Refluxnephropathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Refluxnephropathie beschreibt eine Nierenerkrankung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass es zu einem Rückfluss von Urin in die oberen Harnwege kommt. Das kann zu unterschiedlichen Beschwerden und Komplikationen der Nierenfunktion führen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Refluxnephropathie?

Häufig kommt es zu Infektionen wie Harnwegsinfekten, Blasenentzündungen, Wachstumsstörungen bei Kindern und Entzündungen des Nierenbeckens.
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Der vesikourethrale Reflux beschreibt den Rückfluss von Urin entgegen seiner natürlichen Richtung.

Ist er in der Harnblase angekommen, läuft er zurück durch die Harnleiter bis schließlich in die Nieren.

Das führt zu zahlreichen Beschwerden und Beeinträchtigungen der Nierenfunktion bis hin zu ihrer Schädigung.

Meist ist die Refluxnephropathie dadurch gekennzeichnet, dass es zu häufigen Infektionen der Harnwege sowie Nierenbeckenentzündungen kommt.

Diese können sehr schmerzhaft sein und bergen gesundheitliche Gefahren. Manchmal kommt es auch zu Flankenschmerzen.

Ursachen

Ursache für die sogenannte Refluxnephropathie ist der Rückfluss von Harnflüssigkeit in das Nierenbecken. Es sind häufig fehlgebildete Harnwege verantwortlich, die bereits angeboren sind. Bei gesunden Harnleitern wird die Flüssigkeit in peristaltischer Wellenform der Muskeln aus den Nieren direkt in die Harnblase geleitet. Es ist im Normalfall nicht möglich, dass Harnflüssigkeit zurückfließen kann, da die Bewegungen in entgegengesetzter Richtung stattfinden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Refluxnephropathie kann unterschiedliche Komplikationen auslösen. Häufig kommt es zu Infektionen wie Harnwegsinfekten, Blasenentzündungen, Wachstumsstörungen bei Kindern und Entzündungen des Nierenbeckens. Nierenbeckenentzündungen verursachen neben der Beeinträchtigung der Nierenfunktion auch Schmerzen und Fieber.

Der Patient fühlt sich insgesamt sehr schlecht. Bei der Entzündung der Blase tritt in aller Regel ein schmerzhaftes Brennen in den Harnwegen auf. Die Ursache für die Refluxnephropathie sind angeborene Defekte im Ureterostiumverschluss. Hier sind die Ureter verkürzt und lösen so die typischen Beschwerden aus. Die Harnflüssigkeit wird bis in die Nieren zurückgedrückt.

Dadurch können außerdem verschiedene Krankheitserreger eindringen, die dann weitere Nierenerkrankungen auslösen. Der Druck in den Nieren ist permanent erhöht. Aus diesem Grund erweitern sich die Harnwege in den Nieren. Auch dieser Umstand trägt dazu bei, dass Keime und Bakterien leichter eindringen können.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Diagnostizieren lässt sich die Refluxnephropathie am einfachsten mittels Ultraschall. Der Arzt hat die Möglichkeit, so die Fehlbildungen und pathologischen Engpässe sicher festzustellen. Schmerzen werden bei der Untersuchung nicht verursacht. Manchmal ist es auch notwendig, einen Blasenkatheter zu legen, allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum.

Dieser reicht vom Harnröhrenausgang bis in die Blase. Er verursacht lediglich ein unangenehmes Gefühl, schmerzt aber nicht. Gegebenenfalls wird der Blase über den Katheter ein Kontrastmittel zugeführt. So hat der Arzt die Möglichkeit über Röntgenaufnahmen zu sehen, ob und wie viel Harnflüssigkeit zurückläuft.

Komplikationen

Eine Refluxnephropathie kann zu verschiedenen Komplikationen führen. Häufig treten Harnwegsinfekte, Blasenentzündungen und chronische Schmerzen auf. Typisch sind auch Entzündungen des Nierenbeckens, die neben der Beeinträchtigung der Nierenfunktion auch Fieber, Kreislaufbeschwerden und weitere Infekte hervorrufen können. Liegen unerkannte Erkrankungen vor oder nimmt der Patient bestimmte Medikamente ein, können sich unter Umständen schwerwiegende Beschwerden des Herz-Kreislauf-Systems einstellen.

Generell führt die Erkrankung zu einer Abnahme des Wohlbefindens und der Lebensqualität des Betroffenen. Bei länger andauernden Erkrankungen können daraus ernste seelische Leiden entstehen, die einer eigenständigen Behandlung bedürfen. Bei Kindern kann die Nierenerkrankung Wachstumsstörungen verursachen. Typische Komplikationen bei der Behandlung sind Neben- und Wechselwirkungen durch Antibiotika sowie Infektionen und Verletzungen durch einen chirurgischen Eingriff.

Vor allem eine Harnleiterneuimplantation ist risikobehaftet, da es durch die Narbenbildung zu einer Verengung der Blutgefäße kommen kann. Muss ein Katheter gelegt werden, so kann dies ebenfalls zu Infektionen, Verletzungen am Gewebe und Blutungen führen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich wunde Stellen entzünden. In Einzelfällen kommt es zu einer weiteren Reizung der Harnwege, die ihrerseits mit Komplikationen verbunden ist.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer Refluxnephropathie ist immer eine Behandlung notwendig. Diese Erkrankung kann nicht durch Mittel der Selbsthilfe behandelt werden und kann unbehandelt zu verschiedenen Beschwerden und Komplikationen führen. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Patient dauerhaft an einer Blasenentzündung leidet. Dabei können Kinder auch Störungen im Wachstum oder im Gedeihen aufzeigen und leiden sehr häufig an Fieber.

In der Regel ist auch eine eingeschränkte Funktion der Nieren ein eindeutiges Zeichen der Refluxnephropathie und sollte daher auf jeden Fall von einem Arzt untersucht werden. Dabei kommt es zu einem brennenden Gefühl in den Harnwegen und zu einer deutlich verringerten Lebensqualität des Patienten. Im schlimmsten Fall erleidet der Betroffene eine vollständige Niereninsuffizienz, an welcher er auch versterben kann.

Die Behandlung der Refluxnephropathie erfolgt in der Regel durch einen Urologen oder durch einen Internisten. In akuten Notfällen ist dabei das Krankenhaus aufzusuchen oder der Notarzt zu rufen. Eine frühe Diagnose und Behandlung wirken sich immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus.

Behandlung & Therapie

Die Refluxnephropathie kann die Nieren der Betroffenen schädigen. In einem solchen Fall wird meist eine Operation notwendig. Die Insuffizienz der Nieren lässt sich nicht mehr beheben. Im schlimmsten Fall werden regelmäßige Dialysen oder eine Nierentransplantation erforderlich. Wie stark die Nieren geschädigt wurden, kann mit einer Blutuntersuchung festgestellt werden.

Blasen- und Nierenentzündungen werden mit verschiedenen Antibiotika behandelt. Meist aber wird eine Operation unumgänglich. Liegt der Defekt in einer Stelle, in der die Harnleiter münden, kann mittlerweile die Endoskopie eingesetzt werden. Das Endoskop wird in die Harnröhre eingeführt. Der Arzt hat dann die Möglichkeit mit einer kleinen Kamera in die Blase zu sehen. Mit diesem Verfahren können aber auch Behandlungen durchgeführt werden.

Das Endoskop arbeitet sehr präzise und erlaubt es, Substanzen in die Harnleitungswege zu injizieren, um die Öffnungen der Mündungen zur Niere zu schließen. Somit wird der Rückfluss verhindert. Trotzdem muss immer dann operiert werden, wenn diese Öffnungen zu groß sind und sich nicht schließen lassen. Die Operation stellt einen invasiven Eingriff dar, bei dem die Bauchdecke geöffnet wird.

Chirurgisch werden dabei die Harnleiter mit der Blase verbunden, und zwar an der dafür vorgesehenen Stelle. Dieser Eingriff wird als Harnleiterneuimplantation bezeichnet und wird bei einer Refluxnephropathe nicht selten notwendig. Sofern die Beschwerden aber an Engpässen in den Harnleitern auftreten, wird die Entfernung der verengten Stellen angestrebt. Die Harnleiter werden im Anschluss wieder miteinander verbunden.

Als letztes Mittel bleibt häufig aber nur noch die Nieren- und Harnleiterentfernung. Das wird immer dann notwendig, wenn die Nierenleistung unter 20 Prozent fällt oder die Funktion vollkommen zum Erliegen kommt. Allerdings kommt dies nur selten vor. Von großer Bedeutung ist bei der Refluxnephropathie also eine frühzeitige Behandlung.


Vorbeugung

Einer Refluxnephropathie ist nur schwer vorzubeugen. Es handelt sich um einen angeborenen Defekt bezüglich der Öffnung der beiden Harnleiter zu Blase und Niere. Diese Fehlbildung tritt am häufigsten auf. Manchmal wird eine Operation notwendig, um den Defekt zu beheben. Die am meisten auftretenden Beschwerden und Komplikationen sind Infekte der Blase und der Nieren, die durch das erleichterte Eindringen von Keimen begünstigt werden.

Es ist aber durchaus möglich, dass die Refluxnephropathie wenig bis gar keine Beschwerden verursacht, so dass zuweilen nur symptomatisch behandelt werden muss. Bei Kindern kann sich der Defekt auch mit dem Wachstum noch regulieren. Im Erwachsenenalter ist ein operativer Eingriff meist sehr hilfreich.

Zur Vorbeugung von Infektionserkrankungen wie der Blasen- und Nierenbeckenentzündung werden häufig Antibiotika verordnet. Jegliche weitere Vorbeugungsmaßnahmen sind im Grunde nicht möglich, da es sich bei der Refluxnephropathie um eine angeborene Fehlbildung der ableitenden Harnwege handelt, von der auch direkt die Nieren betroffen sind.

Nachsorge

Nach einer erfolgreich behandelten Refluxnephropathie sind bestimmte Nachsorgemaßnahmen erforderlich, die vom Schweregrad und der erfolgten Therapie der Refluxnephropathie abhängen können. Das Wichtigste und in allen Fällen Notwendige ist die regelmäßige Nachsorgeuntersuchung der Nieren sowie der Blase und der Harnwege.

In der Regel erfolgt diese über Ultraschalluntersuchungen beim behandelnden Arzt. Da das Risiko für Harnwegsinfekte bei Personen mit Refluxnephropathie auch nach deren Behandlung erhöht ist, kann zusätzlich eine regelmäßige Kontrolle der Entzündungswerte im Blut hilfreich dabei sein, entstehende Harnwegsinfekte frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig mit Antibiotika zu behandeln, sodass keine Entzündung der Nieren entsteht.

Das Risiko für einen erhöhten Blut- oder Liquordruck ist bei Personen mit Refluxnephropathie auch nach deren erfolgreicher Behandlung erhöht. Dies gilt auch, wenn während der akuten Refluxnephropathie kein zu hoher Blut- oder Liquordruck vorlag. Daher sollten der Blutdruck und der Liquordruck (Nervenwasserdruck) regelmäßig kontrolliert werden.

Liegt ein erhöhter Blutdruck oder ein erhöhter Liquordruck vor, muss dieser gesondert mit Medikamenten behandelt werden, sofern er nicht durch die erfolgreiche Therapie der Refluxnephropathie von alleine sinkt. Bei einer Liquordruckerhöhung kann auch die Entnahme mehrerer Milliliter Liquor während einer Lumbalpunktion und gegebenenfalls das operative Setzen eines Shunts zur Drucksenkung erforderlich sein.

Das können Sie selbst tun

Patienten mit dieser oft durch Fehlbildungen verursachten Erkrankung leiden häufig an schmerzhaften Harnwegsinfektionen und Nierenbeckenentzündungen. Das mindert die Lebensqualität und kann bei Kindern zu Wachstumsverzögerungen führen.

Bei einer akuten Infektion ist es wichtig, die verschriebenen Antibiotika, den Anweisungen des Arztes entsprechend, einzunehmen, da sich die Beschwerden sonst massiv verschlechtern können. Möglicherweise wird der Arzt auch zu einem operativen Eingriff raten.

Davon ungeachtet sollten die Patienten auf einen besonders gesunden Lebensstil achten, um das körpereigene Immunsystem zu unterstützen. Ein gut funktionierendes Immunsystem kann die immer wiederkehrenden Infektionen besser bekämpfen. Zu einem gesunden Lebensstil gehören eine gesunde, vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung mit frischen Zutaten, ausreichend Schlaf und das regelmäßige Trinken von Wasser. Auf Fast Food, Nikotin und Alkohol sollten die Patienten weitgehend verzichten. Auch Bewegung an der frischen Luft, wie Spazierengehen, wandern oder joggen, unterstützt das Immunsystem. Wenn möglich, sollten die Patienten auch Sport treiben. Gerade Mannschaftssport stabilisiert auch die Psyche.

Führen die Beschwerden der Refluxnephropathie zu anhaltenden Verstimmungen, sind psychotherapeutische Begleittherapien angezeigt. Auch der Beitritt zu Selbsthilfegruppen kann helfen. Adressen von in der Nähe gelegenen Selbsthilfegruppen können beim Urologen oder in der behandelnden Klinik erfragt werden.

Quellen

  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010

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