hormonen.

In den 1980er Jahren wurde das erste transdermale Hormonpflaster zur Verabreichung von Östrogenen zur Hormonersatztherapie bei Frauen in der Menopause eingeführt. Diese Pflaster boten eine Alternative zu oralen Präparaten und ermöglichten eine konstante Freisetzung von Hormonen über die Haut, was zu einer stabileren Hormonspiegel führte und gastrointestinale Nebenwirkungen reduzierte. Die erste Generation von Östrogenpflastern wurde 1984 von der FDA zugelassen.

Die 1990er Jahre brachten weitere Fortschritte, einschließlich der Einführung von Pflastern, die sowohl Östrogen als auch Gestagen enthielten, um das Risiko von Endometriumhyperplasie zu verringern. Diese kombinierten Pflaster verbesserten die Compliance und boten eine umfassendere Hormonersatztherapie.

In den 2000er Jahren erweiterten sich die Anwendungen von Hormonpflastern. Neben der Menopausentherapie wurden auch Verhütungspflaster entwickelt, die eine Kombination aus Östrogen und Progestin enthalten. Diese Pflaster boten eine neue Methode der hormonellen Empfängnisverhütung, die bequem und effektiv war.

Die Entwicklung von Hormonpflastern war ein bedeutender Fortschritt in der Pharmakotherapie und bietet Patienten eine praktische und weniger invasive Alternative zu herkömmlichen Darreichungsformen von Hormonen.

Formen, Arten & Typen

Zum Thema Formen, Arten und Typen ist zu sagen, dass man zwischen einem Hormonpflaster zur Empfängnisverhütung und einem zur Behandlung von starken Wechseljahresbeschwerden unterscheiden muss. In neuerer Zeit erhalten auch Männer ein Hormonpflaster, wenn sie an Hormonmangelzuständen leiden.

Die auf dem Hormonpflaster befindlichen Hormone sind jeweils unterschiedlich und werden verschieden dosiert. Wie klein oder groß das Hormonpflaster vom jeweiligen Hersteller zugeschnitten wird, ist nicht so entscheidend. Wichtiger ist, wie hoch die Dosis der Hormone auf dem Pflaster ist. Bei einem Hormonpflaster, das als Verhütungsmittel gedacht ist, enthält die Monatspackung drei Pflaster. Jedes Hormonpflaster verbleibt eine Woche auf der Haut. In der vierten Woche wird kein Hormonpflaster aufgeklebt.

Die Regelblutung wird so eingeleitet. Die Bestückung von Hormonpflaster mit Östrogenen oder Gestagenen muss möglichst individuell auf die Bedürfnisse und Risiken des Patienten abgestimmt werden. Die Zusammensetzung und Dosierung der der Pflasterzutaten ist verschieden. Ein Preis von durchschnittlich 30 bis 80 Euro je Stück macht das Hormonpflaster zu einer relativ teuren Darreichungsform.

Hormonpflaster sind rezeptpflichtig, damit sie nicht ohne ärztliche Kontrolle in Patientenhände geraten. Aus gutem Grund darf man Hormonpflaster nicht in Eigenregie und ohne ärztliche Überwachung einnehmen. Nicht alle Hormone eignen sich gleichermaßen gut zur Verabreichung über ein Pflaster.

Aufbau, Funktion & Wirkunsgweise

In Aufbau und Funktionsweise ähneln sich die am Markt erhältlichen Hormonpflaster.

Es handelt sich meist um ein quadratisches, ungefähr 5 mal 5 Zentimeter großes hautfarbenes Pflaster, das man auf der Haut befestigt. Man sollte Hormonpflaster bei jeder Applikation an eine andere Stelle setzen, um Hautirritationen durch die Klebefläche vorzubeugen. Die im Hormonpflaster enthaltene Hormondosis wird langsam und regelmäßig über die Haut diffundiert und umgeht dabei den üblichen Weg über das Verdauungssystem.

Bei einer Verwendung von Hormonpflaster als Empfängnisverhütung wird das Hormonpflaster - ähnlich der Pille - nach drei Wochen abgesetzt, damit die Monatsblutung stattfinden kann. Ein Vorteil von Hormonpflaster gegenüber der klassischen Anti-Baby-Pille ist, dass Durchfall oder Erbrechen die Hormonaufnahme nicht beeinflussen, da die Aufnahme der Hormone nicht über den Verdauungstrakt geschieht.

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Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen

Über den medizinischen und gesundheitlichen Nutzen der Hormonpflaster ist man heute geteilter Meinung. Nach anfänglicher Euphorie hat sich eine gewisse Ernüchterung eingestellt. Man verschreibt heute Hormonpflaster nicht mehr so oft wie direkt nach ihrer Erfindung.

Die langfristige Anwendung von Hormonpflaster ist wegen der möglichen Nebenwirkungen und Folgerisiken umstritten. Es kann durch ein langfristig verschriebenes Hormonpflaster zu Thrombosen, Herzinfarkten, Schlaganfällen und Embolien kommen, wenn eine entsprechende familiäre Neigung oder Gerinnungsstörung bekannt ist. Auch bestimmte Risikogruppen - beispielsweise Raucher - sind bei einer Langzeit-Verwendung von Hormonpflaster stärker gefährdet.

Vorteilhaft ist jedoch am Hormonpflaster eine Leberentlastung im Vergleich zu herkömmlichen oral verabreichten Hormon-Präparaten. Die Hormone aus dem Hormonpflaster werden nicht teilweise im Verdauungssystem abgebaut, sondern wirken in voller Dosis da, wo sie es sollen. Die Dosierung kann folglich über ein Hormonpflaster wesentlich besser gestaltet werden als bei herkömmlichen Verabreichungsformen. Insofern ist der Nutzen der Hormonpflaster für manche Patienten hoch, für andere aber zu hinterfragen.

Anwendung & Sicherheit

Die genaue Anwendung von Hormonpflastern erfolgt durch das Aufkleben auf die Haut, typischerweise auf eine saubere, trockene und haarlose Stelle wie den Bauch, das Gesäß oder den oberen Teil des Körpers. Das Pflaster sollte einmal wöchentlich gewechselt werden, wobei die Stelle jedes Mal variiert werden sollte, um Hautirritationen zu vermeiden. Es ist wichtig, das Pflaster fest anzudrücken, insbesondere an den Rändern, um sicherzustellen, dass es gut haftet. Der Kontakt mit Wasser, wie beim Duschen oder Schwimmen, beeinträchtigt die Wirksamkeit in der Regel nicht.

Die Sicherheit der Anwendung von Hormonpflastern wird durch klinische Studien und fortlaufende Überwachung nach der Markteinführung gewährleistet. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Hautreizungen an der Anwendungsstelle, Kopfschmerzen, Brustspannen und Übelkeit. Ernsthaftere Risiken, wie ein erhöhtes Thromboserisiko, Herzinfarkte oder Schlaganfälle, sind vor allem bei Patientinnen mit vorbestehenden Risikofaktoren zu berücksichtigen. Es ist wichtig, dass Anwenderinnen regelmäßig ärztliche Kontrolluntersuchungen wahrnehmen, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.

Die Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Hormonpflastern ist streng reguliert. Hersteller müssen die Einhaltung von Good Manufacturing Practices (GMP) nachweisen, die sicherstellen, dass Produkte konsistent und gemäß den Qualitätsstandards produziert werden. Dies umfasst umfassende Tests der Rohstoffe, die Kontrolle des Herstellungsprozesses sowie die Prüfung des Endprodukts auf Reinheit, Wirksamkeit und Stabilität. Regelmäßige Inspektionen durch Gesundheitsbehörden und interne Audits tragen dazu bei, die Qualität und Sicherheit der Hormonpflaster kontinuierlich zu gewährleisten.

Alternativen

Alternativen zu Hormonpflastern umfassen orale Hormonersatztherapien (HRT), vaginale Ringe, Gele und Sprays, sowie nicht-hormonelle Therapien.

Orale Hormonersatztherapie: Tabletten wie konjugierte Östrogene oder Östradiol sind gängige Alternativen. Sie müssen täglich eingenommen werden und bieten eine einfache Einnahmeform. Allerdings können sie gastrointestinale Nebenwirkungen verursachen und haben ein höheres Risiko für Thrombosen im Vergleich zu transdermalen Pflastern.

Vaginale Ringe: Diese enthalten Östrogen und werden in die Vagina eingeführt, wo sie über mehrere Wochen hinweg kontinuierlich Hormone freisetzen. Sie sind besonders effektiv bei der Behandlung lokaler Symptome wie vaginaler Trockenheit und Harnwegsbeschwerden.

Gele und Sprays: Transdermale Gele und Sprays, die auf die Haut aufgetragen werden, bieten eine flexible Dosierungsoption und ermöglichen eine gleichmäßige Hormonabgabe. Sie werden täglich angewendet und können weniger Hautirritationen verursachen als Pflaster.

Nicht-hormonelle Therapien: Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) wie Paroxetin und Venlafaxin sind nicht-hormonelle Optionen, die insbesondere bei Hitzewallungen wirksam sind. Diese Medikamente beeinflussen die Serotoninregulation im Gehirn und können eine Alternative für Frauen sein, die keine Hormone einnehmen möchten oder können.

Vergleich: Hormonpflaster bieten eine konstante Hormonfreisetzung und vermeiden den First-Pass-Metabolismus der Leber, was das Thromboserisiko senken kann. Orale Therapien sind einfacher in der Anwendung, aber möglicherweise weniger gut verträglich. Vaginale Ringe sind lokal wirksam, aber weniger geeignet für systemische Symptome. Gele und Sprays bieten Flexibilität, erfordern jedoch tägliche Anwendung. Nicht-hormonelle Therapien bieten eine Alternative für Frauen mit Kontraindikationen für Hormone, sind jedoch nicht bei allen Wechseljahrsbeschwerden wirksam.

Forschung & Zukunft

Aktuelle Trends in der Forschung zu Hormonpflastern konzentrieren sich auf die Verbesserung der Wirksamkeit, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit sowie die Entwicklung neuer Applikationssysteme. Ein bedeutender Trend ist die Erforschung von Nanotechnologie zur Optimierung der Hormonfreisetzung. Durch die Verwendung von Nanopartikeln können Hormone gezielt und kontrolliert über die Haut abgegeben werden, was die Bioverfügbarkeit erhöht und Nebenwirkungen minimiert.

Ein weiterer Trend ist die Entwicklung von Mehrkomponentenpflastern, die mehrere Wirkstoffe kombinieren. Diese Pflaster könnten gleichzeitig Hormone und andere therapeutische Substanzen freisetzen, um beispielsweise Wechseljahrsbeschwerden und andere Begleiterscheinungen wie Osteoporose zu behandeln. Solche Kombinationspflaster bieten den Vorteil, dass Patienten weniger verschiedene Medikamente einnehmen müssen.

In der Formulierungstechnologie wird an neuen Polymermatrices geforscht, die eine gleichmäßigere und längere Freisetzung der Wirkstoffe ermöglichen. Diese neuen Matrices könnten die Tragedauer der Pflaster verlängern und die Compliance der Patienten verbessern.

Ein innovativer Ansatz ist die Verwendung von mikroskopischen Nadeln, sogenannten Mikronadeln, die in das Pflaster integriert sind und die Hormone direkt in die tieferen Hautschichten abgeben. Diese Technik kann die Absorptionsrate und Effizienz der Hormonabgabe erhöhen und gleichzeitig das Risiko von Hautirritationen verringern.

Zusätzlich wird an personalisierten Hormonpflastern gearbeitet, die auf den individuellen Hormonspiegel des Patienten abgestimmt sind. Durch den Einsatz von Sensoren und digitalen Technologien können diese Pflaster den Hormonspiegel kontinuierlich überwachen und die Freisetzung entsprechend anpassen.

Insgesamt zielen diese neuen Ansätze darauf ab, die Therapie mit Hormonpflastern sicherer, effektiver und benutzerfreundlicher zu gestalten.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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