Fazialisparese (Gesichtslähmung)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Fazialisparese (Gesichtslähmung)

Die Gesichtslähmung oder Fazialisparese ist die Lähmung des 7. Hirnnervs (nervus facialis), der die Bewegung der Gesichtsmuskeln ermöglicht. Die Lähmung zeigt sich meist halbseitig, typisch ist ein herunterhängender Mundwinkel und die fehlende Gesichtsmimik. Die Behandlung einer Fazialisparese orientiert sich an der Ursache.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Gesichtslähmung?

Da der Fazialisnerv die mimische Muskulatur versorgt, kommt es bei einem Ausfall zu charakteristischen, halbseitigen Veränderungen der Gesichtsmimik. Bei einer leichten Fazialisparese sind die Symptome nur diskret ausgeprägt, deutlicher werden die asymmetrischen Veränderungen bei einer stärkeren Parese.
© Henrie – stock.adobe.com

Bei einer Fazialisparese bzw. Gesichtslähmung liegt eine vollständige oder teilweise Lähmung oder Schwächung des Gesichtsnervs vor, so dass die Gesichtsmuskeln nicht mehr ausreichend bewegt werden können.

Man unterscheidet zwischen zentraler und peripherer Fazialisparese. Die zentrale Gesichtslähmung wird durch einen Schaden am Ursprungsort des Nervs, nämlich im Gehirn verursacht. Die periphere Fazialisparese tritt durch eine Schädigung direkt am Nerv ein.

Oft aber ist die Ursache der Lähmung nicht bekannt, in diesem Fall spricht man von idiopathischer Fazialisparese, das heißt: ohne erfassbare Ursache. Die idiopathische Lähmung nennt man auch Bell'sche Lähmung (engl. Bell's Palsy) nach dem englischen Arzt Charles Bell.

Ursachen

Die häufigste Fazialisparese ist die idiopathische, das heißt in den meisten Fällen ist die Ursache der Gesichtslähmung unbekannt. Die periphere Lähmung, wenn die Schädigung direkt am Nerv liegt, kann verschiedene Auslöser haben. Oft liegen Entzündungen vor, wie beispielsweise eine Mittelohrentzündung oder Zoster oticus, eine Herpesinfektion am Ohr.

Auch Verletzungen wie Brüche am Schädelknochen können den Nerv in seiner Funktion beeinträchtigen. Ebenso können Tumoren im Ohr, die durch ihr Wachstum auf den Gesichtsnerv drücken, für die periphere Fazialisparese verantwortlich sein. Die zentrale Fazialisparese wird durch einen Schaden im Gehirn ausgelöst, wo der Nerv entspringt. Der Gesichtsnerv bleibt dabei intakt und ist selbst nicht geschädigt, er kann nur die Information aus dem und zum Gehirn nicht mehr transportieren.

Häufige Ursachen für die zentrale Fazialisparese ist ein Schlaganfall oder ein Hirntumor. Beim Schlaganfall wird das Ursprungsgebiet des Gesichtsnervs durch eine Blutung oder eine Unterversorgung geschädigt, beim Hirntumor drückt die wachsende Geschwulst auf das Areal, so dass die Funktionen gestört sind und die Fazialisparese eintritt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Da der Fazialisnerv die mimische Muskulatur versorgt, kommt es bei einem Ausfall zu charakteristischen, halbseitigen Veränderungen der Gesichtsmimik. Bei einer leichten Fazialisparese sind die Symptome nur diskret ausgeprägt, deutlicher werden die asymmetrischen Veränderungen bei einer stärkeren Parese. Bei der Symptomatik lassen sich periphere und zentrale Fazialisparesen voneinander unterscheiden.

Sowohl die zentrale als auch die periphere Lähmung gehen auf der betroffenen Seite mit einem herabhängenden Mundwinkel und einem unvollständigen beziehungsweise aufgehobenen Lidschluss einher. Dinge wie Pfeifen, Lächeln oder Trinken werden schwierig bis nicht mehr möglich. Als „Bell-Phänomen“ bezeichnet man dabei die Tatsache, dass beim Versuch des Lidschlusses das typische Aufwärtsdrehen des Augapfels sichtbar wird.

Bei der peripheren, im Gegensatz zur zentralen Lähmung, ist es den Patienten zusätzlich nicht möglich die Stirn auf der betroffenen Seite zu runzeln. Da der Fazialisnerv auch für einen Teil der Geschmacksempfindungen auf unserer Zunge zuständig ist, können als Folge einer Schädigung Geschmacksstörungen vorliegen.

Ein weiteres Symptom stellt eine verminderte Speichel- und Tränensekretion dar. In Kombination mit dem unvollständigen Lidschluss birgt dies die Gefahr einer Hornhautschädigung durch Austrocknung des Auges. Ein Teil der Patienten klagt auch über Geräusch-Überempfindlichkeit mit Schmerzen auf der betroffenen Seite hinter dem Ohr.

Diagnose & Verlauf

Das typische Symptom einer Fazialisparese ist die einseitige schlaffe Gesichtsmuskulatur. Ein Mundwinkel hängt herab, ein Auge lässt sich nicht mehr vollständig schließen und das Runzeln der Stirn ist nicht möglich. Die gesamte Gesichtmimik sieht leicht verschoben aus. Wenn eine zentrale Fazialisparese vorliegt, können auch noch weitere Beschwerden hinzukommen.

Der Speichelfluss wird weniger und da der Nerv auch die Zunge versorgt, kann es zu einer Verminderung der Geschmacksfähigkeit (siehe Geschmacksstörung) kommen. Ebenso kann die Bildung von Tränenflüssigkeit vermindert sein, das Auge der betroffenen Seite wird trocken. Auch die Aussprache leidet unter der Fazialisparese, da die Lippen- und Zungenmuskeln nicht richtig artikulieren können, das heißt die Laute können nicht mehr korrekt geformt werden.

Der Arzt sieht bereits durch die offensichtlichen Lähmungserscheinungen den ersten Hinweis auf eine Fazialisparese. Weiteren Aufschluss geben die Krankheitsgeschichte des Patienten sowie verschiedene Tests, eine Blutuntersuchung um Infektionen auszuschließen, Röntgenaufnahmen vom Schädel, eine Elektromyographie um die Nervenleitfähigkeit zu messen oder eine Liquoruntersuchung (Flüssigkeitsentnahme aus der Wirbelsäule).

Durch diese Untersuchungen wird zunächst die Ursache und dann die richtige Behandlung der Fazialisparese gefunden.

Komplikationen

Mit welchen Komplikationen bei einer Fazialisparese (Gesichtslähmung) zu rechnen ist, hängt davon ab, wodurch die Lähmung verursacht wurde. Häufig ist eine Otitis media (Mittelohrentzündung) der Auslöser für eine Gesichtslähmung. Die bakteriell verursachte Entzündung kann mit heftigen Schmerzen und einer Reihe anderer Komplikationen einhergehen.

Aufgrund der Nähe des Gesichtsnervs zum Ohr besteht das Risiko, dass sich die Infektion ausbreitet und der Gesichtsnerv bei schweren Infektionen dauerhaft geschädigt wird. Eine Fazialisparese kann aber auch die Folge einer Borreliose sein. Das die Infektion auslösende Bakterium Borrelia Burgdorferi wird durch Zecken übertragen. Die Erkrankung verläuft schubweise in verschiedenen Stadien.

Zunächst treten die sogenannte Wanderröte (Erythema migrans) sowie unspezifische Anzeichen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Schwächegefühl und Fieber auf. Im nächsten Stadium kann eine Lähmung entlang der Einstichstelle oder eine Gesichtslähmung in Verbindung mit einer Lymphknotenschwellung auftreten. Auch bei der Borreliose kann es zu einer dauerhaften Schädigung des Gesichtsnervs kommen.

In schweren Fällen ist die Mimik dauerhaft eingeschränkt, das Gesicht kann schief wirken und die Augen- und Mundwinkel nach unten hängen. Gelegentlich befällt der Auslöser der Gürtelrose, das Herpes Zoster-Virus, das Ohr und den Gehörgang. Das Virus kann dann auf den Gesichtsnerv übergreifen und eine vorübergehende Lähmung verursachen. Eine dauerhafte Schädigung des Nervs ist in diesen Fällen selten. Allerdings ist die Infektion meist extrem schmerzhaft.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Anzeichen einer Gesichtslähmung bemerkt werden, muss ein Arzt konsultiert werden. Meistens liegt den Beschwerden eine ernste Erkrankung zugrunde, die unbedingt abzuklären ist. Ob es sich dabei um eine Fazialisparese handelt, kann nur der Mediziner feststellen. Spätestens, wenn Komplikationen auftreten, ist ein Arztbesuch erforderlich.

Sollte sich beispielsweise eine Entzündung bilden, muss diese umgehend abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden. Ärztlicher Rat ist auch gefragt, wenn Symptome einer Borreliose hinzukommen. Anzeichen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber und die typische Wanderröte deuten darauf hin, dass der Gesichtslähmung eine Infektionskrankheit zugrunde liegt, die behandelt werden muss.

Personen, die aufgrund einer zu spät behandelten Fazialisparese unter Fehlstellungen im Gesicht leiden, sollten einen Facharzt konsultieren. Die Risikogruppen – unter anderem Personen, die vor kurzem an einer Herpesinfektion am Ohr, einer Mittelohrentzündung oder einem Tumor im Ohr erkrankt sind – sollten bei den genannten Warnzeichen sofort mit dem Hausarzt sprechen. Patienten, die nach einem Schlaganfall oder einem Hirntumor unter entsprechenden Beschwerden leiden, konsultieren am besten den zuständigen Arzt. Eine ärztliche Behandlung ist bei einer Gesichtslähmung in jedem Fall erforderlich.

Behandlung & Therapie

Etwa 70 Prozent der auftretenden Fazialisparesen heilen vollständig aus. Die Behandlung richtet sich immer nach der vorliegenden Ursache. Wird die Fazialisparese durch eine bakterielle Infektion verursacht, so werden in der Regel Antibiotika verabreicht. Bei viralen Entzündungen (durch Viren ausgelöst) helfen sogenannte Virostatika, welche die Vermehrung des Virus verhindern.

Ist der Gesichtsnerv durch eine Verletzung beschädigt, so kann eine Operation die Funktion des Nerven wieder herstellen. Außerdem sind begleitend Bewegungsübungen nötig, um die Gesichtsmuskeln zu trainieren. Hierfür sind Ergotherapeuten oder Physiotherapeuten zuständig. Ist die Fazialisparese durch einen krankhaften Vorgang im Gehirn verursacht, ist eine stationäre Behandlung unumgänglich.

Die bei einer Fazialisparese auftretende Trockenheit des Auges kann mit einer Salbe oder künstlicher Tränenflüssigkeit gemildert werden. Es empfiehlt sich, das Auge über Nacht mit einem Verband zu schließen, damit es nicht austrocknet. Ist die Fazialisparese idiopathisch, so konzentriert sich die Behandlung auf die Milderung der Symptome, unterstützend wird Kortison verabreicht.

Aussicht & Prognose

Die Ursache einer Faszialisparese (Gesichtslähmung) bestimmt die Prognose. Auch Schweregrad der Erkrankung sowie die einzelnen Symptome und das Alter des betroffenen Patienten nehmen Einfluss darauf, wie die Erkrankung verläuft. Generell muss davon ausgegangen werden, dass die Chance auf eine vollständige Heilung mit zunehmendem Alter sinkt.

Gerade bei der idiopathischen Fazialispares ist die Chance für eine Heilung durchaus gut. Bei korrekt durchgeführter Therapie gehen bei 90 Prozent der Betroffenen die Symptome deutlich zurück. Nach etwa vier Monaten lässt sich bei mehr als zwei Drittel dieser Patienten zudem eine vollständige Heilung feststellen. Die vollständige Heilung kann je nach Schweregrad der Verletzung des siebenten Hirnnervs jedoch über mehrere Jahre dauern, wenngleich solch lange Therapien eher selten vorkommen.

Handelt es sich um eine periphere oder zentrale Gesichtslähmung, dann sieht die Prognose allerdings schlecht aus. Entscheidend dafür ist natürlich auch hier das Ausmaß der Schädigung. Bei einer vollständigen Lähmung, einer zu spät erfolgten Behandlung oder auch einer falschen Medikation ist die Prognose aber eher negativ.

Es kommt dann in vielen Fällen zu einer unvollständigen Regeneration, die als so genannte Defektheilung bezeichnet wird. Im Nachhinein können Patienten hier noch unter Zuckungen, einer erhöhten Spannung im Gesichtsmuskel oder unter nicht kontrollierbarem Tränenfluss leiden. Es ist aber unter Umständen denkbar, die zerstörten Nervenfasern in einer Operation wiederherzustellen.


Vorbeugung

Eine direkte Vorbeugung gegen die Fazialisparese ist nicht möglich, da sie am häufigsten mit unbekannter Ursache auftritt. Bei Vorliegen einer verursachenden Erkrankungen empfiehlt sich eine sofortige Behandlung, um den Nerven nicht zu schädigen und die Fazialisparese möglicherweise zu verhindern.

Nachsorge

Bei einer Fazialisparese stehen Betroffenen in den meisten Fällen keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Diese sind in erster Linie auf die richtige Behandlung der Krankheit angewiesen, um weitere Komplikationen zu verhindern. Im Vordergrund steht die Identifizierung und Behandlung der Ursache der Fazialisparese, um eine weitere Ausbreitung auf den gesamten Körper zu verhindern.

Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser ist der weitere Verlauf der Erkrankung. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung der Fazialisparese mit Hilfe von Medikamenten. Dabei müssen die Betroffenen auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme achten, wobei bei Kindern vor allem die Eltern die Einnahme kontrollieren müssen.

Bei Nebenwirkungen oder Unklarheiten sollte ein Mediziner aufgesucht werden. Weiterhin können einige Beschwerden der Fazialisparese mit Hilfe einer Physiotherapie behandelt werden. Dabei können viele der Übungen aus dieser Physiotherapie auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden, um die Bewegung der Muskeln wiederherzustellen. In der Regel ist die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Fazialisparese nicht eingeschränkt. Häufig ist auch der Kontakt zu anderen Betroffenen dieser Erkrankung sinnvoll.

Das können Sie selbst tun

Zusätzlich zu einer ärztlichen Behandlung stehen den Betroffenen einige Möglichkeiten der Selbsthilfe zur Verfügung.

Bei kostenpflichtigen Therapien empfiehlt es sich, vorab mit der Krankenkasse zu besprechen. Hierzu zählen Lymphdrainagen, Akupunktur, Physiotherapeutische Maßnahmen und das Vorstelligwerden bei einem Osteopathen. Aus der Homöopathie bewähren sich die Globuli Aconitum C9 und Causticum C5. Auch der Einnahme von Vitamin B wird eine Linderung nachgesagt, ist jedoch statistisch nicht nachgewiesen. Gleiches gilt für die Behandlung durch Lichtduschen.

Jederzeit selbst durchführbar sind Gesichtsgymnastik und Mimikübungen. Nicht nur das Anstrengen, sondern auch das Entspannen der Muskeln ist wichtig. Autogenes Training und lösende Gesichtsmassagen wirken sich zusätzlich positiv auf den seelischen Zustand des Betroffenen aus. Betroffene sollten einfache, aber effektive Übungen in den Tagesablauf integrieren.

Grimassen, wie das Hochziehen beider Augenbrauen und Mundwinkel oder das Formen eines Kussmundes sind ebenso hilfreich wie das Aufeinander- und zusammenpressen der Lippen und Augen, das Naserümpfen und Aufblasen der Backen oder eines Luftballons. Jegliche Mimik vom Bösen Blick bis hin zum Ausdruck großer Freude sind hilfreich.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Diener, H.-C., et al.: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012

Das könnte Sie auch interessieren