Mycobakterien
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mycobakterien stellen eine Gattung aerober Bakterien dar. Einige ihrer Arten lösen schwerwiegende Krankheiten wie Lepra und Tuberkulose aus.
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Was sind Mycobakterien?
Vom Mycobacterium oder Mykobakterium wird eine Bakteriengattung gebildet, die ungefähr 100 Arten umfasst. Die Mycobakterien gehören der Familie Mycobacteriaceae an, deren einzige Vertreter sie sind. Zu den Mycobacterien zählen auch Arten, die sich pathologisch auf den Menschen auswirken. So ist Mycobacterium leprae für das Entstehen von Lepra verantwortlich, während Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose hervorruft. Ebenso können Tiere von den Mycobakterien mit Krankheiten wie der Rindertuberkulose befallen werden.
Durch eine Gram-Färbung lassen sich Mycobakterien nur unzureichend kenntlich machen. Der Aufbau ihrer Zellwand ähnelt jedoch dem Aufbau von grampositiven Bakterien. Das bedeutet, dass die Zellmembran nicht mit einer äußeren Membran ausgestattet ist und sich aus mehrschichtigem Peptidoglykan zusammensetzt.
Für die Medizin von Bedeutung sind ca. 25 Mycobakterien-Arten. Neben Mycobacterium tuberculosis und Mycobacterium leprae gehören Mycobacterium bovis sowie verschiedene nicht-tuberkulöse Mycobakterien dazu.
Entdeckt wurde das Mycobacterium tuberculosis im Jahr 1882 durch den deutschen Mediziner Robert Koch (1843-1910), der es als Auslöser der bakteriellen Tuberkulose identifizierte.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Die pathogenen Mycobakterien, die dem Mycobacterium tuberculosis-Komplex zugerechnet werden, sind als intrazelluläre Parasiten innerhalb von Makrophagen zu finden. Vor Einflüssen von Außen werden die Keime durch ihren speziellen Wandaufbau geschützt. Dieser verfügt über Mycolsäuren sowie wachsartige Substanzen. Durch die Lipide innerhalb der Zellwand kommt es überdies zu der typischen Säurefestigkeit der Mycobakterien.
Weil der Aufbau der Wand einem raschen Austausch von Sauerstoff mit der Umwelt entgegenwirkt, schreiten Wachstum und Vermehrung des Mycobacteriums nur langsam voran, was als typisches Kennzeichen sämtlicher Mycobakterien gilt.
Zu den allgemeinen Merkmalen der Mycobacterien zählt, dass sie stets Sauerstoff benötigen. Außerdem brauchen sie organische Stoffe, die ihnen zum Gewinnen von Energie dienen. Die meisten Bakterien dieser Art weisen die Form eines Stäbchens auf. Lediglich in älteren Kulturen werden mitunter Verzweigungen gebildet. Diese zerfallen im weiteren Verlauf meist zu Stäbchen oder Kugeln (Kokken).
Der größte Teil der Zellwandbestandteile wirkt als Antigenkomponente. Innerhalb von Wirtsorganismen lösen sie eine Immunreaktion aus, was wiederum eine Typ-IV-Allergie (Spättyp-Allergie) hervorruft. Darüber hinaus kann eine Tuberkulinreaktion erfolgen.
Weitere typische Merkmale der Mycobakterien stellen die Mycolsäuren, der umfangreiche Lipidgehalt der Zellwand sowie die Phthiocerol-Außenhülle dar. Mycobacterium bovis und Mycobacterium tuberculosis verfügen zudem über den sogenannten Cord-Faktor, der bei älteren Kulturen ein schnur- oder zopfartiges Wachstum ermöglicht.
Die langkettigen Mycolsäuren gewährleisten die ausgeprägte Säurefestigkeit der Mycobakterien. Durch ihren speziellen Zellwandaufbau erreichen die Keime eine starke Widerstandsfähigkeit, sodass sie auch in freier Natur mehrere Monate infektionsfähig sind, sofern günstige Bedingungen herrschen.
Abgesehen von wenigen Ausnahmen erweist sich das Mycobacterium als resistent gegen Antibiotika. Darüber hinaus besteht eine ausgeprägte Widerstandskraft gegenüber Säuren und Laugen.
Physiologisch handelt es sich bei Mycobakterien um kurze bis kokkoide Stäbchen, die unbeweglich sind. Die Wachstumsgeschwindigkeit der Keime wird in zwei Gruppen eingeteilt. So gibt es langsam wachsende und schnell wachsende Mycobakterien. Die langsam wachsenden Exemplare weisen in Laborkulturen eine Generationszeit von 6 bis 24 Stunden auf, während es bei schnell wachsenden Exemplaren 1 bis 4 Stunden sind.
Nach einer Woche sind die schnell wachsenden Mycobakterien makroskopisch als Kolonie zu erkennen. Bei den langsam wachsenden Erregern dauert dieser Vorgang bis zu 8 Wochen. Die meisten Krankheitskeime befinden sich unter den langsam wachsenden Mycobakterien.
Krankheiten & Beschwerden
Eine der schwersten Erkrankungen, die durch Mycobakterien entsteht, ist die Tuberkulose, auch Schwindsucht genannt. Gemeinsam mit Malaria und AIDS zählt sie zu den am häufigsten vorkommenden Infektionskrankheiten. Weltweit leidet Schätzungen zufolge rund ein Drittel der Menschen auf der ganzen Welt unter Tuberkuloseinfektionen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von ca. 9 Millionen neuen Erkrankungen pro Jahr. Außerdem versterben jedes Jahr etwa 2 Millionen Patienten an Tuberkulose. Rund 95 Prozent aller Krankheitsfälle kommen in Entwicklungsländern vor.
Die Resistenz zahlreicher Mycobakterien gegenüber Antibiotika erschwert den Kampf gegen die Infektionskrankheit. Außerdem treten nicht selten Co-Infektionen mit dem HI-Virus auf. Wichtig für eine erfolgreiche Behandlung der Tuberkulose sind ein frühzeitiger Therapiebeginn, eine effiziente Behandlung mit Antituberkulotika sowie eine Vorbeugung von Resistenzentwicklungen.
Zu den tückischsten Krankheiten, die von Mycobakterien ausgelöst wird, gehört außerdem Lepra. Der Erreger Mycobacterium leprae vermehrt sich nur in langsamer Geschwindigkeit, sodass es nach der Infektion Monate oder sogar Jahre bis zum Ausbruch der Erkrankung dauern kann. Die genauen Übertragungswege sind noch immer unbekannt. Vermutet wird eine Tröpfcheninfektion.
Allerdings besteht nur bei etwa 5 Prozent aller Menschen die Gefahr eines Lepraausbruches, da bei allen anderen eine genetische Immunität vorliegt. Möglich ist allerdings eine Ansteckung und Weitergabe des Keims. Bemerkbar macht sich Lepra durch die Bildung von Geschwüren an Gesicht, Ohren und Gliedmaßen.
Quellen
- Kayser, F. H. et al.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Studt, H. H.: Allgemeine und spezielle Infektionslehre. Lehrbuch für Pflegeberufe. Kohlhammer, Stuttgart 2003
- Weiß, A., Barth, H., Schmidt, H.: Bakterielle Toxine. Behr's Verlag, Hamburg 2018