Trauer

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Jeder kennt sie und niemand kann sich davor schützen - mit Trauer muss sich früher oder später jeder einmal auseinandersetzen. Zum Glück, denn das oft ungeliebte Gefühl erfüllt eine sinnvolle Funktion für uns Menschen. Dennoch kann Trauer auch krank machen und schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Trauer?

Als Trauer bezeichnet man allgemein einen emotionalen Zustand, der mit großer Betrübtheit, Niedergeschlagenheit und einem tiefen Schmerz einhergeht. Die Lebensfreude des Betroffenen nimmt ab, gegebenenfalls zieht er sich zurück und isoliert sich von seinem Umfeld, um zu trauern.

Die häufigste Ursache für Trauer ist der Verlust eines geliebten Menschen. Sei es durch die Trennung von einem Partner oder durch den Tod eines Familienmitglieds, von einer nahe stehenden Person verlassen zu werden, in welcher Form auch immer, lässt uns Menschen zunächst in tiefe Verzweiflung stürzen. Aber warum ist das so? Und ist es letztlich vielleicht sogar gesund, zu trauern?

Funktion & Aufgabe

Die Trauer lässt sich wohl am ehesten als ein Prozess beschreiben, der unserer Psyche hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Dieser Prozess wird von vielen Psychologen in vier Phasen eingeteilt, die jedoch ineinander übergehen und nicht strikt getrennt werden können. Zunächst neigen wir Menschen dazu, das Erlebte zu verleugnen, es nicht wahrhaben zu wollen und die Realität zu ignorieren und von uns wegzuschieben. Betroffene berichten während dieser Phase häufig von einem Schockzustand, der mit einer Empfindungslosigkeit und einem Erstarren einhergeht.

Erst in der zweiten Phase brechen schließlich die Emotionen auf und scheinen den Trauernden praktisch zu überschwemmen. Wut, Verzweiflung, Trauer und Angst wechseln sich ab und führen nicht selten zu einer Überforderung. Resultierend daraus kann es in dieser Phase zu der Suche nach einem Schuldigen und schließlich zu eigenen starken Schuldgefühlen kommen. Hier besteht jedoch die Gefahr, sich in Schuld und Wut zu verlieren, anstatt die Trauer zuzulassen und anzunehmen. Letzteres ist für die Verarbeitung des Erlebten unbedingt notwendig, nur so kann die Trauerphase bewältigt werden.

In der dritten Phase des Prozesses gelangt der Betroffene langsam in einen Zustand, in dem er das Erlebte akzeptiert und ihn die Wirklichkeit einholt. Der Alltag wird allmählich wieder aufgenommen, es kann jedoch zu häufigen Rückschlägen kommen, wenn die Realität mit der Trauer kollidiert.

Der Trauerprozess endet mit der Phase der Neuorientierung. Der Trauernde sieht trotz des Verlustes wieder neue Ziele und Perspektiven, was zu neuem Lebensmut führt. Der Verlust wird letztlich in das Bewusstsein integriert und kann als Erfahrung abgespeichert werden. Die damit verbundenen Emotionen werden zwar noch immer als belastend empfunden, gleichzeitig wird jedoch auch die Erkenntnis gewonnen, Verluste ertragen und überleben zu können.

Der Prozess des Trauerns ist somit eine äußerst hilfreiche Erscheinung unserer Psyche, um mit schweren Verlusten besser umgehen zu können. Leider funktioniert die Trauerarbeit jedoch nicht von alleine und erfordert das aktive Mitwirken des Betroffenen, um den Prozess wirklich abschließen zu können. Geschieht dies nicht und der Trauernde verharrt in einer der Trauerphasen ohne sich weiterzuentwickeln, treten in vielen Fällen schwerwiegende Folgen auf, die schließlich nur noch in pathologischer Trauerarbeit gelöst werden können.


Krankheiten & Beschwerden

Zum einen wird Trauer gerne verdrängt, um den schmerzlichen und unangenehmen Gefühlen nicht begegnen zu müssen. Zum anderen leben wir auch in einer Leistungsgesellschaft, die uns regelmäßig verdeutlicht, dass nur motivierte, seelisch ausgeglichene und vollkommen gesunde Menschen leistungsbereit ist. Für Trauer ist dort selten Platz, geschweige denn Zeit. Der Druck von außen, doch etwas schneller zu trauern und „es irgendwann auch mal gut sein zu lassen“ bringt viele Betroffene dazu, sich gar nicht erst auf die unwohlen Gefühle einzulassen und sich stattdessen mit Arbeit oder anderen Dingen abzulenken.

Zu Anfang scheint dies sogar zu funktionieren, dennoch lassen sich Schmerzen und Trauer nicht völlig verdrängen und bahnen sich schließlich ihren Weg an die Oberfläche. Häufig zeigen sich die Emotionen dann in Form von Depressionen, die den Betroffenen letztlich dazu zwingen, sich mit der eigenen Gefühlswelt zu beschäftigen und sich professionelle Hilfe zu suchen, um die Trauerarbeit mit Unterstützung aufzunehmen. Hier sollte jedoch der normale Trauerprozess nicht gleich mit einer ausgeprägten Depression verwechselt werden, Niedergeschlagenheit und ein vorübergehender Verlust des Lebensmutes gehören immerhin zum Trauern dazu.

Ungelöste Trauer kann zudem noch weitere Erkrankungen nach sich ziehen, wie zum Beispiel Ängste und Panikattacken, die letztlich den Alltag bestimmen. Die unterdrückten Gefühle können sich sogar psychosomatisch zeigen, etwa in Form von anhaltender Übelkeit, häufigen Magen- oder Kopfschmerzen sowie ständiger Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Betroffene berichten zudem häufig über Schlafstörungen und Albträume.

Trauer kann sich in einer Vielzahl von Symptomen bemerkbar machen, in jedem Fall sollte sie jedoch nicht ignoriert, sondern bearbeitet werden, egal wie lange der Trauerprozess dauert. Generell lässt sich festhalten, dass die Trauerarbeit individuell gestaltet werden muss und es sich nicht vorhersagen lässt, wie lange der Betroffene leiden "darf" oder wann er wieder zu funktionieren hat. Je nach Persönlichkeit und abhängig von der Schwere des Verlustes, kann der Trauerprozess stark variieren und lässt sich nicht pauschal bestimmen.

Quellen

  • Becker-Carus, C., Wendt, M.: Allgemeine Psychologie. Springer 2. Auflage, Berlin 2017
  • Faller, H.: Kurzlehrbuch Medizinische Psychologie und Soziologie. Springer, Berlin 2019
  • Furnham, A.: 50 Schlüsselideen Psychologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2010

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