Humeruskopffraktur (Oberarmkopffraktur)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Humeruskopffraktur oder Oberarmkopffraktur ist eine besonders bei älteren Menschen häufige Fraktur (Knochenbruch). Sie macht sich durch starke Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit des betroffenen Armes bemerkbar und entsteht meist durch Stürze auf den ausgestreckten Arm, die mit der Hand abgefangen wurden, so dass der Schaft des Oberarmknochens nach oben durch den Kopf getrieben wird. Alternativ kann die Fraktur durch Stürze direkt auf die Schulter entstehen, dabei brechen meist nur Teile des Kopfes ab.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Humeruskopffraktur?

Bei einer Humeruskopffraktur stellt sich typischerweise eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Schulterbereich ein. Im Bereich des Oberarmkopfes und darüber entsteht eine Schwellung, die bei Berührung schmerzt.
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Die Humeruskopffraktur ist definitionsgemäß ein Bruch des Oberarmkopfes, also oberhalb des Halses. Der Hals des Oberarmknochens ist nicht leicht abzugrenzen, weshalb man im Allgemeinen dann von einer Humeruskopffraktur spricht, wenn der Humerus oberhalb des Schaftes gebrochen ist.

Zu differenzieren ist sie von einer Humerusschaftfraktur oder einer distalen Humerusfraktur, also einer Humerusfraktur am Ellenbogengelenk. Eine sogenannte subcapitale Humerusfraktur liegt dann vor, wenn der Schaft an seinem Übergang zum Humeruskopf bricht und der Schaft nur wenig in den Humeruskopf hineingeschoben ist.

Ursachen

Die Hauptursache von Humeruskopffrakturen sind Stürze, bei denen Patienten versuchen, sich mit dem ausgestreckten Arm abzufangen, oder Stürze direkt auf die Schulter. Betroffen sind vorwiegend ältere Menschen, die bereits unter Osteoporose leiden.

Bei starker Osteoporose reicht auch ein starker Schlag auf die Schulter und der Humeruskopf bricht. Dieser Schlag kann entweder von der Seite oder auch von oben kommen. Das Schultergelenk ist das instabilste Gelenk im ganzen Körper, das Verhältnis zwischen Gelenkkopf und -pfanne beträgt 4:1. Lediglich durch die muskuläre Rotatorenmanschette (mehrere Muskeln geben Fasern ab, die das Gelenk fast komplett umgeben) wird das Gelenk stabilisiert.

Vor Frakturen kann jedoch die Rotatorenmanschette nicht schützen, daher sind sowohl Luxationen ("ausgekugeltes" Gelenk) und Frakturen hier häufig. Jedoch kann die Fraktur auch bei jungen Menschen nach größeren Traumata auftreten, zum Beispiel bei Skiunfällen oder Stürzen aus großer Höhe auf die Schulter.

Symptome,, Beschwerden & Anzeichen

Bei einer Humeruskopffraktur stellt sich typischerweise eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Schulterbereich ein. Im Bereich des Oberarmkopfes und darüber entsteht eine Schwellung, die bei Berührung schmerzt. Begleitet wird dieser Druckschmerz meist von Sensibilitätsstörungen oder Lähmungserscheinungen.

In der Achselgegend kann ein Bluterguss auftreten, der bis zur Innenseite des Arms und an die Seite des Brustkorbs reichen kann. Betroffene Personen bewegen den Arm aufgrund der Schmerzen oft in einer Schonhaltung und stützen ihn mit dem anderen Arm. Wenn die Humeruskopffraktur mit einer Auskugelung des Oberarmkopfs aus der Schulterpfanne verbunden ist, kann sie unter der Haut deutlich ertastet werden.

Eine einfache Humeruskopffraktur ist äußerlich nicht zu erkennen. Allerdings können die Beschwerden meist auf eine bestimmte Ursache zurückgeführt werden. Eine frühzeitige Behandlung vorausgesetzt, klingen die Beschwerden nach vier bis sechs Wochen wieder ab. Die Bewegungseinschränkungen können bis zu zwei Monate bestehen bleiben.

Unter Umständen bleiben dauerhafte Einschränkungen zurück. So können sich chronische Schmerzen einstellen oder die Beweglichkeit ist infolge eines nicht optimal zusammengewachsenen Oberarmkopfs dauerhaft reduziert. Ist der Oberarmkopf in viele Bruchstücke zerbrochen, können die genannten Symptome sehr intensiv ausfallen. Unter Umständen lösen sich Knochensplitter ab und verursachen Gewebeverletzungen.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose ist relativ simpel zu stellen. Der Patient kommt mit Schmerzen in der Schulter zum Arzt, als Erstes erfolgt nach der körperlichen Untersuchung eine Röntgenuntersuchung, auf der die Fraktur meist schon zu sehen ist.

Mittels Computertomographie wird dann noch genauer festgestellt, wie die einzelnen Bruchstücke des Knochens positioniert sind. Der Verlauf einer Humeruskopffraktur ist meist gut, da durch die Therapie, besonders wenn eine Prothese verwendet wird, die volle Beweglichkeit des Armes wiederhergestellt werden kann.

Komplikationen

Im weiteren Verlauf einer Humeruskopffraktur kann es zum Auftreten von Komplikationen kommen. Nicht selten zeigen sich als unmittelbare Folgeerscheinung diverse Verletzungen oder Beeinträchtigungen der Nerven beziehungsweise Gefäße, die im Schulterbereich angesiedelt sind. Infolgedessen leiden die betroffenen Personen unter Lähmungserscheinungen oder Durchblutungsstörungen.

In manchen Fällen tritt sowohl bei einer konservativen als auch bei einer operativen Therapie eine partielle Einsteifung des Schultergelenks auf. Behandeln lässt sich diese Komplikation in der Regel durch eine arthroskopische Kapselspaltung, die mit einer Narkosemobilisation sowie regelmäßigen physiotherapeutischen Maßnahmen kombiniert wird.

Bei einigen Patienten verheilt die Humeruskopffraktur nicht richtig. Infolgedessen droht das Entstehen einer sogenannten Pseudarthrose, auch Falschgelenk genannt. Von einer Pseudarthrose ist die Rede, wenn die gebrochenen Knochenfragmente nicht korrekt wieder zu einem Gelenk zusammenwachsen.

Weitere denkbare Komplikationen sind eine erneute Fehlstellung der Fraktur, das Absterben des Oberarmkopfes, wovon besonders ältere Patienten betroffen sind, eine Labrumläsion, bei der es sich um eine Verletzung der Gelenklippe handelt, sowie eine Rotatorenmanschettenruptur. Als Rotatorenmanschette wird eine vierköpfige Muskelgruppe bezeichnet, die wichtigen Anteil an den Schulterbewegungen hat.

Liegt ein schwerer Oberarmkopfbruch vor, besteht das Risiko von Verletzungen an der Axillarisarterie oder den Axillarisnerven. Nach einer Operation der Humeruskopffraktur ist es außerdem möglich, dass Infektionen im Operationsbereich auftreten. Diese Komplikation wird von den Medizinern besonders gefürchtet, weil sie die weitere Behandlung deutlich erschwert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ältere Menschen, die nach einem Unfall oder Sturz starke Schmerzen in der Schulter verspüren, sollten den Hausarzt konsultieren. Eine Humeruskopffraktur ist in der Regel gut behandelbar, bedarf jedoch einer raschen Abklärung durch einen Mediziner. Darum sollte bei ungewöhnlichen Beschwerden im Bereich der Schulter rasch zum Arzt gegangen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Symptome rasch an Intensität zunehmen. Sollten Blutergüsse, Schwellungen oder zunehmende Bewegungseinschränkungen auftreten, muss noch am selben Tag ein Arzt eingeschaltet werden.

Bei Lähmungserscheinungen oder Durchblutungsstörungen wird am besten umgehend die Arztpraxis oder das nächstgelegene Krankenhaus aufgesucht. Besonders gefährdet sind Menschen, die an starker Osteoporose leiden. Die Fraktur tritt vorwiegend bei älteren Personen auf, die bereits einmal eine Fraktur der Schulterknochen erlitten haben. Wer zu diesen Risikogruppen gehört, sollte bei plötzlichen Schmerzen mit dem Hausarzt oder einem Orthopäden sprechen. Sollten sich nach der Behandlung einer Humeruskopffraktur Anzeichen einer Pseudoarthrose einstellen, muss der zuständige Mediziner informiert werden.

Behandlung & Theraie

Anschließend wird die Operation geplant, wobei zum Teil Schrauben und Drähte zum Einsatz kommen und zum Teil der komplette Humeruskopf ersetzt wird (besonders bei Patienten mit Osteoporose und Arthrose) und eine sogenannte Total-Endoprothese (TEP) eingesetzt wird.

Bei der Frakturversorgung gibt es viele Operationsvarianten, deren Auswahl davon abhängt, welche Teile des Oberarmkopfes wie gebrochen sind und wie stabil oder instabil die Knochensubstanz des Patienten grundsätzlich ist. Operiert wird bei Humeruskopffrakturen immer, da diese Fraktur, anders als Rippenbrüche, nicht von allein wieder richtig zusammenwächst. Außerdem ist die Schulter einfach ein zu wichtiges Gelenk, als dass man die korrekte Heilung dem Zufall überlassen wollen würde.

Nach der Operation bekommt der Patient meist einen speziellen Verband, der den Arm in einer bestimmten Position fixiert: Im Ellenbogengelenk rechtwinklig angewinkelt, circa 30 Grad antevertiert, also nach vorne rotiert. Wird der Arm, wie früher üblich, am Körper anliegend fixiert, droht die Einklemmung eines Nerven. Dies kann zu chronischen Beschwerden führen - deshalb gibt es mittlerweile spezielle vorgefertigte Lagerungskissen, die bei solchen Operationen standardisiert den Patienten gegeben werden.

Wichtig ist, dass der Patient den Arm zwar in Ruhe läßt, aber trotzdem nicht zuwenig mit ihm arbeitet; meist wird Physiotherapie verschrieben. Die Physiotherapeuten sorgen dann dafür, dass der Patient mindestens alle zwei Tage den Arm so durchbewegt, dass die Heilung nicht gefährdet wird.


Aussicht & Prognose

Die Prognose der Humeruskopffraktur ist gebunden an die Schwere der Beschädigungen sowie das Alter des Patienten. Mit zunehmenden Alter kommt es meist nicht mehr zu einer vollständigen Genesung. Die Knochen werden im Verlauf des Lebens instabiler und können bei Schäden vom Organismus nicht mehr ausreichend regeneriert werden. In einer Vielzahl der Fälle kommt es bei älteren Patienten zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Bewegungsmöglichkeiten und einer Abnahme der allgemeinen Belastbarkeit.

Junge Patienten erhalten in den meisten Fällen eine deutliche bessere Prognose. Bei ihnen wird häufig eine vollständige Heilung dokumentiert. Gleichzeitig ist neben dem Alter die Anzahl der Bruchstücke für die Prognosestellung ausschlaggebend. Je weniger Bruchstücke vorhanden sind, desto besser ist die Aussicht auf eine Heilung. Bei einer frühen Diagnosestellung und unverzüglichen Behandlung werden die beste Ergebnisse erzielt.

Zum Behandlungsplan gehört bei allen Patienten ein operativer Eingriff. Dieser ist grundsätzlich mit möglichen Komplikationen und Risiken verbunden. Patienten mit einem geschwächten Immunsystem zeigen eine Verzögerung des Heilungsprozesses. Liegen weitere Grunderkrankung des Skelettsystems vor, verschlechtert sich die Prognose um ein weiteres. Dennoch besteht bei einer Humeruskopffraktur keine Lebensgefahr für den Patienten. Die Beweglichkeit ist schlimmstenfalls eingeschränkt, was eine Umstrukturierung der alltäglichen Abläufe auslöst. Dies kann im Einzelfall zu psychischen Folgeerkrankungen führen.

Vorbeugung

Einer Humeruskopffraktur kann man nur schwer aus dem Weg gehen, denn niemand stürzt freiwillig auf die Schulter. Jedoch können besonders alte Menschen einer Osteoporose und der daraus resultierenden höheren Brüchigkeit von Knochen vorbeugen, indem sie sich viel bewegen und auf eine ausreichende Calcium-Zufuhr achten. Calcium ist besonders reichlich enthalten in Milch und Milchprodukten.

Nachsorge

Die Nachsorge richtet sich danach, ob die Therapie mittels einer Operation oder, wie in den meisten Fällen, durch Ruhigstellung der Bruchstücke mittels einer Orthose erfolgt ist. Postoperativ müssen Nachsorgeuntersuchungen zur Wundkontrolle eingehalten werden, in deren Rahmen der Arzt einen individuellen Therapieplan zur Erreichung einer normalen Beweglichkeit entwickelt.

Sofern der Betroffene mit einer Orthese versorgt wurde, darf und sollte er seine Hand und seine Finger benutzen, allerdings keine Gegenstände anheben deren Gewicht über das einer vollen Tasse oder eines Telefonhörers hinausgeht. Um eine Versteifung des Ellenbogengelenkes zu verhindern, muss die Orthese zudem mehrmals am Tag abgenommen und der Ellbogen vorsichtig bewegt werden. Mit Ablauf von drei bis sechs Wochen darf mit vorsichtigen Armbewegungen begonnen werden. Ist der Patient hierbei unsicher, kann er sich Unterstützung durch einen Physiotherapeuten einholen.

Eine Kontrolluntersuchung nach etwa sechs Wochen, entscheidet darüber, ob die Orthese noch weiter getragen werden muss oder abgenommen werden darf. Bei Kindern mit ihrer schnelleren Wundheilung kann diese Untersuchung bereits nach 4 Wochen vorgenommen werden.

Nach 3 Monaten hat sich die Muskelkraft wieder erholt. Dennoch sollten sportliche Aktivitäten erst vier bis sechs Monaten nach Therapiebeginn aufgenommen werden. Schmerzen und Schwellungen können im ersten Jahr noch jederzeit auftreten und sind kein Grund zur Sorge.

Das können Sie selbst tun

Nach der ärztlichen Therapie der Humeruskopffraktur stellt der Patient den betroffenen Arm zunächst ruhig und vermeidet möglichst jegliche Belastung der verletzten Schulter. Dadurch beugt er möglichen Komplikationen vor und fördert den Heilungsprozess der Fraktur sowie im Fall eines chirurgischen Eingriffs auch die Wundheilung. Während der initialen Heilungsphase sind sämtliche körperlichen Belastungen zu vermeiden. Auf Sport ist vorerst zu verzichten, da die Verletzungsgefahr zu hoch ist und Überanstrengungen der Schulter wahrscheinlich sind. Bei schwierigen, aber notwendigen Handgriffen empfiehlt sich die Unterstützung durch eine andere Person.

Im weiteren Verlauf der Heilung fördern physiotherapeutische Übungen die Wiederherstellung der Belastbarkeit und Mobilität der betroffenen Schulter. Der Patient übt die Krankengymnastik zunächst mit einem Physiotherapeuten ein und führt sie anschließend regelmäßig zu Hause durch, um die Muskulatur rasch wiederaufzubauen.

Später ist in Absprache mit dem Arzt die äußere Applikation von schmerzlindernden Salben auf den Schulterbereich möglich, beispielsweise auch mit kühlendem oder wärmendem Effekt. Falls eine Narbe vorhanden ist, lindert der Patient mittels adäquater Narbenpflege unangenehme Symptome wie Schmerzen oder Ziehen im Narbenbereich. Allmählich steigert der Patient unter ärztlicher Betreuung und Anleitung seine körperliche Aktivität wieder, was einen positiven Einfluss auf die allgemeine Lebensqualität ausübt.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Krämer, J., Grifka, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Berlin 2013

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