Skelettdysplasie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Skelettdysplasien sind Fehlbildungen des Knochen- oder Knorpelgewebes. Vielen Skelettdysplasien liegen erbliche Mutationen zugrunde. Eine ursächliche Behandlung steht für genetisch bedingte Osteochondrodysplasien bislang nicht zur Verfügung.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Skelettdysplasien?

Die skelettalen Veränderungen können sich zum Beispiel ausschließlich auf die Körpergröße beziehen. Ebenso gut kann aber der Körperbau oder dessen Proportion durch die Veränderungen von Anomalien geprägt sein.
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Dysplasien sind Fehlbildung. Die Medizin unterscheidet zwischen unterschiedlichen Formen. Angeborene Formen werden beispielsweise von erworbenen Dysplasien abgegrenzt. Alle Dysplasien werden als pathologische Erscheinungen eingestuft und führen zu einer sichtbaren Fehlbildung von Geweben, Organen oder dem gesamten Organismus.

Eine sichtbare Fehlbildung kann zum Beispiel einer körperproportionalen Verschiebung entsprechen. Solche Verschiebungen der Körperproportionen werden unter dem Sammelbegriff der Skelettdysplasie oder Osteochondrodysplasie zusammengefasst. Diese Arten der Dysplasie entsprechen unterschiedlichen Entwicklungsstörungen der Knochen oder des Knorpelgewebes.

Verschiedene Formen der Skelettdysplasie werden unterschieden. Abhängig von der genauen Lokalisation einer Skelettfehlbildung unterscheidet die Medizin zum Beispiel epiphysäre, metaphysäre und spondyläre Formen. Darüber hinaus werden letale Formen der Skelettdysplasie als eigene Untergruppe behandelt. Außerdem existieren symptomatisch ursächliche Unterteilungen. Daraus ergeben sich zum Beispiel Untergruppen wie Skelettdysplasien mit vermehrter oder verminderter Knochendichte.

Ursachen

Die Ursache einer Skelettdysplasie kann unterschiedlicher Natur sein. In vielen Fällen treten skelettale Dysplasien im Rahmen eines angeborenen Syndroms auf. In der engeren Definition haben Osteochondrodysplasien ihre Ursache in den Genen. Mutationen verschiedener DNA-Abschnitte können dazu führen, dass knochen- oder knorpelbildungsbeteiligte Körperelemente nicht mehr oder nur noch unzureichend funktionsfähig sind.

Solcherlei Erscheinungen sind in vielen Fällen erblich, können durch exogene Faktoren aber auch sporadisch auftreten und werden dann als Neumutation bezeichnet. Damit werden vorwiegend genetische Defekte mit fehlerhaften Differenzierungs-, Wachstums- oder Formungsvorgänge der Knorpel und Knochen als Ursache der Skelettdysplasie zusammengefasst.

Unterschieden werden Wachstums- und Entwicklungsstörungen der Röhrenknochen oder Wirbelsäule mit früher oder später Manifestation, Knochendichteanomalien, Strukturdefekte oder metaphysäre Modellierungsdefekte und anarchische Knorpel- oder Fasergewebebildungsdefekte. Abhängig von der Ursache ergeben sich im Einzelnen Exostosen, Enchondromatosen, Fibromatosen, Osteopetrosen, Melorheostosen und viele weitere Unterformen.

Symptome, Beschwerden und Anzeichen

Die Symptome einer Osteochondrodysplasie zeigen eine große Variationsbreite. Die skelettalen Veränderungen können sich zum Beispiel ausschließlich auf die Körpergröße beziehen. Ebenso gut kann aber der Körperbau oder dessen Proportion durch die Veränderungen von Anomalien geprägt sein. Grundsätzlich lassen sich die Symptome für einzelne Skelettdysplasien also kaum pauschalisieren.

Für alle Dysplasien des Skeletts gilt letztlich nur, dass die körperliche Entwicklung der Betroffenen nicht dem konventionellen Bild entspricht. Häufige Symptomen der Skelettdysplasie sind zum Beispiel verkürzte Arme oder Beine. Die Ausprägung hängt von der genauen Erkrankung im Einzelfall ab. Ebenso häufig kann eine verformte Wirbelsäule symptomatisch für eine Skelettdysplasie sein. Auch abnorme Gesichts- und Schädelformen sind Symptome verschiedener Skelettdysplasien, so zum Beispiel die Mikrognathie.

Davon abgesehen kommen Fehlstellungen einzelner Gliedmaßen als Symptom einer Osteochondrodysplasie in Frage. Dasselbe gilt für hohe Knochenbrüchigkeit, wie sie zum Beispiel die Glasknochenkrankheit charakterisiert. Vor allem im Rahmen von erblichen Syndromen sind Skelettdysplasien häufig mit weiteren Fehlbildungssymptomen bis hin zu mentalen Einschränkungen vergesellschaftet.

Diagnose und Krankheitsverlauf

Die Diagnose einer Skelettdysplasie wird klinisch sowie radiologisch gestellt. Einen ersten Verdacht auf eine bestimmte Skelettdysplasie entwickelt der Arzt meist blickdiagnostisch, so bei angeborenen Dysplasien oft unmittelbar nach der Geburt. Einige Skelettdysplasien können pränatal bereits im Feinultraschall entdeckt werden.

Die Sicherung der Dysplasie-Diagnose erfolgt durch Laboruntersuchungen, die eine differentialdiagnostische Abgrenzung zu Knochenkrankheiten durch Stoffwechselveränderungen zulassen. Bei mutationsbedingten Skelettdysplasien kann durch molekulargenetische Untersuchungen im Sinne einer Chromosomenstrukturanalyse oft der Nachweis über eine bestimmte Mutation erbracht werden.

Dieser Nachweis gilt als diagnosesichernd und schließt zum Beispiel Dysostosen oder Stoffwechselstörungen als Ursache aus. Die Prognose hängt für Patienten mit Skelettdysplasie vor allem vom Ausprägungsgrad der Dysplasie, den betroffenen Körperregionen und der organischen Beteiligung ab.

Komplikationen

Typisch für alle Dysplasien des Skeletts sind Fehlbildungen der Glieder oder des gesamten Körperbaus. Komplikationen ergeben sich, wenn die jeweilige Dysplasie zu Einschränkungen in der Bewegungsfähigkeit führt oder Folgeerkrankungen der Gelenke und Knochen auftreten. So kommt es in Folge einer Skelettdysplasie häufig zu Gelenkverschleiß, Verkrampfungen und Frakturen. Aufgrund der verformten oder verkürzten Glieder können sich Durchblutungsstörungen einstellen.

In Einzelfällen kommt es dadurch zu Blutgerinnseln, die immer einen medizinischen Notfall darstellen. Das auffällige körperliche Erscheinungsbild belastet die Betroffenen meistens auch psychisch. Viele Erkrankte entwickeln bereits im frühen Kindes- oder Jugendalter Minderwertigkeitskomplexe und Sozialphobien. Die Suizidalität ist bei Menschen einer ausgeprägten Skelettdysplasie ebenfalls erhöht.

Die Behandlung der Erkrankung hat oftmals kleinere und größere Komplikationen zur Folge. Ein operativer Eingriff ist immer mit Risiken verbunden und ruft gelegentlich Infektionen oder Nervenverletzungen hervor. Die Immobilität vieler Betroffener führt außerdem dazu, dass die Wunde nur langsam verheilt und es immer wieder zu Wundheilungsstörungen und Entzündungen kommt. Erfolgt eine Gentherapie, so kann daraus eine ernsthafte Störung des Immunsystems resultieren. Bei einem schweren Verlauf ruft die Therapie eine Krebserkrankung hervor.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer Skelettdysplasie ist der Betroffene in der Regel immer auf eine Behandlung durch einen Arzt angewiesen. Es kann bei dieser Krankheit nicht zu einer Selbstheilung komme. Da es sich bei der Skelettdysplasie um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, sollte im Falle eines Kinderwunsches auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das Vererben der Krankheit an die weiteren Generationen zu verhindern.

Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an starken Schmerzen in den Knochen oder an einem sehr ungewöhnlichen Knochenbau leidet. Dabei kommt es zu Fehlbildungen oder zu Fehlstellungen am Skelett, wobei vor allem die Wirbelsäule des Betroffenen durch die Skelettdysplasie deutlich verformt ist. In vielen Fällen führt die Krankheit auch zu Einschränkungen in der Bewegung. Sollten diese Beschwerden daher auftreten, muss bei der Skelettdysplasie ein Orthopäde aufgesucht werden. Bei Kindern müssen vor allem die Eltern die Symptome der Krankheit erkennen und mit ihrem Kind einen Arzt aufsuchen. In den meisten Fällen können die Beschwerden gut gelindert werden.

Behandlung & Therapie

Da Skelettdysplasien in der engeren Definition ausschließlich genetisch bedingte Erkrankungen des Skeletts umfassen, existiert für Patienten mit einer Skelettdysplasie bislang keine ursächliche Behandlung. Aus diesem Grund sind Osteochondrodysplasien bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht heilbar. Die Gentherapie hat in den vergangenen Jahren wesentliche Fortschritte gemacht.

Allerdings haben gentherapeutische Ansätze die klinische Phase noch nicht erreicht. Unter Umständen wird die Gentherapie nach einer Zulassung in den kommenden Dekaden erste Ansätze zur ursächlichen Behandlung von Skelettdysplasien eröffnen. Bisher werden Patienten mit einer Osteochondrodysplasie allerdings ausschließlich auf symptomatischem und supportivem Therapieweg behandelt.

Damit hängt die Behandlung wesentlich von den Symptomen im Einzelfall ab. In der Regel ist eine orthopädische Behandlung indiziert, die Fehlstellungen, Längen und Achsabweichungen so weit wie möglich korrigiert. Eine orthopädische Korrektur ist allerdings nicht im Kontext aller Skelettdysplasien möglich. Knochendichtestörungen lassen sich zum Beispiel auch durch die Orthopädie nicht korrigieren. Anders steht es um anarchische Knochenveränderungen.

Patienten mit derartigen Dysplasien können sich Herde zum Beispiel operativ entfernen lassen. Im Falle letaler Skelettdysplasien steht wiederum die supportive Therapie im Vordergrund. Patienten mit letalen Erkrankungen sollen vor allem von Schmerzen erlöst werden. Außerdem kann die Betreuung durch einen Psychologen dem Betroffenen und seinen Angehörigen helfen, mit der Situation umzugehen.


Vorbeugung

Viele Skelettdysplasien sind heute relativ gut erforscht und lassen sich mittels molekulargenetischer Analyse annähernd sicher diagnostizieren. Da den meisten Skelettdysplasien erbliche Basis zugrunde liegt, kann die genetische Beratung in der Phase der Familienplanung einen präventiven Ansatz darstellen. Über die genetische Analyse können Paare ihr persönliches Risiko für ein Kind mit unterschiedlichen Skelettdysplasien abschätzen lassen. Bei entsprechendem Befund kann die Entscheidung gegen ein eigenes Kind fallen.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen bei einer Skelettdysplasie in den meisten Fällen nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der direkten Nachsorge zur Verfügung. Aus diesem Grund sollte der Betroffene idealerweise frühzeitig einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von anderen Komplikationen und Beschwerden zu verhindern, da es dabei auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen kann.

Schon bei den ersten Beschwerden und Anzeichen der Skelettdysplasie sollte ein Arzt aufgesucht werden. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann diese nicht vollständig geheilt werden. Daher sollten Betroffene bei einem Kinderwunsch eine genetische Untersuchung vornehmen lassen, um das Auftreten von anderen Komplikationen und Beschwerden zu verhindern.

Viele der Betroffenen sind dabei auf regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen von einem Arzt angewiesen, um die Beschwerden regelmäßig zu kontrollieren. Dabei ist auch die Unterstützung der Familie sehr wichtig, da dadurch auch Depressionen und andere psychische Verstimmungen verhindert werden können. Ebenfalls kann auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Skelettdysplasie sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommen kann. Eventuell ist die Lebenserwartung des Patienten durch diese Krankheit eingeschränkt.

Das können Sie selbst tun

Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind bei einer Skelettdysplasie sehr eingeschränkt. Die Fehlbildungen müssen ärztlich versorgt und behandelt werden, da alternative Heilmethoden keinerlei Verbesserung des Aufbaus des Skelettsystems bringen. Der Betroffene kann sich auf die Förderung und Unterstützung seiner psychischen Gesundheit konzentrieren sowie mit dem behandelnden Arzt oder Therapeuten eng zusammenarbeiten. Physische Verbesserungen sind nur in einem eingeschränkten Rahmen möglich.

Zur Optimierung der Bewegungsabläufe findet im Normalfall eine physiotherapeutische Behandlung statt. Die dort erlernten Trainings und Übungseinheiten können auch im Alltag eigenverantwortlich angewendet werden. Dieses Vorgehen verbessert die Mobilität und kann zu einer Steigerung des Wohlbefindens beitragen. Dennoch lebt der Patient mit optischen Makeln sowie Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten.

Um die Entstehung einer psychischen Erkrankung vorzubeugen, ist die Stärkung des Selbstbewusstseins essenziell. Das soziale Umfeld sollte ausreichend über die vorliegende gesundheitliche Störung informiert werden, damit unangenehme Situationen im alltäglichen Kontakt auf ein Mindestmaß reduziert werden. Sportliche Aktivitäten oder andere körperliche Bewegungen im Alltag sind auf die Möglichkeiten des Organismus abzustimmen. Sofern notwendig, sollten Angehörige oder Freunde bei der Bewältigung bestimmter Aufgaben um Hilfe gebeten werden. Situation der Überanstrengung oder zu starken körperlichen Belastung sind zu vermeiden. Diese können zu einer Zunahme der Beschwerden oder weiteren irreversiblen Schäden führen.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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