Millard-Gubler-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Millard-Gubler-Syndrom ist ein Hirnstammsyndrom nach Schädigungen der kaudalen Ponsanteile. Die häufigste Ursache dieser Erscheinung ist der Schlaganfall. Charakteristisch für Hirnstammsyndrome ist die gekreuzte Lähmungssymptomatik, der vor allem mit Physiotherapie begegnet wird.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Millard-Gubler-Syndrom?

Wie alle Hirnstammsyndrome liegt das Millard-Gubler-Syndrom an einer Schädigung der Hirnstammregion. Meist findet diese Schädigung im Rahmen eines Schlaganfalls statt.
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Der menschliche Hirnstamm setzt sich aus den Hirnanteilen unterhalb des Diencephalon zusammen. Das Kleinhirn ausgenommen, handelt es sich dabei um das Mittelhirn und das Rautenhirn inklusiver der zugehörigen Strukturen Großhirnschenkel, Mittelhirnhaube, Mittelhirndach, Brücke und verlängertes Rückenmark.

Schädigungen der hirnstammbeteiligten Strukturen gehen mit funktionalen Beeinträchtigungen der Motorik einher und werden auch als Hirnstammsyndrome bezeichnet. Abhängig von der genauen Schädigungslokalisation werden unterschiedliche Hirnstammsyndrome unterschieden, deren gemeinsames Merkmal eine gekreuzte Lähmungssymptomatik darstellt. Eines der Mittelhirnsyndrome ist das Millard-Gubler-Syndrom.

Benannt ist diese Krankheit nach ihren Erstbeschreibern, den französischen Ärzten Millard und Gubler. Die Erstbeschreibung ist aus dem 19. Jahrhundert datiert. Aufgrund der Schädigungslokalisation und der Symptome ist das Millard-Gubler-Syndrom in der Fachliteratur auch als kaudales Brückenfuß-Syndrom oder Abduzens-Fazialis-Syndrom bekannt. Zuweilen ist außerdem vom Raymond-Foville-Syndrom die Rede.

Ursachen

Wie alle Hirnstammsyndrome liegt das Millard-Gubler-Syndrom an einer Schädigung der Hirnstammregion. Meist findet diese Schädigung im Rahmen eines Schlaganfalls statt. Beim Millard-Gubler-Syndrom liegt die primäre Ursache in der Regel in einem Schlaganfall innerhalb des Stromgebiets Arteria vertebralis.

In den kaudalen Abschnitten der Brücke (Pons) wird bei diesem Ereignis der Nucleus nervi facialis beschädigt, das Kerngebiet der Gesichtsnerven. In der unmittelbaren Nachbarschaft dieser Region tritt der Nervus abducens aus, der durch die ischämischen Schlaganfallprozesse ebenfalls in Mitleidenschaft gerät. Darüber hinaus sind die Pyramidenbahnen von den Schädigungen betroffen.

Zwar gilt der Schlaganfall als häufigste Ursache des Millard-Gubler-Syndroms, allerdings kommen auch andere Krankheitsereignisse als primäre Ursachen in Betracht. Tumore in der kaudalen Brückenregion sind genauso denkbar wie bakterielle oder autoimmunologische Entzündungen. Wesentlich seltener sind mechanische Schädigungen nach Unfällen für das Krankheitsbild verantwortlich.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Wie alle Hirnstammsyndrome zeichnet sich das Millard-Gubler-Syndrom durch eine gekreuzte Lähmungssymptomatik aus. Mit Kreuzung ist in diesem Zusammenhang die Miteinbeziehung beider Körperseiten gemeint. Prinzipiell steuert die linke Gehirnseite die rechte Körperhälfte und andersherum. Allerdings gilt das nur ab der rückenmarksnahen Pyramidenbahnkreuzung.

Die Gesichtsnerven treten so zum Beispiel auf derselben Körperseite aus, auf der sie mit dem Gehirn verbunden sind. Bei einer gekreuzten Lähmungssymptomatik sind sowohl die Gesichtsnerven auf der Seite der Hirnschädigung, als auch die vom Rückenmark ausgehenden Nerven auf der Gegenseite der Hirnschädigung beeinträchtigt. Beim Millard-Gubler-Syndrom tritt aus diesem Grund eine Fazialisparese und Abduzensparese auf der Schädigungsseite ein.

Auf der Gegenseite kommt es aufgrund der Pyramidenbahnbeteiligung zu einer spastischen Halbseitenlähmung. Spastisch bedeutet in diesem Kontext, dass die Muskeln der gelähmten Seite erhöhten Tonus zeigen und sich die Gliedmaßen aus diesem Grund nur eingeschränkt oder gar nicht bewegen lassen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des Millard-Gubler-Syndroms stellt der Arzt anhand der klinischen Symptomatik. Um die Verdachtsdiagnose zu sichern, ordnet er ein bildgebendes Verfahren wie das MRT des Kopfes an. In der kaudalen Brückenregion des Hirnstamms zeigt sich in den Schichtaufnahmen die primär ursächliche Hirnschädigung. Das MRT kann auch der Feindiagnostik dienen.

Tumore zeigen in der Schichtaufnahme zum Beispiel ein besonders charakteristisches Bild, das sich deutlich von entzündlichen und Ischämie-bedingten Hirnschädigungen unterscheidet. Im Zweifelsfall kann zusätzlich keine Liquoranalyse stattfinden. Eine Probe des Hirnwassers wird dazu aus dem äußeren Liquorraum entnommen und ins Labor gegeben.

Bakterielle, autoimmunologische und tumorbedingte Krankheitsprozesse innerhalb des Gehirns verändern die Zusammensetzung des Hirnwassers oft auf spezifische Art und Weise. Die Prognose hängt für Patienten mit Millard-Gubler-Syndrom vom Ausmaß der Schädigung und der Behandelbarkeit der primären Schädigungsursache ab.

Komplikationen

Das Millard-Gubler-Syndrom führt zu Lähmungen am Körper des Patienten, die an verschiedenen Stellen auftreten können. Vor allem im Gesicht können die Lähmungen und die Störungen der Sensibilität sehr unangenehm sein und dabei zu deutlichen Einschränkungen im Leben des Patienten führen. Nicht selten sind die Betroffenen dann auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen und können bestimmte Tätigkeiten nicht mehr alleine durchführen.

Hierbei kann auch die Einnahme von Nahrung und Flüssigkeiten eingeschränkt sein, sodass es durch das Millard-Gubler-Syndrom zu einer starken Verringerung der Lebensqualität des Patienten kommt. Ebenso treten Bewegungseinschränkungen auf und die Betroffenen leiden an einer Muskelschwäche und an einer Abgeschlagenheit. Die Behandlung des Millard-Gubler-Syndroms findet in der Regel kausal statt und richtet sich dabei vor allem nach der Grunderkrankung, die für diese Beschwerden verantwortlich ist.

Sollte es sich dabei um einen Tumor handeln, so kann sich dieser eventuell in andere Bereiche des Körpers ausgebreitet haben. Weiterhin sind die Betroffenen meistens auch auf eine Physiotherapie angewiesen. Ob es zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann in der Regel nicht allgemein vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich beim Millard-Gubler-Syndrom um eine angeborene Erkrankung handelt und es dabei nicht zu einer Selbstheilung kommen kann, muss bei dieser Beschwerde in jedem Falle ein Arzt aufgesucht werden. Ohne Behandlung können die Symptome des Millard-Gubler-Syndroms das Leben des Betroffenen deutlich erschweren. Ein Arzt ist in der Regel dann aufzusuchen, wenn der Patient an Lähmungserscheinungen leidet, die in verschiedenen Körperregionen auftreten können. Häufig ist eine gesamte Körperseite des Patienten gelähmt, sodass dieser diese Seite nicht bewegen kann.

Ebenso kann das Millard-Gubler-Syndrom zu spastischen Störungen führen, sodass die Gliedmaßen nur sehr eingeschränkt bewegt werden können. Sollten diese Beschwerden eintreten, so ist immer ein Arzt aufzusuchen. Für die Diagnose und Feststellung des Millard-Gubler-Syndroms ist meist eine MRT-Aufnahme des Kopfes notwendig, sodass diese Krankheit nicht bei einem Allgemeinarzt festgestellt werden kann. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Erkrankung meistens nicht negativ beeinflusst, allerdings ist sie auch nur bedingt behandelbar.

Behandlung & Therapie

Die Therapie erfolgt für Patienten mit Millard-Gubler-Syndrom in Abhängigkeit von der primären Ursache. Bei einer akuten Entzündung kommt eine konservativ medikamentöse Behandlung zum Einsatz. Autoimmunologischen Entzündungen wird mit Cortison begegnet.

Zusätzlich erhalten Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose eine Langzeittherapie mit Immunsuppressiva, die das Immunsystem schwächen und damit zukünftige Entzündungen dämpfen soll. Bakterielle Entzündungen werden im Kontext des Millard-Gubler-Syndroms wiederum mittels Antibiotika zum Ausheilen gebracht, sobald die Art des ursächlichen Erregers bestimmt ist.

Falls Tumore die Symptomatik hervorgerufen haben, findet soweit wie möglich eine Operation zur Exzision statt. Abhängig vom Grad der Bösartigkeit kann begleitend eine medikamentöse Therapie oder Strahlentherapie erforderlich sein. Auch inoperable Tumore werden über diese Maßnahmen behandelt. Falls ein Schlaganfall das Syndrom hervorgerufen hat, erfolgt ab sofort Schlaganfallprävention, um das Risiko für zukünftige Ischämien zu senken.

Unabhängig von der Ursache findet beim Millard-Gubler-Syndrom zusätzlich zu den genannten Therapieschritten eine symptomatische Behandlung statt. Da das Gehirn hochspezialisiertes Gewebe beheimatet, ist die Regenerationsfähigkeit im Hirngewebe stark begrenzt. Das heißt, dass Schädigungen des Hirngewebes irreparabel sind.

Allerdings konnte vor allem an Schlaganfallpatienten die Umverteilung von Hirnfunktionen aus defekten Bereichen in gesunde Bereiche der Nachbarschaft beobachtet werden. Um diese Umverteilung zu unterstützen, erhalten Patienten mit Millard-Gubler-Syndrom Physiotherapie und gegebenenfalls Logopädie, so wie gemeinsam mit Fachmännern gezielt auf die Funktionen der geschädigten Gebiete zugreifen. Das Gehirn kann so zur Umverteilung bewegt werden.


Aussicht & Prognose

Durch die Erkrankung leiden Betroffene an verschiedenen geistigen und körperlichen Beschwerden. Die Lebensqualität wird daher deutlich eingeschränkt. Die Betroffenen sind dauerhaft auf die Hilfe und Unterstützung von Angehörigen angewiesen. Einfache Tätigkeiten können nicht mehr selbstständig ausgeführt werden. Aus diesem Grund kommt es häufig zu schweren Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen.

Die Bewegung und Koordination von Betroffenen wird ebenfalls beeinträchtigt. Es können Sprachstörungen, Lähmungen und Störungen der Sensibilität auftreten. Betroffene leiden oft an Schwindelgefühlen. Es kann auch zu einer Lähmung der Zunge kommen. Betroffene können dann nicht mehr selbstständig Nahrung oder Flüssigkeiten aufnehmen. Es kann eine künstliche Ernährung erforderlich sein, um die Unterversorgung des Körpers zu verhindern. Durch die Erkrankung und das Leiden des Betroffenen können auch Angehörige an schweren Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen leiden.

Ob es nach einer Behandlung zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht gesagt werden. Es kann also möglich sein, dass Betroffene ihr ganzes Leben mit den Beschwerden verbringen und umgehen müssen. Die Lebenserwartung von Betroffnene wird in der Regel nur dann verringert, wenn der Tumor nicht entfernt werden kann. In anderen Fällen hat die Erkrankung keine Auswirkung auf die Lebenserwartung von Betroffenen.

Vorbeugung

Die Präventionsmaßnahmen beschränken sich im Kontext des Millard-Gubler-Syndroms auf die Schlaganfallprävention. Neben der Konzentration auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung werden Risikofaktoren wie Tabakkonsum im Rahmen der Schlaganfallprävention soweit wie möglich minimiert.

Nachsorge

Das Millard-Gubler-Syndrom kann zu schwerwiegenden Komplikationen oder Beschwerden beim Betroffenen führen und muss daher auf jeden Fall durch einen Arzt behandelt werden. Es kann dabei auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Patient dabei immer auf die Behandlung durch einen Arzt angewiesen ist. In den meisten Fällen kommt es durch dieses Syndrom zu starken Lähmungen des Betroffenen.

Die Lähmungen können verschiedene Körperregionen betreffen und wirken sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen aus. Dabei kommt es zu deutlichen Einschränkungen im Alltag des Betroffenen, sodass die meisten Patienten auf die Hilfe und die Unterstützung durch Freunde oder durch die eigene Familie angewiesen ist. Nicht selten kann das Millard-Gubler-Syndrom auch bei den Angehörigen zu schweren Depressionen oder zu anderen psychischen Verstimmungen führen.

Es kommt zu starken Lähmungen in den Muskeln, sodass die Patienten sich auch nicht mehr selbstständig bewegen können. Die Lähmungen treten häufig nur auf einer Seite des Körpers auf. In einigen Fällen kann es durch die Krankheit auch zu mentalen Beschwerden kommen, sodass die Betroffenen durch das Millard-Gubler-Syndrom mitunter an einer verringerten Intelligenz leiden.

Das können Sie selbst tun

Welche Maßnahmen Betroffene selbst ergreifen können, hängt von der Ursache und Ausprägung der Erkrankung ab. Eine akute Entzündung wird in der Regel medikamentös behandelt, unterstützt durch Bettruhe und Schonung. Auch bei einer autoimmunologischen Entzündung sind Medikamente die beste Wahl.

Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme liegt darin, die Auswirkungen der Arzneimittel zu dokumentieren und so eine optimale Einstellung des jeweiligen Mittels zu erriechen. Bei ernsten Komplikationen sollte der Arzt informiert werden. Tritt das Millard-Gubler-Syndrom infolge einer Tumorerkrankung auf, ist eine Operation vonnöten. Die Betroffenen können den Eingriff am besten unterstützen, indem sie sich vor der OP an die vom Arzt vorgeschlagene Diät halten. Eine ausgewogene Ernährung unterstützt das Immunsystem und trägt zum Heilungsprozess bei. Nach einer Operation gilt ebenfalls Schonung. Auch eine Strahlentherapie wird am besten überstanden, indem der Körper möglichst nicht belastet wird.

Begleitend zu diesen Maßnahmen ist eine symptomatische Behandlung erforderlich. Neurologische Schädigungen können durch Physiotherapie und gegebenenfalls Logopädie korrigiert werden. Eine therapeutische Beratung ist vor allem dann sinnvoll, wenn das Millard-Gubler-Syndrom schwere Gehirnschäden verursacht hat, die sich nachhaltig auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden des Patienten auswirken.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Klingelhöfer, J., Berthele, A.: Klinikleitfaden Neurologie. Urban & Fischer, München 2009
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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