Osteopetrose
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter der Begrifflichkeit Osteopetrose bezeichnet der Mediziner eine Erbkrankheit, deren genaue Ursache bis heute nicht bekannt ist. Für die Osteopetrose ist eine Abbaustörung des Knochens charakteristisch. Die Störung des Knochenabbaus sorgt in weiterer Folge für eine pathologische Anhäufung der Knochenmatrix. Die Osteopetrose ist kaum heilbar; es gibt auch keine spezielle Therapie, die gezielt die Ursache behandelt, sodass nur eine symptombezogene Behandlung gegeben ist.
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Was ist Osteopetrose?
Die Osteopetrose, auch bekannt als Marmorknochenkrankheit, Osteopetrosis, Alberts-Schönberg-Krankheit, wird im Regelfall vererbt. Es besteht auch die Möglichkeit einer Spontanmutation, sodass eine direkte Vererbung nicht stattgefunden hat, jedoch der Betroffene die Osteopetrose sehr wohl weitervererben kann.
Auf Grund der erblichen Unterfunktion der Osteoklasten (das sind die knochenabbauenden Zellen), entsteht die genetisch bedingte Erkrankung. Hat der Mediziner eine Osteopetrose diagnostiziert, wird jene in zwei Hauptgruppen unterteilt:
- So gibt es die autosomal dominanten Formen des Typ 1 (ADOI) und des Typ 2 (ADOII, auch als Albers-Schönberg-Krankheit bekannt)
- Sowie die autosomal rezessive Formen (Osteopetrose mit renaul-tubulärer Azidose, infantil maligne Osteopetrose).
Für den Verlauf der weiteren Behandlungen und auch der Prognose, ist es unerlässlich, dass der Mediziner die Osteopetrose in seinen Typ unterteilt.
Ursachen
Liegt eine autosomal rezessive Osteopetrose mit einer renalen tubulären Azidose vor, handelt es sich um eine Veränderung auf CAII, bei einer autosomal dominanten Osteopetrose (Typ 1) um eine Veränderung auf LRP5 und bei Typ 2 um eine Mutation auf CLCN 7.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Da die Markräume schwinden und sodann eine extramedulläre Blutbildung auftritt, wird die Mikroarchitektur im Knochen zerstört. Die Zerstörung führt in weiterer Folge zu einer Knocheninstabilität, sodass Betroffene ein erhöhtes Risiko tragen, Frakturen zu erleiden. Des Weiteren sorgt der ständige Aufbau der Knochenmatrix, wobei keine Abbauaktivitäten erfolgen, zu einer Hypokalzämie.
Auf Grund der Matrixvermehrung kommt es zudem im Schädelknochen zu Verengungen, sodass die Nervi optici (im Bereich Canales optici) eingeklemmt werden. Die Kompression führt mitunter zu einer Degeneration der Nerven, sodass der Betroffene erblinden kann. In einigen Fällen wurde auch von eingeklemmten Hirnnerven berichtet (etwa Nervus vestibulocochlearis, Nervus facialis), sodass der Betroffene unter Funktionsausfällen litt.
Blindheit sowie Funktionsausfälle zählen jedoch zu den seltenen Symptomen einer Osteopetrose; im Mittelpunkt steht die Problematik der Knochenstabilität und der damit verbundenen Frakturhäufigkeit.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Osteopetrose kann mittels bildgebender Verfahren (etwa durch ein Röntgen) - in Kombination mit dem klinischen Krankheitsbild - diagnostiziert werden. Damit eine aufgetretene Knochenmarksklerosierung bestätigt werden kann, wird eine Knochenstanzbiopsie angeraten. Auf den Röntgenbildern erkennt der Mediziner nicht nur eine Sklerosierung der Knochenmatrix, sondern auch eine starke Verdichtung derselben.
Dabei handelt es sich um den sogenannten „Sandwich-Wirbel“, einer 3-Schichtung der Wirbelkörper. Zu erkennen sind auch meta- und diaphysäre Streifen, die auch für die Bildung des Begriffs „Marmorknochen“ verantwortlich waren. Die Knochendichte ist auch im CT erhöht. Blutuntersuchungen zeigen im Regelfall eine ausgeprägte Hypokalziämie.
Auf Grund des knöchernen Ersatzes, der sich im Knochenmark bildet, besteht einerseits eine erhöhte Infektanfälligkeit beziehungsweise kann eine Anämie auftreten. Im Rahmen der Diagnose muss der Mediziner aber andere Krankheiten ausschließen können; dazu zählen etwa die Melorheostose, die Sklerostose, die Pyknodysostose, das Engelmann-Syndrom (auch als progressive diaphysäre Dysplasie bekannt) sowie das Pyle-Syndrom. All jene Krankheiten weisen ein ähnliches Krankheitsbild auf.
Der Verlauf der autosomal dominanten beziehungsweise der rezessiven Osteopetrose ist unterschiedlich. Die autosomal rezessive Osteopetrose äußert sich bereits in den ersten Lebensjahren des Betroffenen. Schon wenige Wochen nach der Geburt sind erste Symptome erkennbar. Wird die autosomal rezessive Osteopetrose nicht behandelt, ist die Prognose negativ. Heilungschancen gibt es nur im Rahmen einer Knochenmarktransplantation.
Bei Typ I der autosomal dominanten Osteopetrose liegt das Hauptaugenmerk auf der Schädelbasis, während bei Typ II die „Sandwich-Wirbel“ charakteristisch sind. Beide Formen verursachen im Rahmen des Wachstumsschubes erste Beschwerden. Ursächliche Behandlungen stehen für die Typen I und II nicht zur Verfügung, sodass vorwiegend die Symptome behandelt werden. Das bedeutet, dass - wie bei der autosomal rezessiven Osteopetrose - keine definitive Heilungschance gegeben ist.
Komplikationen
In Einzelfällen kann die Osteopetrose zu Schädigungen des Unterkiefers und des Zahnhalteapparats führen. Darüber hinaus treten kosmetische Probleme auf, die im Verlauf zu psychischen Beschwerden führen können. In schweren Fällen verläuft die Osteopetrose tödlich. Bei der medikamentösen Behandlung einer Osteopetrose kann es zu einer Reihe von Neben- und Wechselwirkungen kommen. Vitamin-D-Präparate können unter anderem Übelkeit und Erbrechen sowie Muskelschwäche und Gelenkschmerzen hervorrufen.
Der Wirkstoff Glukokortikoid kann zu Wachstumsstörungen, Glaukom, Katarakt und psychischen Veränderungen wie Schlafstörungen und Unruhe führen. Auch bei der häufig angewendeten Knochenmarkstransplantation bestehen Risiken. Häufig kommt es bereits während des operativen Eingriffs zu Komplikationen wie der Abstoßung des Knochenmarks von dem Empfängeorganismus. In der Folge kann es Haut-, Leber- und Darmschäden kommen, welche die ursprüngliche Osteopetrose mitunter noch verstärken.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wer wiederholt Frakturen erleidet oder plötzlich Sehbeschwerden bemerkt, sollte den Hausarzt konsultieren. Die Symptome deuten auf eine Osteopetrose hin, welche durch einen Facharzt diagnostiziert werden muss. Bei einem Verdacht wird am besten der Orthopäde aufgesucht. Ärztlicher Rat ist gefragt, wenn die Beschwerden im Zusammenhang mit weiteren Fehlbildungen oder Knochenerkrankungen auftreten.
Da es sich um eine erbliche Erkrankung handelt, kann die Erkrankung durch eine genetische Untersuchung in den frühen Stadien erkannt werden. Eltern sollten bei Funktionsstörungen des Bewegungsapparats des Kindes den Kinderarzt einschalten. Bei Beschwerden der Augen muss der Augenarzt hinzugezogen werden. Während der Behandlung werden außerdem Physiotherapeuten und Sportmediziner involviert und unterstützen den Patienten über einen langen Zeitraum.
Die Eltern sollten während der Therapie Rücksprache mit den zuständigen Ärzten halten. Sollte das Kind stürzen oder sich anderweitig verletzen, sollte der Rettungsdienst eingeschaltet werden. Bei starken Beschwerden muss außerdem der ärztliche Notdienst kontaktiert werden, damit dem Kind unmittelbar nach dem Sturz geholfen werden kann. Nach der Erstversorgung durch den Notarzt muss der Patient im Krankenhaus untersucht werden. Dort werden etwaige Frakturen oder Verstauchungen festgestellt und behandelt. Die Osteopetrose kann relativ gut behandelt werden, durch das hohe Frakturrisiko kann es jedoch immer wieder zu ernsten Verletzungen kommen, die behandelt werden müssen.
Behandlung & Therapie
Im Rahmen der Osteopetrose gibt es keine kausale Therapie. Aus diesem Grund muss der Mediziner die Symptome des Patienten behandeln und somit sorgen, dass die Lebensqualität gesteigert werden kann. Im Rahmen der Behandlung werden Glukokortikoide sowie Interferone verabreicht, die eine Verbesserung der Symptome und Beschwerden herbeiführen sollen.
Die einzig tatsächlich wirksame Therapie beruht auf der Knochenmarktransplantation. Mittels jener Variante besteht die Möglichkeit, dass die Osteoklasten, auf Grund der hämatopoetischen Stammzellen, sich normalisieren. Die Knochenmarktransplantation ist jedoch nur bei einer autosomal rezessiven Osteopetrose möglich; alle anderen Typen weisen keine definitiven Heilungschancen auf, sodass die Therapie darauf abzielt, die Symptome und Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität des Betroffenen zu erhöhen.
Aussicht & Prognose
Bei der Marmorknochenkrankheit oder Osteopetrose sind die Aussichten für eine Heilung meist schlecht. Diese Diagnose gilt vor allem, wenn diese Erkrankung unbehandelt bleibt. Es liegt in den meisten Fällen eine erbliche Unterfunktion der sogenannten Osteoklasten vor. Diese sorgt in der Folge für eine unregulierte Knochenbildung.
Bisher besteht die einzige Behandlungsmöglichkeit in einer Knochenmarks-Transplantation. Nur dadurch können sich wieder ausreichend Osteoklasten bilden. Bei osteoklasten handelt es sich um knochenabbauende Zellen. Die Transplantation birgt aber hohe Risiken, nämlich eine Kalziämie als Folge.
Unterschiede im Krankheitsverlauf sind bei der autosomal rezessiven und der autosomal dominanten Erkrankungsform zu verzeichnen. Eine autosomal rezessive Osteopetrose entwickelt sich meistens in der frühen Kindheit. Sie entsteht manchmal auch nachgeburtlich als infantil-maligne Osteopetrose. Bekannt sind außerdem milder verlaufende Krankheitsbilder. Diese können Überlappungen mit der dominanten Osteopetrose zeigen. Ohne symptomatische Behandlung und eine Knochenmarkstransplantation sind die Aussichten trübe.
Die autosomal dominante Osteopetrose (ADOI) liegt meist als generalisierte Osteosklerose der Schädelbasis, oder als Albers-Schönberg-Variante (ADOII) mit "Sandwichwirbeln" vor. Diese Erkrankungsform manifestiert sich erst im jugendlichen Alter. Die Verlaufsformen beider sind unterschiedlich. Bei der einen Variante werden die Knochen immer stabiler. Bei der anderen brechen sie leichter. Außerdem kann es zu Komplikationen kommen. Mehr als eine symptomatische Therapie gibt es derzeit nicht.
Vorbeugung
Auf Grund der Tatsache, dass bislang keine Ursachen gefunden wurden, aus welchem Grund eine Osteopetrose auftritt, sind vorbeugende Maßnahmen nicht möglich.
Nachsorge
Bei einer Osteopetrose stehen Patienten in den meisten Fällen nur sehr wenige und eingeschränkte Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. In erster Linie sollte eine schnelle und vor allem eine frühzeitige Diagnose der Krankheit erfolgen, damit es im weiteren Verlauf nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung, sodass schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen ein Arzt zu kontaktieren ist.
Die meisten Patienten sind bei der Osteopetrose auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen. Dabei ist immer eine richtige Dosierung und ebenso eine regelmäßige Einnahme der Arzneimittel zu beachten, um die Beschwerden dauerhaft einzuschränken. Weiterhin sollte der Betroffene einen Arzt dann kontaktieren, wenn es zu Nebenwirkungen oder zu Unklarheiten kommt.
Mitunter kann eine psychologische Unterstützung hilfreich sein, wodurch vor allem die Entstehung von Depressionen verhindert werden kann. Dabei ist auch die Unterstützung der Betroffenen in ihrem Alltag sehr wichtig, um ihre Lebensqualität zu erhöhen. In einigen Fällen verringert die Osteopetrose auch die Lebensqualität des Betroffenen.
Das können Sie selbst tun
Bei Osteopetrose besteht die wichtigste Selbsthilfemaßnahme darin, regelmäßig die vom Arzt empfohlenen körperlichen Übungen durchzuführen und ansonsten die betroffenen Knochen zu schonen. Durch eine umfassende Physiotherapie kann das Voranschreiten der Erkrankung zumindest verlangsamt werden. Zudem verbessert Sport das Wohlbefinden und trägt dadurch zu einer Verbesserung der Lebensqualität bei. Betroffene Personen sollten zudem ihre Ernährung umstellen. Es empfiehlt sich, auf Lebensmittel mit allzu viel Salz zu verzichten, da diese zu einer Zunahme der Osteoklasten führen können.
Nach einer Knochenmarktransplantation gilt Schonung. Der Osteopetrose-Patient sollte sich für ein bis zwei Wochen nicht anstrengen und auch darüber hinaus zunächst auf anstrengende körperliche Aktivitäten verzichten. Sollte dadurch keine Linderung der Beschwerden eintreten, empfiehlt sich ein weiterer Arztbesuch.
Die Patienten können zudem mit einem alternativen Mediziner über eine andere Behandlung sprechen. Sowohl Massagen als auch Akupunktur werden als wirksame Begleitmaßnahmen bei Osteopetrose diskutiert. Welche Schritte sinnvoll sind, hängt bei dem Leiden jedoch maßgeblich von dem Krankheitsverlauf und den Begleitumständen ab. Deshalb sollten die Begleitmaßnahmen ähnlich wie die Therapie selbst mit dem zuständigen Orthopäden besprochen werden.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015