Selektive interne Radiotherapie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Behandlungen Selektive interne Radiotherapie
Die selektive interne Radiotherapie (SIRT oder auch Radioembolisation) bekämpft Leberkrebs, der nicht oder nicht mehr operiert werden kann. Bei diesem Verfahren werden mehrere Millionen winzige Kugeln, die das radioaktive Nuklid Yttrium-90 enthalten, direkt in die Tumorzellen geschickt.
Um die Betastrahlung dort hin zu bringen, wird ein Katheter von der Leistenschlagader bis zur Leberarterie gelegt. Die Betastrahler strömen mit dem Blut in das erkrankte Organ und bleiben meist in den kleinteiligen Kapillargefäßen der Leber stecken. Dort zerstören sie den Tumor von innen mit Strahlung und blockieren zugleich den weiteren Bluttransport zur Leber. So kann das befallene Gebiet ausgehungert werden. Die Strahlung weist nur eine sehr geringe Reichweite von maximal rund elf Millimetern auf, so dass gesundes Lebergewebe verschont wird.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist die selektive interne Radiotherapie?
Die Therapie kommt meist bei fortgeschrittenen primären Lebertumoren sowie Lebermetastasen als Folge von Krebserkrankungen anderer innerer Organe zum Einsatz.
Die Kügelchen haben im Schnitt ein Drittel des Haardurchmessers. Sie sind biologisch abbaubar und wirken sich nur marginal auf das Lebergewebe aus. Der Betastrahler Yttrium-90 hat eine Halbwertszeit von 64 Stunden. Nach elf Tagen hat das Material seine Strahlendosis zu 94 Prozent abgegeben und zerfällt in das stabile Isotop Zirconium-90. Mit der SIRT können Größe und Anzahl von Lebertumoren in erheblichem Maß reduziert werden. Die Wirksamkeit der Therapie hängt davon ab, wie stark der Krebs auf die Leber konzentriert ist, denn nur dort kann die Betastrahlung den erwünschten Effekt erzielen.
Außerdem sollte das Organ in seiner Funktionsfähigkeit noch nicht gravierend beeinträchtigt sein und der Patient mindestens eine Lebenserwartung von drei Monaten haben. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann mit der selektiven internen Radiotherapie die Überlebenszeit der Erkrankten verlängert werden. Angestrebt wird ebenso eine bessere Lebensqualität der Betroffenen. Oft gelangt die SIRT bereits in einem frühen Stadium des Leberkrebses in Kombination mit einer Chemotherapie zur Anwendung. Primär ist die Radiotherapie auch geeignet, einen nicht operablen Lebertumor auf einen operablen herab zu stufen. Das bedeutet eine erhebliche Verkleinerung des befallenen Gewebes. Für eine klassische OP muss mindestens ein Viertel des funktionsfähigen Leberepithels erhalten sein.
Dieser Status ist unter Umständen mit einer SIRT erreichbar. In einzelnen Fällen konnte das bösartige Gewebe mithilfe der Radiotherapie sogar schon vollständig beseitigt werden. Sie greift als Behandlungsmetode direkt in die Hauptblutzufuhr von Tumoren zur Leber ein. Diese erfolgt in den meisten Fällen über die Leberarterie, durch welche die Betastrahler wandern. Diese Bestrahlung von innen ist wesentlich wirksamer als von außen, wie sie zum Beispiel bei der herkömmlichen Strahlentherapie erfolgt. Darüber hinaus kann von innen eine höhere Strahlendosis direkt gegen die Krebszellen eingesetzt werden als von außen.
Funktion, Wirkung & Ziele
Dieser erste Eingriff ist notwendig, damit die radioaktiven Kügelchen tatsächlich nur in die Leber und nicht auch zu anderen inneren Organen wandern. Hier sind direkte Blutwege in die Lunge sowie Umwege über kleine Seitengefäße bis zu Magen, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse möglich, die jedoch sicher ausgeschlossen werden müssen. Diese Komplikationen sind aber bisher äußerst selten aufgetreten. In einem nächsten Schritt wird die geeignete Dosis der Mikrokugeln festgelegt, die dem Patienten dann schließlich verabreicht wird. Das Verlegen des Katheters bis zur Leber dauert gewöhnlich rund 90 Minuten.
Es geschieht unter örtlicher Betäubung mit einem vergleichsweise kleinen Schnitt. Danach müssen aber für längere Zeit Messungen erfolgen, in welchem Umfang radioaktive Strahlung eventuell bis zur Lunge vordringt. Nach einer Schonzeit von zwei bis höchstens vier Tagen darf der Patient die Klinik bereits wieder verlassen. Die SIRT ist eine vergleichsweise sehr gut verträgliche Behandlungsform. Nach dem Einbringen des Schlauchs können sich Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit und leichtes Fieber bemerkbar machen. Über einige Tage oder wenige Wochen wird der Patient eventuell durch Müdigkeit, wenig Appetit und Schlappheit beeinträchtigt.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Gegen mögliche Leberschwellungen werden im Bedarfsfall prophylaktische Medikamente eingesetzt. Gleiches gilt für die sogenannte Strahlenhepatitis, die in seltenen Fällen das gesunde Lebergewebe betreffen kann. Am Tag der Katheterverlegung wir der Patient zusätzlich mit einer Kochsalzlösung über die Vene versorgt. Treten Übelkeit und Erbrechen über das normale Maß hinaus auf, stehen spezielle Medikamente und auch Schmerzmittel zur Verfügung. Die Nebenwirkungen nach dem kleinen Eingriff sind jedoch in aller Regel drei bis vier Tage darauf abgeklungen.
Die selektive interne Radiotherapie kann eine Tumorerkrankung nach bisherigen Erkenntnissen nicht vollständig heilen, das Krebsgeschwür aber soweit eindämmen, dass es mit üblichen Untersuchungsmethoden nicht mehr nachweisbar ist. In jedem Fall sind nach dem Eingriff regelmäßige Nachsorgemaßnahmen in Verantwortung eines Onkologen anzuraten. Diese finden in aller Regel im Abstand von drei Monaten statt. Der Facharzt kann darüber hinaus jederzeit geeignete Therapiemaßnahmen auf den Weg bringen oder gegebenenfalls zu einer Wiederholung der SIRT übergehen.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
- Seeber, S.: Therapiekonzepte Onkologie. Springer, Berlin 2007