Zerebrales Blutvolumen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das zerebrale Blutvolumen ist das Blutvolumen des Schädels, das das Gehirn und die Hirnhäute mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Das zerebrale Blutvolumen steht in engem Zusammenhang mit dem zerebralen Blutfluss. Starke Veränderungen des Blutvolumens können den Hirndruck erhöhen oder eine Minderversorgung mit Sauerstoff zur Folge haben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das zerebrale Blutvolumen?

Das zerebrale Blutvolumen ist das Blutvolumen des Schädels, das das Gehirn und die Hirnhäute mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.

Das Blutvolumen entspricht der gesamten Blutmenge im menschlichen Körper. Abhängig von der Lokalisation existieren verschiedene Blutvolumina. Das zerebrale Blutvolumen ist zum Beispiel die Gesamtmenge an Blut im Neurocranium (Schädel). Das Blut an dieser Lokalisation dient der Versorgung des Gehirns und der Meningen (Hirnhäute).

Die Versorgung mit Blut ist zugleich eine Versorgung mit Nährstoffen. Zusätzlich gewährleistet die Blutversorgung die Sauerstoffversorgung, auf die jedes Gewebe des menschlichen Körpers zwingend angewiesen ist. Sauerstoff bindet sich an das Hämoglobin im menschlichen Blut und wird so zusammen mit dem Hämoglobin bis in die kleinsten Gefäße transportiert. Die Bindung löst sich abhängig von Parametern wie dem pH-Wert. Auf diese Weise wird der Sauerstoff wieder freigesetzt und kann von den einzelnen Geweben aufgenommen werden. Diese Prozesse machen das Blut zu einem Transportmedium für lebenswichtige Stoffe.

Das zerebrale Blutvolumen ist für das zentrale Nervensystem und speziell das Gehirn dementsprechend wichtig. Bei anhaltender Minderversorgung mit Sauerstoff sterben Körpergewebe ab. Das hat in Zusammenhang mit einem lebenswichtigen Organ wie dem Gehirn entsprechend schwerwiegende Folgen.

Funktion & Aufgabe

Der menschliche Schädel besitzt immer eine ähnliche Anatomie. So befinden sich im Schädel der Menschen durchschnittlich zum Beispiel 1500 Gramm an Gehirnmasse, die wiederum aus grauer und weißer Substanz besteht. Neben durchschnittlich 75 Millilitern Liquor (Hirnwasser) befinden sich außerdem etwa 100 bis 130 Milliliter Blut im Gehirn. Dieses Blut ist das zerebrale Blut und macht das zerebrale Blutvolumen aus.

Das zerebrale Blut ist auf verschiedene Gefäße verteilt. Von dem zerebralen Gesamtvolumen werden rund 15 Prozent von den dortigen Arterien geführt. Etwa 40 Prozent führen dagegen die zerebralen Venen. Im Gewebe des Gehirns und in den Kapillaren befinden sich damit durchschnittlich die restlichen 45 Prozent des zerebralen Gesamtvolumens.

Das zerebrale Blutvolumen ist mit bestimmten Gewebewerten assoziiert. Für die graue Substanz des Gehirns gelten Werte von etwa 3,5 Millilitern pro 100 Gramm. Die weiße Substanz besitzt Werte von rund 1,75 Millilitern je 100 Gramm. Damit befindet sich in der weißen Substanz nur etwa die Hälfte des Blutvolumens, das sich in der grauen Substanz befindet. Die weiße Substanz besteht aus Anteilen des Zentralnervensystems, die Axone der Neuronen enthalten.

Das zerebrale Blutvolumen hängt eng mit dem Begriff des zerebrale Blutflusses zusammen. Die Wissenschaft geht für das Gehirn zum Beispiel von einer Durchblutung von rund 15 bis 20 Prozent des Herzminutenvolumens aus. Dieses Herzminutenvolumen beträgt wiederum etwa 5l/min. Damit ergibt sich für die Durchblutung des Gehirns bei rund 1,5 Kilogramm Masse ein Blutfluss um die 1000 Milliliter pro Minute.

Der zerebrale Blutfluss hängt nicht nur vom zerebralen Blutvolumen, sondern auch vom mittleren Blutdruck der Arterien, dem intrakraniellen Druck und dem Gefäßwiderstand der zerebralen Gefäße ab.


Krankheiten & Beschwerden

Jegliche Veränderungen des zerebralen Blutvolumens können mit ernsthaften Symptomen einhergehen und besitzen aus diesem Grund klinisch ein hohe Relevanz. Schwerwiegende Folgen hat vor allem die deutliche Zunahme der zerebralen Blutmenge. Eine solche Mengenzunahme des Bluts im Hirnschädel kann zum Beispiel durch ein Hämatom bedingt sein. Eine zweite Möglichkeit ist eine akute Blutung innerhalb des Gehirns. Sobald diese Veränderung die Monro-Kellie-Doktrin verletzt, kann die Mengenzunahme des zerebralen Bluts mitunter lebensbedrohliche Steigerungen des Hirndrucks bewirken.

Die Monro-Kellie-Doktrin stammt aus dem 19. Jahrhundert und bezieht sich auf die Summe aller Komponenten im Hirnschädel. Die Anteile von Gehirngewebe, Blut und Liquor müssen laut der Doktrin konstant bleiben, damit der intrakranielle Druck konstant bleibt. Das intrakraniell verfügbare Gesamtvolumen ist auf 1600 Milliliter beschränkt. Bei etwaiger Steigerung über diese Volumengrenze hinaus erhöht sich demnach der Hirndruck.

Aus diesem Grund können Zunahmen des zerebralen Blutvolumens Hirndruckzeichen hervorrufen, die für eine Hirndruckerhöhung sprechen. Bei einer Erhöhung des Hirndrucks klemmen sich die einzelnen Hirnteile mitunter ein. Abhängig vom betroffenen Hirnteil können so irreversible Folgen entstehen.

Nicht nur eine Zunahme des zerebralen Blutvolumens, sondern auch eine deutliche Reduktion kann schwerwiegende Folgen haben. Eine solche Reduktion stellt sich zum Beispiel im Rahmen eines Schlaganfalls ein. Wenn das Gehirn nicht mehr ausreichend Blut erhält, wird es anteilig oder sogar vollständig unzureichend durchblutet. Diese unzureichende Durchblutung kann eine Minderversorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff zur Folge haben. Besonders die Minderversorgung mit Sauerstoff ist für das Gewebe des Gehirns verheerend und lässt einzelne Nervenzellen absterben. Wenn die Durchblutung und mit ihr die Sauerstoffversorgung des Gehirns über längere Zeit nicht mehr gewährleistet ist, stellt sich der Hirntod ein.

Obgleich größere Veränderungen der zerebralen Blutmenge die beschriebenen Folgen haben können und damit ernstzunehmende Krankheitsphänomene darstellen, müssen kleinere Schwankungen des zerebralen Blutvolumens nicht zwingend Symptome hervorrufen.

Quellen

  • Dützmann, S.: BASICS Neurochirurgie. Urban & Fischer, München 2014
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Schirmer, M.: Neurochirurgie. 10. Auflage, Urban & Fischer, München 2004

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