Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (auch als MIH bekannt) ist eine Entwicklungsstörung der Zähne. Jedoch stehen die Ärzte - wenn es um die Ursache geht - vor einem Rätsel; es konnten bislang keine tatsächlichen Gründe gefunden werden, warum eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation auftritt.
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Was ist eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation?
Die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation ist ein neuartiges Phänomen, das bei den ersten bleibenden Backenzähnen beziehungsweise an den Schneidezähnen auftreten kann. In wenigen Fällen sind auch die Eckzähne von der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation betroffen.
Der Mediziner stellt an den betroffenen Zähnen gelblich-bräunliche Defekte beziehungsweise Verfärbungen im Zahnschmelz fest; die Zähne werden in weiterer Folge temperaturempfindlich, sodass die Betroffenen von Schmerzen berichten.
Ursachen
Mögliche Ursachen und Faktoren sind etwa Infektionskrankheiten wie Mittelohrentzündungen, Lungenentzündungen, Windpocken oder auch fieberhafte Infekte, Bisphenol A (sogenannter Weichmacher, der auch in Schnullern und Trinkfläschchen vorzufinden ist), Nährstoffmangel (etwa Kalziummangel beim Kind), Dioxine in der Muttermilch oder auch erbliche Faktoren.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Im Rahmen der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation beobachtet der Mediziner Defekte im Zahnschmelz, die bei den Backenzähnen, Schneidezähnen oder auch Eckzähnen auftreten können. Die betroffenen Zähne verfärben sich gelb-bräunlich oder auch cremig-weißlich. Auf Grund der Zahnbelastung (etwa beim Kauen) ist es möglich, dass auch Teile des Zahnschmelzes abbrechen beziehungsweise abplatzen können.
In vielen Fällen sind die betroffenen Zähne auch stark porös. In weiterer Folge klagen die Betroffenen über eine extreme Temperaturempfindlichkeit ihrer Zähne, sodass der sogenannte Heiß-Kalt-Wechsel durchaus starke Schmerzen verursachen kann. Auch mechanische Reize können Schmerzen verursachen. In weiterer Folge klagen die Betroffenen über Schmerzen bei der Zahnpflege.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Der Mediziner erkennt die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation im Rahmen der zahnärztlichen Untersuchung. Die Verfärbungen sind ein erster Hinweis; ein sehr weicher oder poröser Zahnschmelz ein weiteres Indiz, dass eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation vorliegt.
Die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation tritt bereits auf, wenn die betroffenen Zähne durchbrochen sind. Wie schnell die Defekte fortschreiten oder wie intensiv die Schmerzen und Symptome sind, hängt von der individuellen Form der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation ab.
Wird die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation nicht zahnärztlich behandelt, nehmen die Zahnschmelzschäden zu, sodass in weiterer Folge Karies entsteht. Das bedeutet, dass die Zahnsubstanz weitere Schäden davonträgt. Ein Umstand, der mitunter auch dadurch gefördert wird, weil die Betroffenen - da sie im Rahmen der Zahnpflege Schmerzen haben - ihre Zahnreinigung vernachlässigen und das „Zähneputzen“ verweigern.
Wird die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation jedoch im Frühstadium entdeckt, können regelmäßige und sehr engmaschige Kontrollen dazu führen, dass neue Zahnschmelzdefekte relativ schnell erkannt und behandelt werden können.
Komplikationen
Die Betroffenen fühlen sich mit dieser Färbung nicht wohl und können dabei an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem verringerten Selbstwertgefühl leiden. Die Zähne brechen öfter ab, sodass die Patienten an einer verringerten Lebensqualität leiden. Ebenso kann es durch Kälte oder durch Wärme auch zu Schmerzen oder zu anderen unangenehmen Gefühlen kommen. Auch die Pflege der Zähne ist dabei nicht selten mit Schmerzen verbunden.
In der Regel ist bei der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation eine frühzeitige Behandlung notwendig, damit es im Erwachsenenalter nicht zu Folgeschäden kommt. Dabei sind verschiedene Eingriffe notwendig, die die Zähne pflegen und vor äußeren Einwirkungen schützen. In der Regel treten keine besonderen Komplikationen auf. In vielen Fällen müssen die Zähne dabei durch Implantate ersetzt werden. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation nicht beeinflusst oder verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Werden Unregelmäßigkeiten beim Wachstum der Zähne bemerkt, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Schmerzen, Unwohlsein oder ein zunehmendes Druckempfinden weisen auf gesundheitliche Probleme des Betroffenen hin, die untersucht und behandelt werden sollten. Nehmen die vorhandenen Beschwerden allmählich an Intensität zu, besteht Handlungsbedarf. Betroffen sind bei der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation vorrangig Kinder, die sich in der Wachstumsphase der zweiten Zähne befinden. Veränderungen des Zahnschmelzes, Verfärbungen der Zähne sowie ein Abplatzen der Zahnsubstanz sind ungewöhnlich und sollten einem Arzt vorgestellt werden. Kommt es zu Schmerzen bei der Zahnpflege, einem Appetitverlust oder einer Gewichtsabnahme, wird ein Arzt benötigt.
Beschwerden bei einem Wechsel von Lebensmitteln in heißer und kalter Temperatur weisen auf Unstimmigkeiten hin. Sie sollten rechtzeitig untersucht werden, bevor es zu einer weiteren Verschlechterung der Gesundheit kommt. Leidet das Kind unter Kopfschmerzen, verweigert es die Nahrungszufuhr vollständig oder kommt es zu einer Beeinträchtigung der Konzentration, ist ein Arzt zu konsultieren. Lernprobleme, Defizite in der Aufmerksamkeit, Verhaltensauffälligkeiten und Schlafstörungen sind weitere Anzeichen einer vorliegenden Unstimmigkeit. Ein Arztbesuch ist anzuraten, sobald die Beschwerden über mehrere Wochen anhalten. Ein Rückzug aus der Teilhabe des gesellschaftlichen und sozialen Lebens, ein starkes Weinen, Stimmungsschwankungen, Abgeschlagenheit und Apathie sind mit einem Arzt zu besprechen.
Behandlung & Therapie
Neben der Behandlung der aufgetretenen Zahnschäden sowie auch der Beschwerden, stehen des Weiteren noch andere Methoden zur Verfügung, damit eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation behandelt werden kann. Es gibt jedoch keine einheitliche Therapie- oder Behandlungs-Empfehlung, sodass der Mediziner individuelle - je nach Ausprägung der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation - Behandlungspläne erstellen muss.
Wichtig ist, dass eine frühzeitige Behandlung erfolgt. Nur so können die Zähne vor noch schlimmeren Schäden bewahrt werden. Das bedeutet, dass regelmäßige Kontrollbesuche wichtig sind. Nur so ist es möglich, dass neu aufgetretene Schäden nicht nur schnell erkannt, sondern auch umgehend behandelt werden. Eine Möglichkeit ist die Fluoridierung.
Dabei kann der Mediziner die Heiß-Kalt-Empfindlichkeit der Zähne behandeln und die betroffenen Zähne schmerzunempfindlicher machen. Nebenbei sollte der Betroffene eine Zahnpasta mit hohem Fluoridgehalt verwenden und auch fluoridhaltige Mundspülungen verwenden.
Mittels Fissurenversiegelung kann eine sehr leichte Form einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation behandelt werden. Der Mediziner versiegelt dabei die entstandenen Fissuren; die Vertiefungen, die in den Kauflächen aufgetreten sind, können mit einem speziellen Material verschlossen werden. So kann ein Einnisten etwaiger Kariesbakterien verhindert werden.
Mittels Zahnfüllungen kann der Mediziner auch etwaige Zahndefekte behandeln. Wichtig ist, dass hier auf die Betroffenen Rücksicht genommen wird; derartige Behandlungen können schmerzhaft sein, sodass die Zahnfüllungen nur im Rahmen lokaler Betäubungen gesetzt werden sollten. Wichtig ist, dass der Zahnarzt etwaige schmerzhafte Behandlungen verhindert, da der Betroffene ansonsten noch eine „Zahnarztangst“ bekommt. Die könnte zur Folge haben, dass er weitere Behandlungen und Therapien nicht wahrnimmt, was zu einer enormen Verschlechterung der Zähne führt.
Zahnkronen stellen eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation dar. Die Methode ist aber nur möglich, wenn die Backenzähne betroffenen sind. Viele Zahnärzte sehen in den Kronen eine relativ unkomplizierte Lösung, da nicht nur die Zahnhartsubstanz geschützt wird, sondern auch etwaige Probleme bei empfindlichen Zähnen der Vergangenheit angehören.
Des Weiteren sind Kronen auch langlebig und stellen eine langfristige Lösung des Problems dar. Die Methode kann bei den Schneide- oder Eckzähnen nicht angewandt werden. Platzt der Zahnschmelz jedoch immer wieder ab beziehungsweise ist der Zahn derart empfindlich, dass der Betroffene permanent unter Schmerzen leidet, bleibt in vielen Fällen nur die Extraktion des Zahns übrig. Der Zahn wird in weiterer Folge gezogen.
Aussicht & Prognose
Die Behandlung der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation gelingt durch verschiedene Therapiemaßnahmen. Die Prognose ist dementsprechend positiv. Insofern das Zahnleiden frühzeitig diagnostiziert wird, kann die Behandlung effektiv verlaufen und das Leiden vollständig behoben werden. Die Prognose orientiert sich am Zustand der Zähne und dem gewählten Therapieverfahren.
Entscheidend ist die umfassende Aufklärung der Eltern. Zudem muss der Zahnarzt ausreichend über die wenig erforschte Erkrankung informiert sein. Insofern Karies und Schmerzfrakturen vermieden werden können, ist die Prognose positiv. Zudem sollte das Leiden in den ersten vier Lebensjahren des Kindes festgestellt werden. Gelingt dies, ist die Aussicht auf eine vollständige Genesung gegeben. Voraussetzung für eine gute Prognose ist allerdings auch, dass das Kind die Zähne fortan sorgfältig pflegt und die Eltern über Schmerzen oder andere Beschwerden informiert.
Die Prognose stellt der Zahnmediziner im Hinblick auf den Zustand der Zähne, den Zeitpunkt der Diagnose und die Kooperationsbereitschaft der Eltern. Die Lebenserwartung wird durch eine Molaren-Inzisive-Hypomineralisation nicht eingeschränkt. Das Wohlbefinden kann bis zum Abschluss der Behandlung eingeschränkt sein, da mitunter starke Schmerzen auftreten und die äußerlichen Auffälligkeiten beim Kind Schamgefühle auslösen.
Vorbeugung
Vorbeugende Maßnahmen sind nicht bekannt. Dies deshalb, da bislang die Ursache, aus welchen Gründen eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation auftritt, nicht bekannt ist. Ratsam ist, dass auf die Mundhygiene geachtet wird beziehungsweise wenn erste Symptome auftreten, die auf eine Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation schließen lassen, sofort ein Zahnarzt aufgesucht wird, damit etwaige negative Krankheitsverläufe verhindert werden können.
Nachsorge
Die konkreten Maßnahmen zur Nachsorge bei Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation hängen in der Regel vom Behandlungserfolg ab. Die betroffenen Patienten müssen grundsätzlich intensiv nachbehandelt werden, da bei ihnen eine höhere Anfälligkeit für Karies und andere Erkrankungen der Zähne besteht. Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle der Restaurationen, mit denen die defekten Zähne üblicherweise versorgt werden.
Bei jungen Patienten werden oftmals nur therapeutische Interims-Restaurationen, die streng überwacht werden müssen, eingesetzt. Manchmal ist es notwendig, diese mehrmals zu ersetzen, bevor eine definitive Lösung möglich ist. Die Haftung ist bei allen Formen von Restaurationen auf hypomineralisiertem Schmelz in der Regel wesentlich schlechter als bei gesundem Zahnschmelz.
Daher kommt es häufig zu weiteren Komplikationen. Zudem besteht bei den Betroffenen ein erhöhtes Risiko für weitere Defekte. Neben einer engmaschigen zahnärztlichen Kontrolle ist eine intensive tägliche Zahnpflege notwendig. Die Patienten müssen sich dabei unbedingt an die Anweisungen des behandelnden Zahnarztes halten.
Die Ergebnisse sollten sie im Idealfall selbst regelmäßig untersuchen. Zusätzlich ist es anzuraten, alle paar Monate eine zahnmedizinische Mundhygiene durchführen zu lassen. Eine weitere Nachsorgemaßnahme ist das Einhalten einer zahnfreundlichen Ernährungsweise. Dies ist insbesondere bei Kindern mit Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation notwendig.
Das können Sie selbst tun
Obwohl es bei der Behandlung der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation keine allgemein gültige Methode oder Vorgehensweise gibt und die Erkrankung noch nicht vollständig erforscht ist, können einige der Beschwerden durch Mittel der Selbsthilfe eingeschränkt werden.
Im Vordergrund steht allerdings eine frühzeitige Diagnose der Krankheit, da dadurch weitere Komplikationen und Schäden an den Zähnen vermieden werden können. Der Betroffene sollte bei den ersten Anzeichen der Erkrankung einen Arzt aufsuchen. Weiterhin sollte der Betroffene eine Zahnpasta nutzen, die viel Fluorid enthält und für schmerzempfindliche Zähne indiziert ist. Ebenso können hier auch Mundspülungen verwendet werden, die einen hohen Fluoridgehalt aufweisen. Dadurch werden die Zähne gestärkt.
Die Mittel der Selbsthilfe ersetzen jedoch nicht einen Besuch beim Zahnarzt. Bei Schmerzen oder anderen unangenehmen Empfindungen an den Zähnen ist daher immer ein Arzt aufzusuchen. Sollte der Patient an einer Angst vor dem Zahnarzt leiden, so sollte ein entsprechender Spezialist aufgesucht werden. Hierbei kann sich auch der Besuch bei einem Psychologen oder ein ausführliches Gespräch mit einer vertrauten Person positiv auf die Angst auswirken. In vielen Fällen können die Beschwerden durch den Einsatz der Kronen dauerhaft gelindert werden.
Quellen
- Gängler, P., et al.: Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Ott, R., Vollmer, H.P., Krug, W.: Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2003
- Weber, T.: Memorix Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2016