Kaumuskulatur

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Kaumuskulatur besteht aus vier paarig angelegten Muskeln, die zur Skelettmuskulatur gehören und die in der medizinischen Terminologie als Musculi masticatorii bezeichnet werden. Sie bewegen den Unterkiefer und ermöglichen Kau- und Mahlbewegungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Kaumuskulatur?

Der sehr kräftige Schläfenmuskel übernimmt fast 50 % der Kraft, die für die Kaubewegung nötig ist. Er kann sowohl den Kiefer schließen (Adduktion des Kiefers) als auch ihn vorschieben (Protrusion) und zurückziehen (Retrusion).
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Zur Kaumuskulatur gehören Musculus masseter, Musculus temporalis, Musculus pterygoideus medialis und Musculus pterygoideus lateralis. Sie sind jeweils auf beiden Seiten des Schädels vorhanden. Beim Vorgang des Kauens sind weitere Muskeln beteiligt, wie verschiedene Gesichtsmuskeln und die Zungen- und Mundbodenmuskeln, die aber nicht zur Kaumuskulatur gezählt werden.

Der größte Muskel ist der Schläfenmuskel (Musculus temporalis). Er entspringt am Schläfenbein und setzt am Unterkiefer an. Er schließt den Kiefer und kann ihn nach hinten ziehen. Der Kaumuskel (Musculus masseter) ist ebenfalls an der Schließbewegung des Kiefers beteiligt, ermöglicht aber zusätzlich Mahlbewegungen. Der innere (Musculus pterygoideus medialis) und der äußere Flügelmuskel (Musculus pterygoideus lateralis) schließen den Kiefer, ermöglichen Mahlbewegungen und bei einseitiger Nutzung verschieben sie den Kiefer in seitliche Richtung. Sämtliche Muskeln der Kaumuskulatur werden durch Zweige des Nervus mandibularis, einem der Hauptäste des 5. Hirnnervs (Nervus Trigeminus) innerviert.

Anatomie & Aufbau

Die Kaumuskeln sind paarig angelegt, es befinden sich vier auf jeder Seite des Schädels. Der größte und stärkste ist der Schläfenmuskel. Er entspringt an der Schläfenfaszie (Fascia temporalis) und der Schläfenbeingrube (Fossa temporalis) und setzt am Kronenfortsatz des Unterkiefers (Processus coronoideus) an.

Innerviert wird er von den tiefen Schläfennerven (Nervi temporales profundi), einem Ast des Nervus mandibularis. Der Kaumuskel gehört zu den gefiederten Muskeln und besteht aus einem tiefen (Pars profunda) und einem oberflächlichen Teil (Pars superficialis). Der tiefe Anteil hat seinen Ursprung am hinteren Drittel des Jochbogens, während der oberflächliche Teil von den vorderen zwei Dritteln kommt. Die Ansätze des Musculus masseter sind der äußere Teil des Unterkieferwinkels (Angulus mandibulae) und eine raue Stelle am Unterkiefer, der Tuberositas masseterica. Der Nervus massetericus, ebenfalls ein Ast des Nervus mandibularis sorgt für die Innervierung dieses Muskels.

Der innere Flügelmuskel entspringt an einer Vertiefung an der Schädelbasis, der Fossa pterygoidea und setzt an der Innenfläche des Unterkiefers an der Tuberositas pterygoidea an. Die Innervierung erfolgt durch den Nervus pterygoideus medialis. Beim äußeren Flügelmuskel handelt es sich um einen zweiköpfigen Skelettmuskel. Während der obere Muskelkopf am großen Keilbeinflügel (Ala major) entspringt, hat der untere Kopf seinen Ursprung an einem Knochenfortsatz des Keilbeins, dem Processus pterygoideus. Innerviert wird der äußere Flügelmuskel durch den Nervus pterygoideus lateralis.

Funktion & Aufgaben

Der sehr kräftige Schläfenmuskel übernimmt fast 50 % der Kraft, die für die Kaubewegung nötig ist. Er kann sowohl den Kiefer schließen (Adduktion des Kiefers) als auch ihn vorschieben (Protrusion) und zurückziehen (Retrusion). Für die Adduktion werden hauptsächlich die vertikalen Muskelfasern eingesetzt, während für die Pro- und Retrusion vorwiegend die horizontalen Fasern wirken.

Wird der Schläfenmuskel nur einseitig eingesetzt, so erfolgt eine seitliche Verschiebung des Unterkiefers (Laterotrusion). Der Musculus masseter ist ebenfalls am Kieferschluss beteiligt. Auch er hebt den Unterkiefer und kann ihn nach vorne ziehen. Außerdem hilft dieser Muskel dabei, die Spannung der Kiefergelenkskapsel aufrechtzuerhalten. Der innere Flügelmuskel unterstützt den Musculus masseter beim Schließen des Kiefers. Da er aber schmäler ist, kann er nur halb so viel Kraft aufbringen. Zieht er sich zusammen, so schließt sich der Kiefer nicht nur, sondern bewegt sich auch nach vorne.

Mit einer einseitigen Kontraktion verschiebt er den Unterkiefer zur Seite, das heißt, er macht Mahlbewegungen möglich. Der äußere Flügelmuskel hat unter den Kaumuskeln eine Sonderstellung, denn er leitet die Öffnung des Mundes ein. Diese Bewegung wird von den suprahyoidalen Muskeln des Mundbodens übernommen und fortgeführt. Auch dieser Muskel ist am Vorschieben des Kiefers und an Mahlbewegungen beteiligt.


Krankheiten

Häufig auftretende Beschwerden sind Schmerzen beim Kauen oder Knack- und Knirschgeräusche. Sie werden meist durch verspannte Kaumuskeln verursacht. Diese Verspannungen können entweder durch starke aktive Anspannung, wie bei Angstzuständen oder Wutanfällen vorkommen oder sie entstehen durch Fehlbisse.

Bei korrekter Bissstellung wirken Kiefergelenke, Knochen und Muskeln harmonisch miteinander, während ein Fehlbiss zu ungleicher Belastung und dadurch zu übermäßiger Spannung in der Kaumuskulatur führen kann. Auch nächtliches Knirschen oder länger dauernde zahnärztliche Eingriffe können schmerzhafte muskuläre Verspannungen verursachen. Oft breiten sich die Schmerzen weiter aus und strahlen bis in die Zähne oder in den Kopf, wodurch fälschlicherweise die Ursache woanders als in den Muskeln vermutet wird. Die Schmerzen der Kaumuskulatur werden als kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD) oder temporomandibular disorders (TMD) bezeichnet.

Die Behandlung orientiert sich an der Ursache. Besteht ein Fehlbiss, so wird dieser, soweit es möglich ist, behoben. Gegen nächtliches Knirschen passt der Zahnarzt eine sogenannte Knirscherschiene an, die das Gegeneinanderreiben der Zähne verhindern soll. Eine weitere Störung im Bereich der Kiefermuskulatur stellt die Kieferklemme dar. Dabei ist eine Mundöffnung aufgrund starker Muskelkrämpfe nicht mehr möglich. Dieser Spasmus der Kaumuskulatur wird auch als Trismus bezeichnet.

Es werden verschiedene Grade unterschieden, die sich am Abstand der Zahnkanten der Frontzähne von Ober- und Unterkiefer orientieren. Bei Grad I ist die Einschränkung der Öffnung nur minimal, bei Grad II beträgt der Abstand der Zahnkanten etwa 10 mm und Grad III lässt nur noch eine Öffnung von 1 mm zu.

Quellen

  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Tortora, G.J., Derrickson, B.H.: Anatomie und Physiologie. Wiley-Blackwell, Oxford 2006
  • Weber, T.: Memorix Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2016

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