Psychoneuroimmunologie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Psychoneuroimmunologie, auch als Psychoimmunologie oder abgekürzt als PNI bezeichnet, befasst sich interdisziplinär mit drei Feldern. Sie möchte die Wechselwirkungen zwischen Immunsystem, Nervensystem und Psyche erforschen. Da hier viele Fragen noch ungeklärt sind, wird in der Psychoneuroimmunologie noch Grundlagenforschung betrieben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Psychoneuroimmunologie?

Die Psychoneuroimmunologie erforscht die Wechselwirkungen zwischen Immunsystem, Nervensystem und Psyche.

Seit 1974 nachgewiesen wurde, dass das Immunsystem nicht unabhängig vom Nervensystem arbeitet, hat sich die Psychoneuroimmunologie zu einem beliebten Forschungsthema entwickelt. Die Erkenntnis, dass die Botenstoffe, die durch das Nervensystem ausgeschüttet werden, auch auf das Immunsystem einwirken, und die Botenstoffe des Immunsystems ebenfalls mit dem Nervensystem interagieren, erlaubt Rückschlüsse auf die Mechanismen psychosomatischer Krankheiten.

Die Hauptfrage ist hierbei der Effekt von psychischen Veränderungen auf die Funktionsweise von dem Immunsystem und seiner Abwehrfähigkeit von Infektionskrankheiten. Auch die Frage, wie Stress entsteht, und warum der Körper für Infektionen anfälliger ist, wenn er gestresst ist, lässt sich mit den Methoden der Psychoneurologie untersuchen.

Behandlungen & Therapien

In der Hirnanhangsdrüse, aber auch den Immunzellen und den Nebennieren, sind sowohl Botenstoffe aus dem Immunsystem als auch aus dem Nervensystem tätig. Bei Stress sinkt die Konzentration von Immunkörpern; bei chronischen Stress kommt es sogar zu einer Ausschüttung von Immunsuppressiva, also von Stoffen, die das Immunsystem unterdrücken.

In der Forschung zur Psychoneuroimmunologie werden zur Zeit weitere Thesen geprüft, die aufgrund eines Zusammenhangs von Immunsystem und Nervensystem vermutet werden; Forscher gehen davon aus, dass auch Ängste und Depressionen aufgrund von Interaktionen des Nervensystems mit dem Immunsystem entstehen. Bei Depressionen ist beispielsweise die Aktivität der sogenannten "NK-Zellen" eingeschränkt. Diese sind ein Teil des Immunsystems und werden umgangssprachlich auch als "Killerzellen" bezeichnet - sie erkennen Tumorzellen und vernichten diese. Auch bei Angststörungen scheint es einen Zusammenhang zwischen Nervensystem und Immunsystem zu geben. Hier ist eine Verminderung der Lymphozyten-Produktion zu erkennen. Doch auch auf diesem Gebiet befindet sich die Erfassung momentan noch im Stadium der Grundlagenforschung.

Die Psychoneuroimmunologie befasst sich nicht nur mit negativen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit von Immunsystem und Nervensystem auf die Psyche, sondern versucht auch zu ergründen, welche Faktoren eine gute Zusammenarbeit der Regelkreise unterstützen. Die überraschende Erkenntnis: Alleine das Betrachten von lustigen Videos kann dazu führen, dass das Immunsystem vermehrt Antikörper ausschüttet, die die betreffende Person von Infektionen wie z.B. einer Erkältung schützen. Das Empfinden von positiven Gefühlen hat also einen positiven Effekt auf die Immunabwehr, genauso wie auch soziale Bindungen, Optimismus und ein gutes Selbstwertgefühl das Immunsystem bei seiner Arbeit unterstützen. Seit etwa 20 Jahren hat sich die Schulmedizin von der Ansicht verabschiedet, dass es einen strikten Dualismus zwischen Körper und Seele gebe.

Die Erkenntnisse aus der Psychoimmunologie stützen die Ansicht, dass es zwischen Körper und Seele eine Vielzahl an bislang nicht erforschter Wechselwirkungen gibt. Zur ganzheitlichen Behandlung einer Krankheit muss deswegen nicht nur die organische Ursache bekämpft werden, sondern auch das psychische Wohlbefinden des Patienten muss in den Fokus rücken. Die Psychoneuroimmunologie ermittelt durch ihre Forschung die passenden Methoden hierfür, und lenkt den Blick auf die Zusammenhänge von Psyche und einzelnen Krankheiten.

So ist nach einem Herzinfarkt häufig eine Depression des Patienten zu beobachten. Auch dies könnte mit bestimmten Botenstoffen zusammenhängen, die das Nervensystem ausschüttet. Als Behandlung ist hier eine kognitive Umstrukturierung sinnvoll. Hierbei lernt der Patient durch z.B. eine Verhaltenstherapie, die Gedanken, die sich aus der Depression ergeben, in positive Gedanken und Verhaltensweisen umzuwandeln, was sich auf einen ganzheitlichen Heilungsprozess auswirkt.


Diagnose & Untersuchungsmethoden

Die Erkenntnisse aus der Psychoimmunologie haben sich in der Therapiemethode der "Mind-Body-Medizin" niedergeschlagen. Die Patienten erlernen hier verschiedenen Entspannungsübungen, z.B. Atemtechniken oder Autogenes Training. Damit können sie gezielt gegen die Reaktionen ankämpfen, die Stress auf ihr Immunsystem hat.

Weitere Therapieziele, die sich aus den Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie ergeben haben, ist durch die Etablierung eines ausgewogenen Lebensstils Stress gar nicht entstehen zu lassen. So kann der Heilungsprozess besser ablaufen. Die Forschung zur PNI befasst sich auch mit Selbstheilungskräften und der Mobilisierung dieser durch eine positive Grundeinstellung und eine ausgewogenen Psyche. Um wissenschaftliche Beweise für Selbstheilungskräfte und die Auswirkungen der Psyche auf das Immunsystem zu ermitteln, werden in Studien die Wechselwirkungen der Botenstoffe auf ihrer Molekülbasis untersucht.

Die verschiedenen Reaktionen des Körpers auf Stress - z.B. ein hoher Blutdruck, Herzrasen, Muskelanspannungen - werden in Verbindung zu organischen und psychologischen Mechanismen gebracht und schließlich experimentell nachgewiesen, um verlässliches Material zu gewinnen, mit dem passgenaue Behandlungsmethoden entworfen werden können. Bei den Versuchen greift man auf Zellkulturen zurück, deren Reaktion auf die Gabe verschiedener Botenstoffe untersucht wird. Auch mit Tierversuchen kommt man zu entsprechenden Erkenntnissen. In der Psychoimmunologie sind allerdings auch individuelle Reaktionen des menschlichen Körpers von Interesse.

Der Versuchsaufbau sieht hier neben regelmäßigen Untersuchungen des Blutes der Versuchspersonen auf die Konzentration der Immunzellen und auf Immunsuppressiva auch eine Befragung zu aktuellen Lebensumständen vor. So soll die psychische Gesundheit und das Stresslevel in Erfahrung gebracht werden. Hierzu erhalten die Versuchspersonen entweder entsprechende Fragebögen, die sie regelmäßig ausfüllen müssen, oder aber sie werden in Gesprächen zu ihrem psychischen Wohlbefinden befragt. So kann der Zusammenhang von bestimmten Reaktionen des Immunsystems zum Wohlbefinden ermittelt werden.

Quellen

  • Hennig, J.: Psychoneuroimmunologie. Hogrefe, Göttingen 1998
  • Schedlowski, M., Tewes, U.: Psychoneuroimmunologie. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin 1996,
  • Schubert, C.: Psychoneuroimmunologie und Psychotherapie. Schattauer Verlag, Stuttgart 2011

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