Wunsch
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Über den Wunsch dringen die wichtigsten, nicht essenziellen Bedürfnisse des menschlichen Wesens an die Oberfläche. Obwohl diese nicht lebensnotwendig scheinen, kann der Mensch das Gelingen seiner Existenz an die Zufriedenstellung dieser Bedürfnisse binden. Eine Missachtung oder ein Scheitern des Wunsches kann langfristige Folgen nach sich ziehen, die den Menschen belasten.
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Was ist ein Wunsch?
Ein Wunsch ist der Ausdruck des größten menschlichen Wollens. Die Bedeutungssphäre des Wunsches muss abgegrenzt werden von anderen menschlichen Drängen wie Trieben oder situativen Affekten. Hunger, Durst oder Appetit sind keine Wünsche. Die ersten beiden sind Triebe, das letztere ist ein aus der Situation geborener Drang. Der Wunsch jedoch ist langfristiger als die genannten Dränge. Er ist ein Bild im Kopf. Der Wunsch ist ein Leitmotiv, dem das Streben des Individuums unterworfen wird.
Im Wunsch treten zweierlei Antriebe zu Tage. Einerseits kann der Wunsch einem eigenen Verlangen entspringen. Andererseits kann er von einem Verständnis der Anforderungen der Umwelt zeugen. Der Wunsch ist zunächst noch eine irreale Vorstellung und kann erst in Zukunft wahr werden. Von der Erfüllung des Wunsches erhofft sich der Wünschende eine Befriedigung seiner Motive.
Eine Person, die sich ein harmonisches Familienglück wünscht, erwartet eine tiefempfundene Geborgenheit und anhaltende Freude, wenn sich der Wunsch erfüllt hat. Eine andere Person, die ein König sein will, vermutet, dass sie sich mächtig, unbesiegbar und ruhmreich fühlt, sollte der Wunsch Gestalt annehmen. Mit einem Wunsch gehen also immer Erwartungen eines Besseren einher. Der Wünschende verspricht sich eine Linderung seines lange andauernden Verlangens. Aus dieser Linderung soll letztlich ein Plateau der Zufriedenheit erlangt werden.
Funktion & Aufgabe
Wünsche können in vielen Fällen mit dem Wort Zielsetzung ersetzt werden. Wer einen Wunsch hegt, empfindet diesen als ein hohes oder höchstes Ziel. Nebenbei kann der Wünschende jedoch auch andere Wünsche entwickeln. Diese existieren nebenbei als unwichtigere Ziele. Ein Wunsch schließt einen anderen also nicht aus.
Der Wunsch, das Ziel treibt den Menschen an und bietet ihm eine Schablone, in die er sein Leben einfügen kann. Dementsprechend sind Wünsche in erster Linie sinnträchtig für den Menschen. Der Wünschende empfängt einen Lebenssinn aus der Wunschvorstellung. Ein Herzenswunsch kann veranlassen, dass ihm viele andere Aspekte des Lebens untergeordnet werden, so auch Zweifel, Grübeleien oder Identitätskrisen.
Der Wünschende weiß, was er möchte. Er kann sich dementsprechend besser fokussieren. Da er nebenher auch noch andere, kleinere Wünsche verfolgt, hört er dabei nicht auf, andere Ziele zu verfolgen. So ergibt sich ein Geflecht aus Wünschen. Das Wunschdenken ermöglicht eine Vorstellung von einer potenziellen Zukunft. Es hilft dem Menschen dabei, ein Gefühl für das Später zu entwickeln. Wenn der Wünschende eine Wunschvorstellung für die Zukunft hat, ängstigt er sich weniger vor dem Verlust der verstreichenden Zeit. Der Wunsch kann nicht nur Sinnfragen des Menschen beantworten oder überdecken, sondern festigt ihn in seinem Zeitempfinden.
Krankheiten & Beschwerden
Bei der Überschneidung von Wünschen kann das Bedürfnis des Menschen mit seiner Wahl nicht ausreichend befriedigt werden und sorgt für Frustration. Darüber hinaus kollidieren manche Wünsche auch mit Wertvorstellungen wie moralischen Grundsätzen und staatlichen Rechtssystemen. Ein Mensch, der sich Geld wünscht, aber kein großes Einkommen besitzt, könnte dieses Geld fälschen. Damit begeht er jedoch nach dem Gesetz eine Straftat und wird für das Ausleben eines Wunsches rechtlich belangt. Manche Wünsche müssen also unterdrückt werden und sammeln sich als marternde Enttäuschungen an.
In besonders gravierenden Fällen führen unerfüllte Wünsche zu Desillusionierung und Selbstzweifeln. Der Mensch hadert mit seinem Unvermögen oder dem Schicksal. Dieser empfundene Fehlschlag kann, je nach Charakter, leicht in Depressionen enden oder in aggressives Verhalten umschlagen. Darüber hinaus besteht bei Lebenswünschen das Risiko, dass sämtliche andere Lebensinhalte dem Wunsch untergeordnet werden. Volle Konzentration auf die Karriere führt zu einer Vernachlässigung vom Partner oder von den Kindern. Außerdem leiden Hobbys und die freie Entfaltung unter der sturen Verfolgung des einen Wunschziels. Wünschende mit einem solchen Scheuklappenblick tendieren häufig dazu, die Umwelt zu vergessen. Sie bewegen sich mitunter in einer eigenen Welt, die sich nach ihren Gesetzmäßigkeiten dem Wunsch unterwirft.
Folgende Symptome und Krankheitsbilder können aus unerfüllten Wunschvorstellungen resultieren: Enttäuschung, Selbstzweifel, Minderung des Selbstwertgefühls, aggressives Verhalten, Benachteiligung anderer Lebensbereiche, Frust, Wut, Rastlosigkeit, Depression, Realitätsverlust. Für einen gesunden Umgang mit Wünschen ist es wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Verbissenheit und Tatenlosigkeit zu vereinbaren.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Davison, G.C., Neale, J.M., Hautzinger, M.: Klinische Psychologie. Beltz PVU, München 2007
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015