Pyämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Pyämie

Bei einer Pyämie handelt es sich um eine besonders schwere Form der Blutvergiftung (Sepsis), bei der die durch den Blutfluss transportierten Krankheitskeime sekundär auch andere Organe befallen. Die Prognose ist im Allgemeinen noch ungünstiger als bei einer gewöhnlichen Sepsis.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Pyämie?

Eine Pyämie wird durch den massiven Eintritt von Krankheitserregern wie Streptococcus pyogenes, Staphylococcus pyogenes, Staphylococcus aureus oder Neisseria in die Blutbahn hervorgerufen.
© greenvector – stock.adobe.com

Die Pyämie wird auch als metastierende Allgemeininfektion bezeichnet, weil massenhaft Krankheitserreger über die Blutbahn andere Organe infizieren. Die Krankheitserreger streuen ähnlich über die Blutbahn wie die Krebszellen bei einer Krebsgeschwulst. In diesem Sinne kann die Pyämie als besonders schwere Form einer Sepsis betrachtet werden.

Bereits die gewöhnliche Sepsis stellt ein schwerwiegendes Krankheitsbild dar. Sie zeichnet sich durch komplexe systemische Entzündungsreaktionen aufgrund einer massiven Infektion mit Bakterien, Bakterientoxinen sowie Pilzen aus. Bei der Pyämie gelangen jedoch zusätzlich Krankheitserreger im Rahmen einer embolieartigen Verschleppung über das Blut in Lunge, Herz, Milz, Leber, Nieren, in die Gelenke oder ins Gehirn.

Dort bilden sich ebenfalls Infektionsherde aus, die wiederum streuen können und den gesamten Krankheitsprozess noch verschärfen. Überall im Körper bilden sich Abszesse. Ein typisches Beispiel für eine Pyämie stellt unter anderem das Kindbettfieber dar. Beim Kindbettfieber dringen über eine große Wundfläche in der Plazenta unterschiedliche Krankheitserreger in den Organismus ein und verursachen Entzündungen in Bauchfell, Gebärmutter, Darm und anderen Organen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Entdecker des Kindbettfiebers, der ungarische Arzt Ignaz Philipp Semmelweis, im Jahre 1865 selber an einer Pyämie verstarb.

Ursachen

Eine Pyämie wird durch den massiven Eintritt von Krankheitserregern wie Streptococcus pyogenes, Staphylococcus pyogenes, Staphylococcus aureus oder Neisseria in die Blutbahn hervorgerufen. Diese breiten sich im gesamten Organismus aus und verursachen die Symptome einer Sepsis, die mit einer zusätzlichen Infektion weiterer Organe einhergeht. Somit wird der Organismus bei einer Pyämie sowohl durch die systemischen Entzündungsreaktionen als auch durch den zusätzlichen Befall weiterer Organe mit Krankheitskeimen beeinträchtigt.

Bei einem Kindbettfieber dringen diese Erreger beispielsweise über den durch den Geburtsvorgang geöffneten Muttermund ein. Über den Muttermund besteht eine direkte Verbindung von der Vagina zur Gebärmutter. Selbst bei guten hygienischen Bedingungen ist es für die Krankheitserreger leicht möglich, die Gebärmutter zu infizieren. Allerdings sorgt der Wochenfluss normalerweise für einen Rücktransport der Keime.

Das ist jedoch nicht der Fall bei einem zu schwachem Wochenfluss und zu schwachen Nachwehen. Auch andere Formen der Pyämie werden über Wunden übertragen. Sowohl die Ausbildung einer Sepsis als auch die einer Pyämie sind von drei Faktoren abhängig. Zu diesen Faktoren zählen die Virulenz der Keime, der Zustand des Immunsystems und die Art der Reaktion des Organismus. Es spielt auch eine Rolle, wo und wie die Krankheitserreger in den Organismus eindringen.

Über Wunden gelangen sie sofort ins Blut. Organe wie Hirn, Lunge oder Bauchhöhle sind auch bei harmlosen Infektionen schlecht geschützt, sodass sich die Keime dort schnell ausbreiten können. Menschen mit geschwächtem Immunsystem besitzen selbstverständlich ein höheres Risiko, an einer Sepsis oder gar einer Pyämie zu erkranken. Wenn eine große Zahl an Krankheitserregern in die Blutbahn gelangt, hilft aber oft auch ein starkes Immunsystem nicht mehr, um eine Pyämie abzuwenden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Pyämie ist wie die Sepsis durch hohes intermittierendes Fieber, gesteigerte Atemfrequenz, schwere Bewusstseinsstörungen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Schüttelfrost, hohe Herzfrequenz, sehr niedrigen Blutdruck und gegebenenfalls einen septischen Schock gekennzeichnet. Überall im Körper bilden sich Abszesse. Unbehandelt führt die Pyämie immer zum Tod.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei der Diagnostik ist die Untersuchung auf die verursachenden Krankheitserreger und dem Ursprung der Infektion besonders wichtig. Zur Bestimmung der Krankheitserreger werden Blutkulturen gezüchtet. Des Weiteren ist die Erstellung eines Blutbildes notwendig. Im Rahmen einer Blutgasanalyse können Aussagen über die Gasverteilung von Kohlendioxid und Sauerstoff sowie den Säure-Basen-Haushalt gemacht werden.

Während der Pyämie ist eine Kontrolle verschiedener Verlaufsparameter notwendig. Dazu zählen unter anderem regelmäßige Untersuchungen von Blutkulturen, Blutdruckkontrollen, Bestimmungen der Blutgase, Lungenfunktionstest und vieles mehr.

Komplikationen

Im schlimmsten Fall kann es bei einer Pyämie zum Tod des Betroffenen kommen. In der Regel kommt es dazu allerdings erst dann, wenn die Krankheit nicht behandelt wird. Dabei werden die inneren Organe von den Erregern befallen und können damit irreversibel geschädigt werden. Die Patienten leiden dabei durch die Pyämie an einem sehr hohen Fieber. Das Fieber klingt dabei auch mit Hilfe von Medikamenten nicht ab.

Auch die Atemfrequenz der Betroffenen ist bei der Pyämie nicht selten gestört und es kommt zu Störungen des Bewusstseins und möglicherweise auch zu einem Bewusstseinsverlust. In den meisten Fällen leiden die Betroffenen dabei auch an Übelkeit oder Erbrechen. Neben dem Fieber tritt auch Schüttelforst auf und die Betroffenen leiden an Bluthochdruck. Ohne Behandlung führt die Pyämie in der Regel zum Tod des Patienten.

Besondere Komplikationen bei der Behandlung der Pyämie treten in der Regel nicht auf. Die Krankheit kann mit Hilfe von Antibiotika relativ gut behandelt werden. Je früher die Krankheit diagnostiziert und behandelt wird, desto besser sind die Aussichten auf eine vollständige Heilung des Patienten. In schwerwiegenden Fällen sind möglicherweise Organtransplantationen notwendig.

Behandlung & Therapie

Da die Pyämie eine Notfallsituation darstellt, muss die Behandlung bereits vor der vollständigen Bestimmung der Krankheitserreger gestartet werden. Je früher die Therapie beginnt, desto größer ist auch die Überlebenswahrscheinlichkeit. So muss zunächst eine breite Auswahl an Antibiotika verabreicht werden, um das gesamte Erregerspektrum zu erreichen.

Nach der Resistenzprüfung kann dann auf das spezifisch angepasste Antibiotikum gewechselt werden. Der Infektionsherd muss außerdem chirurgisch saniert werden. Das gilt auch für die Entfernung der Abszesse in den anderen Organen. Des Weiteren ist es notwendig, den zentralen Venendruck und den arteriellen Mitteldruck durch Infusionen einzustellen.

Zu den weiteren Behandlungsmethoden gehören auch die Gabe von Erythrozyten und die Lungenbeatmung. Oft müssen noch weitere organunterstützende Maßnahmen durchgeführt werden. Trotz intensivster Therapie versterben über 30 Prozent der Erkrankten.


Vorbeugung

Zur Vorbeugung vor einer Pyämie sollten die Risiken einer Infektion gesenkt werden. Wichtig ist dafür die allgemeine Stärkung des Immunsystems, um sich vor Infektionskrankheiten zu schützen. Dazu werden eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, viel Bewegung und wenig Stress empfohlen.

Auch der Genuss von Alkohol sowie das Rauchen sollten eingeschränkt werden. Des Weiteren ist die Einhaltung der hygienischen Standards wie Händewaschen und Desinfektion sehr wichtig. Das gilt besonders beim Kontakt mit schwer erkrankten Personen. Zur Vermeidung von Kindbettfieber sollten unter anderem Geburten immer unter ärztlicher Kontrolle stattfinden.

Nachsorge

Wurde eine Pyämie erfolgreich behandelt, ist eine gute Nachsorge wichtig, um das erneute Entstehen einer Pyämie oder einer Sepsis (Blutvergiftung) und Folgeerkrankungen wie Organschäden zu vermeiden. Die Organe, die von der Pyämie betroffen waren, sollten regelmäßig untersucht werden. Dies erfolgt je nach Organ mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, MRT, CT und Röntgen.

Darüber können aber nur äußere Organschäden entdeckt und die Ausheilung der Schäden, die die Pyämie verursacht hat, überwacht werden. Die Organfunktion sollte allerdings ebenfalls überwacht werden, da auf lange Sicht als Folge der Pyämie Einschränkungen möglich sind. Dies erfolgt über regelmäßige Kontrollen der Organwerte im Blut. Sollte das Gehirn von der Pyämie befallen gewesen sein, können Langzeitfolgen oft nicht über Blutkontrollen nachgewiesen werden.

Die Entstehung von neurologischen Symptomen wie neuartigen Kopfschmerzen, die ohne ersichtlichen Grund auftreten, Muskelzittern oder Lähmungserscheinungen kann eine Spätfolge der Pyämie sein und sollte sofort nach dem ersten Auftreten mit dem betreuenden Arzt abgeklärt werden. Bereits entstandene Organschäden müssen auch nach der Behandlung der Pyämie gesondert therapiert werden.

Liegt eine entzündliche Hauterkrankung als Grunderkrankung vor, muss diese nachhaltig dermatologisch behandelt werden. Falls eine solche Grunderkrankung vorliegt, sollte außerdem ein hoher Hygienestandard eingehalten werden, um das Ausbreiten von Bakterien auf der Haut zu verhindern.

Quellen

  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

Das könnte Sie auch interessieren