Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das systemische inflammatorische Response-Syndrom ist eine überschießende systemische Reaktion des gesamten Körpers auf eine lokale Entzündungsreaktion. Ihre Ursachen sind vielfältig. Das Krankheitsgeschehen ist sehr ernst und kann häufig tödlich verlaufen.
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Was ist das systemische inflammatorische Response-Syndrom
Das systemische inflammatorische Response-Syndrom (SIRS) stellt eine systemische und überschießende Reaktion des Körpers auf ein lokales Geschehen dar. Der gesamte Körper wird von einer Entzündungsreaktion erfasst, welche zum Tode führen kann. Es kann gleichzeitig mit einer lokalen Entzündung ausgelöst werden oder als Folge des Entzündungsgeschehens auftreten. Die Symptome sind auf die Reaktion des Immunsystems zurückzuführen.
Dabei gibt es eine nichtinfektiöse und eine infektiöse Form von SIRS. Die infektiöse Form von SIRS wird durch eine Sepsis ausgelöst. Im Rahmen der Sepsis wird der Organismus von Bakterien, Pilzen und deren Toxinen überschwemmt. Allerdings kann SIRS auch durch ein traumatisches Ereignis mit schwerer Verletzung, schweren Blutungen oder einer akuten hämorrhagischen Pankreatitis hervorgerufen werden.
Der Körper reagiert inadäquat heftig auf einen äußeren Einfluss, sodass diese Reaktion zum eigentlichen Problem wird. Im schlimmsten Fall kommt es zum allgemeinen Organversagen. In diesem Sinne ist SIRS keine eigene Erkrankung, sondern eine Reaktion auf einen Einfluss, der auch durch eine zugrunde liegende Erkrankung ausgelöst werden kann.
Ursachen
Im Rahmen der Sepsis wird der Körper von der Quelle der Infektion über das Blut mit Infektionskeimen und deren Toxinen überschwemmt. Dabei wird von Blutvergiftung gesprochen. Die im gesamten Körper verteilten Keime rufen nun eine heftige Abwehrreaktion, die überall stattfindet, hervor. Dabei ist die Reaktion zu unspezifisch und zu undifferenziert, als dass diese die Keime bekämpfen könnte.
Indem die Keimzahl noch weiter wächst, steigert sich auch die Körperabwehrreaktion. Dabei werden die inneren Organe angegriffen, was schließlich zu dem schweren Krankheitsverlauf führt. Es gibt jedoch noch eine andere Form des systemischen inflammatorischen Response-Syndroms. Dabei liegen keine infektiösen Keime vor. Aber ein plötzliches lokales Ereignis, wie ein Trauma, ein Schock oder eine extrem akute Entwicklung einer Pankreatitis, kann zu einer systemischen Entzündungsreaktion mit den Symptomen von SIRS führen.
Auch eine heftige allergische Reaktion kann als Ursache infrage kommen. Nicht nur die heftige Reaktion des Immunsystems, sondern auch eine Immunschwäche kann SIRS auslösen. Die schnelle Ausbreitung von Krankheitskeimen verläuft in diesem Fall mit heftigen Symptomen, wobei die Körpertemperatur und die Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) zu niedrig ist.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Im Verlauf des systemischen inflammatorischen Response-Syndroms kommt es entweder plötzlich zu hohem Fieber (über 38 Grad) oder zu einer zu niedrigen Körpertemperatur (unter 36 Grad). Des Weiteren tritt eine Tachykardie mit einer Herzfrequenz von über 90 pro Minute auf. Die Atemfrequenz steigt über 20 Atemzüge pro Minute. Dabei kann sich eine Hyperventilation entwickeln, die den Partialdruck von Kohlendioxid drastisch senkt.
Die Sauerstoffaufnahme im Blut wird dadurch blockiert. Im Blut findet entweder ein heftiger Anstieg der Leukozytenzahl (Leukozytose) statt oder die Leukozytenzahl sinkt im Gegenteil drastisch ab (Leukopenie). Am häufigsten ist die Kombination Fieber mit Leukozytose zu finden. Dabei kann auf eine überschießende Reaktion des Immunsystems geschlossen werden. Die selten vorkommende Kombination Leukopenie und niedrige Körpertemperatur wird als kaltes SIRS bezeichnet und kommt meist bei einer Abwehrschwäche vor.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Ein systemisches inflammatorisches Response-Syndrom kann bereits anhand seiner Symptome diagnostiziert werden. Wenn mindestens zwei der hauptsächlichen Symptome wie hohes Fieber oder zu niedrige Temperatur, eine zu hohe oder zu niedrige Leukozytenzahl, eine Herzfrequenz von über 90 pro Minute oder eine höhere Atemfrequenz als 20 Atemzüge pro Minute auftreten, liegt SIRS vor. Blutuntersuchungen auf typische klinische Parameter wie Phosphatkonzentration, Thrombozytenzahl oder von Interleukinen runden das Ergebnis ab.
Komplikationen
Das Systemisch inflammatorische Response Syndrom kann in seinem Verlauf verschiedene Komplikationen hervorrufen. Zunächst führt die Ganzkörperentzündung zu Fieberschüben. Steigt die Körpertemperatur dabei auf über 41 Grad Celsius, besteht das Risiko ernster Herz-Kreislauf-Beschwerden. Ein weiterer Anstieg ist unter Umständen lebensbedrohlich.
Die begleitend vorliegende Abwehrschwäche begünstigt Infektionen und kann zu weiteren Beschwerden führen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Blutvergiftung, die unbehandelt tödlich verlaufen kann. Im weniger schweren Fällen breitet sich die Entzündung auf weitere Regionen des Körpers aus, wie zum Beispiel die inneren Organe oder die Haut. Dringen weitere Erreger in den geschwächten Körper ein, kommt es zu einer Superinfektion, die immer schwerwiegende Folgen hat.
Eine Antibiotika-Therapie ist immer risikobehaftet. Bei einigen Patienten ruft das Medikament schwere Nebenwirkungen hervor oder löst eine bestehende Allergie aus. Besonders gefährdet sind Kinder, ältere Menschen und Kranke, die nach der Einnahme häufig unter Kreislaufbeschwerden leiden. Ein operativer Eingriff ist ebenfalls mit gewissen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Infektionen, Blutungen und Wundheilstörungen sind nicht auszuschließen. Gelegentlich kommt es außerdem zur Verletzung von Nerven oder Muskeln.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Plötzliche starke Veränderungen der Körpertemperatur, gelten als Warnsignal des Organismus. In diesen Fällen sollte unverzüglich reagiert werden, damit es zu keinen weiteren Komplikationen kommt. In schweren Fällen droht bei dem systemischen inflammatorischen Response-Syndrom das vorzeitige Ableben des Betroffenen. Daher sollte auf die Alarmsignale des Körpers geachtet werden und unverzüglich gehandelt werden. Bei Fieber sowie bei einem enormen Abfall der Körpertemperatur besteht akuter Anlass zur Besorgnis.
Steigt die Atemfrequenz, kommt es zu Herzrasen oder einem starken Krankheitsgefühl, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei Störungen der Atemtätigkeit, einer Hyperventilation sowie einer Atemnot benötigt der Betroffene sofortige Hilfe. Bei einem Verlust des Bewusstseins muss ein Rettungsdienst gerufen werden. Unmittelbar nach dem Absetzen eines Notrufes sind anwesende Personen aufgefordert, Erste-Hilfe-Maßnahmen bis zur Ankunft des Rettungsteams zu ergreifen.
Ein Druckgefühl im Oberkörper, plötzliche Verhaltensänderungen sowie eine innere Gereiztheit deuten auf eine gesundheitliche Störung hin. Eine plötzliche Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten, Kopfschmerzen oder allgemeine Funktionsstörungen müssen untersucht und behandelt werden. Kommt es zu Schweißausbrüchen, Schüttelfrost oder dem Verlust der inneren Kräfte, gilt dies als besorgniserregend. Schwindel, Gangunsicherheiten oder Beschwerden des Kreislaufsystems sind weitere Anzeichen einer vorliegenden Erkrankung. Sie müssen schnellstmöglich von einem Facharzt untersucht und abgeklärt werden.
Behandlung & Therapie
Das systemische inflammatorische Response-Syndrom stellt einen medizinischen Notfall dar und muss umgehend behandelt werden. Die Therapie muss noch vor dem Erregernachweis beginnen, um die äußerst lebensbedrohliche Situation zunächst zu stabilisieren. Wird ein Infektionsherd entdeckt (beispielsweise Abszess), ist dieser sofort chirurgisch zu entfernen, um die Streuung der Erreger im Körper zu stoppen. Zunächst erfolgt eine breite Antibiotikabehandlung, die nach Erregernachweis spezifiziert werden kann.
Des Weiteren ist eine 70-prozentige zentralvenöse Sauerstoffsättigung notwendig. Bei einem Schock mit schwerer Blutdrucksenkung wird durch Elektrolytgabe eine Volumensubstitution durchgeführt. Gegebenenfalls ist auch eine Behandlung mit Vasopressoren wie Vasopressin, Noradrenalin oder Dobutamin erforderlich. In bestimmten Fällen wird auch eine Bluttransfusion durchgeführt.
Des Weiteren muss auch eine Beatmung stattfinden. Trotz dieser Maßnahmen versterben bis zu 50 Prozent der betroffenen Patienten. Nach der Behandlung der akuten Beschwerden kann es noch erforderlich sein, entstandene Organschädigungen zu therapieren.
Vorbeugung
Eine generelle Empfehlung zur Vorbeugung vor einem systemischen inflammatorischen Response-Syndrom kann nicht gegeben werden. Es besteht keine einheitliche Ursache. Allerdings können Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, die eine Wundheilung erschweren, durch eine gesunde Lebensweise verhindert werden. Darum können gesunde Ernährung und viel Bewegung dazu beitragen, das Risiko für SIRS zu senken.
Nachsorge
Bei dem systemischen inflammatorischen Response-Syndrom ist die Nachsorge sehr vielfältig und jeweils von dem auslösenden Faktor abhängig. Eine Heilung ist jedoch möglich. Die Nachsorge erfolgt zunächst mit Antibiotika. Abhängig vom Auslöser und Ausmaß der Erkrankung ist die Behandlung mit Infusionen oder Vasopressoren, gefäßverengende Wirkstoffe, angeraten.
Zudem sind sowohl Thromboseprophylaxe als auch Schmerztherapie wichtig. In einigen Fällen kann auch eine Bluttransfusion oder ein operativer Eingriff notwendig sein, um den Auslöser der Erkrankung zu bekämpfen. In der Nachbehandlung sind regelmäßige ärztlichen Kontrollen wichtig, um Folgeschäden zu erkennen und zu behandeln. Sollten aufgrund der Erkrankung Organschäden entstanden sein, müssen diese mitunter langfristig behandelt werden.
Die Krankheit schwächt die körpereigene Abwehr, daher ist es wichtig den Körper zu schonen und auf besondere sportliche Aktivitäten zu verzichten. Weiterhin sind eine gesunde magenschonende Ernährung, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme sowie das Vermeiden von Alkohol und Nikotin angeraten. Auch Entspannungsmethoden wie Yoga oder Meditation helfen das allgemeine Wohlbefinden trotz der Krankheit zu bessern.
Die Prognose bei systemischen inflammatorischen Response-Syndrom ist von der schnellen Behandlung der Krankheit abhängig. Auch der allgemeine Gesundheitszustand beeinflusst die Heilung. Die Krankheit kann in einigen Fällen tödlich verlaufen.
Das können Sie selbst tun
Das Systemische inflammatorische Response-Syndrom muss zunächst ärztlich behandelt werden. Wenn Anzeichen des Syndroms auftreten, muss der Notarzt gerufen werden. Bis dieser eintrifft, gilt es den Betroffenen ruhig zu lagern und notfalls weitere Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten. Kühle Auflagen und Ruhe sind wichtige Erstmaßnahmen, durch die sich beispielsweise ein Fieber oder eine Verbrennung lindern lassen. Die ärztliche Behandlung umfasst Infusionen oder einen operativen Eingriff, wenn etwa Organschädigungen oder Verbrennungen vorliegen.
Eine nachhaltige Behandlung gelingt nur dann, wenn der Auslöser ermittelt und behoben wird. Deshalb muss der Patient aktiv mit den Ärzten zusammenarbeiten und diese über mögliche Ursachen der Beschwerden informieren. Sollte es bereits zu einem Organversagen gekommen sein, ist die Aussicht auf eine Genesung eher schlecht. Die wichtigste Selbsthilfemaßnahme besteht darin, persönliche Belange zu regeln und mit dem Arzt die weiteren Schritte zu besprechen.
Bei einem positiveren Verlauf muss sich der Patient hauptsächlich schonen. SIRS kann den gesamten Körper schädigen, weshalb eine ausreichende Ruhepause umso wichtiger ist. Patienten müssen nach SIRS mindestens zwei bis vier Wochen zuhause bleiben. Der Arzt kann weitere Selbsthilfe-Maßnahmen nennen, durch welche sich das Wohlbefinden verbessern lässt.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008