Transzytose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Transzytose ist eine Art des Stofftransports, bei der ein bestimmter Stoff über Endozytose in die Zelle aufgenommen und durch Exozytose wieder in den extrazellulären Raum abgegeben wird. Transzytose ist rezeptorgesteuert und findet vor allem im Epithel des Darms, an der Blut-Hirn-Schranke und in der Plazenta statt. Welche Folgen eine Störung der Transzytose hat, hängt von der Lokalisation ab.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Transzytose?

Die Transzytose ist eine Art des Stofftransports, bei der ein bestimmter Stoff über Endozytose in die Zelle aufgenommen und durch Exozytose wieder in den extrazellulären Raum abgegeben wird.

Der Bereich hinter einer Biomembran ist ein weitgehend kontrollierter Bereich, der das Innere gegenüber dem Äußeren abschirmt und der Zelle zum Beispiel den Aufbau und später die Aufrechterhaltung ihres Zellmilieus ermöglicht. Dieses spezifische Milieu ist für Zellen lebensnotwendig, da es ihre essentiellen Funktionsabläufe ermöglicht.

Die Doppelschicht einer biologischen Membran besteht aus Phospholipiden und kann daher nur von Gasen und winzigen, ungeladenen Moleküle passiert werden. Ionen und andere Substanzen mit biologischer Wirksamkeit können diese Schicht nicht ohne weiteres passieren. Wegen ihrer hydrophilen Natur werden sie von der Lipiddoppelschicht der Biomembran wie von einer Barriere aufgehalten.

Aus diesem Grund sind Transportmechanismen notwendig, die bestimmte Ionen in bestimmte Zellen einschleusen. Solche Mechanismen entsprechen den Mechanismen des Membrantransports, der Stoffe durch eine biologische Membran transportiert. Membrantransport kann einem Transmembrantransport im Sinne einer Diffusion, eines aktiven oder passiven Transports entsprechen.

Neben dem Transmembran-Transport finden im menschlichen Körper sogenannte membranverlagernde Stofftransporte statt. Von diesen membranverlagernden Transporten existieren drei Arten. Neben der Endozytose und der Exozytose zähle auch die Transzytose dazu. Unter der Transzytose versteht die Medizin einen Stofftransport unter Rezeptorvermittlung. Substanzen werden mithilfe von Rezeptoren durch Zellen hindurch geschleust.

Funktion & Aufgabe

Die Transzytose wird auch als Zytopempsis bezeichnet. Sie ist ein Stofftransport mithilfe von Rezeptoren. Die Rezeptoren des menschlichen Körpers sind zum Großteil zelluläre Rezeptoren, die meist Proteinen entsprechen. Einige davon liegen inform von Membranrezeptoren innerhalb der Zellmembranen, so zum Beispiel die Opioidrezeptoren. Kernrezeptoren liegen im Zytosol oder Zellkern einer Zelle, wie es beispielsweise Steroidrezeptoren tun.

Alle Rezeptoren des menschlichen Körpers haben eine spezifische Passform für bestimmte Moleküle. Die Passform kann auf Liganden oder größere Molekülteile abgestimmt sein. Die Bindung von Stoffen an Rezeptoren funktioniert nach dem Fit-in-Prinzip: nur bestimmte Stoffe passen zu bestimmten Rezeptoren.

Der Transportprozess der Transzytose macht sich die Struktur und die spezifische Funktion von Rezeptoren zu Nutze. Material außerhalb einer bestimmten Biomembran oder Zelle kann mithilfe des rezeptorabhängigen Transports durch die jeweilige Zelle hindurch geschleust werden. Damit treffen sich in der Transzytose die Prinzipien der Endozytose und der Exozytose.

Bei der Endozytose werden zellfremde Materialien in die Zelle eingestülpt und abgeschnürt, indem sich bestimmte Teile der Zellmembran umstülpen. Die Exozytose schleust Stoffe wiederum aus der Zelle aus. Beide Prinzipien sind für die Transzytose insofern relevant, als dass der Stoff bei dieser Art von Stofftransport zunächst in die Zelle hinein muss, um auf der anderen Seite wieder auszutreten.

Wie bei der Endozytose entstehen bei der Stoffaufnahme im Rahmen der Transzytose Vesikel. Ähnlich den Prozessen der Exozytose werden die Vesikel mit dem darin enthaltenden Stoff bei der Transzytose wieder nach außen abgegeben. Dieser Transport nach außen entspricht bei der Transzytose einer Weitergebe der Vesikel an die Nachbarzelle oder einem Transport in den extrazellulären Raum. Am Inhalt und an der Zusammensetzung der transportierten Stoffe ändert sich nichts.

Transzytose betreiben vor allem die Epithelzellen der Gefäße und die Zellen des Darmepithels. Ein anderer Stofftransport ist in diesen Fällen wegen der tight junctions in den Zwischenräumen der Zellen nicht möglich. Transzytose-Rezeptoren sind zum Beispiel die membranständigen Fc-Rezeptoren, die in der Plazenta liegen. Auch am apikal kindlichen Darmepithel sind solche Rezeptoren vorhanden, wo sie mütterliches IgG über Transzytose zu dem Fötus transportieren. Darüber hinaus findet rezeptorvermittelte Transzytose an der Blut-Hirn-Schranke statt.

Der Rezeptor erkennt bei der Transzytose die jeweilige Substanz und nimmt sie über Endozytose in die Zelle auf. Die Durchschleusung durch die Zelle hindurch findet in einem Vesikel statt, das auf der anderen Zellseite durch Exozytose wieder ausgeschleust wird.


Krankheiten & Beschwerden

Wenn die Prozesse der Transzytose beeinträchtigt sind, kann das schwerwiegend gesundheitliche Folgen haben, da auf diese Weise zahlreiche Stoffe nicht mehr ihren Einsatzort erreichen. Besonders fatal ist beispielsweise eine Transzytose-Störung im Rahmen der Schwangerschaft. Die Durchschleusung von mütterlichen Antikörpern in den Embryo ist mit dem Nestschutz assoziiert. Dabei handelt es sich um einen natürlichen Schutz von Neugeborenen gegenüber Infektionskrankheiten im Rahmen von passiver Immunisierung.

Die IgG-Antikörper der Mutter passieren in den letzten Wochen der Schwangerschaft mittels Transzytose die Plazenta und erreichen das Kind. Das Neugeborene hat nach der Entbindung also einen basischen Schutz gegen viele Erreger. In den ersten Wochen nach der Geburt ist dieser Schutz der einzig vorhandene, da das Kind noch keine eigenen Antikörper bildet. Nach rund drei Monaten beginnt die Eigenproduktion der übertragenen Antikörper.

Wenn im Rahmen einer gestörten Transzytose keine Antikörper von der Mutter auf das Kind übertragen werden, liegt nach der Geburt kein Nestschutz vor. Das Neugeborene ist auffällig anfällig für Infektionskrankheiten und muss unter Umständen sogar stationär betreut werden.

Auch Störungen der Transzytose an der Blut-Hirn-Schranke sind fatal. Dem Gehirn fehlen bei solchen Störungen wichtige Substanzen. Da das Gehirn das Steuerzentrum sämtlicher Körperprozesse ist, können die Konsequenzen entsprechend schwerwiegend sein.

Quellen

  • Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
  • Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
  • Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009

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