Nierentrauma

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Nierentrauma ist eine Verletzung der Nieren. Ein solches Trauma kann beispielsweise durch stumpfe Gewalt ausgelöst werden. Viele Nierentraumata entstehen durch Unfälle beim Sport oder bei Verkehrsunfällen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Nierentrauma?

Hauptsymptom des Nierentraumas sind Schmerzen im Flankenbereich. Je nach Trauma können diese eher leicht oder sehr stark ausfallen.
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Ein Trauma ist in der Medizin ein Begriff für eine Verwundung von Organgewebe. Diese Verwundung entsteht durch äußere Gewalteinwirkung. Bei einem Nierentrauma sind folglich die Nieren von einer solchen Verletzung durch äußere Gewalteinwirkung betroffen.

Nierentraumata treten in der Regel nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit anderen Verletzungen auf. Abhängig von der Entstehung kann zwischen offenen und geschlossenen Nierenverletzungen unterschieden werden. Auch zur Einteilung des Ausmaßes der Verletzungen existieren Klassifikationen.

Ursachen

Zu den Hauptursachen geschlossener Nierentraumata gehören Verkehrsunfälle und Unfälle beim Sport. Offene Nierentraumata entstehen durch Stichverletzungen oder durch Schussverletzungen. Dabei schädigen die Verletzungen die betroffenen Personen nicht nur direkt durch die Verletzung des Nierengewebes, sondern haben auch indirekt einen negativen Einfluss auf den gesamten Organismus. So können indirekte Auswirkung wie Blutverlust Schäden verursachen.

In den meisten Fällen treten Nierentraumata zusammen mit anderen Verletzungen auf. Bei stumpfen Bauchtraumata sind in bis zu 40 Prozent aller Fälle die Nieren mit beteiligt. 80 Prozent aller Nierenverletzungen sind Polytraumata. In Europa sind offene Nierenverletzungen eine Seltenheit. In den USA spielen sie hingegen eine größere Rolle. Hier dominieren Nierentraumata durch Schussverletzungen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Je nach Schweregrad kann das Nierentrauma eingeteilt werden in eine Nierenkontusion, eine Nierenruptur und in eine Organzertrümmerung beziehungsweise einen Nierenstielabriss. In 70 Prozent der Fälle kommt es zu einer Nierenkontusion. Nierenrupturen finden sich in 20 Prozent aller Fälle und bei etwa 10 Prozent der Nierentraumata handelt es sich um eine Organzertrümmerung.

Bei einer Nierenkontusion ist die Niere geprellt beziehungsweise gequetscht. Die Nierenkapsel ist aber noch intakt. Hinter dem Bauchfell findet sich kein Hämatom. Bei einer Ruptur ist das Funktionsgewebe der Niere eingerissen. Auch die Organkapsel ist rupturiert, sodass Blut in den Retroperitonealraum austreten kann. Dadurch bildet sich ein retroperitoneales Hämatom.

Bei schwereren Rupturen können auch die harnfilternden und harnableitenden Strukturen der Niere von der Verletzung betroffen sein. In solchen Fällen kommt es zum Austritt von Harn in den Retreoperitonealraum und zudem auch zu einem Funktionsausfall der Niere. Bei einer Organzertrümmerung ist die Niere komplett zerrissen. Die Funktion fällt aus und es kommt zu schweren inneren Blutungen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Hauptsymptom des Nierentraumas sind Schmerzen im Flankenbereich. Je nach Trauma können diese eher leicht oder sehr stark ausfallen. Eventuell ist eine Schwellung in der Flankengegend sichtbar. Man spricht dann auch von einem Flankentumor. Die Flanke kann durch ein Hämatom zudem bläulich verfärbt sein. Zusätzlich kann Blut im Urin sichtbar sein (Makrohämaturie). Dabei kann nicht anhand der Menge Blut, die im Urin zu finden ist, auf das Ausmaß der Verletzung geschlossen werden.

Wird der Harnleiter durch einen Blutpfropfen verlegt oder ist sogar abgerissen, kann das Blut im Urin trotz der Schwere der Verletzung komplett fehlen. Durch die Verletzung kommt es zu einer Abwehrspannung des Bauches und eventuell auch zu einer tastbaren Raumforderung. Je nachdem wie viel Blut verloren geht, können die Betroffenen einen Schock erleiden.

Komplikationen

Im schlimmsten Falle kann ein Nierentrauma zur einer vollständigen Niereninsuffizienz und damit auch zum Tode des Betroffenen führen. In diesem Falle ist der Patient dann auf eine dauerhafte Dialyse oder auf die Transplantation einer Niere angewiesen. Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, so führt das Nierentrauma in der Regel zum Tode des Betroffenen.

Die Betroffenen leiden beim Nierentrauma auch an sehr starken Schmerzen, die sich in der Regel auch weiterhin in den Rücken oder in andere Teile des Körpers ausbreiten. Auch innere Blutungen und Hämatome können dabei auftreten und weiterhin die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern. Sollte es sich um ein leichtes Nierentrauma handeln, so kann die Funktion der Niere möglicherweise eingeschränkt sein.

In vielen Fällen ist der Bereich um die Nieren deutlich angeschwollen und es kommt zu Flankenschmerzen. Der Urin färbt sich dadurch meistens auch rot. Bei der Behandlung treten keine besonderen Komplikationen auf. In schwerwiegenden Fällen kann das Leben des Betroffenen durch die Transplantation der Niere gerettet werden. Möglicherweise wird die Lebenserwartung des Patienten durch das Nierentrauma allerdings trotzdem verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei dem Verdacht auf ein Nierentrauma muss umgehend ein Arzt konsultiert werden. Wenn nach einem Schlag in die Nieren oder nach einem Unfall oder Sturz starke Nierenschmerzen bemerkt werden, deutet dies auf ein solches Trauma hin. Bei Schwellungen oder Blutungen liegt womöglich ein höhergradiges Nierentrauma vor, welches ebenfalls sofort behandelt werden muss. Betroffene Personen rufen am besten den Notarzt oder suchen ein Krankenhaus auf. Dort kann die Nierenverletzung diagnostiziert und umgehend behandelt werden.

Personen, die sich aufgrund der Nierenverletzung nicht mehr bewegen können, müssen notärztlich versorgt werden, da womöglich eine zerschmetterte Niere mit abgerissenen Nierengefäßen vorliegt. Ein Nierentrauma des fünften Grades bedarf einer stationären Behandlung. Auch danach ist eine engmaschige ärztliche Überwachung notwendig, damit bei etwaigen Komplikationen schnell die notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden können. Neben dem Hausarzt kann ein Nephrologe oder ein anderer Internist das Nierentrauma behandeln. Ein schweres Trauma bedarf womöglich eines operativen Eingriffs.

Ein Nierentrauma mit anschließendem Nierenversagen stellt einen schwerwiegenden medizinischen Notfall dar, der in jedem Fall stationär in einem Krankenhaus behandelt werden muss. Der Erkrankte benötigt einige Monate Ruhe und Schonung, verbunden mit regelmäßigen Arztbesuchen und einer ausgedehnten Physiotherapie. Ging dem Nierentrauma ein Unfall voraus, ist womöglich auch eine Traumatherapie notwendig.

Behandlung & Therapie

Erste Hinweise auf ein Nierentrauma liefern die vorliegenden Symptome und das Vorhandensein eines traumatischen Geschehens. Zunächst wird eine gründliche körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei wird der Bauchraum abgetastet und auch die Nierengegend wird mit äußerster Vorsicht palpiert. Eventuell sind bei der Inspektion schon Hämatome oder Schwellungen erkennbar. Eine Ultraschalluntersuchung zeigt mögliche Blutergüsse und Nierengewebeverletzungen.

Die genaue Morphologie der Verletzung wird so sichtbar. Liegt eine Nierenruptur vor, wird zudem eine Computertomographie durchgeführt. Nur so kann das Ausmaß der Ruptur bestimmt werden. Mögliche Harnaustritte (Extravasate), Durchblutungen von Nierenfragmenten und begleitende Verletzungen von Milz und Leber werden sichtbar. Auch der Zustand der Gegenniere kann so besser beurteilt werden. Steht kein CT zur Verfügung, sollte eine Kontrastmitteldarstellung der Niere erfolgen.


Aussicht & Prognose

Die Prognose eines Nierentraumas ist abhängig von Art und Ausmaß der Schädigung. Die besten Aussichten auf vollständige Genesung weisen leicht- bis mittelgradige Nierenläsionen auf, deren Behandlung ohne Komplikationen verläuft. Bei einer schweren Schädigung von Nierengewebe oder Blutgefäßen ist der Erhalt der Niere oftmals nicht möglich: Ist nur eine Niere betroffen, übernimmt die verbliebene Niere deren Tätigkeit in der Regel ohne nennenswerte Einschränkungen.

Die Prognose verschlechtert sich, wenn unmittelbar nach der Operation Komplikationen wie Blutungen oder Blutergüsse auftreten. Insbesondere bei einer Mehrfachverletzung des Organs kann das Eindringen von Bakterien zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung (Sepsis) führen, eine angemessene Therapie mit Antibiotika minimiert dieses Risiko erheblich.

Als Spätfolge eines Nierentraumas tritt (nach Rassweiler) in zehn Prozent aller Fälle ein Funktionsverlust auf. Bei einem bis fünf Prozent der Betroffenen entwickelt sich eine renale Hypertonie, ein Prozent bildet eine Schrumpfniere aus. Unter Nierensteinen (Nephrolithiasis) leiden in der Folge zwei Prozent der Patienten, ein bis acht Prozent klagen über immer wieder auftretende Harnwegsinfekte.

Regelmäßig und sorgfältig durchgeführte Nachsorgeuntersuchungen wie Urinuntersuchungen, Ultraschalluntersuchungen und Blutdruckkontrollen können helfen, Folgeschäden frühzeitig zu erkennen und bereits im Frühstadium entsprechend zu behandeln.

Vorbeugung

Die Therapie des Nierentraumas ist abhängig von der Art der Verletzung und vom Verletzungsgrad. So ist für die Therapiewahl wichtig, ob es sich um eine offene oder um eine geschlossene Verletzung handelt. Auch mögliche Begleitverletzungen und der allgemeine Zustand sowie die Kreislaufsituation des Patienten spielen eine Rolle.

Offene Stich- und Schussverletzungen werden immer operativ versorgt. Nur so kann sichergestellt werden, dass nicht noch andere Organe betroffen sind. Eine Nierenkontusion wird in der Regel konservativ mit Schmerzmitteln behandelt. Zudem müssen die Betroffenen Ruhe einhalten und weitere Traumata zwingend vermeiden. Welche die beste Behandlung für eine Nierenruptur ist, wird kontrovers diskutiert.

Eine konservative Behandlung ist möglich, sofern kein Nierenstielabriss vorliegt. Dafür muss aber ein CT zur Bestimmung des Ausmaßes erstellt werden. Nach drei bis sechs Tagen wird ein zweites CT angefertigt. Ist keine Besserung erkennbar, muss operiert werden. Eventuell muss die Niere zu Teilen oder sogar komplett entfernt werden. Auch bei einem dauerhaft destabilisierten Kreislauf oder bei einer drohenden bakteriellen Blutvergiftung muss eingegriffen werden.

In vielen Fällen lassen sich Nierentraumata aber auch durch minimal invasive Behandlungsmethoden beherrschen, sodass vielen Patienten eine (teilweise) Entfernung der Niere erspart bleibt. Einem Nierentrauma lässt sich nur schwer vorbeugen. Bei Motorradfahrern kann ein Nierengurt eventuell bei einem Unfall vor Verletzungen schützen. Auch Rückenprotektoren bieten Schutz.

Nachsorge

In den meisten Fällen ist eine konservative Nachsorge ausreichend. Hierbei zählt neben einer strikten Bettruhe die prophylaktische Gabe eines Antibiotikums. Die Bettruhe ist solange einzuhalten, bis ein deutlicher Rückgang des Hämatoms zu beobachten ist. Das Antibiotikum soll einer Infektion des Hämatoms oder Urinoms entgegen wirken.

Zusätzlich ist eine genaue Kontrolle von Puls, Blutdruck, Temperatur, Blutbild und Retentionswerten zu empfehlen. Im weiteren Verlauf schließt sich dann eine Kontrolle durch Ultraschall und Computertomographie an. Die Ultraschalluntersuchung sollte dabei je nach klinischem Bild alle ein bis drei Tage durchgeführt werden. Nach zwei Wochen, nach vier Wochen und nach drei Monaten erfolgt die Erfassung mithilfe des Computertomographen.

In vielen Fällen ist es sinnvoll, die Bestimmung der Nierenfunktion mittels Szintigraphie zu veranlassen. Dabei kann mithilfe einer intravenösen Gabe radioaktiver Substanzen explizit die Niere untersucht werden. Der zeitliche Verlauf von Aufnahme bis zur Ausscheidung der strahlenden Substanz steht hierbei im Mittelpunkt.

Nach dem stationären Aufenthalt können alle oben beschriebenen Nachsorgeuntersuchungen zur Überwachung des Heilungsverlaufs beim niedergelassenen Urologen erfolgen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die äußere Zuführung von Wärme kontraproduktiv ist. Dazu zählt neben dem Saunieren auch das heiße Duschen oder Baden.

Das können Sie selbst tun

Bei Verdacht auf ein Nierentrauma sollte zunächst ein Arzt konsultiert werden. Das Leiden bedarf in jedem Fall einer fachärztlichen Behandlung im Krankenhaus, denn andernfalls kann es zu ernsten Komplikationen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod des Patienten kommen.

Ein Nierentrauma wird zumeist operativ behandelt. Im Anschluss an den Eingriff gelten Bettruhe und Schonung. Gegebenenfalls muss auch die Ernährung umgestellt werden, damit die Nieren keiner weiteren Belastung ausgesetzt werden. Betroffene Personen sollten zudem keinen Sport treiben, bis die Verletzung vollständig ausgeheilt ist. In Rücksprache mit einem Sportmediziner oder Physiotherapeuten dürfen leichte Übungen aus dem Bereich der Krankengymnastik durchgeführt werden.

Ein schweres Nierentrauma kann dauerhafte Beeinträchtigungen nach sich ziehen, die den Betroffenen oft auch seelisch belasten. Es empfiehlt sich, das Gespräch mit anderen Betroffenen zu suchen und auch darüber hinaus Maßnahmen zu ergreifen, um das seelische Trauma zu überwinden. Da es sich bei einem Nierentrauma immer um eine schwere Verletzung handelt, sollte von weiteren Selbsthilfemaßnahmen abgesehen werden. In Einzelfällen kann die Therapie durch natürliche Schmerzmittel aus dem Bereich der Naturheilkunde unterstützt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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