Schnelligkeit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Schnelligkeit

Die Schnelligkeit gehört zu den motorischen Grundeigenschaften. In bestimmten Sportdisziplinen ist sie die prägende Komponente.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Schnelligkeit?

Die Schnelligkeit gehört zu den motorischen Grundeigenschaften. In bestimmten Sportdisziplinen ist sie die prägende Komponente.

Die Schnelligkeit wird in der Sportwissenschaft neben Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit den motorischen Grundeigenschaften zugerechnet. Sie kann in 2 Komponenten aufgeteilt werden, die Aktions- und die Reaktionsschnelligkeit.

Die Abgrenzung zur Schnellkraft, die einen Aspekt von Kraft beschreibt und bisweilen ähnlich definiert wird, erfolgt über die Höhe des Widerstandes. Dementsprechend wird die Aktionsschnelligkeit als die Fähigkeit beschrieben, Bewegungsabläufe bei geringen Widerständen mit maximal möglichem Tempo auszuführen.

Die Reaktionsschnelligkeit ist geprägt durch die Möglichkeit eines Individuums so rasch wie möglich auf einen Reiz mit einer Bewegungshandlung zu antworten. Bewegungen, die mit Höchstgeschwindigkeit ausgeführt werden, sind nur über einen kurzen Zeitraum möglich. Das liegt daran, dass die Speicher, die die nötige Energie bereitstellen, nur kleine Kapazitäten haben.

Keine andere körperliche Leistungskomponente ist so stark genetisch geprägt wie die Schnelligkeit. Sie kann durch intensives Training nur zu 15%-20% verbessert werden.

Neben der ererbten Fähigkeit sind Höchstleistungen von verschiedenen biologischen und physiologischen Voraussetzungen abhängig und der technisch korrekten Ausführung, was wiederum gute koordinative Fähigkeiten verlangt.

Funktion & Aufgabe

Im alltäglichen Leben spielt die Schnelligkeit bei Flucht- und Schutzreaktionen eine Rolle. Im Gegensatz zu Schutzreflexen sind dies bewusste Handlungsabläufe, die nach der Wahrnehmung einer Gefahrensituation in Gang gesetzt werden. Lokale Reaktionen betreffen nur die Reaktionsschnelligkeit. Ein Beispiel dafür ist etwa das Zurückziehen der Hand oder des Beines, wenn ein Hund zubeißen will. Zusätzlich ist auch die Aktionsschnelligkeit gefragt, wenn ein großes Tier aus einer gewissen Entfernung angreift. Die Flucht als Schutzreaktion kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie mit größtmöglicher Geschwindigkeit erfolgt.

Viele Sportarten beinhalten die Schnelligkeit als Teilaspekt der Bewegungshandlung, andere werden komplett von ihr geprägt. Zur besseren Unterscheidung wird die Schnelligkeit in diesem Zusammenhang in 2 Aspekte unterteilt. Die Schnelligkeit bei azyklischen Bewegungen bezieht sich auf Einzelbewegungen. Eine solche Einzelhandlung ist zum Beispiel der Aufschlag beim Tennis, der Schmetterschlag beim Volleyball oder der Sprungwurf beim Handball. Direkt nach dem Schlag ist die Schnelligkeitsaktion beendet und es folgt eine Aktivität mit einer anderen Beanspruchungsform, zum Beispiel die Landung mit der kurzfristigen Einnahme einer stabilen Position.

Die Schnelligkeit bei zyklischen Bewegungen ist dadurch gekennzeichnet, dass die gleichen, immer wiederkehrenden Bewegungsabläufe im Höchsttempo absolviert werden. Alle sportlichen Sprintaktivitäten sind dieser Kategorie zuzuordnen; in der Leichtathletik genauso wie im Schwimmen oder im Bahnradfahren. Die Ausführung solcher Schnelligkeitsanforderungen ist zeitlich begrenzt, da die Energie, die in den Muskelzellen gespeichert ist (ATP-Speicher und KP-Speicher) nur für wenige Sekunden ausreicht. Gut trainierte Sportler können maximal 40 Sekunden diese Schnelligkeitsleistung erbringen, was in etwa einem 400 Meter Sprint in der Leichtathletik entspricht. Danach kann nicht mehr so viel Energie pro Zeiteinheit geliefert werden. Das Bewegunstempo muss deshalb reduziert werden und der Sportler rutscht in den Bereich der Schnelligkeitsausdauer.

Viele Sportarten beinhalten Anteile der azyklischen und der zyklischen Schnelligkeit. Der Grad der Schnelligkeit, den ein Sportler erreichen kann, ist zwar von einem intakten Nerv-Muskel-System und dem Trainingszustand abhängig, wird aber in großem Maße durch die Faserzusammensetzung im Muskel bestimmt.

Es gibt schnell zuckende (fast twitch fibers = FT-Muskelfasern) und langsam zuckende Fasern (slow twitch fibers = ST-Muskelfasern) die in einem genetisch bedingten Mengenverhältnis im Muskel vorliegen, welches durch Training nur wenig beeinflusst werden kann. Je höher der verhältnismäßige Anteil an FT-Fasern ist, desto besser sind die Voraussetzungen für Höchstleistungen im Bereich der Schnelligkeit.


Krankheiten & Beschwerden

Die Möglichkeiten Bewegungen mit der höchst möglichen Geschwindigkeit durchzuführen, hängen direkt mit der Intaktheit der Muskulatur und des Nervensystems zusammen. Schon kleine Störungen verhindern die Höchstleistung. Minimale Verletzungen wie Muskelzerrungen verursachen bei jeder Kontraktion einen hellen, akuten Schmerz, der die Fortführung schneller Bewegungen nicht zulässt.

Bei größeren Verletzungen wie Muskelfaser- oder Bündelrissen, aber auch bei Meniskusläsionen und Bänderrissen entsteht die gleiche Problematik, oft jedoch graduell stärker. Bewegungen sind dann, wenn überhaupt, nur noch langsam möglich. Selbst die Mikroverletzungen, die für einen Muskelkater verantwortlich sind, schränken die Bewegungsschnelligkeit ein.

Verschleißerscheinungen wie Hüft- und Kniearthrosen beeinträchtigen die Beinschnelligkeit auf verschiedenem Wege. Einerseits baut die Muskulatur im Verlauf des Krankheitsprozesses ab und die Leistungsfähigkeit sinkt. Andererseits entstehen Bewegungseinschränkungen, die die Bewegungsamplitude der Beine reduzieren, was bei gleicher Bewegungsfrequenz zu einer Abnahme des Bewegungstempos führt.

Die Muskulatur kann nur dann die Leistung für maximale Schnelligkeit erbringen, wenn sie genügend Energie in kurzer Zeit bekommt. Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes beeinträchtigen genau diesen Prozess. Die Aufnahme von Glucose in die Muskelzellen wird behindert. Dadurch können die ATP-Speicher nach einer körperlichen Aktivität nicht mehr schnell genug aufgefüllt werden und Schnelligkeitsleistungen sind nicht mehr oder nur noch kürzer möglich.

Muskeln brauchen als Antrieb für ihre Tätigkeit Nervenreize. Bleiben diese aus oder kommen nur noch abgeschwächt an, erfolgt keine oder nur noch eine reduzierte Kontraktion. Dies hat negative Auswirkungen auf alle konditionellen Fähigkeiten, auch auf die Schnelligkeit.

Die Nerven können infolge solcher Verletzungen oder Erkrankungen geschädigt sein, die entweder die Leitfähigkeit betreffen oder die Impulserzeugung im Zentralnervensystem. In beiden Fällen ist damit ein erheblicher Funktionsverlust der Muskulatur verbunden.

Periphere Läsionen durch Verletzungen oder der Abbau der Isolierschicht der Nervenfasern, wie bei der Polyneuropathie, verursachen einen kompletten oder inkompletten Funktionsverlust der Muskulatur. Im besten Fall sind dann noch Restfunktionen vorhanden, schnelle Höchstleistungen jedoch nicht mehr möglich.

Erkrankungen des Gehirns wie die Multiple Sklerose, der Schlaganfall oder andere ataktische Erkrankungen beeinträchtigen zwar vor allem die Koordination, dennoch aber auch die anderen motorischen Grundeigenschaften.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Spring, H. et al.: Theorie und Praxis der Trainingstherapie. Thieme, Stuttgart 2008

Das könnte Sie auch interessieren