Prüfungsangst

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die wenigsten Menschen gehen gelassen in Prüfungen, weil Prüfungssituationen ein Risiko des Scheiterns beinhalten können. Deshalb sind Lampenfieber und Nervosität vor Prüfungen normal. Wenn Betroffene aufgrund dessen jedoch vor dieser Situation flüchten, ist von einer ernstzunehmenden Prüfungsangst die Rede.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Prüfungsangst?

Manche Menschen reagieren schon auf die Ankündigung einer Prüfung mit innerer Unruhe und Angstgefühlen, manchmal schon mehrere Wochen vor der Prüfung bis hin zum Prüfungstag.
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Prüfungsangst ist eine besondere Art der Angst, die an Situationen gekoppelt ist, in der Menschen ihre Leistungsfähigkeit und ihre fachlichen Kenntnisse unter Beweis stellen müssen. Dabei ist die Angst umso höher, je mehr von dem Bestehen der Prüfung abhängt. Die Angst vor einem möglichen Versagen kann Prüflinge in einer Prüfungssituation derartig lähmen, dass das gelernte Wissen nicht mehr abrufbar ist.

Es kann zu einem Blackout kommen, bei dem Aufgaben nicht mehr bewältigt werden können und vor lauter Aufregung Fehler gemacht werden, obwohl der Prüfungsstoff eigentlich beherrscht wurde. Es kann die Prüfung selbst sein, die Angst macht, die Vorbereitung auf die Prüfung, die Prüfungssituation selbst, Angst vor Versagen, vor den Prüfern oder vor einer Überforderung.

Ursachen

Prüfungsangst ist weit verbreitet und kann unterschiedliche Ursachen haben. In den meisten Fällen ist es eine erworbene Angst aufgrund früherer schlechter Erfahrungen mit Prüfungen oder der Prüfling selbst oder sein Umfeld stellen erhöhte Erwartungen. Wer im Laufe seines Lebens die Erfahrung gemacht hat, es anderen nicht recht machen zu können und bestraft wurde, wenn die erwünschten Leistungen nicht erbracht wurden, kann aufgrund dieser Erfahrungen Situationen, in denen Leistung gefordert ist, deshalb als bedrohliche Situationen einschätzen.

Ähnlich kann es Menschen ergehen, deren Eltern Sorge hatten, was Nachbarn und Verwandte von ihnen denken könnten. Auf diese Weise lernen sie, sich nach den Erwartungen anderer zu richten und keine eigenen Maßstäbe zu entwickeln. Durch frühere Negativerlebnisse wird das Selbstvertrauen geschwächt und Prüfungssituationen lösen fortan Ängste aus. Auch eine generelle Negativerwartung kann eine Rolle spielen (Selbsterfüllende Prophezeiung).

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Prüfungsangst ist eine Mischung aus körperlichen und seelischen Beschwerden. Manche Menschen reagieren schon auf die Ankündigung einer Prüfung mit innerer Unruhe und Angstgefühlen, manchmal schon mehrere Wochen vor der Prüfung bis hin zum Prüfungstag.

Hier muss unterschieden werden zwischen einer gewöhnlichen Prüfungsangst und einer Prüfungsangst, die therapiebedürftig sein kann. Eine normale Prüfungsangst führt dazu, sich angemessen auf die Prüfung vorzubereiten. Wenn die Prüfungsangst sehr stark ist, kann sie zu einer depressiven Grundstimmung und einer starken Unsicherheit führen.

Konzentrationsstörungen, ein blockiertes Gedächtnis und negative Denkschleifen können dazu führen, dass das Gelernte nicht abrufbar ist. Oft kommt es darüber hinaus zu körperlichen Symptomen wie starkes Schwitzen, Frösteln oder Zittern, Kopfschmerzen, erhöhter Blutdruck und Schlafstörungen. Manche müssen sogar beruhigende Medikamente einnehmen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Um eine normale Nervosität von einer starken Prüfungsangst zu unterscheiden, ist eine sorgfältige Diagnostik erforderlich. Betroffene haben meistens einen längeren Leidensdruck, bevor sie professionelle Hilfe suchen. Die Symptome Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und körperliche Probleme wie starkes Schwitzen, Zittern sind noch kein ausreichender Hinweis auf eine Prüfungsangst, weil diese Symptome auch bei anderen Angststörungen wie der sozialen Phobie auftreten.

Da bei Prüfungsangst meistens verschiedene Faktoren zusammenspielen, ist sie nicht leicht zu diagnostizieren und erfordert ausführliche Gespräche und eine Eingrenzung, was genau bei der Prüfung die Angst auslöst. Das wichtigste diagnostische Mittel sind deshalb Fragen an die Betroffenen, unter Umständen auch spezielle Diagnose-Fragebögen. Nur wenn der eigentliche Angstauslöser eingegrenzt werden kann, lässt sich die Angst sinnvoll behandeln.

Komplikationen

Während sich eine leichte Prüfungsangst meist nicht unbedingt negativ auswirkt, sondern sogar dazu beitragen kann, dass Kandidaten sich ausreichend gründlich auf eine Prüfung vorbereiten, hat eine starke Prüfungsangst genau den gegenteiligen Effekt. In schweren Fällen leiden die Betroffenen bereits Monate vor dem Prüfungstermin unter Symptomen wie allgemeinem Unwohlsein, Appetitlosigkeit, diffusen Angstzuständen und Schlaflosigkeit.

Die Betroffenen fühlen sich mutlos und sind der Überzeugung, den Prüfungsstoff nicht bewältigen zu können. In extremen Fällen treten auch körperliche Symptome wie erhöhter Blutdruck, Hitzewallungen und chronische Kopfschmerzen hinzu. Konzentrationsstörungen in Verbindung mit einem blockierten Gedächtnis und negativen Denkschleifen sorgen dann dafür, dass das Gelernte nicht abrufbar ist und sich die negative Erwartungshaltung erfüllt.

Die Betroffenen sind dann nicht mehr in der Lage, sich aus diesem Negativkreislauf zu befreien und benötigen unbedingt professionelle Hilfe. Am besten von einem auf die Störung spezialisierten Psychotherapeuten. Eine typische Komplikation bei Prüfungsangst sind außerdem Depressionen, die meist sowohl medikamentös als auch therapeutisch behandelt werden müssen.

Manche Betroffenen entwickeln ein Burn-out-Syndrom, das mit völliger körperlicher und geistiger Erschöpfung einhergeht. In diesen Fällen dauert der Genesungsprozess meist mehrere Monate. Die Patienten sind fast immer gezwungen, ihre Ausbildung zu unterbrechen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn vor einer Prüfung oder einem öffentlichen Auftritt Symptome wie Herzrasen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Schwindel oder Enge im Hals auftreten, handelt es sich oft um Prüfungsangst. Ein Arztbesuch ist angezeigt, wenn sich die Beschwerden immer wieder in ähnlichen Situationen zeigen. Sollte die Prüfungangst sich negativ auf die Leistung auswirken, ist ebenfalls ärztlicher Rat gefragt. Menschen, die an einer Angststörung leiden oder körperliche Erkrankungen haben, die das Leiden verstärken, sollten mit einem Fachmann über die Symptome sprechen.

Die richtige Anlaufstelle ist ein Psychologe oder Psychotherapeut. Ein Yogakurs oder Krankengymnastik können dabei helfen, den inneren Druck zu reduzieren. Bei chronischer Prüfungsangst liegt womöglich eine seelische Erkrankung zugrunde, die behandelt werden muss. Sollte es infolge der Prüfungsangst zu einem Kreislaufzusammenbruch kommen, muss der Notarzt eingeschaltet werden. Der Betroffene sollte umfassend ärztlich behandelt und untersucht werden, um körperliche Ursachen auszuschließen. Eine Panikattacke bedarf zudem einer therapeutischen Aufarbeitung gemeinsam mit einem Psychologen oder einer anderen Vertrauensperson.

Behandlung & Therapie

Menschen mit großer Prüfungsangst können viel dazu beitragen, sich selbst den größten Druck zu nehmen. Eine wichtige Grundvoraussetzung zum Abbau der Angst ist intensives Lernen und Üben vor der Prüfung. Das gibt innere Sicherheit. Statt permanent über ein mögliches Versagen nachzudenken und sich in eine Hoffnungslosigkeit hineinzumanövrieren, könnten sie sich selbst ermutigen, dass sie die Prüfung schaffen können.

Da bekanntlich in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnt, ist es wichtig, auch auf den Körper zu achten, sich gut zu ernähren und bei Bedarf längerfristig Entspannungsverfahren einzuüben. Lernen in letzter Minute ist kontraproduktiv und steigert die Angst, hilfreicher ist es, den Prüfungstag ruhig angehen zu lassen. In der Prüfung selbst hilft es, sich zunächst die einfacheren Aufgaben vorzunehmen und am Schluss die schwereren zu lösen.

Sehr nervöse Menschen sollten sich bewusst machen, dass es bei einer Prüfung nicht um Leben und Tod geht, sondern schlimmstenfalls um eine schlechte Note oder eine Wiederholung der Prüfung. Wer extremen Leidensdruck hat, kann sich pflanzliche Beruhigungsmittel verschreiben lassen oder therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Eine gewisse Nervosität gehört allerdings dazu, sonst würde vermutlich niemand das Lernen auf sich nehmen.


Vorbeugung

Die wichtigste Vorbeugung ist eine ausreichende Vorbereitung auf die Prüfung. Wer den Lernstoff beherrscht, gewinnt innere Sicherheit und traut sich die Prüfung leichter zu. Eine weitere Möglichkeit, Ängste zu reduzieren, ist das Erlernen von Entspannungstechniken. Bei regelmäßiger Übung können sie wirkungsvoll Ängste reduzieren. Hilfreich ist es auch, sich von anderen Menschen abfragen zu lassen. Auf diese Weise wird deutlich, was schon beherrscht wird und was noch gelernt werden muss.

Nachsorge

Auch wenn die Prüfungsangst erfolgreich therapiert wurde, kann es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Rückfall kommen. Daher ist es nach abgeschlossener Therapie sinnvoll, die erlernten Strategien immer wieder zu trainieren. Der Patient hat in der Therapie in der Regel auch gelernt zu erkennen, wodurch seine Angst verstärkt wird. Diese ungünstigen Angstverstärker können oftmals gezielt vermieden werden.

Ist eine Vermeidung nicht möglich oder erscheint nicht sinnvoll, kann der Patient sich der Angst gezielt stellen. Dabei helfen die während der Therapie erlernten Übungen und Denkweisen. Verschlimmert sich die Angst mit der Zeit erneut, kann eine weitere Therapie sinnvoll sein. Vor allem, wenn es nach einer längeren Zeit ohne Prüfungen erneut zu Prüfungssituationen kommt, kann eine Auffrischung der Therapieinhalte nötig werden.

Einige Patienten neigen auch nach einer erfolgreichen Therapie dazu, Prüfungen zu umgehen, indem sie zum Beispiel beruflich nicht so weit aufsteigen, wie sie eigentlich könnten. Dass dies eine Vermeidungstaktik ist, wird dabei häufig verleugnet. Hier ist es wichtig, dass die Betroffenen ehrlich zu sich selbst sind und immer wieder aktiv hinterfragen, ob die Prüfungsangst wirklich keinen entscheidenden Einfluss mehr auf ihr Leben hat.

Das können Sie selbst tun

Leichte Prüfungsangst lässt sich oft gut durch Selbsthilfe bewältigen. Dabei ist es wichtig, die angstverursachenden Situationen nicht zu vermeiden, da die Vermeidung die Angststörung verstärkt. Als Erstes können Betroffene ihre Angsthierarchie analysieren. Dabei geht es um die Frage: Welche Situationen lösen die Angst aus? Typische Punkte sind:

  • das Warten kurz vor der Prüfung
  • der Vorabend oder Morgen vor der Prüfung
  • die Prüfung an sich
  • das Lernen vor der Prüfung
  • die Anmeldung zur Prüfung
  • an die Prüfung denken

Weitere Situationen rund um die Prüfung können hinzukommen. In der persönlichen Angsthierarchie werden die Angstauslöser danach sortiert, wie stark sie Angst verursachen. Diese Reihenfolge muss keinen logischen Kriterien folgen.

Es gibt zwei grundsätzliche Ansätze zur Selbsthilfe bei Prüfungsangst. Der eine basiert darauf, die Angst ohne Hilfsmittel auszuhalten. Der andere Ansatz greift auf Techniken zurück, die Angst reduzieren können. Hier können zum Beispiel ein Knetball oder ein Riechöl nützlich sein. Wenn möglich, setzen sich die Betroffene zunächst der Situation aus, die am wenigsten Angst verursacht. Sie können sich die Situation auch erst einmal nur vorstellen. Die Konfrontation ist erst vorbei, wenn die Angst vollständig zurückgegangen ist.

Diese Übung sollte nicht vorzeitig abgebrochen werden, da ein Abbruch die Angststörung verschlimmern kann. Bei schwerer Prüfungsangst ist es deshalb sinnvoll, diese Konfrontation nicht selbst durchzuführen, sondern therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Verhaltenstherapeuten arbeiten oft mit der hier beschriebenen Methode, können den Patienten jedoch gezielt unterstützen und auf die Konfrontation vorbereiten. Regelmäßige Entspannungsübungen können die Angst ebenfalls verringern.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015

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