Beweglichkeit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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In der Medizin ist der Begriff der Beweglichkeit meist mit den Gelenken des Körpers assoziiert. Das Ausmaß der Beweglichkeit wird für Gelenke durch die Neutral-Null-Methode angegeben. Gelenksteife lässt sich auf diese Weise dokumentieren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Beweglichkeit?

Die Beweglichkeit ist im medizinischen Gebrauch oft mit den Gelenken des Körpers assoziiert.

Im Körper des Menschen spielen sich zahlreiche Bewegungsprozesse ab. Viele davon sind unwillkürlich und entziehen sich damit der Einflussnahme, so zum Beispiel die sogenannte Peristaltik von Speiseröhre, Darm, Magen und Harnleiter oder die Bewegung der Atemmuskeln und des Herzmuskels.

Die unwillkürlichen Bewegungsprozesse grenzt die Medizin in der Regel von der aktiven Bewegung im Sinne der Motorik ab. Bei unwillkürlichen Bewegungsprozessen ist mitunter von Motilität die Rede. Davon abzugrenzen ist wiederum die Mobilität. Diese Mobilität entspricht in der engeren Definition der passiven Beweglichkeit und bezieht sich damit auf die körperliche Eigenschaft, passiv zur Bewegung gebracht werden zu können.

Die Beweglichkeit ist im medizinischen Gebrauch oft mit den Gelenken des Körpers assoziiert, die sich passiv bewegen lassen. Zur Erfassung dieser Beweglichkeit dient die Neutral-Null-Methode.

In seiner erweiterten Bedeutung steht der medizinische Begriff der Beweglichkeit allerdings nicht ausschließlich für die passive Bewegungsfähigkeit der Gelenke, sondern umspannt alle Formen der Beweglichkeit. In diesem Zusammenhang kann sich der Begriff zum Beispiel auf die Fähigkeit zur unabhängigen Fortbewegung beziehen, so beispielsweise in der Neurologie. Die erweiterte Begriffsbedeutung umfasst außerdem die Verschiebbarkeit von Gewebe, wie sie bei der Palpation überprüft wird.

Funktion & Aufgabe

In der engeren Definition bezieht sich die Medizin mit dem Begriff der 'Beweglichkeit' oder 'Mobilität' auf die zahlreichen Gelenke des Körpers, die passiv bewegt werden können. In der klinischen Praxis wird die Beweglichkeit einzelner Gelenke anhand der Neutral-Null-Methode ermittelt und als orthopädischer Index angegeben. Die Beweglichkeit des Gelenks entspricht bei der Methode einem dreistelligen Code. Die passive Bewegung findet von der Neutral-Null-Stellung des Gelenks aus statt und wird davon ausgehend in Winkelgraden angegeben. Die erste Ziffer des dreistelligen Codes beschreibt eine Bewegung, die von der Körpermitte wegführt. Solche Bewegungsarten sind zum Beispiel die Extension, die Abduktion, die Pronation, die Retraktion, die Ulnarabduktion, die Elevation und die Retroversion oder die Horizontalextension.

Die zweite Ziffer weicht nur dann von Null ab, wenn sich das jeweilige Gelenk passiv nicht in Normal-Null-Stellung bringen lässt. Wenn das Gelenk diese Ausgangsstellung nicht mehr einnehmen kann, wird die Null entweder vor der Minimalbeugung oder nach der Minimalstreckung des Gelenks angegeben.

Die dritte Ziffer steht für Bewegungen, die zum Körper führen. Dazu zählen die Flexion, die Adduktion und die Supination. In manchen Fällen wird das Bewegungsausmaß auch in der entgegengesetzten Richtung angegeben. Manche Gelenke besitzen mehr als nur eine Bewegungsachse und erfordern dann zur Angabe der Gesamtbeweglichkeit mehrere dreistellige Codes. Ein gesundes Hüftgelenk ist zum Beispiel zu einer Extension und Flexion mit Werten von 10-0-120 fähig. Die Werte für die Abduktion und Adduktion betragen 45-0-30 und die Außenrotation und Innenrotation liegt bei 50-0-40. Bei einer Einschränkung der Beweglichkeit im Sinne der Abduktion oder Adduktion könnte für ein Gelenk zum Beispiel ein Wert von 180-90-0 vorliegen. Die Bewegungsfähigkeit auf der entsprechenden Achse beträgt in diesem Fall nur 90 Grad.


Krankheiten & Beschwerden

Die Neutral-Null-Methode ist dazu in der Lage, die eingeschränkte Beweglichkeit von Gelenken zu dokumentieren. Einschränkungen der Beweglichkeit liegen im Rahmen verschiedener Erkrankungen vor, so zum Beispiel bei Fehlstellungen oder nach Unfällen. Auch bei einer Gelenksteife oder Gelenkstarre ist die Beweglichkeit stark reduziert.

Von Gelenkstarren können im Allgemeinen alle Gelenke des Körpers betroffen sein. In den meisten Fällen betrifft die Gelenksteife allerdings die Finger, die Kniegelenke oder die Ellbogen. Gelenksteifen liegen akut zum Beispiel nach Unfallverletzungen vor oder stellen sich chronisch bei verschiedenen Erkrankungen ein. Der Grad der Schwere hängt von der Ursache ab und kann zwischen leichten Bewegungseinschränkungen und der vollständigen Bewegungsunfähigkeit variieren. Zwei Arten der Gelenksteife werden unterschieden. Eine davon ist die Kontraktur, bei der das Gelenk selbst keinen Schaden nimmt und im Grunde die verbundenen Bänder, die Muskeln oder die Sehnen als Ursache vorliegen.

Auch die Ankylose entspricht einer Gelenksteige. Für diese Art von Beweglichkeitseinschränkung sind beschädigte Gelenke und Knochen die Ursache. In Einzelfällen kann eine Gelenksteife in Folge von Bettlegerigkeit auftreten. Die mangelnde Bewegung von Gelenken in einem Gipsverband führt zum Beispiel häufig zur Einschränkung ihrer Beweglichkeit, da sich die Sehnen, die Bänder oder die Muskeln im Rahmen des Bewegungsmangels verkürzen.

Im Rahmen von Erkrankungen treten Gelenksteifen jedoch deutlich häufiger ein. Eine der bedeutensten Erkrankungen ist in diesem Zusammenhang die Gicht. Ebenso verbreitet ist die Arthrose, die die Gelenke selbst degeneriert und wie die Gicht starke Schmerzen verursacht.

Arthrose muss von altersphysiologischen Verschleißerscheinungen unterschieden werden. Erst Verschleiß über dem altersphysiologischen Maß gilt als manifeste Arthrose, die vor allem durch Fehlstellungen und Fehlbelastungen begünstigt wird. Die Beweglichkeit der Gelenke kann durch Arthrose einer vollständigen Unbeweglichkeit entsprechen. Die altersphysiologische Gelenksteife führt hingegen in der Regel nicht zur vollständigen Unbeweglichkeit.

Quellen

  • Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
  • Kochen, M.M.: Duale Reihe. Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Thieme, Stuttgart 2012

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