Tropomyosin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Protein Tropomyosin kommt vor allem in der quergestreiften Muskulatur vor und beteiligt sich an der Muskelkontraktion. Genetische Mutationen können die Struktur der hergestellten Tropomyosin-Moleküle beeinträchtigen und dadurch eine Reihe von Krankheiten hervorrufen – darunter verschiedene Formen der Kardiomyopathie sowie Arthrogryposis multiplex congenita und die Nemalin-Myopathie.
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Was ist Tropomyosin?
Tropomyosin ist ein Protein, das im menschlichen Körper vor allem in der Skelettmuskulatur vorkommt. Der Biochemiker Kenneth Bailey beschrieb das Eiweiß erstmals 1946. Ein einzelner Muskel besteht aus vielen Muskelfaserbündeln, die ihrerseits aus den Muskelfasern bestehen.
Jede Faser setzt sich nicht aus einer einzigen, klar abgegrenzten Muskelzelle zusammen, sondern aus einem Gewebe mit vielen Zellkernen. Innerhalb dieser Einheiten stellen die Myofibrillen feinere Fasern dar; ihre Querabschnitte heißen Sarkomere. Ein Sarkomer besteht aus zwei Arten von Strängen, die wie bei einem Zahnrad oder Reißverschluss abwechselnd ineinander geschoben sind. Bei einigen dieser Stränge handelt es sich um Myosin, die anderen sind ein Komplex aus Aktin und Tropomyosin. In diesem Komplex bilden Aktin-Moleküle eine dickere Kette, um die sich zwei Stränge aus Tropomyosin winden.
Anatomie & Aufbau
Die Reihenfolge der Aminosäuren und die Struktur des Proteins sind genetisch festgelegt; beim Menschen sind dazu folgende Gene zuständig: TPM1 auf dem 15. Chromosom, TPM2 auf dem 9. Chromosom, TPM3 auf dem ersten Chromosom und TMP4 auf dem 19. Chromosom. Der Strang aus Tropomyosin (mit beiden Untereinheiten) windet sich in der quergestreiften Skelettmuskulatur um die dickeren Aktin-Filamente. An ihm ist außerdem Troponin befestigt, ein weiteres Eiweiß.
Funktion & Aufgaben
Tropomyosin ist für die Kontraktion der Skelettmuskulatur erforderlich. Erreicht ein Nervenimpuls den Muskel, breitet sich der elektrische Reiz zunächst über das Sarkolemm und die T-Tubuli aus und führt schließlich zur Freisetzung von Kalziumionen im sarkoplasmatischen Retikulum.
Die Ionen binden sich vorübergehend an das Troponin, das sich am Tropomyosin-Strang befindet. Dadurch verändern die Kalziumionen die physikalischen Eigenschaften des Moleküls. Das Troponin verschiebt sich leicht auf der Oberfläche und rückt dadurch von den Stellen ab, an die sich auch Myosin binden kann. Myosin bildet die komplementären Fasern zum Aktin-/Tropomyosin-Komplex. Am Ende des Myosin-Filaments befinden sich zwei sogenannte Köpfchen. Die Myosinköpfchen können sich an die Stellen des Aktin-Filaments binden, die nun nicht mehr von Troponin besetzt sind.
Nachdem sie an der Faser angedockt haben, klappen die Myosinköpfchen um und schieben sich dadurch zwischen die Aktin-/Tropomyosin-Filamente, was das Sarkomer verkürzt. Gleichzeitig geschieht dieser Vorgang nicht nur in einem Sarkomer, sondern in vielen. Die zahlreichen zusammengezogenen Sarkomere lassen deshalb die Muskelfaser und damit auch den Muskel insgesamt kontrahieren. Ein Nervensignal reizt dabei oft mehrere hundert Muskelfasern. Durch die Weichmacherwirkung von Adenosintriphosphat (ATP) kann sich das Myosinköpfchen wieder vom Aktin lösen.
Die Kontraktion der glatten Muskulatur verläuft etwas anders. Glatte Muskulatur umgibt beim Menschen Organe oder kommt in den Wänden von Blutgefäßen vor. Sie kann sich stärker zusammenziehen als quergestreifte Muskulatur. Während die Skelettmuskulatur eine quergestreifte Struktur besitzt, bildet die glatte Muskulatur eine ebene Oberfläche, die aus einzelnen Zellen besteht. Neben Aktin und Tropomyosin besitzt die glatte Muskulatur mit Caldesmon und Calmodulin zwei weitere Proteine, deren Interaktion die Anspannung der Muskulatur beeinflusst. Tropomyosin wirkt dabei vor allem auf Calmodulin ein.
Darüber hinaus spielt Tropomyosin auch eine Rolle in anderen biologischen Vorgängen. So scheint es beispielsweise die Bindung von Aktin im Zytoskelett zu beeinflussen und eine Wirkung auf die Zellteilung zu haben.
Krankheiten
Infolgedessen können sich Symptome wie Druckempfinden in der Brust, Schwindel, Atemnot, Synkopen und Angina-pectoris-Anfälle entwickeln. Sie gehen in diesem Fall auf funktionelle Probleme des Herzmuskels zurück. Die häufigste Ursache (40–60 %) der hypertrophen Kardiomyopathie liegt in den Genen begründet: Veränderungen (Mutationen) führen zu Fehlern im genetischen Code und dementsprechend zur fehlerhaften Synthese von Proteinen. Dies kann auch die verschiedenen Eiweiße betreffen, aus denen die Muskelfasern bestehen.
Bei der restriktiven Kardiomyopathie kommt es zu einer Verhärtung des Herzmuskels. Ursache ist ein Übermaß an Bindegewebe. Die restriktive Kardiomyopathie führt zur Herzinsuffizienz, die typischerweise von Atemstörungen, Ödemen, trockenem Husten, Müdigkeit, Erschöpfung, Schwindel, Synkopen, Herzrasen und verschiedenen Verdauungsbeschwerden gekennzeichnet ist. Seltener sind Betroffene verwirrt, leiden unter Gedächtnisproblemen oder Einschränkungen in der kognitiven Leistungsfähigkeit. Auch die dilatative Kardiomyopathie kann auf einen Fehler in den Tropomyosin-Genen zurückgehen.
Manifestiert sich diese Herzkrankheit, geht sie oft mit globaler Herzinsuffizienz und/oder fortschreitender Linksherzinsuffizienz einher. Darüber hinaus können Atemstörungen, Embolien und Herzrhythmusstörungen in Erscheinung treten. Zwei weitere Erkrankungen, die im Zusammenhang mit Tropomyosin stehen können und teilweise auf Mutationen basieren, sind die Nemalin-Myopathie, bei der die Muskulatur vielfältig beeinträchtigt sein kann, und die Arthrogryposis multiplex congenita, bei der die Gelenke versteifen. Alle diese Erkrankungen können jedoch auch auf andere Ursachen zurückgehen, Mutationen an den Tropomyosin-Genen stellen nur eine Möglichkeit dar.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2003
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Reuter, P., Hägele, J.: Aminosäuren Kompendium. Ein Leitfaden für die klinische Praxis. Hyginus Publisher GmbH, Bad Homburg 2001